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Veröffentlicht am 11.08.2022

Achttausender - Todeszone

Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod
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Cecily Wong ist überglücklich, dass sie ein Exklusivinterview mit Charles McVeigh bekommen soll, nachdem er innerhalb eines Jahres vierzehn Achttausender im Alpinstil bestiegen hat. Allerdings unter der ...

Cecily Wong ist überglücklich, dass sie ein Exklusivinterview mit Charles McVeigh bekommen soll, nachdem er innerhalb eines Jahres vierzehn Achttausender im Alpinstil bestiegen hat. Allerdings unter der Bedingung, dass sie den letzten Gipfel, den Manaslu, mit ihm bezwingt. Mit verhältnismäßig wenig Vorbereitung und unter Verwendung ihrer letzten finanziellen Reserven lässt Cecily sich auf dieses Abenteuer ein. Doch bereits im Basislager ereignet sich ein tragisches Unglück und die junge Reporterin beginnt, viele Fragen zu stellen, während Bergführer Dough zu höchster Konzentration mahnt. Geht mit Cecily die Phantasie durch oder leidet sie bereits an Sauerstoffmangel, wenn sie sich mit der Unfalltheorie nicht zufrieden gibt?

Die Geschichte um den Aufstieg zum Gipfel des Manaslu beginnt ruhig und unspektakulär. Amy McCulloch beschreibt eingehend die Vorbereitungen und den Aufbruch zum Basislager. Als erfahrene Bergsteigerin kann sie aus erster Hand viele Details berichten, sodass ihre Schilderungen sehr lebendig und auch für den Laien gut vorstellbar ankommen. Erst allmählich beginnt sich Spannung aufzubauen, welche dann aber kontinuierlich, mit unterschiedlichsten Schwierigkeiten am Berg, ansteigt. Dough Manners Gruppe, der auch Cecily angehört, ist sehr gut beschrieben, die recht unterschiedlichen Teilnehmer der Bergtour müssen nun einige Wochen auf engstem Raum miteinander auskommen und einander vertrauen. Genau das ist aber gar nicht so einfach, wenn man, wie Cecily, aufmerksam seine Umgebung beobachtet und so manches Ereignis hinterfragt.

Durch Cecilys persönliche Berichte, die regelmäßig in die neutral erzählte Handlung einfließen, erfährt der Leser noch ein wenig mehr über deren Gedanken, Überlegungen, Zweifel und Ängste. Zu den üblichen Herausforderungen am Berg, wie Kondition, mentale Stärke und Teamgeist kommt hier noch das Gefühl, dass sich jemand Fremdes am Berg aufhält und etwas Böses im Schilde führt. Beweise dafür hat die Journalistin aber nicht und so bleibt sie allein mit ihrer diffusen Vorahnung.

Der Achttausender als Kulisse für diesen Thriller ist eine ungewöhnliche und daher umso ansprechendere Wahl. Die Einblicke in die Welt der Gipfelstürmer mit interessanten Einzelheiten ergibt eine anschauliche Atmosphäre in Kombination mit den unheimlichen Gegebenheiten der Handlung. Trotz einiger Längen zwischendurch hat mich das Buch in seinen Bann gezogen und mir spannende Lesestunden beschert.



Titel Der Aufstieg

Autor Amy McCullogh

ISBN 978-3-492-06343-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 496 Seiten

Ebenfalls erhältlich als e-book und Hörbuch

Erscheinungsdatum 28. Juli 2022

Verlag Piper

Originaltitel Breathless

Übersetzer Leena Flegler

Veröffentlicht am 08.08.2022

Hochzeit und Hindernisse

Todesfalle Hochzeit in St. Peter-Ording
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Mit seiner Frau Annegret fährt Torge Trulsen nach Friedrichstadt, um als Zaungast die stolze Braut und Hotelerbin Constanze von Haferkamp zu bewundern. Schließlich hat er als Hausmeister des Feriendorfes ...

Mit seiner Frau Annegret fährt Torge Trulsen nach Friedrichstadt, um als Zaungast die stolze Braut und Hotelerbin Constanze von Haferkamp zu bewundern. Schließlich hat er als Hausmeister des Feriendorfes Weiße Düne mitgeholfen bei all den Vorbereitungen zum rauschenden Fest der beiden Hotelbesitzer. Allerdings taucht der Bräutigam Konstantin Winkler nicht rechtzeitig auf. Hat er kalte Füße bekommen oder steckt gar ein Verbrechen dahinter?
Bereits zum zweiten Mal ermitteln Knud Petersen, Charlotte Wiesinger und der schrullige Hausmeister Torge Trulsen in St. Peter-Ording. Mit kurzen Erinnerungen an einen Fall im vorherigen Herbst geht es diesmal direkt zur Hochzeit hochangesehener Sprösslinge zweier Hotelierfamilien, einem gesellschaftlichen Großereignis.
Anschaulich, sowohl was die örtlichen Gegebenheiten an der Nordsee betrifft, als auch die unterschiedlichsten und gut getroffenen Charaktere, beschreibt Stefanie Schreiber die Szenen in diesem eher ruhigen als blutrünstigen Krimi. Lockere Dialoge bringen dem Leser Watt und Menschen näher, die sich hier in dieser ganz besonderen Landschaft aufhalten und zusammenarbeiten. Angenehm fließen die Zeilen dahin, sodass man gerne noch ein weiteres Kapitel anhängt, bevor man endgültig am Abend das Buch zuklappt.
Diesmal steht eine große Hochzeitsgesellschaft im Mittelpunkt und somit eine mehr oder weniger geschlossene Gesellschaft mit einer übersichtlichen Zahl an Personen. Leider fehlt es hier ein wenig an Spannung, die Handlung kommt nur allmählich voran. Dafür kommt gegen Ende ein besonderer Schachzug ins Spiel, um des Rätsels Lösung ans Licht zu bringen.
Ein wenig schwächer als Band Eins erscheint mir Todesfalle Hochzeit, was aber der Vorfreude auf folgende Ermittlungen und Entwicklungen der Hauptfiguren keinen Abbruch tut.

Titel Todesfalle Hochzeit in St. Peter-Ording
Autor Stefanie Schreiber
ISBN 978-3-9866000-3-7
Sprache Deutsch
Ausgabe Taschenbuch, 314 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch
Erscheinungsdatum 23. November 2021
Verlag Kampenwand
Reihe Torge Trulsen und Charlotte Wiesinger – Kriminalroman 2

Veröffentlicht am 04.08.2022

Hitze in Schweden

Im Feuer
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Die erfolgreiche Polizistin Lilly Hed wechselt aus persönlichen Gründen von Stockholm ins verträumte Nynäshamn. Aufgrund von Hitze, Wassermangel und Brandgefahr muss sie mit ihrer Kollegin Katja Straßensperren ...

Die erfolgreiche Polizistin Lilly Hed wechselt aus persönlichen Gründen von Stockholm ins verträumte Nynäshamn. Aufgrund von Hitze, Wassermangel und Brandgefahr muss sie mit ihrer Kollegin Katja Straßensperren bewachen und andere Routineaufgaben übernehmen. Als jedoch in einem abgebrannten Haus die Leiche eines Familienvaters geborgen wird, bekommt sie vom Feuerwehrchef Jesper den Tipp, dass es sich möglicherweise nicht um einen Unfall, sondern um Brandstiftung gehandelt haben könnte. Gewissenhaft geht Lilly diesem Hinweis nach, während immer mehr Brandherde aufflackern und die Menschen in Gefahr bringen.

Pernilla Ericson gliedert diesen ersten Band einer neuen Krimireihe in übersichtliche, eher kurze Kapitel und schildert die Gegebenheiten aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Eingestreute Tagebucheinträge sind für den Leser interessant, aber keiner konkreten Person zuordenbar. Auch bei den Bränden und im Feuer Verunglückten weiß niemand, ob es sich um tragische Unglücke handelt oder ob ein Brandstifter sein Unwesen treibt. Rasch stellt Lilly fest, dass sie über Pyromanie zu wenig Detailwissen hat und holt sich Unterstützung von Experten. Die sachlichen Darstellungen zu diesem Thema sind der Autorin recht gut gelungen und wirken informativ und gut verständlich.

Ebenfalls wunderbar vorstellbar sind die handelnden Personen charakterisiert, sowie die flirrende Hitze im schwedischen Sommer, die dürren Gräser und trockenen Äste der Bäume, die durch den kleinsten Funken in Brand geraten können. Weniger ansprechend finde ich die Hinweise auf den Klimawandel, welche tadelnd mit erhobenem Finger daherkommen oder eigenwillige Wortkreationen wie „Studierendenbüro“, wobei sich natürlich nicht feststellen lässt, ob dies direkt von der Autorin stammt oder bei der Übersetzung so formuliert worden ist. Dennoch überwiegt ein angenehm zu lesender Schreibstil mit einer gut durchdachten Handlung und einer überraschenden Wende zum Schluss.

Kurzum, „Im Feuer“ ist ein flüssig lesbarer Krimi mit sympathischen Figuren und einer ansprechenden Themenwahl. Somit darf man sich schon auf die Fortsetzung freuen.



Titel Im Feuer

Autor Pernilla Ericson

ISBN 978-3-651-00109-1

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 400 Seiten

Ebenfalls erhältlich als e-book und Hörbuch

Erscheinungsdatum 27. Juli 2022

Verlag Fischer SCHERZ

Originaltitel 300 Grader

Übersetzer Friederike Buchinger

Reihe Ein Fall für Lilly Hed

Veröffentlicht am 02.08.2022

Arznei oder Gift

Die versteckte Apotheke
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Nella lebt Ende des 18. Jahrhunderts und hat sich als Apothekerin zur Aufgabe gestellt, Frauen zu helfen, Leid zu lindern, auch, wenn es bedeutet, dass dabei ein brutaler Ehemann, ein zudringlicher Cousin, ...

Nella lebt Ende des 18. Jahrhunderts und hat sich als Apothekerin zur Aufgabe gestellt, Frauen zu helfen, Leid zu lindern, auch, wenn es bedeutet, dass dabei ein brutaler Ehemann, ein zudringlicher Cousin, zu Tode kommt. Ebenso wie ihre Mutter führt sie akribische Aufzeichnungen über Kundinnen und Arzneien, sodass nichts und niemand in Vergessenheit gerät.

Caroline lebt in der heutigen Zeit. Anlässlich ihres 10. Hochzeitstages ist eine Reise nach London gebucht. Dort stößt sie durch Zufall auf Spuren der einstigen Apothekerin und gerät nicht nur aufgrund der unglaublichen Entdeckung ins Grübeln.

Spannend aufgrund dreier Sichtweisen, jeweils in der Ich-Form, aber übersichtlich und klar am Kapitelanfang gekennzeichnet, baut Sarah Penner diesen ungewöhnlichen Roman auf. Trotz der sehr persönlichen Blickwinkel bleiben alle drei Frauen, Apothekerin Nella, Hilfskraft Eliza und die Historikerin Caroline, irgendwie auf Distanz, was aber der Geschichte keinerlei Abbruch tut. Die Herstellung und Anwendung der Arzneien aus der Pflanzen-, ebenso wie aus der Tierwelt, ist sehr gut recherchiert und plastisch dargestellt. Die Schüsselchen und Töpfchen, die bunten Glasflakons und Tongefäße, Blätter, Wurzeln, Käfer, alles ist samt den dazugehörigen Gerüchen und Düften spürbar und lebendig beschrieben, ebenso Nellas Liebe zu ihrem Tun, wobei sich erst im Laufe der Geschichte der Grund dafür offenbart. Auch Eliza und Caroline haben ihre ganz persönlichen Schicksale, welche sie dorthin führen, wo sie eben sind. Eliza ist ein wenig der Mystik und dem Zauber verfallen, was sich insbesondere am Ende gut ins Buch fügt, Caroline nimmt einen alten Fund zum Anlass, um über die letzten zehn Jahre nachzudenken. Auch diese beiden sind passend in die Handlung eingewoben und gefallen mir an ihren Plätzen, wenngleich im Heute der Zufall ein wenig auffällig mithilft. Drei Frauen, die stark sind, bzw. stark werden und ihr Leben im 18. Jahrhundert ebenso wie in der heutigen Zeit in die Hand nehmen.

Sarah Penner hat mit diesem Roman eine außergewöhnliche Geschichte erschaffen, ruhig und beinahe nüchtern im Schreibstil, etwas unnahbar die drei weiblichen Hauptfiguren, dennoch mit versteckten Gefühlen wie Sehnsucht und Verlangen nach Liebe. Schlussendlich sind noch das wunderschöne Titelbild zu erwähnen und die informative „Giftapotheke“ am Ende des Buches.



Titel Die versteckte Apotheke

Autor Sarah Penner

ISBN 978-3-365-00150-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Gebundenes Buch, 384 Seiten

ebenfalls erhältlich als e-book

Erscheinungsdatum 21. Juli 2022

Verlag HarperCollins

Originaltitel The Lost Apothecary

Übersetzer Julia Walther

Veröffentlicht am 31.07.2022

Die Welt verändern

Findelmädchen
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Nach Jahren als Findelkinder bei einer freundlichen Gastfamilie in Frankreich wird im Dezember 1954 endlich über den Suchdienst des Roten Kreuzes der Vater von Helga und Jürgen gefunden. Aufgeregt und ...

Nach Jahren als Findelkinder bei einer freundlichen Gastfamilie in Frankreich wird im Dezember 1954 endlich über den Suchdienst des Roten Kreuzes der Vater von Helga und Jürgen gefunden. Aufgeregt und überglücklich reisen sie zurück nach Köln. Während der Vater mit einer kleinen Verkaufsbude beginnt und Jürgen bei Ford arbeitet, möchte Helga mit ihrer raschen Auffassungsgabe und ihrem Talent zu schreiben das Gymnasium besuchen. Dies wird ihr jedoch verwehrt, sie soll sich mit ihren „deux mains gauches“ (zwei linke Hände) durch die Haushaltungsschule plagen und sich auf ein Leben als Ehefrau und Mutter vorbereiten. Beim Praktikum im Waisenhaus gerät sie an die Grenzen des Erträglichen, so wie manches Kind dort behandelt wird. Bald gerät sie in einen Gewissenskonflikt zwischen Akzeptanz und Widerstand.

Mit besonderer Gewissenhaftigkeit und Hingabe scheint Lilly Bernstein sich diesem Buch gewidmet zu haben. Aus Helgas Sicht erzählt sie einfühlsam und mit spürbarer Empathie über das Schicksal der beiden Geschwister, welche behütet aber doch als „boches“ (Deutsche, Außenseiter) in Frankreich bei Tante Claire und Onkel Albert einige Jahre ihrer Kindheit verbringen. Zurück in Köln hausen sie in ärmlichen Verhältnissen in ihrem früheren Wohnhaus, in dem aber jetzt die unbarmherzige Tante Meta ein strenges Regiment führt. Dazwischen sind Tagebucheinträge einer verzweifelten Frau zu lesen, welche von Schutt und Trümmern, Hunger und Krankheit berichten.

Gut recherchiert und detailgenau geht die Autorin auf die schwierige Nachkriegszeit ein, beschreibt beengte und heruntergekommene Wohnverhältnisse und harte Arbeit ebenso wie die Freude über den Aufschwung, unterhaltsame Musik und schwingende Pettycoats. Die Zeit um 1955 ist sehr lebendig und gut vorstellbar eingefangen. Rasch fühlt man als Leser mit Helga mit, egal, ob es um den ausgelassenen Jitterbug geht, den sie tanzt oder um die Traurigkeit, nicht ins Gymnasium zu dürfen. Insbesondere ihre Erlebnisse mit den Zöglingen im Heim sind erschütternd realistisch und unglaublich nahegehend widergegeben. (Den Dankesworten am Ende des Buches ist zu entnehmen, dass Lilly Bernstein mit Zeitzeugen gesprochen hat.)

Die Spannung in diesem sehr emotionalen Roman steigt kontinuierlich an und zeigt die inneren Konflikte einer jungen Frau vom Bouche de Noel (Biskuitrolle mit Schokocreme) 1954 bis zum Weihnachtsbaumkuchen 1955. Ein ereignisreiches Jahr, das voller Aufregung steckt. Soll man sich gesellschaftlichen Konventionen beugen oder doch lieber um Veränderung kämpfen? Soll man Akzeptanz von bestehenden Normen über oder Unrecht wie Rassentrennung bekämpfen? Einerseits ist Helga furchtbar naiv und gutgläubig, andererseits hat sie ganz klare Vorstellungen davon, wie sie ihr Leben (nicht) gestalten möchte. Geschickt verquickt Bernstein historische Details mit einer tollen fiktiven Handlung und schafft so einen überaus lesenswerten Roman, den ich nur wärmstens empfehlen kann.



Titel Findelmädchen

Autor Lilly Bernstein

ISBN 978-3-548-06568-7

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 592 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 28. Juli 2022

Verlag Ullstein

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