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Veröffentlicht am 13.03.2020

Ein schönes Kinderbuch für Erwachsene, aber nicht für Kinder

Luftpiraten
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Luftpiraten haben eine graue Haut, Flügelfüße, sind schlecht gelaunt und ziemlich aggressiv, ohne Streit und Kämpfe fühlen sie sich nicht wohl. Entsprechend fällt bei ihnen der Schulunterricht aus, bei ...

Luftpiraten haben eine graue Haut, Flügelfüße, sind schlecht gelaunt und ziemlich aggressiv, ohne Streit und Kämpfe fühlen sie sich nicht wohl. Entsprechend fällt bei ihnen der Schulunterricht aus, bei dem sie auch lernen, aus einem Auge mächtige Blitze zu schießen. Alle Luftpiratenkinder werden am gleichen Tag „geliefert“ und sind somit immer gleich alt und werden mit einem Jahr eingeschult. In ganz seltenen Fällen, wird versehentlich ein weißes Luftpiratenkind geliefert, dass unmittelbar nach seinem Erhalt zu ertränken ist! Ein solches Kind wird ausgerechnet dem größten Polterer und Donnerer Luftpiratenlehrer Adiaba geliefert, der sich fürchterlich erschreckt, den kleinen freundlichen und friedfertigen Kerl aber sofort ins Herz schließt. Also gibt er ihm den Namen Zwolle, besorgt ihm den blauen Luftikus Caspar als Gesellschaft und versteckt ihn, ohne ihm zu verraten warum. Doch Zwolle fragt sich, wohin sein Vater morgens immer geht. Als er einen Weg aus dem heimischen Luftloch entdeckt, überschminkt er seine weiße Haut und macht sich auf in die Schule, ausgerechnet zur Einschulungs- und Abschlussfeier, die er gehörig durcheinander wirbelt. Damit nicht genug, als er enttarnt wird, hat er die Gelegenheit allen zu zeigen, was in ihm steckt.

Ich bin durch die zauberhaften Illustrationen und die vielen begeisterten Rezensionen auf diese ab 8 Jahren empfohlene Geschichte aufmerksam geworden. Das Hörbuch ist auch wirklich ausgesprochen liebevoll gestaltet. Das Klappcover lässt sich wie ein Panorama aufklappen und die Illustration wird auf dem jeweiligen Tonträger fortgeführt, so dass diese den optischen Eindruck als Ganzes nicht unterbrechen. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Auch finde ich die philosophischen und gesellschaftskritischen Gedanken, sowie den bisweilen etwas sarkastisch-zynischen Humor für Erwachsene reizvoll und wirklich ungewöhnlich, aber für die Zielgruppe ab 8 Jahren unpassend.

Zwolle ist absolut liebenswert und in den meisten Gestalten, denen er begegnet, fördert er ihre besten Eigenschaften zu Tage und macht ihnen bewusst, dass anders zu sein, gar nicht schlimm ist, im Gegenteil ist es eine Bereicherung. Gerade auf seine doch sehr laute und megaagressive Mitschülerin Franka hat er einen sehr positiven Effekt, als er ihr das Konzept der Hilfe, Rettung und Freundschaft nahe bringt und dabei großen Mut und Einfallsreichtum beweißt. Gar nicht hat mir jedoch gefallen, daß die erwachsenen Luftpiraten so gewaltbereit sind, dass eine größere Ansammlung von ihnen an einem Ort und einer Stelle, nur unter Einsatz von Drogen vertretbar ist und sie lediglich berauscht/zugedröhnt (nein, es geht nicht um Beruhigungsmittel und ruhig) es miteinander ohne Katastrophe aushalten. Dies ist nicht nur kurz am Anfang so, dieses Mittel taucht mehrfach im Laufe der Geschichte auf und mag für Erwachsene lustig sein, für Kinder finde ich es so unkritisch, wie es hier präsentiert wird, unverantwortlich. Als Erwachsener mag man Schmunzeln, wenn man bedenkt, dass ja auch bei uns bei Feiern, die Großen meistens alkoholisiert sind, aber selbst das finde ich in einem Kinderbuch als Botschaft untragbar, daß Erwachsene sich untereinander nur im Rausch ertragen.

Als Adiaba der Prozeß gemacht wird, bekommt er einen Pflichtverteidiger beigeordnet, Charley Gottchen. Charley hält sich für den Allmächtigen und ist unsichtbar, er ist lediglich eine Stimme, die sich mal geruht sich zu äußern und bisweilen stumm bleibt. Charley kommt immer wieder vor und hat eine tragende Rolle, dabei ist er ziemlich abgedreht und bisweilen fragt man sich, ob er nicht übergeschnappt oder größenwahnsinnig ist. Es wird die Frage aufgeworfen, was ein Wesen ohne Körper ist. Existiert er überhaupt, wenn man ihn nicht sieht? Für Erwachsene finde ich diesen Pseudoverteidiger eine wirklich tolle Parodie auf einige Unrechtsstaaten, aber ich habe so meine Zweifel, daß Achtjährige über genügend Kenntnisse hinsichtlich des rechtsstaatlichen Prinzips verfügen. Für mein Empfinden wird hier Glaube lächerlich gemacht und durch den Kakao gezogen. Charley hat auch seine Heldenmomente, ist aber sicherlich nicht allmächtig und keine göttliche Macht. Bei den wirklich interessanten Überlegungen über sein Sein, Dasein und Wirken, wird für mich die Substanz des Glaubens als des Nichtbeweisbaren negiert und als absurd dargestellt. Mit so atheistischen Gedanken rechnen Eltern nicht in einem Kinderbuch und gläubigen Eltern wird das auch sicherlich nicht recht sein, während es für Atheisten vielleicht sehr willkommen ist. Ich würde hier eine Kennzeichnung erwarten. Bei Lovelybooks werden christliche Leserunden mit einem entsprechenden „Warnhinweis“ versehen, um Atheisten zu „schonen“ hier fände ich eine entsprechende Warnung ebenfalls notwendig, für alle Glaubensrichtungen.

Ein weiteres Problem sehe ich in der Gewaltbereitschaft, gegen die sich Zwolle sehr positiv abhebt und bei der der stahlend weiße Luftpirat ein wirklich strahlendes Vorbild abgibt. Dennoch empfinde ich die Grundstimmung bisweilen als zu gewaltgeladen. Dies ist gerade in der Hörbuchfassung deutlich. Axel Prahl donnert, faucht und poltert, dass es einem durch Mark und Bein geht! Das ist absolut passend für diese Passagen. Ich wollte das Hörbuch als Gute-Nacht-Geschichte hören und bin richtig zusammengezuckt. Daher habe ich das Hörbuch später in der Küche weitergehört und erntete erstaunte Blicke meines Mannes. Dieser erkannte natürlich sofort die Stimme von Axel Prahl, aber in dem Moment ging es echt zur Sache! Es gibt aber gerade bei den philosophischen Passagen auch ruhige Momente, in denen Axel Prahl gekonnt seine Stimme variiert. Zwolle spricht er viel sanfter, Caspar sehr fröhlich und Charley Gottchen einfach abgedreht. Es ist eine wahre Schauspielkunst der Stimmbänder, die mir allerdings zu starke Lautstärkeschwankungen aufweist. Die Klangqualität ist 1a und unter den einzelnen Tonträgern findet sich die Trackliste mit den Kapitelüberschriften, die den schnellen Wiedereinstieg erleichtern. Die Tracks sind angenehm kurz, was sehr hilfreich ist, wenn der CD-Player nicht über die sogenannte Hörbuchfunktion verfügt.

Nun ist dieses Hörbuch damit nicht schlecht, ich kann es nur nicht guten Gewissens für Kinder empfehlen und habe es daher auch nicht meinen Kindern gegeben.

Die Geschichte zeichnet sich durch wirklich originelle Einfälle, wunderschöne Zitate, einen ungewöhnlichen Plot und eine fabel-märchenartige Erzählweise aus. Es ist absolut kein 08/15 Buch, sondern absolut durchdacht und geistreicht. Die Botschaft ist aktuell und wichtig, dass man nicht so sein muss, wie alle anderen, um liebenswert zu sein und es wichtig ist, andere erst einmal richtig kennen zu leren. Auch zeigt sich, dass Brutalität keine Lösung ist und Althergebrachtes durchaus in Frage gestellt werden sollte. Ein spannendes und abwechselungsreiches Kinderbuch für Erwachsene mit Tiefgang und Niveau. Es stellt aber auch eine Achterbahn der Gefühle dar und ist wirklich gewalttätiger und brutaler als einige Märchen. Wer Hänsel und Gretel für Kinder ablehnt, wird hier entsetzt sein. Aber Erwachsene verkraften Hänsel und Gretel im Allgemeinen unbeschadet und nicht jedes Kind gruselt sich vor Hänsel und Gretel.

Sehr ungewöhnlich und in seiner Originalität, Gedankentiefe und Erzählweise sicherlich für viele Erwachsene empfehlenswert, aber leider meiner Meinung nach nicht für Kinder ab 8 Jahren. Ältere (ab 14 Jahren) werden sich aufgrund der Märchenartigkeit der Erzählweise wahrscheinlich als zu alt empfinden.

Ein Hörbuch, dass sich eigentlich nicht mit Sternen bewerten lässt.


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Veröffentlicht am 27.05.2019

Ich bin mit dem eBook-Format nicht zurecht gekommen

POLYGLOTT on tour Reiseführer Berlin
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Jedes Jahr sind wir in Berlin und ich schleppe dann Reiseführer und Kindle (man könnte ja mal zwischendurch Zeit zum Lesen haben) im Rucksack durch die Gegend. Da wäre doch mal ein Reiseführer als ebook ...

Jedes Jahr sind wir in Berlin und ich schleppe dann Reiseführer und Kindle (man könnte ja mal zwischendurch Zeit zum Lesen haben) im Rucksack durch die Gegend. Da wäre doch mal ein Reiseführer als ebook fürs Kindle ganz praktisch und Polyglott ist ja auch ein seriöser Reiseführer Verlag, wer weiß, was wir da noch so entdecken können.

Ich konnte vor allem mein Alter entdecken! Es startet mit einem QR-Code. Dieser führt mich zur elektronischen Erweiterung des Polyglott on tour. Links auf einen externen Kartendienst vereinfachen das Auffinden von Adresse. Yo, ich habe keine QR-Code-App und will auch keine. Und wenn, wie sollte ich mit der App auf dem Kindle Fire, den QR-Code auf dem gleichen Gerät lesen? Ein externer Kartendienst ist für mich auch unpraktisch. Das Kindle ist offline, sobald ich meinen Wlan-Bereich verlasse. Karten sind also nicht in diesem Reiseführer inklusive. Aber ohne Karten machen Reiseführer für mich wenig Sinn.

Dann kommt: 6 Typisch.
Seitenblick
25 Stadtführungen & - touren (ich dachte es wären nur 15, wofür steht also die 25?)
29 Berlin persönlich.....

Ein paar Seiten später kommt:
SYMBOLE ALLGEMEIN Erstklassig: Besondere Tipps der Autoren
Seitenblick: Spannende Anekdoten zum Reiseziel.

Gut, jetzt weiß ich was der Seitenblick sollte, aber nicht so ganz, denn da stand bei Seitenblick kein Text. Bei Symbolen waren keine Symbole abgebildete.

Dann kommt weiter roter Text, orangener Text (wofür die Farbunterschiede), dann schwarze Schrift mit grauen Fußnoten. Ich bin nun bei 6 % des Ebooks hoffnungslos verwirrt! Das was ich von Reiseführern erwarte: Fotos, Karten und Fließtext und dann noch zwischendurch ein paar Öffnungszeiten und Preise (ja ich bin bescheiden und konventionell) habe ich noch nicht gefunden.
Bei 10 % des Buches finde ich Platzierung in der Faltkarte a1, Preissympbole Hotel DZ...
Eine Faltkarten auf dem EBOOK? Ich bin noch verwirrter..... Es kommen nun tatsächlich Preissymbole mit Erläuterung, nur daß ich nicht ahne, wo ich sie wiederfinden werde.

Dann kommen 2 Fotos und Fließtext zu Touren und Hinweise auf Seiten. Das ist doof, mein Kindle zeigt mir immer Prozente, wie ich auf Seitenzahlen umstelle, weiß ich nicht. Also, denke ich, ich könnte da vielleicht über das Touch-pad durch Antippen auf S. 106 gelangen? Nein, geht leider auch nicht. Und dann verliere ich die Lust. Sorry, ich bin wohl zu alt dafür, da schleppe ich lieber ein paar hundert Gramm Reiseführergewicht mehr mit mir herum, dafür weiß ich dann auf einen Blick, was ich wissen will, habe viele bunte Bilder und Karten für mein Gemüt und fühle mich nicht alt und verloren!

Die Autoren sind beide erfahrene Journalisten und widmen sich hauptsächlich den Themen Reise, Essen und Trinken, Hotellerie und Gastronomie sowie Lifestyle. Sie dürften sogar älter sein als ich, dennoch ist das Format nicht für mich geeignet. Ich will einen Reiseführer aufschlagen und ihn sofort und automatisch verstehen und mir nicht mein Gehirn zermartern darüber, wie denn der Text und die Zeichen zu verstehen sind. Schon gar nicht möchte ich auf externe Online-Quellen angewiesen sein müssen, da ich auch ganz gerne mal offline bin.

Auch wenn ich Ebooks durchaus auch zu schätzen weiß, sind Reiseführer wohl in Printform doch deutlich besser für mich. Ich habe dem Format eine Chance gegeben, es lag nicht am Inhalt, daß es mir nicht zusagte, sondern an Technik und Format.