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Veröffentlicht am 16.06.2021

Eine traumatisierte Ermittlerin

Trauma – Kein Entkommen. Katja Sands erster Fall
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Hauptkommissarin Katja Sand sitzt am Wochenende mit ihrer pubertierenden Tochter beim Kaffee und muss gleich wieder weg, weil ein Mann im Baggersee ertrunken aufgefunden wurde. Eigentlich deutet alles ...

Hauptkommissarin Katja Sand sitzt am Wochenende mit ihrer pubertierenden Tochter beim Kaffee und muss gleich wieder weg, weil ein Mann im Baggersee ertrunken aufgefunden wurde. Eigentlich deutet alles auf Selbstmord hin, hätte der Tote nicht so eine seltsame Tätowierung auf dem Schädel, unter den Haaren und die Taucher ein Messer mit Initialien auf dem Grund des Sees gefunden, dessen Klinge zum Schnitt im Boot passt. Durch das Tatoo wird er als schwer traumatisierter Marineoffizier a.D. Identifiziert. Seine von ihm getrennt lebende Ehefrau schließt Selbstmord aus, sein Therapeut findet ihn naheliegend. Alle Spuren führen zur Marine, bei der Katja und ihr Assistent Rudi Dorfmüller auf einige Ungereimtheiten hinsichtlich des Traumas das zur Dienstunfähigkeit führte, stoßen. Der Fall soll als Selbstmord abgelegt werden, aber alles in Katja sträubt sich dagegen. Besonders als noch ein zweiter Unbekannter, erstickt in einem Kühlschrank im Wald gefunden wird. Auch dieser hat ein Trauma nach einer Nahtoderfahrung, trotz bester Ausbildung bei der Marine. Erneut kann die Pathologie kein Fremdverschulden nachweisen und kann Suizid nicht ausschließen. Anders als die, die den Toten kannten. Katja beißt sich fest, während ihr Privatleben völlig aus dem Ruder läuft.

Hm, Autorenlesungen können klappen, müssen es aber nicht. Julia Nachtmann hat mich optimistisch gestimmt und von Christoph Wortberg war ich richtig angetan. Er hat zwar nur einen kleinen Part, indem er immer wieder traumatische Kindheitserlebnisse schildert, dafür aber so eindrücklich und sensibel, dass es mir zu hart war, um es zum Einschlafen zu hören und das Hörbuch ins Auto wandern musste. Den Hauptpart übernimmt Julia Nachtmann, so dass ich es zwischendurch fast vergaß, dass es ja auch noch einen zweiten, männlichen Sprecher gibt, bis sich dieser mit der Bedrohlichkeit seiner Worte und dem Grauen des eindrücklich, aus kindlicher Sicht Geschilderten, zurück in mein Gedächtnis brachte. Das finde ich sehr gut gelöst und ich merkte, wie ich beim Weiterhören weiter grübelte, wer denn in dem Fall das Kind sein könnte, das seine traumatischen Erlebnisse schildert. Julia Nachtmann habe ich zuletzt oft bei Lesungen für Kinder genossen und es imponiert mir, wir mühelos sie umswitched und sie ganz anders, erwachsen und kantig klingt. Sie klingt absolut authentisch als Kommissarin im Kampf mit ihren inneren Dämonen.

Etwas schade finde ich, dass das Hörbuch mit den Worten „Katja Sands erster Fall“ beginnt. Damit ist nämlich klar, dass es auch mindestens noch einen zweiten geben wird (tatsächlich ist es als Triologie angelegt). Dabei ist es am Ende so dramatisch, dass ich ohne diese einleitenden Worte, nicht ausgeschlossen hätte, dass die Ermittlerin nicht überlebt. Das hat für mich die Spannung ein wenig gespoilert. Offiziell ist es ein Thriller, allerdings ist die Hülle nicht mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Hier gibt es lediglich einen dramatischen Showdown, die Ermittler folgen immer wieder Spuren, die im Sand verlaufen. Hier wird nicht viel geschossen und mit quietschenden Reifen jegliche Verkehrsregel missachtet, keine Pathologin versucht sich am Y-Schnitt oder kocht den Schädel aus. Das Grauen ist hier stiller, leiser, es liegt in den Traumata, die Katja und Rudi Dorfmüller nach und nach aufdecken. Es ist das stille Entsetzen, was Menschen, die einander schützen sollten, einander antun können. Diese Hilflosigkeit, wenn man um Hilfe bittet und stattdessen zum Schweigen gebracht wird. Die hohe Kunst der Vertuschung, im Kleinen, wie im Großen. Das finde ich ein sehr interessantes Thema und wirklich gut recherchiert! Während des Hörens musste ich immer wieder Nicken und dachte nur, ja, so laufen Ermittlungsverfahren/Verwaltungsverfahren. Da der Autor Schauspieler ist, was seine hervorragende Lesung erklärt, beeindruckt es mich umso mehr, dass diese Verfahrensabläufe absolut stimmig sind. Christoph Wortberg arbeitet nicht nur als Schauspieler und Hörbuchsprecher, sondern verfasst auch regelmäßig Drehbücher u.a. für den Kölner „Tatort“. Ein Name, den ich mir auf jeden Fall merken werde.

Katja Sand, reiht sich ein in die lange Liste der kaputten Ermittler, ganz anders als ihr Assistent Rudi Dorfmüller, der auch recht eigen ist, aber ein Goldstück. Katja ist selbst ganz offensichtlich traumatisiert und nimmt diesen Fall gefährlich persönlich. Sie ist keine einfache Person. Anders als bei Dorfmüller kann ich nicht wirklich sagen, ob ich sie mag oder nicht. Einige ihrer Entscheidungen finde ich sehr gefährlich oder falsch. Als Mutter kann ich sie bisweilen sehr gut verstehen, selbst wenn wir beide wissen, dass die Reaktion ihrer Tochter gegenüber vielleicht nicht die Schlaueste ist. Als Tochter schüttel ich nur den Kopf und wundere mich immer über die erbrechtlichen Seiten dieser Familie. Ich an Katjas Stelle würde meiner Mutter ganz andere Vorwürfe machen ;) Katja Sand ist eine kaputte Ermittlerin, die ganz viel aus dem Bauch heraus entscheidet, was mal goldrichtig ist und sie beruflich die Ermittlungsquote der Abteilung deutlich steigern lässt, privat aber oft in Katastrophen führt. Ja, Katja ist traumatisiert, sie reagiert oft falsch, aber sie ist zum Glück nicht noch eine weitere Ermittlerin, die trinkt, Drogen nimmt oder mit jedem Typen im Bett landet. Das finde ich dann wieder erfrischend normal! Das hat sie auch alles gar nicht nötig, sie verstößt auch so gegen genügend Regeln. Im Laufe des Falles erhält man immer wieder aufblitzende Einblicke in ein Trauma, das Katjas Lebensweg geprägt hat, aber ganz aufgelöst wird ihre persönliche Hölle wohl erst mit dem dritten Band. Ich habe diesen Thriller zufällig, als Fehllieferung erhalten und hatte keine Erwartungen an ihn. Nun will ich aber unbedingt wissen, wie es weitergeht. Was ist Katja damals passiert!

Ein ungewöhnlicher, sehr intensiver Thriller, mit einer Ermittlerin, die nicht wirklich sympathisch ist, aber im Gedächtnis bleibt. Das macht sie interessant.

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Veröffentlicht am 15.06.2021

Magisch, mystisch, düster, spannend

Das Geheimnis der Sternenuhr
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Imogen ist ziemlich oft von ihrer kleinen Schwester Marie genervt. Ständig meckert sie, dass sie in Imogens Theaterstücken nicht die Rolle erhält, die sie gerne hätte. Heute ist Imogen (11) besonders genervt, ...

Imogen ist ziemlich oft von ihrer kleinen Schwester Marie genervt. Ständig meckert sie, dass sie in Imogens Theaterstücken nicht die Rolle erhält, die sie gerne hätte. Heute ist Imogen (11) besonders genervt, denn ihre Mutter hat mal wieder einen neuen Verehrer und sie dürfen mit Oma in das Café in der Villa Haberdash. Der Neue ist furchtbar und im Café macht Marie ihr alles nach! Wutentbrannt rennt Imogen in den Park hinter dem Tor, und folgt dort einem Nachtfalter, der sie zu rufen scheint. Tatsächlich führt er sie zu einer Tür in einem alten Baum, durch die sie tritt und sich staunend umsieht, als sie das Geräusch einer krachenden Tür hört: Marie ist ihr heimlich gefolgt und hat die Tür geschlossen. Es gibt kein Zurück! Der Falter führt sie aus dem Baum in ein fremdes, abweisendes Reich bis zu einer Stadtmauer. Überall hängen dort die Schädel von Monstern, die die Stadt Jaroslaw stets nach Sonnenuntergang heimsuchen. Der junge Prinz Miroslaw bietet ihnen Schutz, denn ihm ist langweilig und er hat keine Freunde. Je genauer sie sich umsehen, desto stärker spüren sie, dass hier etwas nicht stimmt und das Königreich ernsthaft bedroht ist. Wenn Miro ihnen hilft, den Weg zurück zu finden, helfen ihm die Schwestern, die Schrecken der unheimlichen Skret zu beenden.

Als die Mädchen mit dem jungen Prinzen den Freundschafts- und Hilfspakt besiegeln, ahnen sie nicht, wie eng alles miteinander verbunden ist, und dass der Falter sie zur Hilfe gerufen hat, aber nicht für den Prinzen.

Super angenehm sind die extrem kurzen Kapitel, die den häufigen Szenen- und Perspektivwechseln entsprechen. Das beschleunigt das Lesen ungemein, da man immer denkt: ach, ein Kapitel geht noch! Sehr motivierend. Auch durch den hohen Dialoganteil fliegt man nahezu durch die Geschichte und es ist sehr lebendig. Gerade diese Lebendigkeit in dieser dem Untergang geweihten Welt wirkt sehr atmosphärisch. Obwohl alles so fremd ist, fühlt man sich gleich als Teil des Ganzen und wird Teil der Geschichte. Wir fanden die Geschichte unglaublich ansprechend erzählt, gerade auch wegen dieser immer wieder aufflammenden Genervtheit der Schwestern voneinander, die aber immer wenn es darauf ankommt fest zusammenhalten! Dennoch ist Familie in diesem Abenteuer nicht immer positiv. Dass die Mutter so viele wechselnde „Männerbekanntschaften“ hat, hat mir für die Mädchen wirklich leid getan, meine Tochter hat es sehr irritiert. Sie merken aber auch in Jaroslaw, wo sie den Heimweg nicht kennen, wie sehr ihnen ihre Mutter fehlt. Miro hingegen hat seine Eltern verloren und lebt bei seinem Onkel, der aktuell das Reich an seiner Statt regiert. Doch in der letzten Zeit scheint er das Interesse an seinem Neffen verloren zu haben und ganz in seiner Sammelleidenschaft für seltene Kostbarkeiten und der Aufmerksamkeit der jungen, schönen Anneschka aufzugehen.

Mit Imgoen und Marie kommt ein neuer Blickwinkel in das Reich. Sie hinterfragen erstmals, was es mit den Skret und den Lesni, dem Volk, das einst im Wald lebte, auf sich hat. In ihrer Neugier fragen sie nicht nur nach, sie beobachten und hinterfragen auch, was Miro bislang als gegeben betrachtete. Sind die Skret wirklich Monster, nur weil sie abstoßend aussehen, oder sind die Lesni wirklich minderwertige Menschen? Interessante Frage, die man sich nicht früh genug stellen kann, auch nicht in unserer Welt!

Ich habe das Buch gemeinsam mit meiner fast 12 jährigen jüngsten Tochter gelesen. Der hat diese unheilschwangere Atmosphäre sehr gut gefallen, weil es auch mal so anders ist. Sie ist eigentlich sehr empfindsam und mag auch gerne Bücher, in denen es um Alltägliches geht und für meinen Geschmack „nichts passiert“, aber hier fand sie es toll, dass so viele geheimnisvolle, unvorhersehbare und spannende Dinge passierten. Außerdem haben alle der Beteiligten so ihre Macken, wobei sie mit der „nervigen“ kleinen Schwester Marie am meisten mitgefühlt hat und es nur schwer vorstellbar fand, ein kleiner, einsamer, reicher Prinz zu sein. Aber dass das bisweilen herrisch macht, das war ihr schon klar.

Was uns beide allerdings wirklich störte: irgendwie muss bei der Lektorierung die Auflösung des Geheimnisses der Sternenuhr verloren gegangenen sein. Ja, es kommt immer wieder eine Sternenuhr vor, auch wer sie geschaffen hat, aber nicht, welches Geheimnis sie nun in sich birgt und was sie mit dem fulminanten Finale auf sich hat. Da fehlte uns der Bezug zum Titel. Im Englischen kamen dann auch noch die Schattenfalter mit ins Spiel, deren Geheimnis für uns gelöst wurde, die im deutschen Titel aber leider keine Erwähnung finden. Für diejenigen, die sich über die düstere Stimmung dieses Buches ärgern: das kann man doch eigentlich schon am Cover erkennen, dass das kein Buch der reinen Glücksgefühle sein wird. Diese kommen aber schon vor, auch die Dankbarkeit, die die Kinder am Ende für ihr Schicksal und ihre Familie empfinden.

Ein wirklich ungewöhnliches und spannendes Buch voller Magie, aber auch echten Gefahren, dessen Ende nicht nur eitler Sonnenschein ist und eine Fortsetzung ermöglicht.

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Schicksalshaftes Finale

Meridian Princess 3. Die Macht der Zeit
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Jade ist aufgeregt und besorgt zugleich. Ihr letztes Schuljahr an der Clockmakers Academy in London beginnt, doch sie hat noch nichts von Henry gehört, der bei den Kämpfen am Ende des letzten Schuljahres ...

Jade ist aufgeregt und besorgt zugleich. Ihr letztes Schuljahr an der Clockmakers Academy in London beginnt, doch sie hat noch nichts von Henry gehört, der bei den Kämpfen am Ende des letzten Schuljahres schwer verwundet wurde, als er Jade beistand. Als sie mit ihrer besten Freundin Orla aus Freude über ihr Wiedersehen abends noch ausgeht, müssen Sie auf dem Rückweg beobachten, wie ausgerechnet die Lehrerin für Prophezeiungen mitten auf dem Marktplatz vor ihren Augen mit einem Zeitsprung entführt wird. Sie kann das Ziel gerade noch hören, aber es gibt ihr Rätsel auf. Der sofort informierte Master Gridlock erhöht sofort die Vorsichtsmaßnahmen, ändert die Regeln für den Schulbeginn und nimmt die Verfolgung auf. In seiner Abwesenheit überträgt er dem jungen Peter Polkins statt seiner Stellvertreterin Selda Brice die Leitung der Academy und vertraut seine Prognosemaus Jade an. Selda Brice drangsaliert Jade daraufhin noch mehr als sonst. Dass sie nun mit Orla, Lucy und Henry in einer Art WG zusammenlebt ist da auch kein großer Trost. Lucy und Henry halten sich meistens bei ihrem feindlich gesonnenen Großvater auf und Henry ist völlig verändert und wirkt total kraftlos. Wenigstens Mats Kräfte kehren langsam aber sicher zurück und diese wird er auch dringend brauchen, denn die Jagd nach dem dritten Uhrenzeiger hat gerade erst begonnen und die düsteren Vorzeichen und Angriffe von Cronos Anhängern mehren sich. Die Lage ist mehr als ernst.

Wie ernst es ist, sieht man gleich zu Beginn, als Jade nicht wie sonst mit dem Timeless-Sleeper anreist, sondern von Peter Polkins und Archer Switch mit einem Oldtimer abgeholt wird. Eigentlich nutzen Zeiterben keine Technik, da diese bei Zeitstillständen ausfällt. Aber offensichtlich herrscht ein Ausnahmezustand, der von altgewohnten Pfaden abweichen lässt. Diese Abkehr von inzwischen vertrauten Pfaden finde ich spannend, zieht sie einen immer tiefer in die Geheimnisses der Welt der Zeiterben, diese gespaltene Gesellschaft, von denen die offiziellen Vertreter weiterhin unerkannt unter uns und mit den gewöhnlichen Menschen leben wollen, während Chronos Anhänger diese unterwerfen wollen und die Kontrolle über die Zeit und deren Macht an sich reißen wollen. Eine gruselige Vorstellung, von der wir alle ganz sicher verschont bleiben wollen. Dieser Band ist düsterer und ahnungsschwangerer als die Vorgänger. Geheimnisvolle Prophezeiungen scheinen Jade und ihre Freunde mehr zu verwirren, als ihnen einen Vorsprung vor ihren Gegnern zu verschaffen. Bisher ein für ein Fabelwesen gehaltener Rauchvogel mischt sich nun in den Konflikt ein. Alles steuert auf den finalen Kampf hin, bei dem es immerhin um die Freiheit der Menschheit geht. Die jungen Helden und ihre bisweilen etwas skurrilen Lehrer und Beschützer sind mir immer mehr ans Herz gewachsen. Dabei gefällt mir auch die Aufmachung mit den wunderschönen Illustrationen von Max Meinzold sehr gut! Für Vorbesteller gab es extra ein Zeiterben-Tarot, für die es die Anleitung auf der Homepage der Autorin zum Herunterladen gibt.

Dieser Kampf ist nicht einfach der Kampf zweier für uns normale Menschen unbedeutende Lager. Denn eigentlich geht es um Herrschaftsdenken und Rassismus. Chronos geht es nur um Abstammung und Reinheit von Blutlinien. Vorteile in der Durchmischung der magischen Fähigkeiten, die zur Stärkung der Talente, statt zu deren Abnahme führen kann, zeigt wie wichtig Toleranz und Offenheit sind. Die Bewahrung des Althergebrachten ist nicht stets die Lösung, man muss den Geist offen für alle sich bietenden Möglichkeiten halten. Denn Chronos Gedankengut, ist entsetzlich faschistisch. Hier können sich die jungen Leser mit den Folgen derart eingeschränkter Gedanken- und Verhaltensweisen auseinandersetzen, ohne sich mit deutscher Geschichte auseinandersetzen zu müssen. Kritisches Denken ist auch außerhalb der Schule möglich!

Etwas schade finde ich, dass die romantischen Szenen, die sich im zweiten Band anbahnten, dieses Mal deutlich zurückgefahren wurden und dass Jades romantisches Dilemma auch im Epilog nicht wirklich aufgelöst wird. Darauf hatte ich mich so gefreut, zu erfahren, für wen sich Jade denn nun entscheiden wird. Ich hatte ja einen ganz klaren Favorit. Aufgelöst wird auch der Urspurng des Konfliktes zwischen den zwei Lagern innerhalb der Zeiterbengesellschaft. Hier hat mich leider das Zeitelement nicht überzeugen können, ich bin immer noch mit einigen ungeklärten Fragezeichen zurückgeblieben. Sehr angenehm finde ich, dass am Ende kein kitschiges Happy End steht, sondern es Verluste auf beiden Seiten gibt, die auch Jade herbe treffen. Das macht es deutlich realistischer und zeigt, dass Kämpfe nie wirklich gewonnen werden. Die Verluste sind zu heftig, daher ist es vorher wichtig selbst zu hinterfragen, ob diese nicht vermeidbar sind. Eine schöne Reihe ab 13 Jahren, die in fremde Geheimgesellschaften, mitten unter uns entführt. In mitreißendem Stil werden wir so zu einem Teil einer fremden Schulform mit uns völlig unbekannten Schulfächern, die wir aber sicherlich gerne lernen würden, wenn wir nur könnten!

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Warmherziger Einblick in die Londoner City mit starkem Ermittlerteam

Die Nachtbushelden
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Hector ist 10 Jahre alt und das Sandwichkind einer scheinbar perfekten Familie. Seine Eltern lieben griechische Sagen und haben ihre Kinder danach benannt. Beruflich arbeiten sie daran die Welt mit Kampagnen ...

Hector ist 10 Jahre alt und das Sandwichkind einer scheinbar perfekten Familie. Seine Eltern lieben griechische Sagen und haben ihre Kinder danach benannt. Beruflich arbeiten sie daran die Welt mit Kampagnen oder Dokumentarfilmen zu retten und sind daher ständig unterwegs. Zeit hat Kindermädchen Lisa, die sich vor allem um den vierjährigen Herkules kümmert, der immerzu malt und überall Glitzer verteilt. Er ist so lieb, dass er Hector nie verpetzt und auch dann noch nett zu ihm ist, wenn Hector richtig fies zu ihm ist. Helen (13) ist voll pickelig, aber so strebsam und artig, dass man sich um sie eigentlich gar nicht kümmern muss. Sie macht den Eltern nur Freude! Hector schlägt da voll aus der Art. Er ist mit seinen zwei Freunden der meist gefürchtete Junge der Schule. Ständig muss er nachsitzen und vor allem Streberin Mailie kann er nicht ausstehen. Als der Obdachlose Thomas mit seinem Einkaufswagen ihn und seine Freunde von seiner Bank im Park vertreibt, sinnen sie auf Rache. Die wird ganz schön fies, aber dummerweise hat Mailie ihn beobachtet. Dann wird die Literaturrallye von Helens Klasse abgesagt, weil in der Londoner City die Statue von Pu dem Bär aus dem Bahnhof Paddington gestohlen wurde. Zurück blieb ein merkwürdiges gelbes Zeichen, genau wie bei den darauffolgenden spektakulären Diebstählen. Hector erinnert sich so ein Zeichen auch bei Thomas gesehen zu haben, ebenso wie ihn selbst. Endlich kann er sich als Held beweisen und der Polizei seine Beobachtung melden! Allerdings kommen ihm bald Zweifel, ob das was er gemeint hat beobachtet zu haben, nicht nur eine Täuschung war. Ein Versuch den Obdachlosen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Notgedrungen nimmt er ausgerechnet mit Mailie und den Obdachlosen einer Suppenküche, die Ermittlungen auf.

Eine interessante Mischung aus Themen, die scheinbar nicht zusammen passen. Bei solchen Versuchen denke ich oft, dass etwas weniger mehr gewesen wäre, weil es zu viel des Guten sei. Hier nicht! Hier muss es so sein, weil die Themen ineinandergreifen und nur zusammen funktionieren. Hier wird nicht versucht noch schnell ein weiteres Thema aufzugreifen, um tiefgründiger zu wirken, sondern es geht darum, dass eigentlich nichts so ist wie es scheint. Alles hat mehrere Seiten und die wenigsten sind einfach gut oder nur schlecht. Daher sollte man immer wieder seine eigenen Überzeugungen hinterfragen und sich nicht von Vorurteilen blenden lassen.

Ehrlich, Hector ist eigentlich ein Anti-Held, ein Mobber, der schwächere Kinder tyrannisiert und keine Skrupel zu haben scheint. Einer der es liebt, wenn andere Angst vor ihm haben und der nur dadurch auffällt. Doch plötzlich bietet sich ihm die Gelegenheit als Held wahrgenommen zu werden, obwohl er eigentlich etwas richtig Fieses getan hat. Im Laufe der Geschichte wird einem Hector aber immer sympathischer, denn man merkt, dass er sich eigentlich nur nach Aufmerksamkeit sehnt und weil er nicht so scheinbar perfekt ist wie seine Geschwister, dann eben durch Ärger. Aber er ist nicht durch und durch verdorben. Er stellt sich selbst in Frage und ist durch und durch ehrlich. Das kann sich zwar bei ihm niemand so recht vorstellen, aber ihm ist es wichtig. Mailie hingegen ist nicht einfach eine Streberin, sie hilft mit Herz und Seele in einer Suppenküche, in der auch ihr Vater aktiv ist. So unvorstellbar es scheint, so sehr gelingt es ihr und den Obdachlosen Hector auf Spur zu bekommen. Wenn man die Obdachlosen und ihre Schicksale kennenlernt, dann sind es plötzlich keine „Penner“ mehr, sondern liebenswerte Personen, die nach ihrem geheimen Codex leben. Als ich von mehr als 20 Jahren in Brighton lebte, wurden im Winter tatsächlich Obdachlose in den teuersten Gegenden von den Bezirksverwaltungen mit Wasser nass gespritzt, um sie daran zu hindern, dort vor den Augen der Touristen und Geschäftsleuten sich ihr Nachtquartier zu suchen. Dass dies den Tod der Obdachlosen bedeuten konnte, wurde billigend in Kauf genommen. Mir war es gar nicht so bewusst, dass über London verteilt, an literarisch bedeutsamen Orten, so viele Statuen an berühmte Kinderbücher von Paddington über Peter Pan bis Harry Potter verteilt erinnern. Zum Glück liegt dem Hörbuch aber ein Nachbuslinienplan bei, in welchem diese eingezeichnet sind, ebenso wie die Geheimzeichen der Obdachlosen (die aber wahrscheinlich der Kreativität der Autorin entspringen, damit die wahren Codes geheim bleiben). Mehr dazu erfahrt ihr mittels QR-Code auf der Karte. Auf deren Rückseite findet sich übrigens die Trackliste.

Die Themen die Onjali Q. Rauf hier anspricht sind also absolute Londoner Realität, in allen Bereichen. Das macht diese Geschichte auch so authentisch und glaubhaft. Eine Geschichte, die berührt und am Ende richtig spannend wird, wenn das ungleiche Team versucht die wahren Täter zu überführen. Manchmal ist es auch etwas witzig, wenn auch nicht ganz so sehr, wie „der Junge aus der letzten Reihe“, aber nicht weniger berührend. Denn von Mailie erfährt Hector die Schicksale der einzelnen Obdachlosen, auf die er bisher so herabblickte.

Julian Greis beweist einmal mehr sein Gespür für Stimmungen, Atmosphäre und Charaktere. Er kann Hector ebenso gemein, wie auch entschlossen oder nachdenklich-verschämt klingen lassen. Sensibel und lebendig entführt er ins Herz einer Stadt voller Widersprüche, mit einem eigenwilligen Ermittlerteam, wie es so noch nicht vorkam. Ich hoffe, dass es ihm mit seiner sympathischen Stimme gelingt, die Hörer für das Schicksal der Obdachlosen zu sensibilisieren und nicht alle gleich abzuschreiben.

Ein warmherziger Einblick in die Londoner City und das knallharte Vorgehen skrupelloser Geschäftemacher. Eine Geschichte voller Humanität, Herz und Humor ab 8 Jahren, die ich jedem über 8 Jahren nur ans Herz legen kann!

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Gemeinsam stark!

Drachenmeister (10)
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Drake, der Hüter des Erddrachen Wurm, träumt nachts von einem Regenbogendrachen, der in einer Höhle gefangen gehalten wird und ihn um Hilfe bittet. Schnell begreift er, dass es kein gewöhnlicher Traum ...

Drake, der Hüter des Erddrachen Wurm, träumt nachts von einem Regenbogendrachen, der in einer Höhle gefangen gehalten wird und ihn um Hilfe bittet. Schnell begreift er, dass es kein gewöhnlicher Traum war, sondern eine Botschaft von Wurm, die Bedrohung ist real! Bevor Ana und Ihr Sonnendrache Kepri mit Drake und Wurm ihre Rettungsmission starten, lassen sie sich vom Drachenstein den vorbestimmten Drachenmeister des Regenbogendrachens zeigen. Nun heißt es den jungen Obi zu finden, obwohl der Drachenstein weder Koordinaten, noch Ortsnamen nennt. Doch die zwei sind pfiffig und schaffen es. Als sie aber mit Obi in der Höhle ankommen, in der der Regenbogendrache auf seine Rettung wartet, müssen sie erkennen, dass die Probleme und die Gefahr gerade erst beginnen!

Willkommen zurück im Reich der Drachenmeister, da ist es auch immer wieder schön, zu erfahren, wie es mit den ersten Drachenmeistern weiter geht und Neuigkeiten von den Zauberern Griffith und Diego zu erhalten. Wobei nicht nur die jungen Drachenmeister bei der Befreiung des Regenbogendrachen in großer Gefahr sind, auch für einen der Zauberer bahnt sich Unheil an! Das ist wieder richtig spannend und aufregend! Eine Geschichte über Mut und Freundschaft, die zeigt, dass man nie aufgeben darf, aber auch, dass wenn eine Gefahr gebannt ist, sich vielleicht gleich die nächste anbahnt. Wie bei allen Bänden der Reihe wird nämlich auch ein Ausblick darauf gegeben, wie es weitergehen wird. Damit wissen die jungen Fans zwar, dass dieses Mal noch mal alles gut gegangen ist, die Abenteuer damit aber noch lange nicht vorbei sind! Sehr magisch, aber auch tröstlich, weil jedes der Kinder und Drachen über besondere Talente verfügt, die bisweilen im Verborgenen schlummern, oder auf den ersten Blick sehr unscheinbar wirken. So wie Drake liebevoll an Wurm denkt, der so unbedeutend aussieht und doch einer der mächtigsten Drachen ist. All die Macht scheint ihm aber dieses Mal nicht zu helfen, zumindest, wenn er auf sich allein gestellt wäre, denn sein monströser Gegner ist schneller als seine Erdmagie. Aber Wurm und Drake sind nicht alleine und zu fünft schaffen sie es nicht nur den Regenbogendrachen zu befreien!

Tobias Diakow ist mit seiner warmen, freundlichen Stimme eine sehr gute Wahl. Seine Stimmfarbe wirkt beruhigend und vermittelt Zuversicht, während seine lebendige Erzählweise die den unterschiedlichen Charakteren dezent ihre eigene Note verleiht, die Spannung wunderbar steigert. So findet er die Balance zwischen spannendem Abenteuer und starker Freundschaftsgeschichte, die sowohl tagsüber als Abwechslung, als auch abends als Gute-Nacht-Geschichte geeignet ist. Ich höre ihm unheimlich gerne zu und meine Tochter auch!

Tracey West ist eine aufregende Abenteuerreihe gelungen, die Kinder gut verstehen und mitfiebern lässt.

Eine spannende Drachenabenteuerreihe für Jungen und Mädchen von 5 bis 10 Jahren.

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