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Veröffentlicht am 25.01.2021

Spannend, beunruhigend und etwas romantisch

Der Zwillingscode
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Vincent ist siebzehn und hat einen Sozialpunktestatus von Doppel C. Dies ist so seit er denken kann und damit ist klar, dass er für immer ein sozialer Außenseiter sein wird und ein Studium trotz seiner ...

Vincent ist siebzehn und hat einen Sozialpunktestatus von Doppel C. Dies ist so seit er denken kann und damit ist klar, dass er für immer ein sozialer Außenseiter sein wird und ein Studium trotz seiner Intelligenz nicht in Frage kommt. Dabei weiß er gar nicht warum sein Punktestand so schlecht ist, der war schon immer so. Er lebt mit seinem Vater, einem erfolglosen Maler, in einem kleinen, heruntergekommenen Einfamilienhaus und betreibt dort eine kleine, illegale Reparaturwerkstatt für Copypet Androidhaustiere. Bei einem seiner Aufträge lernt er eine alte Dame, kennen, deren Wohlstand zu verblassen scheint, aber deren Tier ihm erstaunliche Wege zeigen möchte. Bei diesem Auftrag bittet er Zarah, die Tochter einer anderen Reparaturwerkstatt um Hilfe. Außerdem arbeitet er in einem Forschungslabor, seit seiner Kindheit. Der Megarechner Deep Thought soll seine Gedanken rekonstruieren. Aus einer Eingebung heraus bittet er den Labornerd Quirin, auszuprobieren, ob Deep Thought auch Erinnerungen aufrufen kann, statt nur aktueller Gedanken. Das Ergebnis ist ebenso verblüffend, wie streng verboten und gefährlich und führt ihn, Quirin, Empfangsassistentin Delia und Zarah tief in die Abgründe einer geheimen Simulation. Langsam begreift Vincent, dass seine Mutter damals nicht zufällig bei einem Unfall ums Leben kam. Will er ihren Kampf fortführen?

Zuerst war mir diese Welt sehr fremd. 2055 ist einiges noch wie heute, so gibt es noch Fahrräder und Autos, aber auch vieles ist anders und nicht unbedingt besser. Wie man lebt, bestimmt der Stand der eigenen Sozialpunkte. Diese zu verbessern ist schier unmöglich, sie zu verschlechtern aber durchaus. Vincent durchblickt dieses System auch nicht so ganz und scheint daran zu resignieren. Ebenso wie daran, dass sein Vater seine Mutter nie mehr erwähnt und aufgegeben zu haben scheint. Doch dann entdeckt Vincent einen Brief, der ihn aufbegehren lässt und dieses undurchdringliche System hinterfragen lässt. Es beginnt eine komplexe Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, bei der Vincent zu seiner eigenen Überraschung sehr loyale Freunde findet. Freunde, die eigentlich schon die ganze Zeit da waren, ohne dass es ihm bewusst war und die er auch ganz deutlich unterschätzt hat. Gerade dieser Punkt hat mir ausgesprochen gut gefallen. Einige der Personen sind viel besser als ihr Punktestand und ihre Fassade täuscht. Nicht Oberflächlichkeit hat sie ihr Studium abbrechen lassen müssen, sondern ihre Suche nach Wahrheit. Dabei mag ich sehr gerne die Verquickung zwischen modernen technischen Errungenschaften und alten Erinnungsstücken von Vincents Mutter bzw. in geheimen Lagerräumen verstaubende analoge Überbleibsel. Wobei ich mir nicht so sicher bin, ob die Zielgruppe so genau weiß was ein Plattenspieler oder ähnliches ist. Während sich die Gegensätze zwischen der hochtechnisierten, überwachten Gegenwart und der analogeren, freieren Vergangenheit immer stärker herauskristallisiert, nimmt die Geschichte unglaublich an Fahrt auf. Wobei ich zugeben muss, dass ich während ich versuche die Simulation zu begreifen und Vincent und Co. durch diese zu folgen, ich mich immer wieder frage, ob Vincent wirklich allen drei Freunden trauen kann, oder ob unter Quirin, Delia und Zarah sich ein Verräter befindet.

Die Simulation soll eine Abbildung der Wirklichkeit sein, angeblich, um Neuerungen zu testen, doch je mehr Vincent von dieser erlebt, desto kritischer sieht er sie. Ja, auch als Leser wird einem ganz anders, wenn man an diese Simulation und das System der Sozialpunkte denkt. Immerhin gibt es so etwas in China und da sollen ja auch Milliardäre urplötzlich von der Bildfläche verschwinden. Ist diese Dystopie dann wirklich so unwahrscheinlich? Hat man gegen diese Simulation als KI überhaupt eine Chance? Atemlos folgt man Vincent in die Tiefen dieser hinein, sucht ihre Schwäche, einen Ausweg. Das Finale hat es dann in sich, denn es ist nicht nur super spannend, sondern auch wirklich überraschend und ein klitzekleines bisschen romantisch. Ein Gefühl, das die Simulation wohl nie verstehen wird.... natürlich kann sie sich und den Fortschrittsglauben auch nicht kritisch hinterfragen, wie dies die Leser sicher tun werden.

Das neue Jugendbuch von Margit Ruile, Autorin von „Dark Noise“ und „God's Kitchen“: spannend, faszinierend weiter zu denken und erschreckend. Mögen wir unseren Mut behalten, um für unsere Überzeugungen eintreten wie Vincent! Ab 14 Jahren.

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Wieder richtig spannend und lebendig!

Drachenmeister (5)
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Im vierten Band ist eine vierköpfige Hydra im Reich von König Roland eingetroffen, nachdem sie aus der Gewalt dunkler Mächte befreit werden konnte. Der Drachenstein hat seine neue Meisterin erwählt: Petra, ...

Im vierten Band ist eine vierköpfige Hydra im Reich von König Roland eingetroffen, nachdem sie aus der Gewalt dunkler Mächte befreit werden konnte. Der Drachenstein hat seine neue Meisterin erwählt: Petra, ein achtjähriges Mädchen mit langen blonden Locken, das aus einem Wüstenstaat stammt und erst einmal über die Kälte des Herbstes meckert. Auch sonst scheint sie übellaunig und besserwisserisch zu sein. Den vier übrigen Drachenmeistern Bo, Ana, Rory und Drake kommen so langsam Zweifel, ob sich der Drachenstein nicht vielleicht dieses eine Mal bei seiner Wahl geirrt hat. Petra scheint keine Verbindung zu ihrem gefährlichen Drachen aufbauen zu können, aber auch nicht wirklich zu wollen. Sie nimmt keinerlei Ratschläge oder Hilfen an. Die übrigen Drachenmeister sind ratlos, bis ihr und der giftigen Hydra ein schwerer Fehler unterläuft, der den König in ernste Gefahr bringt. Nun hilft nur noch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Drachenmeister und ihres Lehrherren. Wird Petra sich darauf einlassen und König Roland gerettet werden können?

In jedem neuen Band dieser erfolgreichen Drachenreihe, um Kinder, die von einem mächtigen Stein dazu auserkoren werden, ein inneres Band der Verständigung zu einem Drachen zu knüpfen, wird stets zu den bekannten Drachenarten mit ihren besonderen Talenten, ein neues Exemplar mit dazu gehörigem Meister eingeführt. Die besondere Begabung des Tieres ist stets von entscheidender Rolle für das jeweilige Abenteuer. Während die übrigen Drachen über Stärken verfügen, die auch gefährlich sein können, wenn man sie nicht beherrscht, wie die Feuerstöße des Feuerdrachen Vulkan, so ist der Nutzen eines Drachen mit vier Köpfen, die alle Gift sprühen können, nicht offensichtlich, die Gefahr aber schon. Alle vier Köpfe können unabhängig von einander agieren, das ist schon sehr einschüchternd und da braucht es viel Mut. Vordergründig verfügt Petra über diesen, aber wie so oft im Leben überspielt sie mit ihrer Übellaunigkeit und Besserwisserei nur ihre Unsicherheit. In ihr brodeln die Zweifel, ob sie dieser immensen Aufgabe gerecht werden kann. Unter diesen Zweifeln versteckt sich zum Glück aber doch ein guter Kern, den die freundlichen Drachenmeister hervor zu kitzeln vermögen, mit Verständnis und Geduld, selbst in der brenzligsten Situation. Denn wenn es drängt, muss man stets einen kühlen Kopf bewahren und darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen! Freundschaft hilft dabei auch in Momenten größter Not, man muss sich und seinen Freunden unbedingt vertrauen!

Dieses Abenteuer macht wieder richtig Mut. Außerdem ist es wieder sehr spannend und aufregend! Vor allem ermutigt es Kinder hinter teilweise schroffe, abweisende Fassaden zu blicken, da ein Blick sehr lohnend sein kann. Oft verbirgt sich hinter der Unsicherheit ein echter Freund. Ach ja, auch dieser Drache, der auch noch einen Namen erhalten wird, ist übrigens nicht völlig unberechenbar, nein, seine giftige Gabe wird sich noch als unerwartet nützlich erweisen, ganz ohne böse Hintergedanken.

Tobias Diakows Stimme ist sehr angenehm und schmeichelt das Ohr. Selbst in den gefährlichsten Momenten, hat man diesen sanften Klang im Ohr und kann trotz aller Gefahren und ohne Sorge dieses Abenteuer selbst zum Einschlafen hören. Dabei ist er aber keinesfalls monoton oder einschläfernd, er verleiht nur mit seiner Stimme diese tiefe Gewissheit, dass alles gut werden wird. Immer wieder wird er dabei szenisch von den passenden Geräuschen unterstützt, so dass es noch echter und lebendiger wird. Es wird nie langweilig, im Gegenteil, es passiert sehr viel, sowohl an persönlichen Veränderungen und Herausforderungen, als auch an Action. Sehr schön sowohl für mutige Helden und Heldinnen, als auch Träumerinnen und Träumer ab 6 Jahren. Die absolute Lieblingsreihe von Felix (8 Jahre).

Wie immer gibt es auch einen Ausblick auf das nächste Abenteuer, dass die nunmehr 5 Drachenmeister nur gemeinsam meistern können, denn mit dem großen Drachenstein scheint etwas nicht zu stimmen und ihre Verbindungen zu ihren Drachen werden immer wieder unterbrochen. Ein neues spannendes Abenteuer voller Freundschaft und Magie zeichnet sich schon für Band 6 ab.

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Veröffentlicht am 22.01.2021

Der Fluch der Reinheit

Chaos Walking – Das Hörbuch zum Film
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In der Zukunft suchen die Menschen nach anderen Planeten, um sie zu besiedeln. Vor ungefähr 20 Jahren landeten einige von ihnen auf einem bis dato unbekannten Planeten und ließen sich dort nieder. Doch ...

In der Zukunft suchen die Menschen nach anderen Planeten, um sie zu besiedeln. Vor ungefähr 20 Jahren landeten einige von ihnen auf einem bis dato unbekannten Planeten und ließen sich dort nieder. Doch der Planet war schon besiedelt, von den Spruttles, die sich mit Krankheitskeimen gegen die Nahrungskonkurrenz wehrten. Den Krieg verloren sie dennoch, aber die Erreger wirkten anders als gedacht. Die Tiere begannen zu sprechen und die Menschen konnten die Gedanken aller anderen hören. Das sorgte für einen solchen Lärm in ihren Köpfen, dass alle Frauen und Mädchen verstarben und auch ein Teil der Männer, denn der Lärm war unerträglich für sie. Ihre Zivilisation ist zum Aussterben verdammt und Todd Hewitt ist der Jüngste vor ihnen. In einem Monat wird auch er zum Mann werden, ein Ereignis das er sich sehnlichst herbei sehnt, doch das seinen Ziehvätern Sorge zu bereiten scheint. Sie schicken ihn unter einem Vorwand in den Sumpf, wo er etwas unglaubliches entdeckt. Ein Ort absoluter Stille! Er berichtet ihnen davon und versetzt sie in Alarmbereitschaft. Sie packen seine Sachen, geben ihm das Tagebuch seiner Mutter und einen Notfallrucksack mit und fordern ihn auf in den Sumpf zu fliehen. Dort entdeckt er in der Stille, was nicht sein kann: ein Mädchen! Sie spricht nicht und er und sein Hund Manchie können seine Gedanken nicht hören. Was hat das zu bedeuten? Doch es bleibt keine Zeit darüber nachzudenken, denn die Männer seiner Siedlung sind mit Waffen hinter ihm her und so packt er das Mädchen an der Hand und sie rennen los. Wohin? Gibt es für sie eine Hoffnung? Was ist damals wirklich passiert?

Erzählt wird in einer für mich zu Beginn irritierenden Ich-Perspektive. Wieso kann Todd Hewitt Gedanken hören und mit seinem Hund sprechen? Warum ist er so fies zu seinem Hund? Offensichtlich ist er so etwas wie ein Verstoßener und hat keine Freunde, warum freut er sich dann nicht immerhin darüber, dass er einen Hund als Begleiter geschenkt bekommen hat? Hat er keine Freunde, weil er so fies ist, sogar zu Tieren? Den Ich-Erzähler gleich zu Beginn unsympathisch zu finden, ist keine gewöhnliche Erzähltaktik und hat mich verwirrt. Was um alles in der Welt ist das denn für eine Welt und ein Leben? Ich fühlte mich sogleich orientierungslos, aber auch irgendwie ratlos. Nach und nach beginnt man Todd zu verstehen, auch warum er keinen Hund wollte, warum er dennoch einen Hund bekam und was sich seine Ziehväter dabei dachten. Denn Todd ist nicht weniger verwirrt als der Zuhörer selbst, nur ist es für ihn akut, es ist sein eigenes Leben, dass er so gar nicht versteht und in welchem er sich getrieben fühlt wie ein Spielball. Während man etwas ratlos zuhört, formt sich langsam eine Ahnung und ein Bild und schon steht Todd wieder vor dem nächsten Rätsel. Er ist ein Getriebener auf der Flucht, ohne zu wissen vor wem und weshalb er wegläuft, dabei ist er ja eigentlich noch viel zu jung für solch ein Leben!

Meine Lieblingscharaktere außer den Hauptpersonen Todd, Viola und Manchie sind übrigens zwei einfache Außenseiter, die völlig unterschätzt werden, die Todd jedoch bedingungslos zur Seite stehen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, sondern weil sie gute Menschen sind, wenn auch nicht die Schlauesten.

Während ich das Hörbuch hörte, kamen immer wieder die Kommentar: „Oh, wer ist das, tolle Stimme, die kenn ich!“ oder „Das ist doch die Stimme von Jack von MacGyver!“ Ja, aber auch die Stimme von Christian Bale und Johnny Depp und zahlreicher preisgekrönter Hörbücher, eine der beliebtesten deutschsprachigen Stimmen. Eine Stimme, die oft auch für Filme voller Spannung und Action steht, aber nicht unbedingt für Teenager. So toll ich David Nathan auch finde und er betont wirklich gekonnt, aber nicht zu stark, hat ein untrügliches Gespür für Timing und Emotionen, sowohl der Angst, als auch der Verwirrung oder Zuneigung, aber er klingt für meinen Geschmack zu alt für einen Ich-Erzähler der noch nicht ganz ein Mann ist und noch nicht einmal ein Teenager, dem der Stimmbruch noch bevorsteht. Dennoch gelingt es David Nathan beeindruckend besonders zu Beginn den störenden Gedankenlärm zu vermitteln. Ich war anfangs wirklich genervt von dem gehetzten, sich überlappenden Gedankenchaos und fand es anstrengend. Aber keine Sorge, Todd lernt mit der Zeit dieses Gedankenchaos zu bezähmen und dann beruhigt sich auch die Sprechweise entsprechend.

Die jugendlichen Helden haben eine Odyssee vor sich und man fragt sich, stets mit ihnen, was denn da in Prentiss Town nicht stimmt, wovor sie überhaupt auf der Flucht sind. Was ist das Geheimnis dieser Stadt in einer neuen Welt, die eigentlich voller Hoffnung sein sollte? Natürlich wird dies auf atemberaubende Weise aufgelöst, hochemotional in einem Kampf auf Leben und Tod, Gut gegen Böse, wie zwei Urgewalten. Das Ende ist echt heftig, deswegen sollte man die Altersempfehlung ab 14 Jahren durchaus ernst nehmen.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Ein Hörgenuss

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street
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Dies ist der 8. Fall des Londoner Polizisten und Zauberlehrlings Peter Grant, dem ersten Zauberlehrling seit 50 Jahren und daher Mitglied der streng geheimen, sagenumwobenen Abteilung für magische Angelegenheiten. ...

Dies ist der 8. Fall des Londoner Polizisten und Zauberlehrlings Peter Grant, dem ersten Zauberlehrling seit 50 Jahren und daher Mitglied der streng geheimen, sagenumwobenen Abteilung für magische Angelegenheiten. Diese bestand bisher lediglich aus Peters Chef und Ausbilders Chief Inspector Thomas Nightingale, der mit seinen geschätzt 90 Jahren aussieht wie 40 und einen legendären Jaguar Mark II mit XK6-Motor fährt, der als Analogfahrzeug keine Interferenzen mit magischen Vestigia bekommt. Doch leider hat Peter inzwischen Fahrverbot und ist mittlerweile von Schottland Yard offiziell suspendiert, um als Undercoveragent in die SCC, die Serious Cybernetics Corporation als Sicherheitsmitarbeiter eingeschleust zu werden. Deren CEO Terrence Skinner ist ebenfalls eine Legende, nicht nur unter Nerds und befasst sich mit geheimen IT-Projekten. Obwohl er von seinen Mitarbeitern verehrt wird, hat er den Verdacht, dass sich ein Maulwurf unter ihnen befindet, den Peter aufspüren soll. Schottland Yard hatte Peter zuvor auf einen scheinbar einfachen Fall eines Einbruchs auf einem Jahrmarkt angesetzt. Dort wurde eine Lochband-Musikpartitur für eine Dampforgel gestohlen, die jedoch über mehr Klaviaturen verfügt, als die Orgel selbst und daher noch nie benutzt wurde. Eigentlich eine Lappalie, doch spürt Peter das Vestigium, dass ihn ahnen lässt, dass ernsthafte Schwierigkeiten bevorstehen. Tatsächlich führen die Spuren der Orgelerbauer zurück zu niemand Geringerem als den ersten Nerds Ada Lovelace und Charles Babbage.... Kann da wirklich ein Zusammenhang bestehen?

Netterweise muss man nicht alle 7 Vorgängerbände kennen, um in diesen einsteigen zu können. Die Personen entwickeln sich weiter, aber es beginnt ein absolut neuer Fall. Für Neulinge werden sogar im Booklet die Bewohner des Follys, des alten Herrenhauses, dass die Zauberer von London und ihr Personal und Labore beherbergt aufgeführt. Das finde ich super, hätte mir sogar tatsächlich schon bei der Lektüre des ersten Bandes „Die Flüsse von London“ sehr geholfen. Allerdings kommt hier wegen Peters Suspendierung das Folly eher am Rande vor. Daher lebt Peter aktuell bei seiner von ihm, mit Zwillingen schwangeren Freundin Beverly, ihres Zeichens Flussgöttin und Tochter der Themse. Beverly wird leider in dem Kurzpersonenverzeichnis nicht erwähnt, da sie ja keine Bewohnerin des Folly ist. Anfangs war ich sehr enttäuscht über die erwähnte Suspendierung und befürchtete, dass Peter nun wohl nie seine Lehrjahre würde beenden können, aber schon schnell stellte sich heraus, dass das nur Tarnung ist. Tja, die Story ist etwas technisch, wovon ich ungefähr so viel verstehe, wie von Magie. Deswegen hört sich für mich alles sehr schlau an. Terrence Skinner erinnert mich ganz schwer an Elon Musk und es würde mich ganz schwer wundern, wenn er den Autor nicht zu dieser Geschichte inspiriert hätte! Wie Ada Lovelace und Charles Babbage zeigen, ist diese Anspielung wohl kein Zufall.

Die bevorstehende Elternschaft von Peter und Beverly ist erdend, erheiternd und aufregend zugleich. Denn dass die Kinder über magische Fähigkeiten verfügen werden, ist bei weitem nicht gewiss und die Schwangerschaft schon ein ziemliches Wunder und dann auch noch Zwillinge!

Auf diese Reihe mit ihrem angepriesenen britischen Humor gepaart mit Magie und Krimi war ich ja schon sehr lange gespannt. Dann allerdings bei der Lektüre etwas enttäuscht, weil es mir zu langatmig war. Dietmar Wunder finde ich hier mit seiner sensationell angenehmen und ausdrucksstarken Stimme eine absolute Bereicherung. Selbst wenn ich nichts verstanden hätte, hätte mich die Stimme fürs Zuhören belohnt. Dass ich die Bände dazwischen nicht kenne hat mir nicht geschadet. Allerdings musste ich mich gegen des Tekkie-Themas und der Kürzungen schon deutlich beim Zuhören konzentrieren, denn das was als konzentrierte Essenz übrig geblieben ist, darf einem auf keinen Fall entgegen. Außerdem ist gerade der erste der vier Erzählteile in Rückblicken mit zwei Zeitebenen erzählt, die quasi die Vorgeschichte zu Peters neuem Einsatz erklären. Gerade beim Hören erfordern solche Zeit- und Perspektivsprünge echte Aufmerksamkeit.

Ich habe zuvor den Doppelband für Einsteiger begonnen „Die Flüsse von London & Schwarzer Mond über Soho“ und ich hatte das Gefühl, dass er unendlich sei und wenn man die fast 1000 Seiten betrachtet, ist er das fast auch. Die Kürzung des Hörbuches kam mir daher sehr entgegen. Lieber höre ich es zweimal, um alles mitzubekommen, weil bei Hören einem so manches Detail schon entgeht, als dass ich am Ende des Hörbuchs nicht mehr weiß, was am Anfang vorkam, weil es so lang ist. Das ist natürlich eine Geschmacksfrage.

Lobend möchte ich erwähnen, dass anders als bei der Buchvorlage, dieser Band als Hörbuch nicht von den Vorgängern abweicht, sondern sich wunderbar in die Sammlung im Hörbuchregal einreiht. Auch mich stört es ganz erheblich, wenn Bücher einer Reihe optisch im Regal nicht zusammen passen können, aus Willkür der Verlage. Beim Hörbuch ist alles wie gehabt!

Als Hörbuch werde ich dieser etwas abgedrehten Reihe wohl gerne weiter folgen.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Ein sehr eigenwilliges Märchen

Der Ickabog
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Das Königreich Schlaraffien war einst das schönste und glücklichste Land der Welt! Das Essen, die Backwaren, der Wein waren köstlich, die Kleidung betörend! Die Besten ihrer Zunft versammelten sich rund ...

Das Königreich Schlaraffien war einst das schönste und glücklichste Land der Welt! Das Essen, die Backwaren, der Wein waren köstlich, die Kleidung betörend! Die Besten ihrer Zunft versammelten sich rund um den Königshof, wo sie glücklich und zufrieden lebten. Nur im nebligen kargen Marschland im Norden, da war das Leben für die Menschen nicht so rosig und dort lebte auch der sagenumwobene Ickabog. Niemand hatte ihn bisher gesehen, aber alle schon von ihm gehört und fürchteten ihn! Mit der bloßen Erwähnung seines Namens konnten Eltern ihre Kinder schrecken, aber eigentlich glaubten die Erwachsenen nicht wirklich an ihn. Doch dann kam der eitle König Fred, der stets bestens gekleidet war und um sich die eitelsten und vergnügungssüchtigsten Edelleute des Landes scharte. Da Fred der Furchtlose aber immer gut gekleidet war und freundlich lächelte, hielten ihn seine Untertanen für einen guten und gerechten Herrscher, denn ihnen fehlte es ja an nichts und so merkte auch niemand, dass er überhaupt nicht mutig oder gütig war. Erst als seine Lieblingsschneiderin erkrankte und dennoch unermüdlich an des Königs neuestem Outfit arbeitete und dann von Erschöpfung starb, bekommen die ersten Untertanen ihre Zweifel. Lara Lerchensporn, ihre Tochter ist völlig entsetzt, dass dem König der Tod seiner Lieblingsschneiderin egal zu sein scheint. So kommt es auch zum ersten ernsthaften Streit zwischen Lara und ihrem besten Freund dem Nachbarssohn Wim Wonnegleich. Sie ahnen jedoch nicht, das dies erst der Anfang von einem großen Abenteuer voller Verrat, falscher Berater und furchtlosen Kindern und einem verkannten Ungeheuer mit großem Herzen sein wird.

Heike Makatschs Interpretation finde ich sehr einfühlsam und abwechslungsreich. Ihre warme, lebendige Stimme passt sehr gut zu der märchenhaften Welt von Schlaraffien und nimmt den grausamen Szenen die Spitzen. Dabei ist sie sehr gut ausbalanciert und kann in einer Lautstärkeeinstellung komplett durchgehört werden.

Das neue Abenteuer wird als märchenhaftes spannendes Abenteuer für die ganze Familie ab 8 Jahren angekündigt.

Für Kinder ab 8 Jahren finde ich diese Geschichte trotz des märchenhaften Stils und auch Heike Makatschs Erzählweise einfach zu brutal. Als ich mit diesem Hörbuch begann, war ich erst einmal irritiert. Ich fragte mich, wer eigentlich die Zielgruppe sein könnte. Für Achtjährige fand ich es zu brutal, für ältere zu kindlich und märchenhaft. Die ausdrucksstarken Namen konnte ich mir unmöglich merken, und meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Mir war es zu weitschweifig, ich hätte gut mit einer Kürzung der Geschichte leben könne; nicht so meine Tochter. Immer wieder fühlte ich mich angesichts der hinterlistigen Berater an „Des Kaisers neue Kleider“ erinnert, auch wenn in diesem Märchen kein Ungeheuer vorkommt. Fred der Furchtlose ist aber ebenso selbstverliebt und ignorant und hier zeigt es sich ganz klar, wie gefährlich dies für ein Land ist, wenn ein solcher Herrscher nicht gebremst wird. Das ist aber nicht die einzige kritische Stimme in diesem „Märchen“ denn auch der Ickabog ist nicht so, wie es sich immer wieder erzählt wird. Um wirklich zu erfahren, was ein Ickabog ist, muss man ihm mit offenen Herzen begegnen, nur so kann man ihn wirklich kennenlernen und verstehen. Es zeigt sich auch, wie sehr man etwas fürchtet, das man nicht kennt und von dem man sich ein falsches Bild gemacht hat, durch vorgefasste Meinungen. Ein offenes Herz und der Glaube an die Wahrheit bringt hier die Kinder am Ende weiter und löst dieses Abenteuer unverhofft auf. Ein Happy End, das nicht einfach vor einem Traualtar endet, aber die Untertanen glücklich aufatmen lassen wird, ganz besonders die heldenhaften Kinder Lara und Wim. Mit ihrer mutigen und entschlossenen Art haben sie meine Tochter (11 Jahre) sofort für sich gewonnen. Sie war von Anfang an begeistert, ist richtig tief in diese komplexe Geschichte eingetaucht, stellte alle Querverbindungen zwischen den Personen und ihren Familien her und dachte die Geschichte weiter. Ich hätte nichts gegen einen Überblick über die Personen des Reiches Schlaraffiens gehabt und habe mich dann mit der Kapitelübersicht begnügt. Ganz anders meine Tochter. Sie konnte stundenlang bei den Hausaufgaben zuhören. Sie hat sogar extra sorgfältiger und gründlicher ihre Kunst- und Bastelaufgaben erledigt, um weiter hören zu können. Die Länge des Hörbuchs hat sie zwar erstaunt, aber angenehm, denn nachdem es zu Ende war, hörte sie gleich noch mal von vorne und hat es auch sofort ihrer besten Freundin empfohlen, einer eingefleischten Harry Potter Verehrerin: „Das ist total spannend und richtig aufregend, wenn auch ganz anders als Harry Potter, das musst Du unbedingt lesen! Oder eben hören, wie ich“.

Ein sehr eigenwilliges neues Werk der Erfolgsautorin und ganz anders, als ihre bisherigen Romane. Meine Tochter liebt es und empfiehlt es unbedingt weiter. Ich empfehle unbedingt vorher hineinzuhören.

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