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Veröffentlicht am 13.12.2020

Das Böse

Wisting und der Atem der Angst
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Der Verbrecher und brutale Frauenmörder Tom Kerr sitzt seit Jahren im Gefängnis. Nun will er mit der Polizei kooperieren und an einer Tatortbegehung teilnehmen. Unglücklicherweise kann Kerr dabei entkommen ...

Der Verbrecher und brutale Frauenmörder Tom Kerr sitzt seit Jahren im Gefängnis. Nun will er mit der Polizei kooperieren und an einer Tatortbegehung teilnehmen. Unglücklicherweise kann Kerr dabei entkommen und die Gerüchte, dass es einen Komplizen geben muss, den „Anderen“, flackern erneut auf. Angst um weitere Opfer breitet sich aus und Wisting gerät unter Verdacht, Fehler begangen zu haben.

Der beste Kommissar Norwegens ermittelt bereits in seinem dritten Cold Case, der diesmal so kalt gar nicht ist. Wer Wisting bereits kennt, freut sich über ein Wiedersehen mit dem sympathischen älteren Herrn, der gern intuitiv und von einem inneren Gespür geleitet, agiert. Auch seine Tochter Line ist ihrer journalistischen Tätigkeit treu geblieben und dreht eine Dokumentation über den grausamen Gefangenen, weswegen sie ebenfalls beim Ortstermin dabei ist. Die Herzlichkeit und Verbundenheit zwischen William und Line wird auch hier unterstrichen, dennoch kommt es zu Interessenskonflikten, darf doch der Kommissar ihr gegenüber keine Details über die Ermittlung bekannt geben. Im Vergleich zu den Vorgängerbänden gibt es in Teil 3 nicht so viel Persönliches, da einigen Lesern die Hintergründe ohnehin schon bekannt sind und Neueinsteiger gut ohne Vorwissen ins Geschehen eintauchen können.

Gewohnt kurzweilig schreibt Jørn Lier Horst ohne Schnörkel und Umschweife, seinem Stil treu bleibend kommt er mit wenigen brutalen Szenen aus und entwirft eine glaubwürdige Handlung, die von der ersten Seite weg direkt an den Schauplatz führt und den Leser gebannt durch die knapp gehaltenen Kapitel fliegen lässt. Läuft wirklich alles korrekt ab oder hat Wisting nicht doch fahrlässig gehandelt? Immer neue Fragen werden aufgeworfen, überraschende Wendungen erhalten den Spannungsbogen konstant aufrecht bis zum atemberaubenden Ende, das man so keinesfalls vorhersehen konnte.

Da sich jeder einzelne Abschnitt logisch in das gut durchdachte Gesamtbild fügt und auch alle Figuren wieder sehr glaubwürdig dargestellt sind, wird das Lesen zu einem reinen Vergnügen. Schön, dass ein neuer „Wisting“ im April 2021 auf uns Leser wartet …

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Veröffentlicht am 09.12.2020

Alles wird gut

Drei Frauen im Schnee
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Weihnachten steht vor der Tür, wie jedes Jahr, aber im Dezember 2012 ist für Sonja dennoch alles anders: ihre Zwillinge Amelie und Lilly reden vom Weltuntergang und vom Abschaffen des Festes, Ehemann Paul ...

Weihnachten steht vor der Tür, wie jedes Jahr, aber im Dezember 2012 ist für Sonja dennoch alles anders: ihre Zwillinge Amelie und Lilly reden vom Weltuntergang und vom Abschaffen des Festes, Ehemann Paul wird von seiner Firma in Beschlag genommen und bietet keinerlei Hilfe, Onkel Leo muss ob seiner aufdringlichen Art ausgeladen werden und Schwiegermutter Irene im oberen Stock will nicht nur ihre gewohnten, Nerv tötenden Rituale beibehalten, sondern darüber hinaus auch noch eine Freundin einladen. Ein friedvolles Miteinander scheint ausgeschlossen, will Sonja sich nicht wieder allen anderen Wünschen beugen und so kommt, was kommen muss: verärgert verlässt sie das Haus im weihnächtlichen Chaos – um unerwartet auf zwei neue Freundinnen zu treffen. Das Leben der drei Frauen nimmt überraschende Wendungen und beschert ihnen heitere wie nachdenkliche Tage auf dem Stoos.

In angenehmer Sprache verfasst kommt Imbodens Wintermärchen daher, beschreibt direkt und unumwunden Sonjas Leben, ihre Wünsche, ihre Träume und alles, was nicht in ihre Vorstellung von Weihnachten passt. Viel ist schnöder Alltag geworden, Schwiegermutter Irene immer wieder auf der Bildfläche, weil sie es „gut meint“. Auch wenn Sonja im Grunde eine Frohnatur ist, wird es ihr diesmal doch zu viel. Weihnachten soll anders werden, und das wird es auch …

Im abgeschiedenen Dorf am Stoos kommt Sonja zum Innehalten, greift Ideen und Gedanken anderer auf und spürt ihrem Innersten nach. Wunderbar umrahmt die Natur mit ihren tief verschneiten Hängen, den Wäldern und der Ruhe diese Geschichte. Alles fügt sich nahtlos ineinander, die Bilder, welche die Autorin so schön in Worte fasst, lassen diesen Roman lebendig werden. Gefühle werden offenbar, glaubhaft und authentisch verhalten sich nicht nur die drei Frauen. So wirkt die ganze Geschichte niemals langweilig oder aufgesetzt, sondern stets dem wahren Leben nachempfunden, bietet Szenen zum Schmunzeln ebenso wie Anregungen zum Nachdenken.

Drei Frauen im Schnee ist ein ruhiger, stimmiger Roman, der Hoffnung sowie Glauben an das Gute in den Mittelpunkt rückt und einfach kuschelige Unterhaltung an gemütlichen Winterabenden bietet.

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Veröffentlicht am 08.12.2020

Fall Nummer Sieben

Als die Nacht begann
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Mitten aus den Hochzeitsvorbereitungen gerissen wird Jan Tommen, als eine Studentin auf offener Straße erschossen wird. War tatsächlich die junge Frau das Ziel oder hat hier jemand einfach nur Lust am ...

Mitten aus den Hochzeitsvorbereitungen gerissen wird Jan Tommen, als eine Studentin auf offener Straße erschossen wird. War tatsächlich die junge Frau das Ziel oder hat hier jemand einfach nur Lust am Töten? Eine Verbindung zu einem weiteren Opfer am Tegeler See ist auch nicht so einfach herzustellen …

Mit seiner Thriller-Reihe „Jan Tommen“ hat Alexander Hartung ein sehr unkonventionelles Ermittlerteam entstehen lassen, das ich bereits bei früheren Fällen kennengelernt habe. So waren mir sämtliche Charaktere im Team mit all ihren Macken und speziellen Fähigkeiten bereits bekannt und das Wiederlesen machte Freude. Die Entwicklung der Figuren ist logisch nachvollziehbar und schön, mitzuerleben. Allerdings kann dieser siebente Band auch ganz ohne Vorwissen gelesen werden.

Die Handlung von „Als die Nacht begann“ ist in sich abgeschlossen und überzeugt durch viele Wendungen und Szenenwechsel. Der gewohnt flotte Schreibstil nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Viertel von Berlin, lässt einem die Pizza im Halse stecken, wenn Zoe rechtsmedizinische Details erläutert und die Haare zu Berge stehen, wenn Chandu wieder einmal mit der Unterwelt verhandelt. Die Geschichte selbst ist gut strukturiert und findet ein passendes und unerwartetes Ende, auch wenn dazwischen manchmal zu viele ablenkende Details eingebaut sind.

Fazit: gute, wenn auch etwas realitätsferne Jan Tommen - typische Unterhaltung, von der es gerne noch weitere Folgen geben darf.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Wo andere Urlaub machen

Föhnlage
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Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ...

Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ein Unfall? Viele Gedanken werden überprüft auf Logik und Relevanz, Spekulationen unter den Einheimischen verbreiten sich wie der Wind, denn „Ratschkathln“ gibt es genug.

Mit viel Humor und einer treffenden Schreibweise setzt Maurer diesen ersten Krimi seiner „Jennerwein-Serie“ in Szene. Der Leser begleitet Ermittler und Bewohner des Dorfes durch spannende und recht unterhaltsame Episoden, die durchwegs für kurzweilige Lesestunden sorgen. Nicht knallharte Fakten und akribisch recherchierte Daten stehen hier im Mittelpunkt, sondern Wortwitz und Augenzwinkern, insbesondere, wenn es darum geht, dem Leben da und dort ein Schnippchen zu schlagen, das Gesetz ein wenig vorteilhaft zu interpretieren und einen Seitenblick auf Österreicher und Italiener zu werfen. Jennerweins Team ist eine kunterbunte, sympathische Gruppe, die man gerne bei einem weiteren Fall trifft und auch die Dorfbewohner mit ihren Ecken und Kanten passen gut ins Bild.

Insgesamt ist Föhnlage also eine tolle Mischung aus Spannung, Witz und ein wenig Sarkasmus, flott zu lesen und somit allemal eine Empfehlung wert.

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Veröffentlicht am 24.11.2020

Davongelaufen?

Amissa. Die Verlorenen
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In einer kalten, verregneten Herbstnacht geraten Privatdetektiv Jan Kantzius und seine Frau Rica in einen Verkehrsunfall auf der Autobahn. Jan hält die Hand eines jungen Mädchens, während es noch an der ...

In einer kalten, verregneten Herbstnacht geraten Privatdetektiv Jan Kantzius und seine Frau Rica in einen Verkehrsunfall auf der Autobahn. Jan hält die Hand eines jungen Mädchens, während es noch an der Unfallstelle verstirbt. Neugierde und Ermittlerinstinkt sind geweckt, warum rennt ein Teenager direkt auf die Autobahn? Was hat es auf sich mit dem ganz in der Nähe ausgebrannten Wohnmobil, in dem ein Toter gefunden wird? Und sind nicht auch noch andere Mädchen kurz nach ihrem Umzug verschwunden?

Frank Kodiak, alias Andreas Winkelmann, versteht es von der ersten Seite weg, den Leser zu faszinieren, einen Sog aufzubauen, der einen nicht mehr loslässt. Sieben große Kapitel, die in weitere kurze und flüssig zu lesende Kapitel unterteilt sind, bilden das Gerüst für diesen packenden Thriller. Stete Schauplatzwechsel, die aber niemals unübersichtlich werden, sowie verschiedene Blickwinkel unterschiedlicher Personen garantieren durchgehende Spannung und treiben zum Weiterlesen an.

Sehr plastisch und authentisch charakterisiert sind sämtliche Figuren, allen voran natürlich Jan und Rica. Mit wenigen Details aus der Vergangenheit werden viele ihrer aktuellen Handlungen verständlich und nachvollziehbar. Auch kleinere Rollen sind gut dargestellt und passen mit wenigen klaren Worten perfekt ins Gefüge. Zudem stellen die recht bildhaft beschriebenen Szenen einen wunderbaren Rahmen für die Handlung dar, einige brutale Szenen müssen natürlich sein, beherrschen aber nicht ständig das Geschehen, bei dem immer wieder auch tiefgründige Themen angerissen werden.

Absolut überzeugend ist für mich dieser erste Teil der Kantzius-Reihe, für den ich schon einmal eine Leseempfehlung abgebe – und während ich auf die Fortsetzung warte, werde ich mich gerne dem ein oder anderen Werk von Andreas Winkelmann widmen.

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