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Veröffentlicht am 28.03.2019

Wilde Abenteuer mit tierischem Oliver Kalkofe

Die Gäng vom Dach
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Die Gäng vom Dach klingt nach einem wilden Haufen nicht ganz so kuscheliger Tiere. Aber nein, anfangs sind es nur Eule Lulu und Waschbär Wolle, die es sich auf einem Dachboden gemütlich eingerichtet haben. ...

Die Gäng vom Dach klingt nach einem wilden Haufen nicht ganz so kuscheliger Tiere. Aber nein, anfangs sind es nur Eule Lulu und Waschbär Wolle, die es sich auf einem Dachboden gemütlich eingerichtet haben. Doch der Hunger ruft sie zu Abenteuern und die arrogante Katze Seide, die ihnen ihr Katzenfutter nicht gönnt, empfiehlt ihnen einen Trip zum Supermarkt. Als Dank für den Tipp fordert sie einen Becher Sahne. Was mag so ein Supermarkt sein? Lulu und Wolle erreichen ihn und staunen. Sie folgen ihrer Nase (denn nachts ist der Markt geschlossen) und landen an einem rumpelnden Container, aus dem sie den frechen Marder Ecki befreien. Gemeinsam „containern“ sie und transportieren alles in einem Kindereinkaufswagen zurück. Naja, das ist der Plan, doch dann bebt die Erde und eine noch viel wildere Horde ist im Anmarsch, da stellen sich den drei neugefundenen Freunden Fell und Federn auf!
Die Gäng vom Dach wird ab 7 Jahren empfohlen, das wäre also eigentlich noch etwas für meine Töchter mit 9 und 11 Jahren. Meine 11 Jährige empfand sich als eindeutig viel zu alt und die Einschätzung finde ich zutreffend. Es ist ein wirklich schönes Hörbuch mit vielen Tieren und Abenteuern, die durchaus auch ab 4 Jahren geeignet sind, aber schon für 9 Jährige ist es grenzwertig (meiner Jüngsten gefällt es aber schon). Die Geschichte ist in einzelne Kapitel unterteilt, zwischen denen jeweils ein vom Autor gesungenes Lied (vollständiger Text der 6 Songs ist im Booklet abgedruckt) eingespielt wird. Sollte die Geschichte für Jüngere zu lang sein, kann man sie dadurch leicht in sinnvolle Höreinheiten einteilen. Meine Tochter kann das Titellied auch nach Wochen noch mit Text mitsingen, und die jüngere Schwester inzwischen auch, aber mich hat das Lied nicht verfolgt, sondern „Freiheit für Knolle“. Meine Älteste mag Lieder lieber weichgespülter. Ich war sehr froh, daß es kein Kitsch-Bling-Bling ist, dennoch finde ich es sehr geschickt, daß der Verlag den Liedern eigene Tracks gegeben hat. Wer die Lieder liebt, kann sie so einzeln anspielen, oder wie ich, überspringen (beim wiederholten Hören). Die Lieder sind nicht schlecht, aber ich finde auch bei Disney-Filmen in den meisten Fällen die Lieder absolut entbehrlich. Sie sind aber nicht furchtbar oder unerträglich, wer die gängigen CDs von Kinderliedermachern kennt, weiß wahrscheinlich was ich meine. Autor Andreas Hüging ist seit 20 Jahren Musiker. Er hat eine angenehme Stimme und man kann den gesungen Text sehr gut verstehen, ohne daß es überbetont wirkt.
Inhaltlich erinnert mich diese Geschichte etwas an „Villa Wunderbar“ die meine Jüngste liebt, wobei ich die etwas geeigneter für Mädchen empfinde und diese hier etwas mehr für Jungs, was an den Stimmen der Sprecher liegen dürfte. Es ist aber lediglich eine Tendenz, beide Abenteuer sind für Jungs und Mädchen geeignet.
Sehr schön finde ich, daß man auch etwas über die jeweiligen Tierarten lernt, wenn natürlich die Tiere hier schon einige allzu menschliche Eigenschaften haben. Aber so lernen Kinder zum Beispiel, daß eine Horde Wildschweine Rotte heißt und man ihnen besser aus dem Weg gehen sollte. Die Abenteuer der Gäng steigern sich und die Gäng wächst. Wolle und Lulu sind sehr offen auch für neue Freundschaften, so daß sich der Freundeskreis aufs abenteuerlichste erweitert, wenn auch nicht alle dauerhaft unter dem Dach einziehen.
Anfangs kam ich mit den Namen Knolle und Wolle durcheinander, da ich es als Einschlafgeschichte hörte, um zu wissen, ob es nicht zu aufregend für Kinder ist. Für empfindsame Kindergartenkinder beim ersten Hören trifft dies wahrscheinlich schon zu, sobald der gute Ausgang der brenzligen Situationen, die die Freunde natürlich mit Bravour meistern, bekannt ist, werden aber auch Kleine nicht mehr unnötig verschreckt. Nachdem ich mir die Illustrationen von Anna-Lena Kühler im Booklet angeschaut habe, war aber alles klar. Die Illustrationen sind wirklich sehr süß und werden von den Kindern während des Hörens gerne angeschaut.
Gereizt hat mich das Hörbuch vor allem wegen des Sprechers Oliver Kalkofe. Wahrscheinlich ist seine bisweilen raue, ungeschliffene Stimme der Grund, weshalb ich es tendenziell eher für Jungen empfehle. Er krächzt und grunzt, bis ich wahrscheinlich heiser wäre. Besonders dem Schlawiner Ecki verleiht er die nötigen Ecken und Kanten. Seine Stimme verhindert, daß die Geschichte allzu süß und doch eher gängmäßig wild klingt. Die humorvollen Passagen unterstreicht er gekonnt, vor allem bei Kaninchen Wolles Dicht“künsten“ und Eckis frech gereimten Antworten.
Ein schönes Hörbuch, daß bei mir aber nicht ganz zünden konnte, wahrscheinlich da ich aufgrund der Altersangabe etwas Wilderes erwartet habe. Für Kinder von 4 – 8 Jahren aber sicherlich ein vergnüglicher Hörspaß, vor allem wenn sie die Musik mit Text mögen (Hörproben finden sich im Netz), hat es das Potenzial auf Dauer im CD-Spieler einzuziehen.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Ein schönes Ponymädchenhörbuch

Ponyhof Apfelblüte. Ein eigenes Pony für Mia
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Endlich wieder Ferien und genügend Zeit für die Tiere von Ponyhof Apfelblüte und die Freundinnen. Doch Lena (9) hat noch ganz andere aufregende Neuigkeiten von ihrer Mutter erfahren. Ein Talentwettbewerb ...

Endlich wieder Ferien und genügend Zeit für die Tiere von Ponyhof Apfelblüte und die Freundinnen. Doch Lena (9) hat noch ganz andere aufregende Neuigkeiten von ihrer Mutter erfahren. Ein Talentwettbewerb zum Thema Freundschaft ist ausgeschrieben worden und da könnten Sie und ihre Freundinnen Mia, Paulina, Lotte und Hannah doch mit Bildern von ihren geliebten Ponys teilnehmen! Als Tochter einer Tiermalerin ist das für sie die naheliegendste Idee. Ihre Freundinnen sind Feuer und Flamme, nur Paulina reagiert sehr zurückhaltend. Allerdings hat Mia noch aufregendere Neuigkeiten: sie bekommt ein eigenes Pony namens Prinz! Es war eine einmalige Gelegenheit und so vielversprechend, daß ihre Eltern gleich zugeschlagen haben, ohne das Pony auch nur Probe zu reiten. Als der große Tag von Prinz Einzug endlich da ist, sind alle ganz beeindruckt von seiner Schönheit und Sanftmut. Er scheint perfekt zu sein und so gut erzogen! Doch dann offenbart sich ein Problem und zwar ein nicht unerhebliches. Können Mia und Prinz die Schwierigkeiten gemeinsam überwinden?

Auf dem Ponyhof Apfelblüte ist die Welt noch in Ordnung. Die Mädchen sind echte Freundinnen und verstehen sich nicht nur mit den Tieren bestens, sondern auch mit der Inhaberin Mrs. Marle und ihren Töchtern Julia und Isabel, die ihnen stets mit Rat und Tat zur Seite stehen, ebenso wie Stallbursche Kurt. So erhalten die jungen Hörerinnen auch immer wieder gute Tipps im Umgang mit Tieren oder zum Reiten. Vor allem aber merken sie, daß der Umgang miteinander ohne Zickereien und Eifersüchteleien doch viel schöner und entspannter ist, als in manchen Schulklassen.
Dies soweit zum Setting, denn natürlich plätschert die Geschichte auch in der 13. Folge nicht einfach so vor sich hin. Neben den Arbeiten am Talentwettbewerb, müssen die Freundinnen hinter das Geheimnis von Prinz kommen und natürlich wollen sie es nicht nur gemeinsam lüften, sondern auch lösen. Als Erwachsene wird man bei der Schilderung der Vorgänge sofort misstrauisch, aber Kinder nehmen es viel unbefangener und sind daher auch viel überraschter. Aber auch für sie ist es einsichtig, daß es nicht für jedes Problem eine schnelle und einfach Lösung finden lässt, sondern mancher guter Rat nicht nur teuer ist, sondern auch Gut Ding Weile haben wird. So wird ein zentraler Punkt der Geschichte wunderbar und zu aller Überraschung glücklich gelöst, während sich der Rest mit der Zeit wohl zeigen wird und man auf weitere Folgen gespannt sein darf. Die Sprache ist für das Alter angemessen und gut verständlich. Ich musste meiner Tochter nichts erklären, sie hat alles verstanden. Allerdings war sie wie ich verblüfft, daß diese Folge mit Jule Hupfeld mit einer viel jüngeren Sprecherin, als bei der Sammelbox zu den ersten Bänden gesprochen wird. Ich bin etwas unentschlossen, ob ich Christiane Leuchtmann oder Jule Hupfeld besser finde. Meine Tochter (9) findet, daß Jule Hupfeld zu jung für die großen Mädchen klingt. Ihr ist wohl gar nicht bewußt, daß Lena, Mia und Co. genauso alt sind wie sie und daher genauso jung klingen dürfen. Ihr Argument: normale Kinder in dem Alter haben keine so hellen Stimmen, die muss doch jünger sein. Dieses Kind hat eine hohe zarte Stimme und wird daher oft für jünger gehalten. Daher ist sie sehr sensibilisiert bei dem Thema. Allerdings klingt Jule Hupfeld jung und fröhlich und nicht piepsig oder quietschig. Sie ist klar und deutlich zu verstehen und klingt tatsächlich so jung, wie die Heldinnen dieser Geschichte. .
Es ist eine schöne Ponygeschichte, mit der Ponymädchen sich gut identifizieren können. Pädagogisch besonders wertvoll finde ich, daß Lena extra betont, daß sie mit Samson, ihrem Pflegepony völlig glücklich ist und sie kein eigenes Pferd benötigt. Außerdem hat sie die Trennung ihrer Eltern gut verkraftet und freut sich, daß ihre Mutter mit ihrem neuen Freund glücklich ist. Sie kann sich nicht mehr vorstellen mit ihrem Vater wieder in der Stadt zu leben. Meine Tochter hat sich nicht daran gestört, daß die Eltern getrennt sind, aber Trennungskinder werden sich vielleicht durch Lenas Situation getröstet fühlen. Sehr schön finde ich herausgearbeitet, daß ein Pony vor allem ein Lebewesen ist und kein Erwartungserfüller oder Leistungserbringer. Ein Tier hat Gefühle und ist gerne bereit diese zu teilen.
Da sowohl Menschen als auch Tiere wichtig sind, werden die wichtigsten Personen und Tiere im Booklet extra vorstellt, für all diejenigen die mit dieser 13. Folge in die erfolgreiche Reihe einsteigen.

Ein Hörbuch das Kinder immer wieder hören können und auch wenn es nicht der große Hörbuchwunsch von Eltern ist, kann man es auch auch getrost mithören. Es hat bei mir kein Autoverbot, es nervt nicht. Meiner Tochter hat auch dieses neue Ponyabenteuer gut gefallen.

Veröffentlicht am 28.02.2019

Helden kämpfen sagenhaft

Deutsche Heldensagen. Teil 1
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Dieser erste Teil enthält die Sagen von Siegfried dem Drachentöter, seiner rachsüchtigen Ehefrau Kriemhild, die den Mord an ihrem Ehemann nicht verwinden kann und eine Blutsfehde anzettelt und des tapferen, ...

Dieser erste Teil enthält die Sagen von Siegfried dem Drachentöter, seiner rachsüchtigen Ehefrau Kriemhild, die den Mord an ihrem Ehemann nicht verwinden kann und eine Blutsfehde anzettelt und des tapferen, loyalen und zugleich weisen Dietrich von Bern, der stets erst nachdachte, ehe er handelte und der seinen Waffenbrüdern zuliebe sogar sein Königreich bis auf die Stadt Bern aufgab.

Meine 11 jährige Tochter ist ein großer Niebelungenfan, doch so genau war uns die Geschichte von Siegfried, dem Königssohn aus Xanten, der es vorzog in die Welt hinaus zu ziehen und Abenteuer zu erleben, statt sich auf die Nachfolge im Reich der Burgunder vorzubereiten nicht bewußt. Dass die Burgunder überhaupt irgendwas mit Siegfried zu schaffen hatten, war uns überhaupt neu. Das war umso erstaunlicher, als meine Tochter mal eine Klassenfahrt nach Xanten machte und seine Drachenhöhle quasi bei uns vor der Haustür liegt.

Die Sagen sind eigentlich recht verständlich erzählt, allerdings so komplex und gespickt mit Personen mit heutzutage völlig ungebräuchlichen Namen, das es echt schwierig ist, den Überblick zu behalten. Dabei ist das dringend erforderlich, da alle drei Sagen miteinander verknüpft sind und die Hauptfiguren immer wieder vorkommen. Aber die Waffenmeister, Berater und Brüder, Schwäger, Söhne, Neffen.... auch wenn man aus einer weitverzweigten Familie stammt wie ich, wären hier Stammbäume der Familien von Siegfried, Kriemhild, Etzel und Dietrich Booklet ausgesprochen hilfreich gewesen. Sie waren alle weit davon entfernt Einzelkinder zu sein, wobei Könige damals wohl hauptsächlich Söhne hatten und Töchter echte Raritäten, die die es aber gab, waren von atemberaubender Schönheit, Mut, Intriganz, Rachsucht und Loyalität (vielleicht waren Frauen ohne diese Eigenschaften für die Erzähler auch ohne Interesse, wer weiß). Die Söhne hatten aber leider oft Namen, die dem des Vaters ähnelten Dietrich, Dietmar, Diet.... In Seifenopern den Überblick zu behalten ist dagegen ein Kinderspiel. Denn ehrlich, bei der Intriganz, die die edlen Damen und Herren hier an den Tag legen, sind Fernsehdynastien Kasperltheater dagegen. Daher auch der Kommentar meiner Tochter: Ja, es interessant, aber so blutrünstig, daß ich es nicht zum Einschlafen hören kann. Das kann ich verstehen, das ging mir genauso, dabei höre ich bisweilen Thriller zum Einschlafen, die aber weit weniger komplex sind. Man muß ganz genau zu hören und das am Besten mehrfach. Mit jeder Wiederholung entdeckt man mehr und merkt sich mehr Zusammenhänge. Sehr beeindruckt hat mich Dietrich von Bern, den ich nun als den Ur-Schweizer-Diplomaten betrachte, stets um Neutralität bemüht.
Das Booklet bildet die Ritterrüstung des 13. Jahrhunderts ab und erklärt sie. Warum ist mir allerdings nicht ganz klar, da die hier wiedergegebenen Sagen alle grob um 500 n Chr. spielen. Da hätte ich mir auch einen genaueren zeitlichen Überblick gewünscht. Ganz stark tritt hier immer wieder König Etzel auf, ein Kerl von dem ich noch nie gehört habe und doch muß er wohl der mächtigste Mann seiner Zeit gewesen sein und über ein riesiges Reich geherrscht haben. Wie kann es sein, das wir so jemanden denn nicht kennen? Ganz einfach, im Booklet wird erklärt, daß es sich bei König Etzel wohl um den legendären Hunnenkönig Attila handeln dürfte. Zu diesem gibt es ebenso weitere Informationen im Booklet, wie zu Dietrich von Bern bei dessen Eintrag sogar Auszüge aus dem mittelhochdeutschen Niebelungenlied stehen. Für Kinder sicherlich sehr interessant, daß das heutzutage kaum verständlich ist, so sehr hat sich die Sprache im Laufe der Zeit verändert. Sprachlich gibt es trotz der Schilderungen der Morde und Schlachten Zugeständnisse an das Alter der potenziellen Zuhörer wenn es um Sex bzw. Vergewaltigung geht. Auch wenn auf dem Schlachtfeld die Köpfe rollen, ist hier die Schilderung sehr zurückhaltend. Im Übrigen klingt in der Wortwahl bisweilen der Charme vergangener Zeiten an, was für Kinder zwar etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber zum Thema sehr passend.
Peter Kaempfe hat meiner Tochter als Sprecher nicht zugesagt. Ihre Freundin Rebecca (11) fand ihn aber gut. Ich persönlich finde ihn eine sehr passende Wahl zum Thema, da es sich um Sagen handelt und er durchaus eine warme, wohlklingende Märchenonkel mit klarer Aussprache und sehr passender Betonung hat. Bei Sagen erwarte ich keine stimmliche Schauspielerei. Leider empfinde ich die Tonaufnahme als sehr leise. Wenn ich von CD-Spieler auf Radio wechsle, brüllt es mir entgegen! Die Aufnahme selbst hat aber keine Lautstärkeschwankungen und ist gut verständlich.

Ein Hörbuch, daß man wirklich genau und am Besten mehrmals hören sollte. Aufgrund seines Anspruchs ist es nicht zum nebenbei Hören oder sich berieseln lassen geeignet. Ab 10 Jahren nur sehr bedingt, für Kinder, die sich für Schlachten interessieren. Es bedarf unbedingt der Bereitschaft zum mehrmaligen und genauen Hinhören, es lohnt sich aber.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Ein ganz tolles Konzept, das hoffentlich fortgesetzt wird!

Zauberhafte Winter-Wunsch-Zeit
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Diese Anthologie mit Kurzgeschichten und Gedichten richtet sich speziell an alte Leserinnen und Leser. Mit extra großer Schrift und Geschichten die oft nach oder vor dem Krieg spielten, wecken sie Gefühle ...

Diese Anthologie mit Kurzgeschichten und Gedichten richtet sich speziell an alte Leserinnen und Leser. Mit extra großer Schrift und Geschichten die oft nach oder vor dem Krieg spielten, wecken sie Gefühle und Erinnerungen, die oft vergessen glaubten. Diese Geschichten eignen sich zum Lesen und Vorlesen, gerade auch für Menschen, die sich nicht mehr lange Konzentrieren können oder schnell ermüden. Sie sind daher ein tolles Mitbringsel ins Krankenhaus (meine Mutter schildert mir oft das Problem, daß Freunde krank sind und keine Romane mehr lesen können, weil sie zu schnell ermüden), oder eben auch in der Demenzbetreuung oder für grüne Damen im Krankenhaus oder in der Pflege zu Hause.

Da ich immer wieder höre, „Ich lese ja gerne, aber die Augen ermüden so schnell“ oder „Was soll ich mitbringen? Lange lesen kann sie nicht mehr“ fand ich es optimal und bat meine Mutter (76) um ihre Meinung. Meine Mutter fand die Schriftgröße sehr angenehm, sich selbst jedoch zu jung für die Geschichten (daher die Angabe alte Leser und nicht Senioren). Die Geschichten sind sehr durchmischt. Einige fand sie schön und mit einem Nachhall, über den man noch länger nachdenkt oder sich erinnert. Andere fand sie etwas seicht, aber nett. Die intellektuellen Fähigkeiten, dieser breitgefächerten Zielgruppe sind ja auch sehr unterschiedlich, so daß diese Mischung durchaus Sinn macht, aber auch dazu führt, daß nicht jede Geschichte gleich gut gefällt.

Meiner kürzlich mit 93 verstorbenen Schwiegermutter hätten diese Geschichten sicherlich besser gefallen, weil sie zum einen sehr viel schlechter sah, als auch, weil ihr die Art einiger Erzählungen, als Erinnerungen an eine lange zurückliegende Zeit, sie direkt angesprochen hätte. Wer nicht mehr mobil ist und auch vom Sehvermögen eingeschränkt, lebt vermehrt in der Erinnerung. Doch dreht sich nicht alles nur um Erinnerungen. Einige Geschichte hinterlassen vor allem ein Gefühl, mal der Verwunderung, mal ein weihnachtliches oder ein märchenhaftes. Gerade diese Gefühle werden auch nachdem die Geschichten verklungen sind, immer wieder im Gedächtnis aufblitzen. Die Geschichten haben stets gemein, daß sie auf einer positiven Note enden und somit Zuversicht und Hoffnung ausstrahlen.

Nach dem Vorwort, ist diese Anthologie in 4 Kapitel ein geteilt, die jeweils mit einem wunderschönen Zitat eingeleitet werden. Kapitel 1, das Leben ist bunt, Kapitel 2 Gedanken an vergangene Zeiten, Kapitel 3, wenn die Einsamkeit mich berührt und Kapitel 4 Zauberhafte Weihnachtszeit. Zum Schluss gibt es ein Verzeichnis der Autoren und Quellen. Die Autoren reichen von Dietrich Bonhoeffer, über Hans-Christian Andersen, Rainer Maria Rilke, Marie von Ebner-Eschenbach zu Prem Rawat, dessen Geschichte vom Papagei, der alles wusste und nichts konnte, mir besonders gut gefiel. Um diese und andere Geschichten zu mögen, muß man nicht unbedingt alt sein, denn wie schon Franz Kafka vor Kapitel 1 zitiert wird: „Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden“. So geht es hier vor allem um schöne Geschichten, die die Seele wärmen, frei von Jugendslang und umgangssprachlichen Abnutzungserscheinungen. Formulierungen, an denen meine Mutter oder Schwiegermutter Anstoß nehmen würden, oder genommen hätten, findet man nicht. Thematisch sind die Geschichten breit gefächert, von Haustieren, über Jugenderinnerungen und Reisegeschichten der besonderen Art. Da findet sich sicher für jeden Geschmack etwas. Besonders die Zitate zu Kapitelbeginn haben es mir angetan.

Das Buch ist liebevoll gestaltet mit einem passenden Lesezeichen und immer wieder auf die Seiten gestreuten, gedruckten Eiskristallen. Diese vermitteln zugleich eine winterliche als auch anheimelnde Atmosphäre. Für mich vermittelt diese Liebe, mit der das Buch gestaltet wurde, aber auch den Eindruck von selbstverständlichem Respekt vor der Zielgruppe. Herausgeberin Christine Jakob, wurde 1958 in Dortmund geboren. Sie ist Journalistin und Redakteurin und seit vielen Jahren in der Verlagsbranche tätig und zudem ehrenamtliche Seniorenbegleiterin. „Geschichten sind Schokolade für die Seele....“ meint sie, da im Alter Diabetes nicht selten ist, sind Geschichten auch sicher als Mitbringsel die bessere Wahl.

Veröffentlicht am 07.12.2018

Auch die schönste Gegend birgt ihre dunklen Geheimnisse

Die Richterin und die Tote vom Pont du Gard
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Mathilde de Boncourt (37 Jahre) unverheiratet, ist mit ihrer hochgewachsenen schlanken Gestalt und ihrer wallenden rotblonden Mähne in ihrer südfranzösischen Heimat nicht nur ein Hingucker. Man kann die ...

Mathilde de Boncourt (37 Jahre) unverheiratet, ist mit ihrer hochgewachsenen schlanken Gestalt und ihrer wallenden rotblonden Mähne in ihrer südfranzösischen Heimat nicht nur ein Hingucker. Man kann die Untersuchungsrichterin aus Leidenschaft gar nicht übersehen! Als sie am späten Nachmittag den Palais de Justice nach einem kurzen Plausch mit dem Wachmann verlässt, zufrieden einem ehrenwertes Arztehepaar des Menschenhandels und der Freiheitsberaubung überführt zu haben, wird sie von 3 Kugeln eines vorbeirauschenden Motorradfahrer schwerst verletzt. Mathilde überlebt nur knapp und regeneriert auf dem nahegelegenen Weingut ihres Großvaters Rémy de Boncourt. Sie ist überzeugt, daß zwischen der Verurteilung und dem Anschlag auf sie ein Zusammenhang besteht. Doch sie ist beurlaubt und darf nicht ermitteln, anders als ihr Vertrauter bei der örtlichen Kriminalpolizei Commandant Rachid Bouraada, der sie stets auf dem Laufenden hält. Was er zu berichten hat ist nicht viel, denn alle Spuren wurden professionell verwischt. Als der Zeugenschutz für die Belastungszeugin aufgehoben wird, wird sie nur wenige Tage später tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Bouraada und Mathilde glauben nicht an Selbstmord. Unterdessen reist Martin Endress Reisejournalist aus Bonn in den Midi um einen kulturell geprägten Reiseführer über das Languedoc mit Recherchen der jüdisch-französischen Familie seiner Mutter zu verbinden. Hierbei lernt er zufällig Mathilde kennen, die fasziniert von dem geheimnisvollen Unfall seiner Großeltern während des Vichy-Regimes ist. Da sie offiziell noch nicht wieder ermitteln darf, ist sie über diese Gelegenheit ihrer Spürnase nachzugehen hoch erfreut, wobei die sympathische Erscheinung und Art von Martin ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen.

Wie Martin bin ich ja der Meinung, daß die Camargue in der Reiseführer-Szene schmächlich vernachlässigend wird. Daher konnte ich in diesem Roman wunderbar in Erinnerungen schwelgen, da ich diese Gegend als meine zweite Heimat betrachte. Ich finde die Beschreibungen unglaublich treffend und präzise und wurde auch mehrfach zum Schmunzeln gebracht, als z.B. beschrieben wurde, wie Martin sich auf der Suche der Cathédrale de Maguelone im Ort verfranst hat. Ja das ging uns auch so, auch der Kampf mit der sengenden Hitze während der Suche.... Anders als Martin, sind wir allerdings zum Glück nie über Mädchenleichen gestolpert, während wir uns irgendwo umsahen... Auch ganz beglückt war ich, über das Transferlager „Les Milles“ in einer alten Ziegelei zu lesen, die inzwischen eine Gedenkstätte für die dort Internierten enthält u.a. Lion Feuchtwanger, Max Ernst.... Das stand dieses Jahr auf meiner Wunschliste, ist aber an familiären Gründen gescheitert. Nächstes Jahr also auf jeden Fall!

Kriminalistisch gibt es hier zwei wichtige Themen: Menschenhandel und Zwangsprostitution, gerne auch in höchsten Kreisen mit ausgefeiltester Vertuschung (aber natürlich, die Grundstücke sind größer, die Nachbarn können weniger beobachten....) und menschenverachtender Skrupellosigkeit. Wenn es um den Schutz des eigenen Rufes geht, wird auch vor Mord, auch mehrfach nicht zurückgeschreckt. Das macht die Ermittlungen umso penibler und für die Wahrheitssuchenden umso frustrierender.
Doch auch die Wahrheit über den Unfall, der seine Großmutter letztlich das Leben kostete herauszufinden, ist nicht so einfach. Nach 70 Jahren trifft Martin auf eine Mauer des Schweigens und viele die ihm hätten weiterhelfen können, sind nicht mehr am Leben. Doch was will er, wenn er in so alten Wunden wühlt? Gerechtigkeit? Rache? Was der Täter nicht ahnt ist, daß Martin als Journalist nur nach der Wahrheit sucht und nicht danach jemanden nach all der Zeit bloß zu stellen. Dies scheint für den Täter, der den Unfall aus Fremdenfeindlichkeit herbeiführte, auch heute nicht vorstellbar. Ein interessantes Gedankenspiel, sollte man den Mantel des Schweigens über alte Taten hüllen? Für Hinterbliebene ist die Gewissheit jedoch meist, das Wichtigste und ein solches Schweigen würde zu leicht zum Vergessen der Gräuel in der Geschichte führen, die jedoch nie vergessen werden dürfen, auch damit sie sich nicht wiederholen.

Im Vordergrund stehen für mich in diesem Kriminalfall jedoch Land und Leute. So lebt Mathilde auf dem Schloss ihres Großvaters nicht mit diesem alleine und da sie schon seit Generationen dort verwurzelt sind, kennen sie auch Hinz und Kunz dort. Sowohl die Familienbande finde ich interessant, als auch die einzelnen Freunde von Rémy und Mathilde. Allerdings muß ich einräumen, daß mir bisweilen ein Personenverzeichnis weitergeholfen hätte, da ich grübelte „wer war noch mal Vincent? Der mit der Manade, mit dem Bauunternehmen oder dem Restaurant?“. Denn durch die Berufe der Freunde bekommt man auch einen wunderbaren Einblick in deren Berufe und Traditionen: Weinbau, Bau der Feriensiedlungen auf Wunsch des damaligen Präsidenten, die Stierzucht, Stierkampf, Gastronomie....

Liliane Fontaine ist der Mädchenname der Autorin mit französichen Wurzeln, die sich auch regelmäßig längere Zeit im Languedoc aufhält. Dies macht sich in diesem Krimi ebenso bemerkbar, wie ihr Kunstgeschichtsstudium. Es ist sicherlich hilfreich, wenn man Frankreich und seine Sprache kennt, da einige Begriffe als bekannt vorausgesetzt werden. Da ich die Sprache beherrsche, kann ich leider nicht beurteilen, wie es wäre das Buch mit null Sprachkenntnissen zu lesen.

Ein Krimi für alle Liebhaber sich entwickelnder Geschichten mit einem Focus auf den Ort des Geschehens. Thrillerliebhaber die auf Action stehen, werden nicht auf ihre Kosten kommen. Die Spannung ist bisweilen moderat da es keine schnellen Erfolge und keine Verfolgungsjagden gibt, die Auflösung jedoch logisch und nicht offensichtlich, was ich sehr schätze. Man wird mit wirklich tollen Einblicken in die Gegend und ihre Kultur und wirklich ausgearbeiteten Personen belohnt. Ich bin ja schon gespannt, wie sich das Verhältnis zwischen Mathilde, Martin und Rachid weiter entwickeln wird.

Ein guter Krimi, der sorgfältig recherchiert ist und mich im ungemütlichen November mit schönen Sommererinnerungen gewärmt hat.