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Veröffentlicht am 12.01.2022

Ein Tollpatsch zum Gernhaben!

Die kleine Fledermaus Wegda
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Die kleine Fledermaus Wegda ist freundlich und gut gelaunt, auch wenn sie mit ihren großen Füßen, über die sie stets stolpert und ihren zu großen Flügel völlig aus der Art schlägt. Außerdem ist sie nachts ...

Die kleine Fledermaus Wegda ist freundlich und gut gelaunt, auch wenn sie mit ihren großen Füßen, über die sie stets stolpert und ihren zu großen Flügel völlig aus der Art schlägt. Außerdem ist sie nachts müde und tagsüber hellwach. Auch wenn es das in der Familie Fledermaus so noch nie gegeben hat, geht daher Wegda jeden Abend um 8 Uhr schlafen. Aber vorher gibt sie ihren Eltern einen Kuss, zieht sie sich ihre Kuschelsocken an, putzt gründlich ihre Eckzähne und schaukelt sich kopfüber in den Schlaf, während sie immer viel falsch zählt. Da sie wach ist, wenn alle anderen aus ihrer Familie schlafen, zieht sie los, um Freunde zu finden. Mit ihrer offenen Art fällt ihr das leicht und gemeinsam erleben sie aufregende Abenteuer. Sie lernt Fahrrad fahren, feiert Geburtstag und beobachtet voller Begeisterung die Welt um sich herum.

Dieses Hörbuch richtet sich gezielt an Kindergartenkinder und geht genau auf ihre Bedürfnisse und Erfahrungen ein. Wegda ist sehr sympathisch und heißt nicht ohne Grund so. Während sie mit ihren viel zu großen Flügeln versucht zu Fliegen, ruft sie stets gut vernehmlich „Weg da!“ damit sie mit niemanden zusammenstößt und keiner Schaden nimmt, wegen ihrer Tollpatschigkeit. Geht etwas schief, nimmt sie es mit Humor und ohne zu fluchen. Immerhin ist sie ja nicht alleine, die Eule, das Eishörnchen und der Biber sind bei ihr. Das macht mutig und weckt den Entdeckergeist. Weil Kinder gerne Bekanntes mögen, sind Wegdas Erlebnisse alltäglich und wiederholen sich zum Teil, auf originelle Art und Weise. Über die kleinen Missgeschicke und Pannen können kleine Hörer herzlich lachen, da sie sich darin wiedererkennen. Es ist aber ein glückliches Lachen, kein Auslachen. Nanna Naßhöver benutzt hierzu einfache, kindgerechte, aber dennoch sehr abwechslungsreiche und lebendige Sprache. Dabei wird die Geschichte nicht nur sehr liebevoll und lebendig von Thomas Nicolai interpretiert, Wegda selbst klingt richtig niedlich. Seine fröhliche Stimmakrobatik wird von lautmalerischen Geräuschen und Klängen begleitet und lassen so Wegdas kleine Welt vor dem inneren Auge entstehen. Dazu gibt es immer wieder kleine Musikstücke die beruhigen und einen leicht in süße Träume hinübergleiten lassen.

Extra für kleine Ohren sind die jeweils sechs Geschichten schön kurz, damit sie die Konzentrationsspanne nicht übersteigen. Sie enden stets damit, dass Wegda ihr Einschlafritual durchzieht und fröhlich falsch zählend kopfüber baumelnd einschläft. Damit sind es perfekte Gute-Nacht-Geschichten zum Einschlafen oder eben auf einer etwas längeren Autofahrt. Außerdem merken die Kinder, dass selbst im Wald, bei Wegda, die ja ins Bett geht, wenn ihre Familie aufsteht, es selbstverständlich ist, sich sein Schlafoutfit anzuziehen und sich die Zähne zu putzen. Selbst wenn es keiner kontrolliert!

Absolut empfehlenswerte Gute-Nacht-Geschichten für die Kleinen, aber auch Eltern und Geschwister werden ihre Freude daran haben.

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Backen mit Wow-Effekt!

Meine Backbox - Das Buch
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Meine Backbox ist eine Erfolgsstory: Backbegeisterte können Überraschungspakete mit mind. 6 hochwertigen Backzutaten/Backzubehör und dem dazu passenden Rezept zum Backen, wahrscheinlich ähnlich wie „Hello ...

Meine Backbox ist eine Erfolgsstory: Backbegeisterte können Überraschungspakete mit mind. 6 hochwertigen Backzutaten/Backzubehör und dem dazu passenden Rezept zum Backen, wahrscheinlich ähnlich wie „Hello Fresh“ fürs Kochen (kenne ich nur, weil es unsere Nachbarn haben) bestellen und sofort nachbacken.

Hier gibt es absolute Rezepthighlights aus dem Angebot, untergliedert in: 1. Einmal um die Welt, 2. Auf die Hand, in den Mund, 3. Der Osterhase kommt, 4. Große Klassiker ganz klein, 5. Beerenstark & tropisch lecker, 6. Herzhaft schlemmen, 7. Advent, Advent...

Die Aufmachung empfinde ich als sehr hochwertig und ansprechend, was sich schon daran zeigt, dass meine jüngste Tochter fast alles nachbacken will, was bei uns tatsächlich aber teilweise an den Zutaten scheitert. Farblich ist das Buch genau auf die beliebten Backboxen abgestimmt, so dass der Wiedererkennungseffekt sofort da ist. Beim Durchblättern lief mir schon das Wasser im Mund zusammen und ich staunte nicht schlecht, so bunt war vieles und sogar glitzerig! Besonders gut gefiel mir, dass es auch saisonale Rezepte wie für Weihnachten und Ostern gibt, aber eben auch Dauerbrenner wie Mini-Bananenbrote, herzhaftes und internationales.

Ich wollte sofort losbacken, stellte aber fest, dass es gerade mal zu dem Brotrezept reichte, weil sonst immer eine Zutat fehlte. Das schnelle Sauerteigbrot war wirklich sehr schnell (denn ich habe immer angesetzten Sauerteig im Kühlschrank) und die Kniffe für die besonders knusprige Kruste waren mir dennoch neu. Es funktionierte super, ich war begeistert. Meine Kinder fanden die Kruste leider zu knusprig, also demnächst wird es gebacken wie immer....

Der Glühwein-Tannenbaumkuchen war solch ein Hingucker, der musste sofort gebacken werden, passt ja super in die Jahreszeit, aber ich hatte so spontan einfach keine 6 Eier mehr übrig.... Ich durfte ihn auch nicht mit Glühwein backen (das ist im Rezept aber auch nicht zwingend vorgesehen), aber dafür waren meine Testesser alle sehr begeistert. Fazit: sehr lecker, aber sehr mächtig. Er war leicht zu backen, meine Tochter hat das Dekorieren übernommen, nachdem ich im Schweiße meines Angesichts den Puderzucker für den grünen Tannenbaumguss gesiebt hatte. Der Kuchen wurde sehr bewundert, aber keiner hatte anschließend mehr ein Bedürfnis fürs Abendessen (es geht auch ohne, Hauptsache der Kuchen schmeckt).

Die glitzernden Chai-Zimtkugeln hatten es mir als Weihnachtsgeschenke angetan. Aber auch hier war das Problem, dass mir die Zutaten fehlten. Chaitee haben wir nicht im Haus, Goldpulver zum Backen auch nicht und schwarzen Johannisbeergelee auch nicht. Dank der Weihnachtszeit bekam ich alles, wenn auch in silbern... dennoch hatte mein Dekogirl bisher noch keine Zeit...

Bei den Mini-Bananenbroten fehlte es mir sowohl an den kleinen Backförmchen, als auch am Kokosmehl und Pflanzendrink... Ich habe dann eine große Kastenform genommen und normales Mehl und Milch und es hat sehr gut geschmeckt. Andere in der Lese- und Backrunde fanden die verwendeten Zutaten Standard, aber so viel Platz habe ich tatsächlich nicht. Ich empfinde Kokosmehl schon als sehr moderne Zutat, die sicherlich zubekommen ist, die ich dann aber wahrscheinlich nur noch für dieses Rezept benötigen werde.

Es sind wirklich ganz köstliche Rezepte im Buch und das Spaghettieis werde ich in der warmen Jahreszeit ganz sicher ausprobieren, aber zum Spontanbacken sind mir viele Zutaten zu modern.
Auch den Japanischen Käsekuchen mit Chai- und Zitrusnote werde ich für mein Mangagirl noch backen, allerdings habe ich Orangenmarmelade und Chaigewürz nicht im Haus. Ich überlege ernsthaft die Marmelade entweder selbst zu kochen oder sie durch andere zu ersetzen... denn bei uns isst niemand Orangenmarmelade, aber wir haben halt einen Japanfan im Haus...

Bei den Rezepten ahne ich meistens welche Zutaten/Zubehör sich wohl in den Backboxen befinden dürften z.B. der Spritzbeutel mit Spaghettitülle für das Eis oder das Goldpulver und Gewürze für die Chai- und Zimtkugeln, oder kleine Mengen der benötigten Marmeladen/Konfitüren.

Die Rezepte sind wirklich so gut erklärt, so wunderschön fotografiert und die Tipps so hilfreich, dass ich die zusätzlichen digitalen Appfunktionen gar nicht benötigt habe. Die Tipps sind auch wirklich vielfältig und da war so einiges dabei, was mir so auch nicht bewusst war und das ich nicht so kannte, obwohl ich gerne und viel backe und gerne Rezepte lese.

Es schmeckte köstlich, wenn auch etwas mächtig und alles sah auch richtig appetitlich aus. Die Ergebnisse sind etwas besonderes (bis auf das Brot, aber das ist für viele ja auch nicht alltäglich), echte Hingucker, aber dadurch auch etwas aufwendiger, wenn auch nicht kompliziert. Die perfekte Deko braucht halt ihre Zeit. Für Fans der Backboxen, werden viele Zutaten selbstverständlich sein, viele waren für meinen Vorrat aber etwas zu modern oder ausgefallen. Sie ließen sich aber kaufen, oder ersetzen, wenn es schnell gehen sollte.

Meine Tochter ist ganz begeistert und so ist es so was wie unser gemeinsames Belohnungsprojekt, die schönsten Rezepte gemeinsam nachzubacken.

Ein abwechslungsreiches Backbuch mit 55 Rezepten mit Wow-Effekt. Für all jene, die auch beim Backen Wert auf Deko und Trends legen.

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Winterlich, geheimnisvoll, märchenhaft!

Stella und der Mondscheinvogel
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Nach dem Tod ihrer Eltern wächst Stella freudlos im Waisenhaus auf, bis sie zu einer mürrischen Großtante kommt. Doch auch diese stirbt und nun meldet sich ihr unbekannter Patenonkel, und lädt sie in sein ...

Nach dem Tod ihrer Eltern wächst Stella freudlos im Waisenhaus auf, bis sie zu einer mürrischen Großtante kommt. Doch auch diese stirbt und nun meldet sich ihr unbekannter Patenonkel, und lädt sie in sein Herrenhaus in Wales ein. Stella ist ganz aufgeregt, denn solange sie sich erinnern kann hat sie noch nie in einer Familie gelebt und freut sich besonders auf Sohn Tomos. Am Bahnsteig vertraut ihr ein seltsamer dürrer Mann ein Paket an, dass sie auf keinen Fall öffnen darf und das sie bis zu seiner Rückkehr hüten soll. Als er nicht wieder auftaucht nimmt sie es mit nach Wales. Dort trifft sie einen gedrückten Haushalt in Trauer an. Über Tomos wird geschwiegen, die verbliebenen Dienstboten tragen Trauer und der Admiral und seine Frau weilen in London. Von festlicher Weihnachtsstimmung ist nichts zu spüren. Stella ist tief enttäuscht und öffnet das verbotene Paket. Sie setzt aus ihm einen mechanischen Vogel zusammen, der behauptet ein verzauberter Prinz zu sein. Trotz seiner Warnungen begibt sich Stella auf die Suche nach Tomos, da die Zeit ihn zu retten an Weihnachten endet. Mutig taucht sie in eine magische und gefährliche Welt ein, gefolgt vom zeternden Mondscheinvogel.
Oft empfinde ich Geschichten über abgelehnte Waisenkinder als sehr trostlos, mit Ausnahme der unerschütterlichen Anne Shirley. Aber auch wenn alles nicht so nach Stellas Wünschen und Hoffnungen abläuft, ist sie doch widerborstig und einfallsreich genug, als dass ich die Atmosphäre zwar düster, aber nie deprimierend empfand. Klar, Stella ist eine begeisterte Leserin und vor allem Verehrerin von Sherlock Holmes und möchte eines Tages Schriftstellerin werden. Auch als armes Waisenmädchen fordert sie energisch ihr Recht auf Bildung ein und sucht noch verzweifelt nach ihrem Platz in dieser für sie bisher freudlosen Welt. Kein Wunder also, dass sie anfängt den mysteriösen Verbleib von Tomos zu untersuchen. Auch wenn es gefährlich ist, was bleibt ihr sonst in dieser Einsamkeit zu tun? Das finde ich ausgesprochen sympathisch, auch wenn die Haushälterin sie ständig wegen ihrer forschen, etwas widerspenstigen Art tadelt, bleibt sie sich treu.
Der Anfang ist wirklich sehr vielversprechend und geheimnisvoll, als dieses einsame Mädchen verlassen auf dem kalten Bahnsteig steht. Leider fand ich gerade den Teil in welchem sie sich in Begleitung des ständig meckernden, eingebildeten Mondscheinvogels in die verborgene Welt der magischen Feenwesen eindringt, etwas kurz im Verhältnis zu dem atmosphärisch sehr dichten „Vorgeplänkel“. Dieser Teil ist nicht nur besonders winterlich und geheimnisvoll, sondern auch besonders spannend. Hier werden sämtliche Handlungsfäden miteinander verknüpft und Stellas Fragen, die ihr bislang ständig im Kopf herumschwirrten endlich beantwortet. Ihre Hartnäckigkeit hat sie nicht nur ans Ziel gebraucht, sondern auch wirklich belohnt. Endlich hat sie ihr Glück gefunden! Auch wenn sie natürlich am Ende keinen Prinzen heiratet, wie in einem Märchen, ist aber gerade die Auflösung zum Schluss absolut märchenhaft.
Uve Teschner klingt natürlich nicht wie ein junges Waisenmädchen, doch seine angenehme, besonnene Stimme, gibt der Geschichte etwas märchenhaftes und lässt besonders die eigenartig frostigen Hausangestellten zu Leben erwecken, ebenso wie den krähenkrächzigen Mondscheinvogel. Sobald er den Part der Kinder übernimmt verjüngt sich seine Stimme und wird mal verträumt, mal trotzig, mal entschieden. Seine lebendige Interpretation empfand ich als sehr kurzweilig.
Catherine Fisher entführt klar und verständlich und dennoch bildhaft die jungen Hörerinnen ab 9 Jahren in eine andere Zeit mit knisternden Feuern, Kutschen, Dienstboten, Privatlehrern und in der Bildung für Mädchen nicht selbstverständlich war, sondern ein Privileg. Ihre junge Heldin ist in ihren modernen Einstellungen ihrer Zeit weit voraus! Sie beschwört ein winterliches Ambiente herauf, dessen Kälte nicht nur von Eis und Schnee, sondern auch von Trauer und Verzweiflung genährt wird.
Die Gestaltung des Hörbuchs finde ich wunderschön: winterlich verträumt und doch unkitschig, gleichzeitig auch fantasievoll. Da war ich sofort gebannt und wollte es hören. Ich mag das dunkle, ruhige Grün.
Ein geheimnisvoll magisches Wintermärchen ab 9 Jahren.

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Veröffentlicht am 07.01.2022

Sensibel und witzig

Quiet Girl (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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Debbie ist ein Bücherwurm. Nichts liebt sie mehr, als es sich zu Hause gemütlich zu machen und zu lesen, Filme oder Serien durchzusuchten oder mit Jason zu kuscheln. Sie ist eine ruhige freundliche Person, ...

Debbie ist ein Bücherwurm. Nichts liebt sie mehr, als es sich zu Hause gemütlich zu machen und zu lesen, Filme oder Serien durchzusuchten oder mit Jason zu kuscheln. Sie ist eine ruhige freundliche Person, die auch von anderen gemocht wird und daher immer wieder eingeladen wird, aber es ist für sie ein Gräuel Teil einer Gruppe zu sein. Es verschlägt ihr die Sprache und pustet ihr Gehirn leer. Im Laufe der Zeit entwickelt Debbie Strategien mit diesem Handicap umzugehen und sich „Auszeiten“ durch Partybesuche zu „verdienen“. In allem wird sie von ihrem Freund, bzw späteren Mann Jason unterstützt. Sie will die Erwartungen der Gesellschaft erfüllen, ohne dabei glücklich zu werden, bis sie ihren eigenen, persönlichen Weg findet und damit zu der Cartoonistin und Illustratorin wird, die sie nun ist.

Manchmal ist dieses Buch eine bittersweet Symphony. Denn man muss schon bisweilen Schmunzeln oder Lachen, über Debbies Sicht der Dinge oder ihre Strategien, wie sie es vermeidet unter unbekannte Menschen zu gehen. Aber irgendwie ist es auch etwas traurig, weil Debbie sich selbst dabei schon sehr unter Druck setzt und es nicht genießen kann. Es sind reine Überlebensstrategien. Es ist eher ein Überleben, als Leben, bis sie im Internet über einen Aufsatz über Introvertierte/Hypersensible stolpert, der für sie wie die Offenbarung eines Zugangs zu sich selbst ist, Die Illustrationen sind liebevoll, mit Augenzwinkern und durch den Mangel an Farbe auf das Wesentliche beschränkt - nichts für mein Mangagirl. Auch mit ihren Knopfaugen bringt Debbie ihre Gefühle zum Ausdruck, bisweilen aber auch eher mit ihren Gedanken, denn als hypersensible Introvertierte, ist das ihre große Stärke. Immerhin versucht sie meistens ein Pokerface aufzusetzen und braucht viel Kraft, um sich nicht anmerken zu lassen, wie unwohl sie sich unter Menschen fühlt.

Während ich diese graphic Novel las, ging an mir ein Mädchen vorbei, das mich freundlich anschaute, aber auch provozierend, so als müsste ich sie kennen. Ich glaube, es war eine sehr zurückhaltende Grundschulfreundin einer meiner Töchter. Ein sehr ruhiges Mädchen, das nur zu Hause so richtig aus sich herausging. Ihre Mutter wollte unbedingt, dass sie die Schule in der Umgebung besucht, die für ihre Musicalinszenierungen bekannt ist, damit das Mädchen auf der Bühne lernt selbstbewusster zu werden. Ich fragte mich immer, ob das so eine gute Wahl sei, die Schule ist sehr begehrt, aber ich hatte so meine Zweifel, ob man den Charakter eines Kindes so versuchen sollte zu verbiegen. Meine Töchter sind total unterschiedlich, die eine liebt die Bühne, die andere wollte auf keinen Fall an ihrer eigenen Kommunion eine Fürbitte vorlesen.... musste sie auch nicht. Immer wieder hörte ich von diesem Mädchen, dass sie unbedingt die Schule wechseln wollte, auf die Schule meiner Töchter. Mal wegen des Sports, und dann.... Ich war mir nie sicher warum, bis ich sie nun während dieser Lektüre wiedersah. Sie hatte als Klassenjüngste, die Klasse übersprungen, statt die Schule zu wechseln und hatte ihren gesamten Look geändert. Sie trug nun komplett schwarz.... Dieses liebe Mädchen protestierte! Sie ist nicht extrovertiert, sie will nicht auf eine Bühne, sie will nicht extrovertierter werden, sie wollte Schutz in der Masse anderer Schüler auf einer „normalen“ Schule, um nicht den Blicken aller auf der Bühne ausgesetzt zu sein... Da habe ich Debbie erst richtig verstanden. Bis dahin war ich mir über die Zielgruppe der Geschichte nicht im Klaren. Debbie Tnng erzählt ihre eigene Geschichte, ihren alltäglichen Kampf, wie sie versucht die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, obwohl dies absolut ihrem Wesen voll und ganz widerspricht. Sie versucht es immer wieder, aber es ist ein Kampf, der sie nicht stärker und glücklicher macht. Sie wächst nicht an den Herausforderungen, weil es einfach für sie das Falsche ist und sie ihren eigenen Weg finden und gehen muss. Zum Glück hat sie einen Menschen, der sie so liebt, wie sie ist. In dessen Schatten sie sich auf Partys in Ruhe verstecken kann, dem sie dann gerne das Reden und die Aufmerksamkeit überlässt. Man sollte diese Menschen nicht für langweilig halten, sie öffnen sich einfach nur sehr wenigen Menschen gegenüber und geben diesen etwas von sich preis. Smalltalk langweilt sie, es ist reden, ohne etwas zu sagen.

Debbie Tungs Geschichte ist ein Aufruf Menschen niemals verbiegen zu wollen, sie ihren eigenen Weg gehen lassen, solange sie damit glücklich sind. Es gibt nicht DAS EINE GLÜCK, sondern nur das persönliche Glück und das liegt für Debbie zu Hause in ihren eigenen vier Wänden. Lasst sie bitte glücklich sein und andere ruhige Menschen auch. Seid sensibel gegenüber Hypersensiblen und lasst Euch auf diese witzige und nachdenkliche Graphic Novel ein.

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Die Geister, die sie riefen....

Shelter
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In einer Unistadt in Deutschland feiert Medizinstudent Nando in seiner WG seinen Geburtstag mit seinen Mitbewohnern Benny und Psychologiestudentin Liv und Freunden. Am Ende ist nur noch der harte Kern ...

In einer Unistadt in Deutschland feiert Medizinstudent Nando in seiner WG seinen Geburtstag mit seinen Mitbewohnern Benny und Psychologiestudentin Liv und Freunden. Am Ende ist nur noch der harte Kern mit Kunststudentin Daria und Till übrig. Sie wollen noch nicht ins Bett und flachsen über das absurd esotherische Pärchen, reden über Livs abgelehntes Thema für ihre Bachelorarbeit und beginnen herumzuspinnen. Sie wollen diesen Spinnern vor Augen führen, wie leichtgläubig sie sind, dass sie aber auf wirklich jeden Mist hereinfallen. Sie wollen eine eigene Verschwörungstheorie entwickeln und verbreiten, die Liv dokumentieren und auswerten kann. Begeistert entwickeln sie ein einprägsames Symbol, dass die Ankunft von Außerirdischen ankündigt, die von der Menschheit Besitz ergreifen wollen und die Temperatur ansteigen lassen, damit sie sich wohler fühlen. Erschreckend viele Menschen springen auf diesen Irrsinn an, wobei die Skepsis überwiegt. Doch dann macht sich ihre Verschwörung selbstständig und wird immer aggressiver. Jemand hat ihre Idee gekapert und macht sie sich zu Nutzen. Wer steckt dahinter? Bennys Versuch die Wahrheit zu veröffentlichen wird lebensgefährlich!

Dies war mein erster, aber sicherlich nicht letzter Jugendthriller der Autorin, wobei ich natürlich keine Vergleiche zu anderen Werken von ihr ziehen kann. Das Thema fand ich brandaktuell, da gerade jetzt in der Pandemie Verschwörungstheorien durch die Decke schießen und einigen Menschen wirklich nichts zu abwegig erscheint, um daran zu glauben. Die Mitbewohner in der WG sind sehr unterschiedlich und haben daher auch ganz verschiedene Talente. Benny hat sein Informatikstudium nach einem traumatischen Erlebnis abgebrochen und bereitet sich nun auf die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule vor. Mit seiner schlaksigen Gestalt und seinen roten Haaren glaubt er vor allem mit seinen Milchschaumkünsten punkten zu können, doch was soll ihm das in der Prüfung nutzen? Nando mag seinen vollen Namen nicht, ist immer gut gelaunt und optimistisch und mit seinem guten Aussehen fällt er auch immer auf die Füße. Hübsche Mädchen sind ebenso seine Schwachstelle, wie die von Till. Daria hat es mit ihrer dunklen Schönheit sowohl Till als auch Benny angetan, weswegen die beiden stets ein wenig in Konkurrenz zu einander stehen. Liv hingegen ist etwas schwieriger als Charakter und wechselhafter in ihren Launen. Eine sympathische Truppe, deren Namen und Studienfächer ich anfangs durcheinander brachte. Da hätte mir etwas mehr Text zu den Hauptfiguren in der geschmackvollen und aufwendigen Papp-Klapp-Hülle sehr geholfen. Die Aufnahmequalität ist sehr gut. Nicht nur dass die Balance ausgezeichnet ist und der Sprecher es schafft unterschiedliche Emotionen in gleichbleibender Lautstärke auszudrücken, nein, alle 193 Tracks, auf einem Tonträger konnten von meinem MP3-Player mit Hörbuchfunktion abgespielt werden, was leider nicht immer der Fall ist. Immer häufiger verfügen MP3 anscheinend über einen Kopierschutz, den nur mein AutoNavi überwinden kann.

Sehr gut finde ich die Theorien zu Verschwörungsdynamiken recherchiert und sehr interessant in die Geschichte eingebracht. Allerdings wird es eher ohnehin schon kritische Jugendliche sensibilisieren, oder bis dato uninteressierte, bereits überzeugte, werden sich mit diesen Mechanismen wohl nicht mehr kritisch auseinandersetzen. Dennoch jeder Jugendliche, den diese Botschaft erreicht, ist ein Gewinn. Ein wirklich positiver Nebeneffekt neben dem Gänsehautschauer. Auch die Einblicke in die Vorbereitungen und den Ablauf der Aufnahmeprüfung von Benny haben mir richtig gut gefallen. Ja, so ein Studium ist echt Arbeit und Talent alleine reicht nicht aus! Als Jugendthriller wird hier auf blutrünstige Brutalität verzichtet und die meiste Spannung baut sich durch das innere Grauen auf. Daher empfinde ich die Altersempfehlung ab 14 Jahren als absolut passend.

Jens Wawrczeck ist ein Urgestein des Deutschen Hörspiels, als Stimme des zweiten Detektivs Peter Shaw von den ???. Erstaunlicherweise ist seine Stimme seither nicht gealtert. Er klingt absolut passend und überzeugend als Stimme dieser Studenten. Sowohl die männlichen, als auch die weiblichen Stimmen übernimmt er absolut überzeugend und setzt seine Wandlungsfähigkeit besonders beim großen Showdown zum Schluss unter Beweis, als Benny es mit mehreren Erwachsenen aufnehmen muss. Egal ob Cafékunden, Esoteriker oder Studenten, er beherrscht sie mit Bravour. Dabei haben mir die esoterischen Charaktere besonderen Spaß bereitet. Wer selbst an die Kraft der Heilsteine glaubt, wird davon allerdings weniger begeistert sein. Absolut lebendig schafft er es mit seiner Stimme die Spannung aufzubauen, einem eine Gänsehaut auf die Arme zu zaubern, den Hörer ein Zwicken im Nacken spüren zu lassen und das Grauen der Verschwörung auch über fast 11 Stunden spüren zu lassen (Das Hörbuch dauert zwar fast 12 Stunden, aber am Anfang muss sich die Theorie erst entwickeln und am Ende wird alles aufgelöst und die Entwicklung der WG aufgezeigt).
 
Für mich eine absolut runde Sache, wie sich die Verschwörung aufbaut, bis zu ihrer Auflösung. Ich bin auch sehr froh, zu erfahren, was letztendlich aus allen Beteiligten geworden ist.

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