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Veröffentlicht am 14.10.2019

Flotter Jugendroman mit einigen Schwachstellen

18, pleite und planlos, aber immerhin sehen wir gut dabei aus
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Liebe Daisy,

inmitten all der Dinge, die getan werden sollten, hat mich letztens ein Jugendbuch gefunden, das ich dir gerne vorstellen möchte: 18, pleite und planlos, aber immerhin sehen wir gut dabei ...

Liebe Daisy,

inmitten all der Dinge, die getan werden sollten, hat mich letztens ein Jugendbuch gefunden, das ich dir gerne vorstellen möchte: 18, pleite und planlos, aber immerhin sehen wir gut dabei aus von Bettina Brömme. Arena hat ja häufig Bücher mit gutem Zug, also wollte ich diesem hier unbedingt eine Chance geben.

Unsere Protagonistin ist Franziska, meistens Franzi genannt, gerade 18 geworden und kurz vor dem Abitur stehend. Damit einher geht natürlich die (sehr nachvollziehbare) Frage, was danach kommen soll. Die neuen sozialen Medien (das Buch ist erst 2017 erschienen und diesbezüglich sehr aktuell) machen ihr die Entscheidung auch nicht leichter - sie bieten vielmehr noch zusätzliche Möglichkeiten. Die „YouTube-Academie“ (du merkst schon, Denglisch, das ist was ganz Cooles.) zum Beispiel. Die möchte Franzi unbedingt besuchen, was aber nur mit einem bestehenden und einflussreichen YouTube Kanal möglich ist. Ohne groß darüber nachzudenken, verwendet sie also zahlreiche kleine Videoprojekte von sich und ihren Freundinnen, um einen solchen zu starten. Wären da nicht die bevormundenden Eltern und der Schwarm, die sie davon ablenken würden...

Du liest es vielleicht schon etwas raus: ich war nur bedingt beeindruckt von dem Umgang mit den Medien. Der steht häufiger kurz davor, reflektiert zu werden und ich wollte mich schon freuen, aber dann hat die Autorin immer in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht. Franzi denkt etwa darüber nach, ob es wirklich richtig ist, Videos von Leuten, die sie nicht um deren Einwilligung gebeten hat, online zu stellen; sie verwirft diesen Gedanken aber innerhalb von drei Absätzen wieder und macht es einfach. Ohne zu viel zu verraten: meine Hoffnung, dass da noch eine Moral zum hinterfragenden Umgang mit Medien kommt, hat sich leider nicht erfüllt. Sehr schade! Zusätzlich fand ich es unrealistisch, wie viel Zeit vor dem Abi Franzi für die Konzeption eines YouTube Kanals, das Drehen von Videos, Partymachen und Jungs Kennenlernen hat. Ich weiß noch, dass selbst die Partymäuse sich bei uns zusammengenommen und gelernt haben. War das bei dir anders?

Apropos, dafür, dass ich das Buch an sich ab 14 empfehlen würde, wird Alkoholkonsum sehr glorifiziert. Jeder wie er oder sie gerne möchte, aber in dem Buch trinken alle „coolen“ Figuren und es fehlt die sympathische Identifikationsfigur, die es nicht tut. Somit entsteht der Eindruck, dass man regelmäßig und viel trinken muss, um cool zu sein, was so nicht stimmt. Diesbezüglich würde ich das Buch also eher nicht für jüngere Leserinnen und Leser empfehlen.

Noch zu den Formalien: ich hab oben schon angedeutet, dass das Buch aus Franzis Perspektive geschrieben ist. Das ist ganz spannend, weil sie so richtig Teenie ist. Zumindest fühlt es sich so an; ob man mit 18 selbst so gedacht hat, kann ich nicht mehr sagen. Schade finde ich, dass sie sehr stark dem Bella-Klischee entspricht: sie fühlt sich selbst wie die grauste aller grauen Mäuse und kann gar nicht nachvollziehen, warum alle sie lieben bzw. warum man sich in sie verlieben könnte. Nebenbei ist sie natürlich noch der Innbegriff der Herzensgüte und immer für ihre Freundinnen da. Die Figur liest sich daher etwas gewollt, und bleibt aber trotzdem eindimensional. Das trifft leider auch (und sogar noch viel mehr) auf ihre drei Freundinnen zu. Du hast vielleicht gemerkt, dass ich die bisher kaum erwähnt habe. Das liegt daran, dass ich sie beim Lesen meistens nicht mal auseinanderhalten konnte und das, obwohl sie wirklich häufig vorkamen. Sie sind, bis auf jeweils ein bis zwei charakterliche Merkmale (eine von ihnen kann z.B.: nicht mit Geld umgehen, dafür bäckt sie gut), alle gleich geschrieben. Und ihre Ausdrucksart fühlte sich beim Lesen leider aufgesetzt und nervig an. Vielleicht bin ich zu alt. Oder es liegt daran, dass ich nicht aus Bayern komme und deshalb den Charme der vielen bayrischen Ausdrücke, die die Autorin verwendet, nicht ganz nachvollziehen kann. Vielleicht war es auch eine Mischung davon. So oder so, die Figurenkonzeption hat mich leider nicht überzeugt.

Aber auch abgesehen davon bin ich über einige Dinge gestolpert. Der Schreibstil liest sich an sich ganz locker flockig (herrlich ist sowas!), aber es finden sich leider einige Anschlussfehler, die mich immer wieder aus dem Lesefluss gebracht haben. Etwa, dass Franzi die Bank verlässt, zu telefonieren beginnt und, nachdem sie auflegt, die Bank wieder verlässt. Ich hab die Stelle (S.275/276) drei Mal gelesen, bis ich mir sicher war, dass ich es richtig verstanden hatte.

Zudem fand ich es schade, dass die Autorin einiges behauptet hat, anstatt es zu zeigen: sie macht es zum Beispiel überdeutlich, dass Franzi es nicht schafft, drei normale Sätze mit ihrem Schwarm zu sprechen (was an sich sehr nachvollziehbar ist). Dann nähern sie sich doch an und führen ein normales Gespräch (S. 117). Das bekommt man aber nie zu lesen, weil es einfach nur behauptet wird. Dabei hätte ich die Entwicklung der Figur bzw. ihrer Beziehungen zu einander gerne mitbekommen.

Alles in Allem muss ich sagen, dass ich sehr zwiegespalten bin. Das Buch hatte einen guten Schwung und hat es geschafft, viele Themen abzudecken, die Jugendliche von heute wohl beschäftigten. Mein größter Kritikpunkt bleibt, dass es so wenig medienkritisch und die Figuren unzureichend entwickelt waren. Das hat den Spaß leider doch etwas rausgenommen und lässt mich keine klare Empfehlung aussprechen.

Deine Daffy

Veröffentlicht am 14.10.2019

Magnificent novel about growing up

Das Graveyard-Buch
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Dear Daisy,

Oh wow, it’s so strange to be back among the living. Okay, that sounds weird. Let me explain myself: I just came back from my trip to The Graveyard Book by Neil Gaiman. You’ve probably heard ...

Dear Daisy,

Oh wow, it’s so strange to be back among the living. Okay, that sounds weird. Let me explain myself: I just came back from my trip to The Graveyard Book by Neil Gaiman. You’ve probably heard of it before as it has already been released in 2008 by Bloomsbury and has been hugely popular (as far as I can tell now that I’m finally looking into it) ever since.

The novel follows the story of a boy: Bod, short for Nobody. After his family is brutally murdered, he grows up in a graveyard. But he isn’t alone: all the ghosts (and other beings) there watch him grow up and help in every way possible. But can a living boy find happiness among the dead?

To be honest, I find it very hard to pinpoint exactly what made me love this book so much. It’s written in a third-person narrative and although it initially felt episodic, when Bod learned the stories of the different inhabitants of the graveyard, I was very much positively surprised by all of those narratives coming together in the end. Not that I didn’t like the little stories that are told throughout the chapters. They are amazing – it’s just a plus that they all fit into another overarching narrative.

I think a major part of why I loved this book so much is the characters: they are extremely well written and I actually felt like getting to know them just as Bod was doing the same. In a way, we grew up on that graveyard together. In a way, it’s actually “just” a story about a boy stumbling through life and trying to figure out what is right and what isn’t; and that maybe, sometimes, it’s okay to not know. That the most important thing is having a family – although that doesn’t necessarily mean that one’s actually related to them or that they fit the social norms; family as in people to catch you when you fall. This book just felt like a blanket full of love and comfort. A book stressing the beauty of living.

I feel like I can’t really say much else about this book without taking too much away already. But should you ever be in need of a comfort-book: this one should be among the ones you consider. It worked for me – more than perfectly.

Love,
Daffy

Veröffentlicht am 14.10.2019

Innovative Idee mit Defiziten bei der Umsetzung

Julie Jewels - Perlenschein und Wahrheitszauber
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Liebe Daisy,

ich hab gerade etwas total Merkwürdiges erlebt. Weißt du noch, als wir zusammen im Buchladen waren und das wunderschöne Cover von KJBs Julie Jewels von Marion Meister bewundert haben, kurz ...

Liebe Daisy,

ich hab gerade etwas total Merkwürdiges erlebt. Weißt du noch, als wir zusammen im Buchladen waren und das wunderschöne Cover von KJBs Julie Jewels von Marion Meister bewundert haben, kurz nachdem es 2018 auf den Markt gekommen war? Es ist mich letztens nochmal überkommen und ich musste es mir glatt holen. Es sieht ja wirklich zauberhaft aus ... und scheint eine ganz eigene Magie auszustrahlen.

Aber kann der Inhalt auch mit dem Cover mithalten? Die Geschichte folgt Julie, die gerade 16 geworden ist. Ein großer Schritt für sie, denn sie weiß: ab jetzt wird alles anders, denn sie ist ja quasi erwachsen. Sie hat eine ganze Liste an Dingen, die sie jetzt verwirklichen möchte: unter anderem mit ihrem Schwarm zu sprechen und die Sweet Sixteen Party des Jahres zu schmeißen. Doch ein Geschenk von ihrer Oma, zu der sie bisher keinen (bewussten) Kontakt hatte, ändert alles: ein merkwürdiger Schmuckkasten, der magische Fähigkeiten zu haben scheint. Nun muss Julie mit der Unterstützung ihrer besten Freunde nur noch rausbekommen, wie sie ihn richtig einsetzt.

Diese Prämisse klang so interessant, dass ich unbedingt in das Buch hineinlesen wollte. Ich muss aber sagen, dass mich die Umsetzung nicht vom Hocker gehaut hat. Ich fürchte, das lag daran, dass ich einfach zu alt/leseerfahren bin. Um mich ein bisschen besser zu erklären, möchte ich im Folgenden auf den Plot und den Schreibstil eingehen.

Die Autorin erschafft Konflikte, um die Handlung voran zu treiben. Logisch, ohne Veränderung gibt es kein Narrativ. Leider fühlen sich die präsentierten Probleme oft völlig an den Haaren hergezogen an. Etwa wenn ein Missverständnis bezüglich des Beziehungsstatus der Protagonistin entsteht (S. 182): sie klärt es nicht direkt auf, sondern läuft erst mal weg, um Kriegsrat mit ihrer besten Freundin zu halten und sucht die nächsten hundert Seiten nach einem Moment, um es aufzuklären; während dieser Zeit bestraft sie eine völlig unbeteiligte Person dafür, dass das Missverständnis entstanden ist. Wie gesagt, ich verstehe, dass es Konflikte braucht, aber die in diesem Buch geschaffenen fühlen sich nicht authentisch an. Bestenfalls dann, wenn man davon ausgeht, dass die Protagonistin völlig bekloppt ist – dadurch, dass sie Nichtigkeiten als existenzielle Probleme ansieht wirkt sie egozentrisch, unreflektiert und bockig. Ich weiß nicht, ob die Autorin zu sehr darauf bedacht war, die Handlung in alltägliche Momente einzubauen (wie z.B.: Kerstin Gier das einmalig gut macht) oder ob sie die Protagonistin unbedingt jung und teeniemäßig schreiben wollte.

Ich vermute Letzteres. Das zeigt sich auch beim Schreibstil, der sehr gewollt wirkt. Sie verwendet unfassbar viele Klammern für „spontane“ Gedanken, was mich irgendwann mehr als irritiert hat. Zudem muss ich sagen, dass ich gefunden habe, dass das Buch zu jung für die Zielgruppe geschrieben ist: Die Protagonistin ist 16 und eines der zentralen Themen des Buches ist eine Romanze; ich würde es somit für Mädchen ab 12 empfehlen. Gelesen hat es sich häufig aber eher als wäre es für 8–10-jährige. An anderen Stellen war es dagegen wieder purer Kitsch: "Und seine Augenfarbe kippte von Sternenfunkel-Silbergrau in ein strahlendes nach-dem-Regen-Himmelblau" (S. 132). Ich mag ja locker flockige Sprache, aber das ist doch etwas dick aufgetragen. Der Schreibstil fühlte sich somit etwas unentschieden an. Wobei das Gefühl, dass es sich um eine eher jüngere Zielgruppe handelt, dominierte: häufig finden sich etwa Zusammenfassungen der Gespräche der vergangenen paar Seiten, die sich für mich anfühlten, als würde die Autorin mich für dumm halten (z.B.: S. 265).

Ich möchte zudem anmerken, dass ich die Handlung weder besonders innovativ noch überraschend fand: es hat sich alles sehr vorhersehbar entwickelt und endet mit einer eigenartigen Moral. Ich weiß, es gibt noch Band 2 und 3 (die auch wirklich reizend aussehen), aber ich bin mir relativ sicher, dass ich weiß, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, so dass ich Julies Abenteuer erst mal nicht weiter verfolgen werde. Für jüngere Leserinnen könnte diese Trilogie aber durchaus interessant sein.

Deine Daffy

Veröffentlicht am 14.10.2019

Traumhaftes Jugendbuch

Silber - Das erste Buch der Träume
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Liebe Daisy,
da mich noch immer die Schlafkrankheit plagt und ich am liebsten den ganzen Tag zusammengekuschelt im Bett verbringen würde, habe ich mir ein dazu passendes Buch aus meinem Regal geschnappt: ...

Liebe Daisy,
da mich noch immer die Schlafkrankheit plagt und ich am liebsten den ganzen Tag zusammengekuschelt im Bett verbringen würde, habe ich mir ein dazu passendes Buch aus meinem Regal geschnappt: Silber. Das erste Buch der Träume von Kerstin Gier. Das ist schon seit 2013 auf dem Markt und der erste Teil einer Trilogie, die FJB verlegt.

Die Protagonistin ist Liv, 15 (aber beinahe schon 16), die das Leben lebt, von dem viele von uns irgendwann geträumt haben: sie darf alle paar Monate umziehen. Naja, ich sage darf, eher muss: ihre Mama ist Dozentin und muss für neue Lehraufträge regelmäßig in neue Länder ziehen. Ihren Papa besucht Liv zwar regelmäßig mit ihrer Schwester, aber auch er will nicht sesshaft werden. So kommt es, dass es Liv am Ende eines Sommers nach England verschlägt – mit dem Versprechen, dass sie dieses Mal länger dort verweilen werden. Ob das klappt? Und was, wenn Liv in eine Situation gerät, die sich ihr, von Sherlock Holmes geschärfter, Verstand im Traum nicht ausdenken hätte können? Für Liv steht fest: hierbei handelt es sich um ein Rätsel, das sie unbedingt lösen muss.

Du merkst schon, ich bin etwas vage in meiner Beschreibung. Das liegt nur daran, dass ich dir nichts vorweg nehmen möchte, weil es in diese Buch so viel zu entdecken und erkunden gibt. Kerstin Gier spinnt (wie wir das von ihr kennen) großartige Fäden, die sich am Schluss zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Auf dem Weg dorthin finden sich allerlei Rätsel zum Knobeln und interkulturelle Referenzen zum Schmunzeln. Ob es sich um eine schräge Hamlet Inszenierung oder das Gefühl, eine Mischung aus Cat Woman und James Bond (S. 87) zu sein, handelt – es macht Spaß davon zu lesen. Die Schule, auf die Liv geht, hat zudem einen Klatsch und Tratsch Blog (genannt Tittle Tattle Blog – die Website dazu gibt es wirklich, inklusive aller Beiträge: http://www.tittletattleblog.de), der stark an Gossip Girl erinnert. Es gibt nämlich eine/einen annonymen Poster/in, die/der allerlei Geheimnisse über Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer ausplaudert. Die Identität dieser Person ist eines der vielen Rätsel, das Liv in dem Buch lösen möchte.
Das ist es auch, was Livs Charakter so interessant macht. Sie ist ein Teenie, wie er einem überall begegnen könnte: zwar etwas unsicher, aber immer optimistisch, alle Situationen meistern zu können und über alles abenteuerlustig und neugierig. Auch wenn sie manchmal bockig ist (gibt es Teenies, die das nicht sind?), kann man sich dank der Erzählung in der ersten Person wunderbar in sie hineinfühlen und kann nicht anders als sich über ihre sprunghaften und sarkastischen Gedanken zu freuen. Etwa, wenn sie in einer todernsten Situation steckt und der Kreis, den sie bilden, sie an den Bi Ba Butzemann erinnert, woraufhin sie glatt anfängt mental zu singen (S. 293). Oder wenn sie ihr eigenes Verhalten kommentiert:
„Das mit der Augenbraue konnte ich übrigens auch, und zwar ziemlich gut, aber ich wollte es mir für später aufheben. Mit solch beeindruckenden mimischen Kunststücken muss man sparsam umgehen, sonst büßen sie schnell ihre Wirkung ein.“ (S. 204)

Schön fand ich, dass nicht nur Liv, sondern auch die Nebenfiguren sehr vielschichtig gearbeitet waren. Es handelt sich ja um eine Trilogie, deshalb wage ich noch skeptisch einer Figur gegenüber zu verbleiben – ich habe das Gefühl, dass zu viele Hinweise gestreut wurden, als dass diese wirklich das wäre, was sie vorgibt. Ich wäre ja gespannt, ob es dir genauso geht – musst du unbedingt berichten, wenn du das Buch mal liest.
Toll fand ich auch, wie gut die Elemente der angloamerikanischen und deutschen Kultur herausgearbeitet worden sind. Es war nicht der Holzhammer, sondern immer wieder kleine Nebensätze, wie etwa das Erwähnen einer Telefonbox oder eines Doppeldeckerbusses (S. 135), die einem in Erinnerung gerufen haben, wo die Geschichte spielte. Aber keine Sorge, es ist nicht nur eine Hymne an die angloamerikanische Kultur (nicht, dass ich ein Problem damit hätte), es gibt auch einen deutschen Gegenpol: das ehemalige Au Pair Mädchen, das aus Bayern kommt. Sie bäckt Weihnachtskekse und erinnert einen immer wieder an die vielen schönen Facetten der deutschen Kultur.
Du merkst es schon: es handelt sich um ein wunderbares Wohlfühlbuch für mich. Runde Figuren, ein Mysterium, das gelöst werden will und das schönste aus englischer und deutscher Kultur. Wenn du also mal ein flottes, sympathisches Jugendbuch brauchst, ist das hier eine große Empfehlung.
Deine Daffy

Veröffentlicht am 14.10.2019

Enttäuschte Erwartungen und unsympathische Protagonistin

Hazel Wood
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Liebe Daisy,

Es war einmal ein Buch mit einem wunderschönen Cover, das immerzu von einem jungen Mädchen bewundert wurde, bis es eines Tages den Mut fasste, es zu kaufen und zu lesen. Tja, und nun sind ...

Liebe Daisy,

Es war einmal ein Buch mit einem wunderschönen Cover, das immerzu von einem jungen Mädchen bewundert wurde, bis es eines Tages den Mut fasste, es zu kaufen und zu lesen. Tja, und nun sind wir hier. Wie du dir schon denken kannst, handelt es sich bei dem Mädchen um mich und bei dem Buch um kein anderes als Hazel Wood von Melissa Albert, das bereits 2018 bei Dressler erschienen ist. Ja ich weiß, ich habe lange gebraucht, um mich dazu durchzuringen, es zu kaufen. Warum eigentlich? Der Inhalt klang doch so vielversprechend:

Die Geschichte dreht sich um Alice, die gemeinsam mit ihrer Mutter lebt. Die beiden bleiben nie lange an einem Ort, weil immerzu merkwürdige Dinge um sie herum passieren. Doch Hauptsache, sie haben einander. Aber dann verschwindet Alice’ Mutter plötzlich. Alice weiß, dass die Antworten in Hazel Wood, dem mysteriösen Anwesen ihrer kürzlich verstorbenen Großmutter, auf dem sie noch nie gewesen ist, liegen müssen. Gemeinsam mit einem Klassenkameraden macht sie sich auf den Weg dorthin, denn obwohl sie die Märchen, die ihre Großmutter geschrieben hat, nie gelesen hat, hat sie die Vermutung, dass mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit in ihnen steckt.

Wie du weißt, bin ich ein großer Fan von Märchen. Leider muss ich sagen, dass ich in diesem Fall enttäuscht von der versprochenen Märchenwelt war. Die ersten zwei Drittel des Buches spielen in der Realität und drehen sich nur darum, nach Hazel Wood zu kommen. Ich fürchte, ich habe schon zu viele Jugendbücher, die sich um Road Trips drehen, gelesen, um davon beeindruckt zu sein. Ich hatte vorab gehört, dass das Buch eine Empfehlung für Fans von Caraval sei und hatte auf etwas der Magie dieses Buches gehofft. Das hat sich aber leider nicht eingelöst; auch nicht, als die Protagonistin dann in der Welt der Märchen angekommen war. Diese waren weniger an den romantisch verträumten Disney Versionen, als an denen der Gebrüder Grimm angelehnt. Das hat durchaus seine Berechtigung, war aber leider nicht das, was ich mir in diesem Fall erhofft hatte. Zudem fühlte sich dieser Teil des Buches sehr episodisch an: Alice gelangte von einer Figur zur nächsten und musste Aufgaben lösen, um passieren zu dürfen. Die einzelnen Begegnungen waren jedoch kaum auf einander aufbauend und entsprechend austauschbar (und stellenweise fast so konfus wie ihr Namensvetter Alice im Wunderland). Ich hätte mir an dieser Stelle einen besser entwickelten Spannungsbogen gewünscht. Wobei ich dem Buch zugestehen muss, dass es gegen Schluss etwa dreißig Seiten hat, deren narrative Entwicklung spannend und innovativ war. Davon hätte ich mir mehr gewünscht! (Für diejenigen, die es interessiert, was ich mochte: Kapitel 28–30.)

Ich muss jedoch sagen, dass ich noch ein anderes Problem mit diesem Buch hatte und das war die Protagonistin, Alice. Sie ist von Anfang an eine unsagbar unsympathische Person, die ohne jeden Grund Wutanfälle hat und gemein zu anderen Menschen ist. Sie ist sich dessen auch bewusst, da sie es mehrfach reflektiert - aber ohne Konsequenzen zu ziehen oder ihr Verhalten zu ändern. Ich muss dem Buch zugestehen, dass es die Charakterzüge von Alice später noch aufarbeitet, aber ich bin mir leider trotzdem nicht sicher, ob das Konzept aufgeht. Während des Lesens war ich einige Male drauf und dran, das Buch abzubrechen, weil ich mich so wenig mit der Protagonistin identifizieren konnte und genervt von ihrem Verhalten war. Ich verstehe, dass es wesentlich für spätere Entwicklungen ist, aber über ca. 200 Seiten genervt von der erzählenden Figur zu sein, hilft keinem Buch. Ich habe das Gefühl, dass das dadurch verstärkt worden ist, dass Hazel Wood aus ihrer Perspektive geschrieben war. Vielleicht hätte eine neutralere Erzählform geholfen, sich mehr mit anderen Figuren zu identifizieren und den Grad des genervt Seins von Alice entsprechend verringert?

Alles in allem muss ich sagen, dass mich das Buch leider nicht überzeugen konnte. Das Cover ist und bleibt wunderschön, aber die Erzählung hat nicht meinen Erwartungen entsprochen und mir fehlte die Identifikationsfigur, die mich in die fiktive Welt gezogen hätte.

Deine Daffy