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Veröffentlicht am 09.09.2020

"Sommern" am Balaton

Sterben im Sommer
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Der heiße Sommer 2018, der Vater verbringt ihn in der alten Heimat, in Ungarn, am Balaton, sitzt unter der knorrigen Akazie, schwimmt, liest, versucht, seine Schmerzen vor der Familie zu verbergen. Aber ...

Der heiße Sommer 2018, der Vater verbringt ihn in der alten Heimat, in Ungarn, am Balaton, sitzt unter der knorrigen Akazie, schwimmt, liest, versucht, seine Schmerzen vor der Familie zu verbergen. Aber das Leben trickst ihn aus – oder ist es der Krebs, der nach fünf Jahren wieder zuschlägt, der Tod, der sich unbarmherzig nähert, gegen den auch die angesehene Klinik in Frankfurt am Main nichts mehr unternehmen kann? Die Tochter versucht Mögliches von Unmöglichem zu unterscheiden, wird mit Fragen konfrontiert, die bisher nur „die anderen“ betroffen haben, versucht, die letzte verbleibende Zeit zu nutzen mit dem Vater, der Familie, das Vergangene ins Jetzt zu holen, das Künftige zu meistern.

Der Tod ist Teil unseres Lebens, mit Wehmut, Dankbarkeit und viel Melancholie erzählt Autorin Zsuzsa Bánk vom Jahr des Sterbens der Väter und von der Zeit danach. Deutliche und klare Erinnerungen und Erzählungen von früher bis zurück ins schicksalhafte Jahr 1956 ziehen durch ihre Gedanken, die sie der Reihe nach zu Papier bringt, bunte Bilder vom Paradiesgarten, von der Familie, die zerstreut über die ganze Welt immer wieder zusammentrifft, vom Vater zusammengehalten wird, den Sommer im Dorf verbringt. Kleine Details halten die Zeit von damals lebendig, sorgen dafür, dass auch die Enkel noch teilhaben an Liedern, Spielen und spannenden Begebenheiten. Der Duft nach Gulyás und Sauerkraut hält Traditionen aufrecht.

Mit viel Gefühl und Liebe füllt Bánk dieses wunderbare Buch vom Leben und Sterben, zeigt auf, wie verwundbar wir sind und wie unvorbereitet wir mit dem Tod von nahen Angehörigen konfrontiert werden, auch wenn das der unaufhörliche Fluss unserer Existenz ist. Krankheit und Tod stellen uns vor völlig neue Aufgaben – warum ist nicht alles wie bisher, welche Entscheidung ist die richtige, wie soll es weitergehen, wann trocknen die Tränen? Auch wenn der Anlass ein unendlich trauriger ist, so zeigt die Autorin aber auch auf, wie man Kraft schöpfen kann aus der gemeinsamen Vergangenheit, aus Erinnerungen, Bildern im Kopf, aus gelebten Gewohnheiten und Ritualen, die mit Nichten, Neffen und Enkeln fortgeführt werden, die dem Toten immer einen Platz in ihrer Mitte gewähren.

Sterben im Sommer ist eine berührende Familiengeschichte, die Gänsehaut beschert, die uns vor Augen hält, dass der Tod allgegenwärtig ist und zu unserem Leben dazugehört, dass das Sterben zwar einen Schlussakkord spielt, aber gleichzeitig ermutigt, in die Zukunft zu sehen und der kommenden Generation Kraft und Stütze zu sein, wie es der Vater und zuvor der Großvater schon waren. Lesenswert.

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Veröffentlicht am 08.09.2020

Original oder Kopie?

Jigsaw Man - Im Zeichen des Killers
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Ein Sommermorgen in Süd-London: an mehreren Orten werden Leichenteile gefunden, das SCU, die Spezialeinheit für Serienmorde, ermittelt. Das Problem bei der Sache: es gab vor einigen Jahren bereits ähnliche ...

Ein Sommermorgen in Süd-London: an mehreren Orten werden Leichenteile gefunden, das SCU, die Spezialeinheit für Serienmorde, ermittelt. Das Problem bei der Sache: es gab vor einigen Jahren bereits ähnliche Fälle, der Mörder sitzt allerdings hinter Schloss und Riegel. Handelt es sich um einen Nachahmungstäter? Oder gibt es einen Komplizen? Wer könnte hinter den neuen Anschlägen stecken und vor allem, warum?

DI Anjelica Henley und der ihr zur Ausbildung zugeteilte Salim Ramouter stellen die Hauptpersonen dar bei den Ermittlungen, unterstützt werden sie aber noch von etlichen anderen Personen (Kriminalisten, Tatortermittlern, Pathologen, Schreibkräften,…) deren Fülle an Namen zugleich mit der Vorstellung von Zeugen und privaten Familienmitgliedern anfangs fast ein wenig für Verwirrung sorgen.

Alle wichtigen Figuren werden gut beschrieben, wobei allerdings Details zu früheren Ereignissen immer wieder angedeutet, jedoch lange nicht konkret beleuchtet werden. Auch persönliche und familiäre Einzelheiten fließen ins Geschehen mit ein, sollen die Figuren lebendig und authentisch gestalten. Leider handelt es sich dabei um mehrfache Wiederholungen ähnlicher Szenen, die eher vom echten Fall ablenken und die Handlung unnötig in die Länge ziehen. Die Spannung, die – für einen Thriller – ohnehin nicht allzu hoch ist, wird dadurch immer wieder unterbrochen.

Die Idee zum Jigsaw Man und den neuen Mordfällen ist grundsätzlich eine interessante und der Aufbau, beginnend mitten im Geschehen, mit langsamem Herantasten an Motive und Verdächtige, ist gut gewählt. Nadine Mathesons Thriller liest sich vom Schreibstil her angenehm und flüssig, logische Erkenntnisse führen die Fäden zusammen und zu einem fulminanten Schluss. Dennoch ist einiges an unnötigen und abschweifenden Elementen mit hineingepackt, sodass der durchgehende Spannungsbogen leider fehlt.

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Veröffentlicht am 08.09.2020

Sehnsucht

Nachbarn
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„Wenn du dich nicht gut fühlst, ist das ein Grund mehr, zu tanzen.“ (Kap. 18)

Im Jahr 2320: Bren arbeitet auf einem Marsfeld, um Geld zu verdienen, während ihre jüngere Schwester Cay auf der Erde eine ...

„Wenn du dich nicht gut fühlst, ist das ein Grund mehr, zu tanzen.“ (Kap. 18)

Im Jahr 2320: Bren arbeitet auf einem Marsfeld, um Geld zu verdienen, während ihre jüngere Schwester Cay auf der Erde eine kostspielige Ausbildung absolviert. Beider Ziel ist ein künftiges Leben auf dem Mars. Aufgrund eines Unfalles wird Bren vorzeitig auf die Erde zurückgeschickt, wo sie entsetzt feststellt, dass Cay verschwunden ist. Aber Cay ist nicht die Einzige, und so tut sich Bren mit dem hilfsbereiten Sioh zusammen, der ebenfalls auf der Suche ist und bereits ein paar Informationen zusammengetragen hat. Was davon ist Spinnerei, was Wahrheit? Bren versucht, alles zu tun, um Cay wieder zu bekommen. Aber wie weit wird sie tatsächlich gehen?

Mit mächtigen Kuppeln ist nicht nur der Mars ausgestattet, wo Erdenbürger auf Feldern arbeiten, nein, auch die Städte auf der Erde sind überdacht und geschützt. Die Bewohner kennen das Gefühl von lauem Wind und frischer Luft, von natürlichem Tag- und Nachtrhythmus kaum mehr. Aber wir befinden uns ja auch bereits 300 Jahre weiter und so wundert es nicht, dass vieles anders ist. Verschwundene Menschen jedoch sind auch in dieser Zeit nichts Gewöhnliches und so ist es nur verständlich, dass Bren sich sorgt um ihre Schwester.

Ohne jegliches Vorgeplänkel steigt Nele Sickel in die Geschichte ein, stellt uns Bren auf dem Mars vor, bevor diese sich auf den Weg zur Erde begibt und beschreibt da wie dort Verhältnisse, die doch ziemlich anders sind, als es heute noch üblich ist. Nach und nach lernen wir Bren näher kennen und auch ein paar wenige Nachbarn und Arbeitskollegen. Familie hat sie leider – außer ihrer Schwester und einer Pflegemutter – nicht.

In angenehm zu lesenden Kapiteln werden künftige Lebensräume gezeichnet, fremdartige Gewohnheiten dargestellt und märchenähnlich bezaubernde Details eingeflochten. Was Bren in Bann zieht, hat auch Wirkung auf den Leser, lässt einen frei und unbeschwert fühlen.

Allerdings finde ich Brens Handeln und Tun von Seite zu Seite immer weniger nachvollziehbar und komme zu einem (wie Nele Sickel es selbst formuliert) prägnanten Ende, das durchaus unterschiedlich gedeutet werden kann. Egal wie, es passt.

Ich weiß nicht genau, was ich mir von diesem Roman erwartet habe, jedenfalls nicht diese Geschichte. Trotz allem sorgt das Buch für einige Überraschungen und stellt Fragen, die man sich selbst von Zeit zu Zeit beantworten sollte. Zum Schmunzeln, zum Gruseln, zum Nachdenken, es ist da einiges dabei.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Nacktes Überleben

Raum der Angst
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Prof. Andreas Zörgert, Psychologieexperte ersten Ranges, ersinnt ein ausgeklügeltes Experiment, ähnlich einem Escape-Room-Spiel. Sieben Teilnehmern, die einander nicht kennen, wird ein Geldbetrag dafür ...

Prof. Andreas Zörgert, Psychologieexperte ersten Ranges, ersinnt ein ausgeklügeltes Experiment, ähnlich einem Escape-Room-Spiel. Sieben Teilnehmern, die einander nicht kennen, wird ein Geldbetrag dafür in Aussicht gestellt, umso höher, je mehr bis zum Ende durchhalten. Allerdings sollte alles anders kommen als geplant. Aus Spiel wird Ernst, eine achte Person entführt, Entkommen scheint nicht möglich zu sein.

Anfangs lernen wir Studentin Hannah kennen, die in einer Bar jobbt, dann treten all jene Charaktere auf den Plan, die sich dem Experiment stellen und Erfahrung sammeln oder auch nur Geld verdienen wollen. Unterschiedlicher könnte die Gruppe kaum sein, aber genau das wird den Reiz ausmachen, wie die Zusammenarbeit funktionieren soll und ob jeder willens ist, seine speziellen Fähigkeiten den anderen zur Verfügung zu stellen. Sieben Mitspieler, sieben Räume, so lautet das Konzept, aber die Erwartungen werden von der Realität überholt, ein rasanter Wettlauf beginnt, Wissen gegen Zeit oder wogegen genau?

In flüssigem Schreibstil erschafft Marc Meller eine atemberaubende Atmosphäre, die rasch einen unwiderstehlichen Sog erzeugt, ein stetes Wechselspiel zwischen anfänglicher Ignoranz um Hannahs Verschwinden und späteren Ermittlungen, während das Experiment seinen unaufhörlichen Lauf nimmt. Was ist denn in den Psychologen gefahren, dass er mit solchen Vorgaben arbeitet? Oder steckt da noch etwas ganz anderes dahinter? Fragen über Fragen tauchen auf, den sieben – nun acht – Testpersonen hilft das aber alles nichts, sind sie doch irgendwo abgeschottet ganz auf sich allein gestellt. Gerade diese verschiedenen Persönlichkeiten haben jedoch auch einen beträchtlichen Anteil daran, dass die Geschichte konstant Spannung hält. Jeder hat eine andere Sichtweise, sieht eigene Problemlösungen und muss sich doch mit der Gruppe abstimmen – wie lange wird das gut gehen?

Mit sehr eindrücklichen Bildern aus dem Escape-Room, aber auch sympathischen Ermittlern und weniger angenehmen Zeitgenossen, die möglicherweise mit dem Ganzen zu tun haben, entstehen unterschiedliche Handlungsstränge, die flott von Kapitel zu Kapitel wechseln und ungeahnte Überraschungen bereithalten. Zum Schluss fließt alles stimmig ineinander und lässt unter Umständen sogar auf eine Fortsetzung hoffen? Wenn nicht, dann ist „Raum der Angst“ hier auf alle Fälle gut zu Ende geführt und ermöglicht grausame Einblicke in die Seele des Menschen.

Ein Buch, das man am besten ohne viele Pausen liest, das gut unterhält und von der ersten bis zur letzten Seite für Spannung und die eine oder andere Verblüffung sorgt. Ob ich selber auch einmal einen Escape-Room besuche – und vor allem, mit wem –, das muss ich mir noch gründlich überlegen. Eine klare Leseempfehlung kann ich jedoch ohne jegliches Zögern aussprechen!

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Veröffentlicht am 02.09.2020

Smart ist sicher

Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
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Linda und Hendrik sind glücklich. Ein gemeinsames Abendessen, ein Gläschen Wein, ein Blick auf den schimmernden Ring mit der aufgeregten Vorfreude auf die Hochzeit in wenigen Tagen. Das gemütliche und ...

Linda und Hendrik sind glücklich. Ein gemeinsames Abendessen, ein Gläschen Wein, ein Blick auf den schimmernden Ring mit der aufgeregten Vorfreude auf die Hochzeit in wenigen Tagen. Das gemütliche und mit Smart-Home-System ausgestattete Haus bewohnen sie bereits. Dem Glück kann nichts mehr im Wege stehen – oder doch? Linda verschwindet plötzlich in der Nacht, Hendrik ist verzweifelt, bei der Polizei nimmt man ihn nicht ernst. Warum hat die APP keinen Einbruch gemeldet? Hat sich überhaupt jemand unbefugt Zutritt zum Haus verschafft? Oder ist Linda plötzlich geflohen vor der Ehe?

Zwischen kursiv gedruckten Szenen im „Irgendwo“ und der Begleitung von Hendrik in seiner Verzweiflung wechselt Arno Strobel in rascher Abfolge die Schauplätze. Die kurzen Kapitel animieren zum steten Weiterschmökern, da der Leser zwar immer verschiedene Möglichkeiten vor Augen geführt bekommt, aber doch niemals weiß, welche wirklich stimmt.

Nicht allzu viele Personen dominieren das Geschehen, trotzdem drängt sich der Verdacht auf, dass fast jede irgendetwas zu tun haben könnte mit Lindas Verschwinden. Sonderbare Mimik, unstimmige Bemerkungen, eine unpassende Geste – hinter jedem könnte man ein merkwürdiges Benehmen orten, es scheint nicht klar zu sein, wem man überhaupt vertrauen kann. Mensch wie Technik lösen Wut aus in Hendrik, da es keinerlei Hinweise auf Lindas Verbleib gibt. Weil die Polizei vorerst keine Ermittlungen aufnehmen will, muss er selber nachforschen.

Wie man es von Arno Strobel bereits gewohnt ist, nimmt einen der dynamische Schreibstil von Anfang bis zum Ende hin mit, lässt unterschiedlichste Gedanken aufkommen, was tatsächlich geschehen sein mag und löst das Rätsel schlussendlich gekonnt auf.

Der neue Psychothriller aus Strobels Feder unterhält vorbildlich und nimmt wie nebenbei ganz wesentliche Themen mit zwischen die Seiten.

Am besten sucht man sich ein paar einsame Stunden, damit man „Die APP“ ungestört durchlesen kann – und überlegt dann, wieviel Sicherheit man aufgeben möchte für eine Menge an Bequemlichkeit …

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