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Veröffentlicht am 23.09.2021

Voll Gefühl

Liebesbriefe an das Leben
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Maja nützt die Gelegenheit und wohnt für einige Zeit im Haus ihrer Freundin, während diese im Ausland weilt. Fernab der nervigen WG-Mitbewohner und dem hektischen Großstadtleben möchte sie in diesem kleinen ...

Maja nützt die Gelegenheit und wohnt für einige Zeit im Haus ihrer Freundin, während diese im Ausland weilt. Fernab der nervigen WG-Mitbewohner und dem hektischen Großstadtleben möchte sie in diesem kleinen Ort nahe Lüneburg zur Ruhe kommen und endlich auch mehr aus ihrem Germanistikstudium herausholen als nur Dialoge für eine seichte Seifenoper zu texten.

In der anderen Doppelhaushälfte lebt der in sich gekehrte Bjarne, Vater zweier Kinder, die Mutter muss wohl auf Geschäftsreisen sein.

Was einfach und vorhersehbar scheint, als platte Liebesgeschichte anmuten könnte, entpuppt sich aber – wie könnte es anders sein bei Karin Lindberg! – als ausgesprochen warmherzige und liebevoll erzählte Geschichte, die berührt und dem Leser dann und wann eine Träne ins Auge steigen lässt. Mit ihrer wunderbaren Erzähltechnik bringt die Autorin einem die Erlebnisse und die Gefühlswelt von Maja und Bjarne, aber auch von anderen Figuren, so nahe, dass man sich unvermittelt in jeden von ihnen hineinversetzen kann. Unterschiedlichste Sichtweisen werden plastisch und nachvollziehbar. Sehr deutlich kommen Vorurteile und Kommunikationsprobleme ins Spiel, die so oft das Leben verkomplizieren, wo es viel einfacher ginge, Verständnis statt starrer Fronten sind gefragt. Szenen, die wir alle wohl schon so oder ähnlich erlebt haben, werden einfühlsam geschildert und voller Wärme und Empathie in bunte Bilder umgesetzt. Die wenigen Protagonisten sind authentisch gezeichnet, das wahre Leben könnte sie nicht besser präsentieren.

Das und viele weitere kleine Details, ebenso wie die flüssige Sprache und einige Einblicke in die Realität eines Autors lassen dieses Buch zu einem wunderbaren Ganzen verschmelzen, sodass die Stunden mit den Liebesbriefen nur so dahinfliegen und einem warm ums Herz werden lassen.

Auch nach diesem Buch kann ich nur sagen: Karin Lindberg steht für Qualität und gute Unterhaltung. Ich empfehle „Liebesbriefe ans Leben“ sehr gerne weiter und freue mich schon auf weitere Lektüre dieser herzlichen Autorin.



Titel Liebesbriefe an das Leben

Autor Karin Lindberg

ISBN 978-2-496-70755-7

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 384 Seiten

Erscheinungsdatum 14. September 2021

Verlag Tinte und Feder

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.09.2021

Die Rolle der Frau

Kinderklinik Weißensee – Jahre der Hoffnung (Die Kinderärztin 2)
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Der Erste Weltkrieg hat Berlin fest im Griff, dann bricht auch noch die Spanische Grippe über die geschwächte Bevölkerung herein. Marlene hat als Medizinalpraktikantin in der Kinderklinik ebenso viel zu ...

Der Erste Weltkrieg hat Berlin fest im Griff, dann bricht auch noch die Spanische Grippe über die geschwächte Bevölkerung herein. Marlene hat als Medizinalpraktikantin in der Kinderklinik ebenso viel zu tun wie ihre Schwester Emma als Pflegerin und Ausbildnerin der Elevinnen.

Teil Zwei der Reihe „Die Kinderärztin“ schließt direkt an den Vorgängerband an, und auch wenn die Geschichte für sich verständlich ist, so empfiehlt sich das Lesen in der richtigen Abfolge doch schon aufgrund der flüssigen und einfühlsamen Schreibweise genauso wie wegen der inhaltliche Entwicklung der beiden Lindow-Schwestern, welche Antonia Blum sehr anschaulich und realistisch schildert.

Etliche fachliche Details der Kinderheilkunde und der Seuchenhygiene werden passend in die Handlung eigearbeitet. Daneben gibt es allerlei Wissenswertes rund um den Ersten Weltkrieg, die Lazarettzüge, den Überlebenskampf der zurückgebliebenen Frauen, deren Verdrängung aus Arbeitsplätzen durch Kriegsheimkehrer und die Emanzipation. Insbesondere Marlene muss um ihren Platz als Ärztin kämpfen, denn es gibt noch genug konservative Medizinalräte und Patienten, die die Rolle des Weibes in der Pflege sehen, nicht beim Diagnostizieren und Behandeln. Ein wenig Politik, ein bisschen Film und viel Liebesdrama vervollständigen diese wunderbare Geschichte, die vor einem ausgezeichnet recherchierten historischen Hintergrund spielt. Der Leser darf gebannt das Leben von Marlene und Emma mitverfolgen, einige bereits von früher bekannte Leute treffen und den Alltag in den Jahren 1918/1919 hautnah mitverfolgen.

So fällt es nicht leicht, das Buch mit seinem interessanten Nachwort zur Seite zu legen und ein ganzes Jahr lang auf die Fortsetzung zu warten. Die Erkenntnisse im letzten Kapitel versprechen Spannendes. Auch „Jahre der Hoffnung“ ist absolut lesenswert und verdient volle fünf Sterne.



Titel Kinderklinik Weißensee – Jahre der Hoffnung

Autor Antonia Blum

ISBN 978-3-548-06406-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 512 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Reihe Die Kinderärztin, 2. Teil

Erscheinungsdatum 24. September 2021

Verlag Ullstein

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.09.2021

Glashotel

Das Glashotel
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An der Westküste Kanadas befindet sich ein luxuriöses Hotel, abgeschieden von der Zivilisation, erreichbar nur mit dem Boot, errichtet für Gäste, die die Natur und das weite Meer suchen, aber im geschützten ...

An der Westküste Kanadas befindet sich ein luxuriöses Hotel, abgeschieden von der Zivilisation, erreichbar nur mit dem Boot, errichtet für Gäste, die die Natur und das weite Meer suchen, aber im geschützten Bereich bleiben wollen. So können sie die Inseln und die Vegetation ruhig durch die weitläufige Glasscheibe betrachten und dabei einen kühlen Cocktail genießen. Für die raffinierten Getränke ist Vincent zuständig, bald arbeitet auch ihr Halbbruder Paul in diesem schicken Resort.

Mit kurzen, verwirrenden Absätzen und Textfragmenten beginnt diese sehr ungewöhnliche Geschichte. Realität und Erinnerung verschwimmen, Heute und Damals, lebendig und tot. Alles fließt ineinander, der Leser ist verwirrt, stolpert von Vincents Leben in das von Paul, spürt das Delirium vom Drogenrausch, der dessen Studentenzeit schneller beendet als sie beginnt. Vincents Begegnung mit dem Hotelbesitzer Alkaitis soll ihr Leben drastisch verändern: sie tritt als Frau des um mehr als dreißig Jahre älteren Mannes auf. Ihr Bruder Paul verlässt das Hotel ebenfalls, nachdem ein makabrer Text in die prächtige Scheibe geritzt worden ist.

Was folgt, sind Splitter aus verschiedenen Lebensabschnitten der vorgestellten Personen, verwoben mit Zeitsprüngen und verschiedenen Beziehungskontexten. Leider kommen dem Leser die Figuren nicht nahe, stets hat man das Gefühl, alles durch eine unüberwindbare Glasscheibe zu beobachten, nicht durchdringen zu können zu den individuellen Menschen, die doch nur Schein sind, trügerische Fassade. Das ganze Leben ist ein Spiel, Leben, Gegenleben, Flucht vor der Vergangenheit, Flucht vor der Wirklichkeit. Alles dreht sich, bis das Ende den Anfang trifft, der mit dem Ende beginnt.

Bestimmt ambitioniert und wohl überlegt hat Mandel diesen Roman komponiert, jedoch kommen bei mir nur einzelne Töne an, setzen sich die wirren Fragmente nicht zu einer stimmungsvollen Melodie zusammen. Über weite Strecken fühle ich Ratlosigkeit und kann das langatmige Durcheinander der Textcollage nicht als Lesevergnügen verbuchen.

Leider gibt es für das Glashotel keine Leseempfehlung, obwohl Titelbild und Klappentext sehr ansprechend sind.



Titel Das Glashotel

Autor Emily St. John Mandel

ISBN 978-3-550-20182-0

Sprache Deutsch

Ausgabe Fester Einband, 400 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 30. August 2021

Verlag Ullstein

Originaltitel The Glass Hotel

Übersetzer Bernhard Robben

Veröffentlicht am 10.09.2021

Der Serienmörder ist wieder da

Ausweglos
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Eine angelehnte Wohnungstür, dahinter eine arg zugerichtete Frauenleiche und ein verletzter, bewusstloser Mann. Die Tote ähnelt den Opfern eines Serienmörders in Hamburg und führt scheinbar zu einer neuen ...

Eine angelehnte Wohnungstür, dahinter eine arg zugerichtete Frauenleiche und ein verletzter, bewusstloser Mann. Die Tote ähnelt den Opfern eines Serienmörders in Hamburg und führt scheinbar zu einer neuen Spur.

Rasant und einnehmend ist Fabers Schreibstil. Mit drei Hauptfiguren bestreitet er diesen einzigartigen Thriller, indem Noah, Elias und Linda jeweils aus der Ich-Perspektive erzählen. Durch die prägnante Sprache entsteht ein Tempo, dem man sich kaum entziehen kann und auch inhaltlich spannt sich ein fesselnder Bogen von der ersten bis zur letzten Seite.

Kurz und übersichtlich sind die einzelnen Kapitel gehalten, die Handlung kommt mit wenigen Figuren aus, wodurch der Leser einen guten Überblick bewahren kann, obwohl er ständig den Blickwinkel wechselt. Mehrere Überraschungen sorgen trotz der knapp fünfhundert Seiten für absolute Kurzweile, Elias, der außergewöhnliche Alleingänger unter den Ermittlern, tappt im Dunkeln.

Henri Faber hat mit diesem Thriller ein bemerkenswertes Debut geliefert, über das man nicht viele Worte zu verlieren braucht: die geniale, dynamische Schreibweise spricht für sich. Ich empfehle dieses Buch auf jeden Fall weiter!



Titel Ausweglos

Autor Henri Faber

ISBN 978-3-423-21977-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 496 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 23. Juli 2021

Verlag dtv

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Die verschiedenen Vier

Weil wir Schwestern sind
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Katharina, Herzchirurgin, Judith, Lehrerin an einer sogenannten Problemschule, Eva, Hausfrau und Mutter, sowie ehemals Kanzleiassistentin und Miriam, genannt Mimi, Weltenbummlerin, sie alle verbindet eines: ...

Katharina, Herzchirurgin, Judith, Lehrerin an einer sogenannten Problemschule, Eva, Hausfrau und Mutter, sowie ehemals Kanzleiassistentin und Miriam, genannt Mimi, Weltenbummlerin, sie alle verbindet eines: sie sind Schwestern, allerdings so unterschiedlich, wie es nur sein kann. Als nun nach siebenundzwanzig Jahren ein Lebenszeichen ihrer Mutter aus Nepal auftaucht, treten fast vergessene Wunden über den Verlust der Mutter zutage, die sich ganz einfach damals aus dem Staub gemacht und Hamburg verlassen hat. So unterschiedlich, wie sie nun einmal sind, fallen auch die Reaktionen auf eine mögliche Rückkehr von Hannah aus.

In fabelhaftem Schreibstil lässt uns Lucy Astner die vier Schwestern kennenlernen. Die Autorin wählt die Sicht des neutralen Erzählers und stellt dabei in jedem Kapitel eine der jungen Frauen in den Mittelpunkt. Ich bin begeistert davon, wie man ganz durchschnittliche Alltagssituationen so interessant und ansprechend schildern kann. Auf knapp fünfhundert Seiten kommt keine Langeweile auf, die Szenen sind zum Schmunzeln, zum Mitleiden, zum Empören und zum Freuen. Vollkommen realistisch treten dem Leser die vier Schwestern entgegen und sind so bildhaft charakterisiert, dass man sich gut mit einer von ihnen identifizieren und die anderen zumindest verstehen kann. Mitten aus dem Leben gegriffen sind alle Schauplätze, sodass man sofort eintaucht in diese wunderbare Geschichte und die kurzen und übersichtlichen Kapitel nur so dahinfliegen.

Von der ersten Seite weg fesselt Astner ihre Leser und spannt einen logisch nachvollziehbaren Bogen bis zur Überraschung, die am Ende nicht ausbleiben darf. Durch die klare Charakterisierung aller Figuren fügen sich alle Fäden schlüssig zusammen und ergeben einen stimmigen und warmherzigen Roman, den ich sehr, sehr gerne weiter empfehle.



Titel Weil wir Schwestern sind

Autor Lucy Astner

ISBN 978-3-442-48955-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 480 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 16. August 2021

Verlag Goldmann

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