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Veröffentlicht am 25.04.2021

Aufgeben kommt nicht infrage

Die Bildhauerin
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ISBN 978-3-7466-3770-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 352 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 12. April 2021

Verlag Aufbau TB



Schon in früher Kindheit gräbt ...

ISBN 978-3-7466-3770-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 352 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 12. April 2021

Verlag Aufbau TB



Schon in früher Kindheit gräbt Camille Claudel am liebsten im Lehm am Fuße des Riesen in Villeneuve-sur-Fère. Sie erkennt die feinkörnige Qualität, die sich leicht zu einer glatten Masse verkneten lässt und aus der sie ihre ersten Figuren formt: einen Hund mit wedelndem Schwanz, eine schlafenden Taube und eine niedliche Katzenfamilie. Während ihre Mutter dieses schmutzbehaftete Spiel ablehnt, fördert ihr Vater das schlummernde Talent und ermöglicht Camille schließlich das Studium an der Akademie Colarossi in Paris. Als Auguste Rodin sie im Louvre entdeckt, ist er von ihren Zeichnungen sofort begeistert und der angesehene Bildhauer protegiert Camille. Aus seiner Schülerin wird bald eine unentbehrliche Gehilfin und später auch Geliebte. Aber will die talentierte junge Frau auf Dauer die Muse des bekannten Künstlers sein und ewig in seinem Schatten stehen?

Bildhaft und plastisch, wie es zum Thema passt, schildert Pia Rosenberger in einer aufregenden Romanbiografie den Beginn einer schwierigen und entbehrungsreichen Karriere. Nicht nur der Widerstand von Mutter und Schwester, vor allem auch das Bild einer tugendhaften Frau im ausklingenden 19. Jahrhundert bringen Camille auf einen steinigen Weg, den sie jedoch entschlossen und zielstrebig beschreitet. Besonders gut kommt dabei ihre innere Zerrissenheit zum Ausdruck: während Camille Rodin vorwirft, alles der Kunst unterzuordnen und auf nichts und niemanden Rücksicht zu nehmen, handelt sie selbst ganz genauso. Das Streben nach Anerkennung und Bewunderung ist übermächtig. Wenn ihr davon abgeraten wird, in einer Männerdomäne Fuß fassen zu wollen, arbeitet sie noch härter als zuvor.

Sehr lebendig sind die Schauplätze und Personen geschildert, das Künstlerleben in Paris mit seinen Musikern, Dichtern, Malern. Während dort schillernde Abendveranstaltungen stattfinden, herrscht in den einfacheren Familien Platz- und Geldnot. Schritt für Schritt darf der Leser Camille begleiten, wie sie sich entwickelt vom Ton-Anrühren über das Skizzieren und Entwerfen bis hin zum Modellieren bemerkenswerter Büsten und Akte. Interessante Details zu ihren (z.B. Giganti, Mädchen mit der Garbe) und Rodins Werken fließen mit in die Geschichte ein und ganz nebenbei erfährt man vieles über die Entstehung Rodins berühmten Höllentors, inspiriert von Dantes Göttlicher Komödie. Gerade hier spürt man beim Lesen förmlich die Seelenverwandtheit von Camille und Rodin, ihre Liebe zur Kunst und zur Darstellung. Dennoch gehen sie ganz unterschiedlich heran an ihre Aufgabenstellungen und interpretieren Themen auf sehr unterschiedliche Art und Weise.

Gute Recherche zu historischen Gegebenheiten ist eingebettet in eine bewegende Geschichte, wodurch Camilles Jugendjahre und künstlerische Glanzzeit sehr beeindruckend beleuchtet werden. Ihre Zielstrebigkeit hat der jungen Dame durchaus Erfolg, aber wohl nicht immer Freunde eingebracht. Dieses wunderbare Portrait lässt sie jedoch aus dem Schatten eines (über)mächtigen Rodin treten.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Schweigen

Möwensommer
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Bezaubernd ist der Blumenladen "Blühende Phantasie" auf Norderney, in dem Lina ihre Erfüllung findet. Auch sonst ist sie voll eingebunden ins Leben und Geschehen auf der Insel, schließlich kennt hier jeder ...

Bezaubernd ist der Blumenladen "Blühende Phantasie" auf Norderney, in dem Lina ihre Erfüllung findet. Auch sonst ist sie voll eingebunden ins Leben und Geschehen auf der Insel, schließlich kennt hier jeder jeden. Lustige Mädelstreffen und entspannte Segelausflüge mit ihrem Jugendfreund Mattis erfüllen ihr Privatleben. Nur mit der Liebe hapert es noch – die Auswahl an passenden Kandidaten ist auf der Insel überschaubar – bis der fesche Standesbeamte Bent auf die Insel zieht und Mattis irgendwann noch schweigsamer wird.

Bereits der Beginn im Blumenladen ist wunderschön: die Liebe Linas zu den blühenden Lebewesen, die bildhafte und detailgetreue Beschreibung von Buketts und Sträußen, die Milchkannen neben Lilien und bunten Bändern, einfach herrlich, eine vielversprechende Mischung aus Romantik und Missverständnissen, die sympathische Lina und ein etwas brummiger Mattis begegnen uns auf den ersten Seiten von Möwensommer.

Was so traumhaft beginnt, wandelt sich jedoch bald in eine vorhersehbare Abfolge platter Klischees, wobei Tippfehler und kleine Ungereimtheiten das Ihre beitragen, um das anfängliche Lesevergnügen zu trüben. Diese Makel werden aber zumindest etwas aufgewogen durch die Lebendigkeit der Fauna und Flora Norderneys, dem Duft der Lilien, der salzigen Brise, die man einatmet beim Lesen. Schnell bekommt man Lust auf Urlaub, stille Spaziergänge und die Weite des Meeres. So versöhnt das Buch doch noch mit warmherzigen Szenen, die uns Freundschaft und Zusammenhalt spüren lassen.

Drei Sterne für nette Abwechslung an einem verregneten Wochenende.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Bojen im Nebel

Der Erlkönig
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ISBN 9783548063751
Sprache Deutsch
Ausgabe Taschenbuch, 400 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook
Erscheinungsdatum 29.3.2021
Verlag Ullstein Taschenbuch
Originaltitel Les Refuges
Uebersetzer Alexandra ...

ISBN 9783548063751
Sprache Deutsch
Ausgabe Taschenbuch, 400 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook
Erscheinungsdatum 29.3.2021
Verlag Ullstein Taschenbuch
Originaltitel Les Refuges
Uebersetzer Alexandra Baisch


Bojen im Nebel

2019 – eine Vorlesung im Anatomischen Theater der Universität Tours.
1949 – ein Strand, ein grausiger Fund.
1986 – Journalistin Sandrine recherchiert bei einem Bauern, dessen Kühe mit Hakenkreuzen besprüht wurden und wird unmittelbar darauf vom Notar über den Tod ihrer Großmutter Suzanne informiert, die sie nie kennengelernt hat.

Unterschiedlichste Puzzleteile werden hier von Autor Jérôme Loubry vorgestellt, eingerahmt und verknüpft mit Zeilen aus Goethes Ballade vom Erlkönig. Obwohl man nichts weiß, keinen Zusammenhang herstellen kann, so wird man doch sofort neugierig und immer mehr mitgerissen von einer Handlung, die gespenstisch und nebulos ist. So hantelt man sich von Boje zu Boje, ohne recht zu wissen, welch Rettungsanker dies ist. Nur langsam lichtet sich der Nebel, blitzt da und dort ein kleines Detail aus dem Wald von Erlen, steigt Erkenntnis aus den Tiefen von Wasser. Kaum glaubt man, zu verstehen, so wechselt die Szene, ändert sich das Bild. Virtuos spielt Loubry mit Reaktionen der menschlichen Psyche, zeigt, welche Auswirkungen ein Trauma über Jahre hinweg nach sich ziehen kann.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Sandrine, die die Verlassenschaft ihrer Großmutter regeln soll und dafür deren Haus auf einer kleinen Insel aufsucht. Wenige Tage später findet man sie besudelt mit fremdem Blut am Strand. Auch Kommissar Damien Bouchard kann sich keinen Reim bilden auf ihre wirren Erzählungen. Erschwerend für ihn kommt hinzu, dass er selbst von bösen Geistern verfolgt zu sein scheint.

Atmosphärisch perfekt eingebettet in das düstere Umfeld des Jünglings, den der Erlkönig zu sich lockt, präsentiert sich dieser Thriller mit vielen Facetten der Psychologie, verwebt geschickt unterschiedliche Handlungsstränge zu einem perfekten Ganzen, dessen Ausmaß immer unglaublicher wird. Trauer und Hoffnung bekommen eine ganz neue Note, die sich widerspiegelt in der Natur, deren leuchtende Farben zu einem eintönigen Grau changieren und dann doch wieder von Neuem in satten Tönen erstrahlen. Die Hoffnung stirbt zuletzt – oder stirbt sie nie?

„Er kommt des Nachts - und nimmt dich mit“ – ebenso wie dieses Buch: virtuos in Worte gefasste Schicksale reißen den Leser mit und schaffen einen unfassbar packenden Thriller, den man einem Rutsch verschlingt. Ein Meisterwerk!

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Blaue Maus

Die vierte Schwester
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In einer heißen Sommernacht verschwindet die kleine Olivia, die jüngste von vier Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Als dreißig Jahre später Olivias Stoffspielzeug Blaue Maus gefunden ...

In einer heißen Sommernacht verschwindet die kleine Olivia, die jüngste von vier Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Als dreißig Jahre später Olivias Stoffspielzeug Blaue Maus gefunden wird, soll Privatdetektiv Jackson Nachforschungen anstellen. Allerdings ist dieses Unterfangen nicht ganz einfach und für alle Beteiligten von verlorenen Chancen, Träumen und Sehnsüchten geprägt.

Mit einer Rahmenhandlung von verschiedenen Vorgeschichten, die das Buch zu Beginn und am Ende umfassen, entwickelt sich im Hauptteil die Suche nach Vermissten. Nicht nur Olivias Drama, sondern auch andere Fälle werden zumindest gedanklich aufgerollt, verglichen und analysiert. Die Idee ist gut, allein die Umsetzung nicht recht geglückt.

So erfährt der Leser nicht nur von den Schwestern Land – Olivia, Sylvia, Amelia und Julia - sondern in den folgenden Kapiteln auch ganz andere Geschichten, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang erkennen lassen. Verbindungslos reiht sich eine Szene an die andere, eine Fülle von Namen prasselt auf den Leser ein, die Figuren dahinter bleiben oft vage und konturlos. Die Erzählungen schweifen immer weiter ab in Belanglosigkeiten, zu Randfiguren, die weder davor noch danach eine Rolle spielen.

Da jedes Kapitel den Schwerpunkt auf eine bestimmte Familie oder Person richtet, ist es schwierig, den Überblick zu behalten und in einem kontinuierlichen Lesefluss zu bleiben. Immer wieder fragt man sich: „Wer war das denn nun?“ Was ein gutes Stilmittel sein könnte, verhindert hier das Aufkommen jeglicher Spannung. Die Abschnitte sind langatmig, abrupte Szenenwechsel und Gedankensprünge führen nicht, wie man meinen könnte, zu einer erhöhten Dramatik, sondern nehmen jegliche Steigerung im Spannungsbogen schon wieder hinweg. Eine Trägheit wie die anfänglich beschriebene Hitzewelle legt sich bleischwer über das gesamte Buch und lässt schwerlich Euphorie zum Weiterlesen aufkommen. Nichtsdestotrotz war ich natürlich neugierig auf die Auflösung, die leider dann aber auch nur das bestätigte, was ich von Anfang an vermutet hatte.

Wer typisch britischen Humor mag, wird wohl von Atkinson begeistert sein, mich konnte dieses Buch leider gar nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Nachbarn

Vanitas - Schwarz wie Erde
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Am Wiener Zentralfriedhof arbeitet Carolin als Blumenhändlerin. Aber sie ist nicht die Frau, die sie zu sein scheint. Eigentlich steckt hinter Carolin ein ehemaliger Polizeispitzel, einst eingeschleust ...

Am Wiener Zentralfriedhof arbeitet Carolin als Blumenhändlerin. Aber sie ist nicht die Frau, die sie zu sein scheint. Eigentlich steckt hinter Carolin ein ehemaliger Polizeispitzel, einst eingeschleust in eine brutale Bande des organisierten Verbrechens und offiziell inzwischen tot. Als sie sich langsam an ihr neues Leben in Wien gewöhnt und nach wie vor stets wachsam ist, wird sie für einen weiteren Auftrag nach München geholt. Obwohl ihr von Anfang an nicht wohl ist bei der Sache, unternimmt sie bald mehr Nachforschungen als aufgetragen.

Poznanskis prägnanter Schreibstil nimmt den Leser schnell gefangen, insbesondere, da weder Carolins Vorgeschichte noch ihre künftige Aufgabe klar sind. Nur sehr langsam ergeben sich bruchstückhafte Informationen und so entsteht ein Sog, immer weiter lesen zu wollen, um Details zu erfahren und der Geschichte auf den Grund zu gehen. Einziger Fixpunkt in München ist die Nachbarin Tamara, der Carolin bestimmte Auskünfte entlocken soll. Der Spannungsbogen steigt nur allmählich, aber stetig voran. Etliche Figuren betreten die Bühne und scheinen schwer zu durchschauen, bis sich eine unfassbare Erkenntnis ergibt und zu einem fulminanten Ende führt. Die Autorin kommt ohne scheußliche Blutgemetzel aus und komponiert auf ganz andere, sehr subtile Art und Weise eine mitreißende Atmosphäre, die diesen Thriller schlussendlich zu etwas ganz Ungewöhnlichem werden lässt. Bis zuletzt bleibt vieles im Ungewissen und darüber hinaus weisen uns Blumen den Weg zu Band 2: „Grau wie Asche“. Es bleibt also spannend …

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