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Veröffentlicht am 11.07.2020

Es geht magisch, chaotisch weiter!

Cassandra Carpers fabelhaftes Café - Zeitreise mit Zuckerguss
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In der Abbey Road steht „Cassandra Carpers fabelhaftes Café“ in dem die ebenso liebenswerte, wie schusselige Cassandra Carper, magische Cupcakes aller Art backt und stets den richtigen für ihre Gäste findet. ...

In der Abbey Road steht „Cassandra Carpers fabelhaftes Café“ in dem die ebenso liebenswerte, wie schusselige Cassandra Carper, magische Cupcakes aller Art backt und stets den richtigen für ihre Gäste findet. Doch heute herrscht dort helle Aufregung, da die Walpurgisnacht bevorsteht. Das ist jedes Jahr ein besonderes Ereignis: Cassandra Carper ist die Hüterin der magischen Bibliothek und muss jedes Jahr dem Hexenrat zur Walpurgisnacht Rechenschaft ablegen und nachweisen, dass sie den magischen Schatz ein weiteres Jahr sicher verwahrt hat. Zu dumm nur, dass sie ihn nach dem gefährlichen Abenteuer mit der Mume, die das Glück der ganzen Welt bedrohte, so gut versteckt hat, dass sie sich nun nicht mehr so richtig erinnern kann, wo das eigentlich war. Ihre Freundin, Molly Parker, Inhaberin des Tierladens und Liebhaberin verbotener magischer Tiere, ist um diese Zeit immer sehr betrübt. Sie hat zur Walpurgisnacht Geburtstag, wurde jedoch vor 95 Jahren von den Feierlichkeiten verbannt, weil sie verbotene Tiere mitbrachte, die ihr entkamen... Die Menschenfreundinnen Emma und Paula helfen Cassandra den ersten Hinweis auf das Versteck zu finden: die Bücher befinden sich im Jahr 1983. Dafür dürfen sie auch bei den Vorbereitungen der Zeitreisewanne zusehen und landen, durch eine von Cassandras Schusseligkeiten, ohne diese, aber mit Missy, der verzauberten Mume, im Jahre 1983. Ihnen bleiben nur noch wenige Tage, um die versteckten magischen Bücher zu finden, ohne Hilfe von Molly und Cassandra, aber mit machthungrigen Hexen auf ihren Fersen!

Wunderbar ist der Prolog zu Beginn. Er fasst noch einmal quirlig, kurzweilig zusammen, was bisher geschah. Da wir Band 1 vor rund einem Jahr gelesen haben, war das ganz hilfreich. Doch es ist so trubelig, dass man das Gefühl hat, als hätte man die Abbey Road mit seinen eigenwilligen Bewohnerinnen und Cupcakes nie verlassen! Der Schreck des ersten Abenteuers sitzt ihnen noch etwas in den Gliedern, aber inzwischen haben sie sich gut an ihren Neuzugang Missy gewöhnt, die alte mächtige Hexe, die ihr Gedächtnis verlor und nun über die Seele und das Gemüt eines kleinen Mädchens verfügt. Das ist zwar manchmal etwas anstrengend, aber irgendwie kann man ihr nicht Böse sein, selbst wenn dies Emma und Paula ins Jahr 1983 verschlägt. Natürlich sind sie völlig falsch angezogen und staunen nicht schlecht über die damalige Mode! Aber das ist nicht die einzige Panne, denn sie sind nicht die einzigen Zeitreisenden die in der Küche der erstaunten Stone Schwestern landen, sondern treffen dort auf den zaghaften Zauberschüler Merlin auf seiner ersten Zeitreise.

Es ist wunderbar so viele vertraute Charaktere wiederzutreffen, die sich auch wieder absolut treu bleiben. Dieses mal liegt der besondere Witz sowohl an der Zeit, in der die Zeitreisenden ungeplant landen und auf die Emma und Paula nicht vorbereitet waren, als auch Merlin, dessen Klamotten noch viel unpassender zu sein scheinen als ihre. Dabei hat er sich doch extra auf diesen ersten Teil seiner Prüfung vorbereitet! Während Merlin sehr zögerlich ist, sind die Mädchen bisweilen sehr neugierig bis unbekümmert. Eine sehr witzige Mischung, die noch dadurch verstärkt wird, dass sie nicht lange zu Dritt bleiben und in für sie völlig unbekannte Gefilde Londons vordringen. Da ist es tatsächlich bisweilen von Vorteil, dass Missy sie begleitet. Die Ereignisse überschlagen sich. Sie sind sowohl abenteuerlich, als auch absurd, sowie ganz schön geheimnisvoll und bisweilen schon relativ zu Beginn recht bedrohlich. Denn immerhin sind böse Zaubermächte hinter der magischen Bibliothek her, die ungeheure Macht verleiht, die man nicht nur zum Guten verwenden kann. Daher ist es ja so wichtig, dass sie sorgsam von einer Hüterin mit reinem Herzen bewacht wird. Leider hat sich diese in den letzten Jahrhunderten als sehr schusselig und mäßig magisch begabt erwiesen. Wer nun befürchtet, dass Molly und Cassandra in dieser Fortsetzung außer zu Beginn nicht vorkommen, den kann ich beruhigen. Doch, sie greifen natürlich wieder ein, da ihnen ja klar ist, in welcher Gefahr sich die zwei Mädchen durch Cassandras Unachtsamkeit befinden! Das ist sowohl lustig, als auch voller neuer magischer Einfälle und Geheimnisse. Wir treffen auf neue, unbekannte magische Wesen, wobei vor allem die magischen Tiere wie die stetig wachsenden Pyramidenmäuse es meiner Tochter angetan haben. Sie geben diesem Abenteuer ihre Frische und Originalität.
Dabei ist das Buch zwar recht dick, durch die großen Zeilenabstände und die angenehme Schriftgröße werden aber auch junge Leser mit weniger Übung nicht so schnell ermüden. Dabei sind es nicht nur die schönen Vignetten von Dagmar Henze die zum Weiterlesen animieren, sondern auch die schier nicht enden wollende Aufeinanderfolge von magischen Pannen und mysteriösen Hinweisen, die den menschlichen und magischen Freunden, die die Freunde begleiten. Ob das Böse nun endgültig besiegt ist? Wer weiß?

Wir fanden auch diesen Band wieder richtig magisch turbulent und spannend! Für Kinder ab 10 Jahren mit Sinn für Magie, Abenteuer und mehr als nur einem Hauch Chaos!

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Veröffentlicht am 10.07.2020

Prädikat besonders lesenwert!

Das Crime-Zertifikat
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Pius Nordberg ist ein ganz entspannter 2-Meter-Mann, mit Vorliebe für Zitronenschaumcreme und Lana DelRay. Bis zu einem tragischen Unglück war er ein richtig guter Sozialarbeiter, aber danach ist sein ...

Pius Nordberg ist ein ganz entspannter 2-Meter-Mann, mit Vorliebe für Zitronenschaumcreme und Lana DelRay. Bis zu einem tragischen Unglück war er ein richtig guter Sozialarbeiter, aber danach ist sein Leben zusammengebrochen und Papa Ambros hat ihn vor dem Schlimmsten bewahrt. Er hat ihn in seiner Organisation als Schuldeneintreiber eingestellt. Nun gelingt es ihm meistens nur aufgrund seiner imposanten Erscheinung die Schuldner zum Zahlen zu bewegen. Er ist fast unerschütterlich, es sei denn seine Mutter Tabea ruft an, oder er findet seinen herzensguten Arbeitgeber unter bizarren Umständen tot in dessen Wohnung. Das bringt ihn ins Grübeln, doch die folgende Umstrukturierung durch Torben Bennecke, den Sohn von Papa Ambros, lässt ihm nicht viel Zeit den ungeklärten Umständen nachzugehen und die Polizei ist auch seltsam passiv. Der Betrieb soll in die Zukunft geführt werden, dank Qualitätsmanagement! Doch auch all der Papierkram kann ihm seine fast schon masochistische Faszination für Torbens rechte Hand Lena nicht nehmen und den gewaltsamen Tod der simplen Autodiebe, den Trolle Brüdern, akzeptabler machen.

Willkommen im Reich der Kleinkriminellen und der Arbeitsoptimierung! Papa Ambros war stets darauf bedacht nur ethisch vertretbare Delikte zur Unterhaltsfinanzierung zu nutzen, keine harten Drogen, kein Mord, keine Zwangsprostitution oder Menschenhandel. So blieb er denn auch meistens unter dem Radar der Polizei, die die großen Fische fangen will. Für die Sorgen und Nöte seiner Mitarbeiter hatte er stets ein offenes Ohr.
Doch so, mit dezidierten Auftragsbeschreibungen und Kundenfeedback, macht es keinen Spaß mehr und Pius durchschaut die Sache schnell und blickt in das Auge des Irrsinns! In seiner ruhigen relaxten Art beobachtet er die auf die Spitze getriebenen Auswüchse der Zertifizierung und stellt genau die richtigen Fragen. Die Antworten auf diese gibt ihm das Leben, nicht die Unternehmensführung. Das ist herrlich absurd und ein wunderbar neuer Gedanke für einen Krimi, der an Absurdität allerdings fast noch von Mutter Tabea einer emeritierten Professorin für Soziologie und Bestsellerautorin Populärwissenschaftlicher Werke übertroffen wird. In den unpassendsten Momenten klingelt Pius Handy und die Leiterin von Tabeas Edelresidenz ruft Pius in seiner Verzweiflung an, weil sie mit der ebenso aktiven wie provozierenden Alt-68erin nicht klar kommt. Bei so einer Mutter wirkt selbst der hünenhafte Geldeintreiber etwas verspießert. Das macht einfach richtig Spaß zu lesen, ebenso wie die übrigen überspitz-liebenswerten Charaktere innerhalb der Organisationen. Kleine feine Details wie Klingeltöne oder Namensgebungen zaubern dabei immer wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Man kann sich richtig gut vorstellen, wie Sozialarbeiter Oliver Schlick beruflich durch Zertifizierungsprozesse an den Rande des Wahnsinns getrieben wurde und diese Eindrücke zu therapeutischen Zwecken in diesem Krimi zur Erheiterung der Leser verarbeitet hat. Auch seine Einblicke in gesellschaftliche Milieus, die nicht jedem bürgerlichen Leser so vertraut sind, zeugen von einem liebevoll, toleranten Umgang, der Humor bisweilen unerlässlich macht. Dabei bleibt ihre Würde, in all ihren absurden Facetten aber stets gewahrt. Die Kriminalität wird nie gut geheißen, aber je nach Ausprägung toleriert. Das finde ich besonders am Ende des Buches sehr beachtlich und es wird deutlich klar gestellt, dass Straftaten Straftaten sind und Konsequenzen haben. Es wird aber auch vor Augen geführt, dass Kleinkriminelle meistens keine Hoffnung auf einen beschaulichen Lebensabend haben, sondern sich eigentlich nie zur Ruhe setzen können, auch wenn Augen und Gliedmaßen eigentlich genau das fordern.

Während der Fall lange vor allem humorig locker, scheinbar ohne klare Hinweise und Spuren zu versickern scheint, sich dem Joch des Qualitätsmanagements beugt, nimmt er plötzlich an Fahrt auf und verdichtet sich und wird richtig spannend. Man hat zwar keine Ahnung wohin es geht, verdächtigt fast jeden, außer Tabea, aber man folgt ihm gerne. Denn so ungewöhnlich wie die Schreibweise, das Thema und das Setting dieses Krimi sind, so außergewöhnlich ist auch seine Aufklärung. Es ist ein Fall, bei dem man nicht schon zur Mitte hin ahnt, wer hinter den ganzen Toten steckt. Ja, es werden im Laufe von Pius Untersuchungen immer mehr Opfer. Dadurch verdichtet sich das Motiv, aber ohne Klarheit zu schaffen.

Ein humorig, rabenschwarzer Einblick in ein wenig beachtetes Milieu, mit unerwarteter Auflösung und einem Ende, das mich rundum zufrieden stellt. Der Autor kennt sich aus, ohne je seinen Respekt für die Rechtsordnung verloren zu haben. Sehr gelungen. Ein absolut vergnüglich, rabenschwarzer Krimi, der wirklich ungewöhnlich ist! Rundum empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 08.07.2020

Wunderbar anders!

Lu
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Dies ist der 4. und letzte Band der Tracks-Reihe von Jason Reynolds, die unbedingt in der richtigen Reihenfolge gehört werden müssen. Denn sie ergänzen sich, greifen ineinander und erzählen nur zusammen ...

Dies ist der 4. und letzte Band der Tracks-Reihe von Jason Reynolds, die unbedingt in der richtigen Reihenfolge gehört werden müssen. Denn sie ergänzen sich, greifen ineinander und erzählen nur zusammen eine vollständige Geschichte, wie ein Puzzle. Keine Sorge, Ghost ist so großartig, dass man nach dem ersten Band weiter hören will, sofort!

Lu ist übrigens, nach Ghost mein Liebling. Eigentlich kann es ihn nicht geben, er sprengt alle Naturgesetze! Er ist einer von 17.000 Albinos, dabei sind seine Eltern alles andere als farblos! Er hätte so gerne, einen Bruder, damit er sehen kann, wie er mit Pigmenten aussehen würde. Doch seiner Mutter, einer Künstlerin hatten die Ärzte gesagt, sie könne keine Kinder bekommen. Daher war seine Geburt für seine Eltern ein unfassbares Wunder und eine unendliche Freude. Die soll sich nun sogar wiederholen, denn Lu wird endlich großer Bruder, als ob ein Blitz ein zweites Mal in den gleichen Baum einschlagen würde... Deswegen nennt seine Mutter ihn auch Blitz, aber er ist ja auch so schnell! Da Lu offensichtlich anders ist, hat er von seinem Vater die Coolness übernommen. Er bekam schon früh Kontaktlinsen, denn als Albino kann er sehr schlecht sehen und von seinem Vater 2 Goldketten und Brillantstecker, die Brillantstecker, die sein Vater von seinen ersten Einnahmen als Dealer gekauft hat. Ja, sein Vater stand nicht immer auf der richtigen Seite des Gesetzes, doch er hat durch ein einschneidendes Erlebnis sein Leben in die Hand genommen und arbeitet jetzt auf der anderen Seite. Er hilft Süchtigen sich für den Entzug und eine Therapie zu entscheiden. Auch wenn St. Barnaby ein ziemlich normales Pflaster ist, so ist das angrenzende Glassmanor, wo Ghost und der Trainer wohnen eine ganz üble Gegend. Eine Gegend die so übel ist, das kein Kind dort auf der Straße aufwachsen sollte und so erfährt man nicht nur die Geschichte von Lus Familie, sondern auch die der Trainer und ihre Motivation, ihre ganze Freizeit in das Team zu stecken.

Ich mag Lu, er hat eine große Klappe und ist so maulwurfig wie ich. Sein Konzept, die Kontaktlinsen herauszunehmen, um Hemmungen abzubauen, wenn man nicht mehr scharf sieht, kann ich sehr gut verstehen. Während Lu keine Pigmente hat, können sich meine sehr gut an die Umgebung anpassen, daher kann ich fast alles sein, sofern der Betrachter nur fest genug davon überzeugt ist... Trotz seiner großen Klappe und seiner Coolness, gibt es doch auch jemanden, vor dem er richtig Schiss hat, so sehr, dass er gelernt hat zu rennen, wie der Blitz. Na gut, das war auch ein Traum seines Vaters, warum, das wird hier langsam klar. Es sind die Momente, in denen es um die Vergangenheit der Erwachsenen und dessen, was sie daraus gemacht haben, die mir eine Gänsehaut beschert werden. Es wird einem vor Augen geführt, was aus ihnen hätte werden können und wovor der Trainer sie beschützen will. Lu ist derjenige, die überall optisch heraussticht, doch er hat eine sehr liebevolle, intakte Familie, die auf ihn achtet. Was es für einen Schwarzen bedeutet keine Pigmente zu haben, klingt hier an, allerdings nicht in seiner vollen Brutalität, immerhin ist es eine Geschichte ab 12 Jahren und diese Stadtviertel haben noch ganz andere Probleme, z.B. Schuhe an den Füßen zu haben, oder in die Schule gehen zu müssen, oder zu hungern, wie die Kinder aus Glassmanor, während Patinas reiche, weiße Mitschüler auf der Privatschule einfach den Beat nicht spüren. Den spürt Lu auch, aber nicht so krass wie Sunny. Das Team wächst vor den Meisterschaften nun zusammen und ganz besonders die vier Neuen. Ein echter Lichtblick, für Kinder, die ansonsten keine Perspektive hätten, wie Ghost. Im Abschlußband kommen alle bisherigen Personen noch einmal in ihren Facetten vor und es ist ein wunderbares Wiederhören.

Diese vierte Teil wird von Pascal Houdus als viertem Sprecher gelesen. Ich finde es super, dass jeder einzelne eine eigene Stimme hat, immerhin hat ja auch jeder eine eigene Persönlichkeit und so kann man alle vier Bände hintereinander weghören, ohne im Geiste ihre Geschichten zu vermischen. Pascal Houdus bringt die Coolness und auch die Weichheit von Lu deutlich hervor. Denn auch wenn er mit seinem Aussehen eine Zielscheibe ist, ist er durch die Liebe seiner Familie für das Leben gewappnet. Die jugendlichen Frotzeleien zwischen den vier Freunden bringt er sehr gut auf den Punkt, denn Patti, die mit ihm früher zur Schule ging, zieht ihn nur zu gerne auf. Das hört man richtig, wie das die pubertären Mädchenhormone in ihr rauschen und dem coolen Lu das unendlich peinlich ist. Zurecht hat auch dieser Band seine Aufnahme auf die Hörbuchbestenliste von Hr2 erreicht.

Nach all den Wettkämpfen steht nun zum Abschluss der Reihe die Meisterschaft an, die Krönung all dessen, wofür sie trainiert haben. Und wieder vermag es Jason Reynolds zu überraschen. Ja, diese Reihe ist ein Glanzstück, ein Meisterwerk, das erst vollständig ist, wenn man die ganze Geschichte, dieser vier Freunde mit ganz unterschiedlichen Schicksalen, unterschiedlichen Leidenschaften und Teil des gleichen Teams kennt. Jason Reynolds hat Literaturwissenschaften und Kreatives Schreiben studiert. Er versteht sein Handwerk, denn auch sprachlich passt er seine Erzählmosaikstücke, die jeweils aus der Ich-Perspektive geschildert sind, dem Stil des jeweiligen Erzählers an. So spürt man deren Geist viel stärker.

Eine starke Reihe, die am unbedingt kennen sollte! Unbedingte Hörempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Unheimlich witzig und sensibel

Unheimlich peinlich – Das Tagebuch der Ruby Black
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Meine Jüngste liebt Penny Pepper und Leonie Looping und da ist es natürlich logisch, dass da auch der Tagebuch-Comic-Roman von Ruby Black ab 10 Jahren, aus der Feder/dem Tuschkasten des Dreamteams Cally ...

Meine Jüngste liebt Penny Pepper und Leonie Looping und da ist es natürlich logisch, dass da auch der Tagebuch-Comic-Roman von Ruby Black ab 10 Jahren, aus der Feder/dem Tuschkasten des Dreamteams Cally Stronk und Constanze von Kitzing einziehen musste!
 
Ruby ist 11 Jahre und 3 Monate alt und hat das weit verbreitete Pech in der peinlichsten Familie der Welt aufzuwachsen. Ehrlich, sie liebt sie, aber können sie bitte nicht mal normal sein? Ständig turteln ihre Eltern miteinander, das ist ja schön, aber die Fetzen bzw. Teetassen fliegen manchmal auch. Sie sind halt sehr leidenschaftlich, auch in ihrer Arbeit. Ihre Mutter Celeste Mathilde wollte schon immer ein Café haben und nachdem das Friedhofscafé gerade frei war, kaum dass sie den unglaublich gutaussehenden Alois Black, Schreiner für Liegemöbel für die Ewigkeit (sprich Särge) kennenlernte, heirateten sie, zogen auf den Friedhof und nun leben und arbeiten sie dort. Das kann man doch keinem erzählen! Als Ruby es dummerweise in ihrer alten Schule doch tat, fingen die fiesen Quälereien an. Es wurde so schlimm, dass sie es nicht mehr aushielt und die Schule wechselte (warum ihre Brüder Constantin Otto und Horatio Fritz diese Probleme nicht haben, ist ihr schleierhaft). Ach ja, ihr eigener Name ist nicht weniger peinlich und sollte in der neuen Schule möglichst nicht erwähnt werden: Rubinia Rosalinde. Also ehrlich, geht’s noch schlimmer? Aber schon der erste Schultag beginnt tragisch. Ihre Mutter kleckert ihr schönstes Kleid voll, sie ist so spät dran, dass ihre Mutter sie mit dem Leichenwagen fährt und sie direkt vor der Schule herauslässt. Dort trifft sie sofort auf die neugierigen Zwillinge Milli & Lilli, die den Tratschkanal der Schule betreiben und sofort das Gerücht von der reichen Familie und der Luxuslimo in die Welt setzten. Dann stößt sie mit Ben, dem süßesten Jungen der Schule zusammen und kann nur peinlich stottern... Oh Mann, sie will doch nur normal und unauffällig sein und eine beste Freundin finden, naja und vielleicht Ben besser kennen lernen...
 
Was für ein Chaos! Bei dieser Ausgangskonstallation kann es ja nur unheimlich peinlich und witzig weiter gehen. Natürlich gehen Rubys Pläne überhaupt nicht auf, denn das Leben lässt sich nicht planen. Da hilft es nur seine intimsten Peinlichkeiten und Hoffnungen aufzuschreiben. Dabei sind einige davon so unglaublich, dass sie einem sowie so keiner glaubt, sofern man es nicht selbst gesehen hat. Deswegen hat Constanze von Kitzing sicherlich die Beweisbilder und Kritzeleien Rubys äh Cally Stronks Aufzeichnungen beigefügt....
 
Das sieht dann so cool und lustig aus, dass plötzlich meine fast 11 jährige Lesemuffeltochter hinter mir stand und über meine Schulter mitlas! Plötzlich gab es einen Ruck und Kind und Buch waren verschwunden! Magisch ist Rubys Leben offensichtlich auch. Kein Wunder bei der Familie! Besonders cool fand sie die Witze, die in den Zeichnungen versteckt waren und die Inschriften auf den Grabsteinen.... So gibt es auf jeder Seite nicht nur was zu lesen, sondern auch zu entdecken! So entdecken wir die wahre Ruby, die die sie geheim halten will. Denn wie oft kommt es doch vor, dass Kinder und Jugendliche verbergen wollen, wer sie wirklich sind, aus Angst, dass sie dann keiner mehr mag. Ein unglaublich wichtiges Thema, sehr gut angesprochen und sehr einfühlsam aufgelöst.

Cally Stronk schreibt ganz klar und direkt. Sie lässt Rubys Gedanken scheinbar aus ihr herausblubbern. So fühlt man sich ihr ganz nah und leidet mit, denn es ist echt nicht leicht 11 Jahre und 3 Monate alt zu sein und die peinlichste Familie der Welt zu haben! Aber nein, es ist ja eigentlich auch sehr schön, mit Herzklopfen, einem bedrohlichen Geheimnis und witzigen Situationen. Als Ruby schon denkt, es könne nicht mehr schlimmer werden, kommt die große Wende in ihrem Leben und alles fügt sich. Hoffentlich auch alles für eine Fortsetzung, denn wir würden gerne weiterlesen!

Sehr witzig, so liest man gerne! Dicke Empfehlung von Franziska und mir!

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Veröffentlicht am 03.07.2020

Es ist nie zu spät für eine schlimme Kindheit

Das Kind in mir will achtsam morden
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Anwalt Björn Diemel hat es geschafft! Er lebt nun in einer Wohnung, in der Villa des Kindergartens seiner Tochter, ebenso wie Ex-Mafiosi Sascha, der sich als einfühlsamer Kindergartenleiter entpuppt und ...

Anwalt Björn Diemel hat es geschafft! Er lebt nun in einer Wohnung, in der Villa des Kindergartens seiner Tochter, ebenso wie Ex-Mafiosi Sascha, der sich als einfühlsamer Kindergartenleiter entpuppt und leitet im Verborgenen zwei rivalisierende Mafia-Gangs. Die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau Katharina ist nun auf Distanz so viel entspannter, dass sie beschließen gemeinsam mit ihrer Tochter Emily Urlaub in den Bergen zu machen. Doch der verpeilte Kellner auf der Almhütte, der Björns berechtigten Wünsche ignoriert und mit den Füßen tritt, bringt das innere Kind in Björn zum Toben, was leider tödlich für den Kellner mit ehrenwerten ökologischen Zielen endet. Katharina ahnt nichts davon, hat aber kein Verständnis für Björns ungehalten, aufbrausende Art und verlangt, dass er erneut eine Therapie bei Joschka Breitner beginnt. Der macht ihn mit dem Konzept des inneren Kindes und den verdrängten Bedürfnissen aus seiner Kindheit vertraut, denn: „Es ist nie zu spät für eine unglückliche Kindheit“.

Alle die die Irrungen und Wirrungen von Band 1 überlebt haben, sind wieder mit von der Partie. Das Vakuum, das die Verstorbenen hinterlassen haben werden von der attraktiven alleinerziehenden Ärztin Laura und ihrem unendlich nervenden Bruder Kurt gefüllt. Kurt ist mir dabei zu plump, durchschaubar und irgendwie kann er Dragan nicht ersetzen und auch Boris hat keine Gelegenheit sein wahres Gesicht zu zeigen. Björn steht einfach nicht mehr im Fadenkreuz zweier sich rivalisierender Clans, dafür aber im Fokus seines alten Studienfreundes Peter, der regelmäßig den Moment der Abgabe seines Kindes in der Kita nutzt, um Björn einige zutreffend unangenehme Fragen zu stellen. Dass der Kriminalkommissar noch das Pensionsalter erreichen wird, wage ich zu bezweifeln.

In diesem Band störte mich nicht der laxe Umgang des Kollegen mit dem Recht auf Leben anderer, sondern mit der Zukunft seiner Tochter. Ökologisch gesehen ist Björn eine Null und kapiert nicht, was das auch für Emily bedeutet. Statt begründete Bedürfnisse pädagogisch geschickter anzugehen als Jahrespraktikantin Frauke, macht er sich darüber lustig. So geschickt sein und Saschas Taktieren beim Elternabend ist, so sehr hat es mich gestört, dass einige Probleme auf eine Stufe gestellt werden. Ich fand es urkomisch, wie er sich über die Eltern, die Bilder ihrer Kinder überall posten und verbreiten mockiert, die im Kindergarten bei Gruppenfotos dann auf dem Recht am eigenen Bild und Datenschutz bestehen. Das hat er geschickt gekontert und die Eltern kalt gestellt, aber nicht kalt gemacht. Anders ist es bei dem begründeten Wunsch nach gesunder Ernährung und Verpackungsvermeidung, das sogar den Kellner das Leben kostete.

Leider bleibt Sascha, der mir in dem letzten Band trotz seiner Vergangenheit ans Herz gewachsen ist, diesmal recht blass. Dafür rückt Björns vernachlässigtes und nun wieder hochfahrendes Sexleben in den Vordergrund, das sich nun auch an den Maßstäben des inneren Kindes messen lassen muss und somit auch kinderschützend, fantasievoll umgedeutet werden muss. Sprachlich sehr gelungen, aber nicht immer ein Ersatz für die fehlende Rabenschwärze der Mafiakonstellation zuvor. Dieser Band scheint nicht so genau zu wissen, worauf er sich denn nun konzentrieren soll.

Es gibt wieder einige echte Highlights, wie die Zitate aus dem fiktiven Buch von Therapeut Joschka Breitner, aber auch einige Enttäuschungen, so dass es für mich ein durchwachsenes Hörerlebnis ist.

Der sehr erfolgreiche Vorgänger wurde von Matthias Maschke gelesen, pointiert, rabenschwarz und treffsicher. Der Autor hat eine ähnliche Stimmlage, ist allerdings Jurist und weder Schauspieler noch verfügt er über eine Sprecherausbildung. Das hört man leider. Manchmal vermag niemand einen Text so gut zu übermitteln wie der Autor selbst z.B. bei Jan Weiler, doch hier verblasst er einfach neben dem Comedian, er kann mit seinem Vorgänger einfach nicht mithalten. Noch dazu merkt man wirklich, dass seine Stimme ungeschult ist. Ich höre immer einen kleinen zischenden „S“-Laut mit, die Stimme ist nicht ganz klar und rein. Im persönlichen Umgang im Alltag oder bei der Arbeit würde es mich nicht stören, bei einem Hörbuch, bei dem ich mich ganz auf Stimme und Text konzentriere aber schon. Es ist nicht so stark, dass es therapiert werden müsste, aber es reicht, um ihn als Sprecher zu disqualifizieren.

Das Hörbuch ist nicht schlecht, aber bei Weitem nicht so brillant wie sein Vorgänger. Irgendwie nicht Fisch nicht Fleisch, es fehlt die gnadenlose Schärfe des Auftaktbandes.

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