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Veröffentlicht am 10.07.2019

Lecker, einfach und schnell

Brot backen mit Christina
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Christina Bauer bewirtschaftet mit ihrem Mann den Bauernhof, den sie von den Schwiegereltern übernommen haben. Um den Gästen etwas Besonderes anzubieten, begann sie zu backen. Allerdings bleibt neben der ...

Christina Bauer bewirtschaftet mit ihrem Mann den Bauernhof, den sie von den Schwiegereltern übernommen haben. Um den Gästen etwas Besonderes anzubieten, begann sie zu backen. Allerdings bleibt neben der Hofarbeit und den Kindern nicht so viel Zeit, also muss es schnell und einfach gehen, es sollte aber auch gesund und lecker sein. Das Ergebnis kann sich sehen und schmecken lassen und so sind ihre Backkurse stets ausgebucht. Aber ehrlich, wer braucht schon einen Kurs, wenn es mit dem Buch ganz einfach zu Hause geht?

Als erstes gibt es einen Überblick über die Zutaten, die wichtigsten Hilfsmittel (ja, auch bisweilen eine Küchenmaschine, aber nicht immer) und Rezepte für die Grundteige mit ihren Eigenheiten. Hier finde ich es schade, daß keine „Übersetzung“ der Mehltypen erfolgt, wie in anderen Büchern des Verlages, weil Deutschland, Österreich und die Schweiz unterschiedliche Typenbezeichnungen haben. So habe ich mich immer auf die Mehlsorte beschränkt und genommen, die ich gerade zu Hause habe, ob das österreichische Weizenmehl 700 unserem 550 entspricht, weiß gerade nicht. Im Übrigen habe ich die Vollkornvariante zum Nachbacken genommen. Bisweilen steht dort aber einfach „Dinkelvollkornmehl“ oder „Roggenvollkornmehl“, das versteht man in allen deutschsprachigen Längern. Für den Sauerteig soll man zwar einen anderen Typ zum Ansetzen nehmen, aber ich habe nur Roggenvollkornmehl und nicht genug Platz und Bedarf für noch mehr Roggenmehlsorten. Hier zeigte sich das Problem: Sauerteig soll bei Zimmertemperatur vor sich hin säuern. Wenn es heiß ist, wie im Moment bisweilen, kann der Teig kippen. So musste ich in einer „Kälteperiode“ noch mal von vorne anfangen, der Teig hatte schon geschimmelt. Also bei Hitze besser ein schattiges Plätzchen suchen… Zimmertemperatur heißt halt nicht mehr als 25 Grad, die dürften überschritten worden sein.

Aufgeteilt ist das Buch anschließend in folgende Kapitel: Brote ganz klassisch, Alles Vollkorn, Brote mit Sauerteig, Brote mit wenig Hefe und viel Zeit, Brote ohne Kneten, Brote einmal anders (Partyrezepte), Süße Brote und zu guter Letzt folgt ein alphabetisches Rezeptregister.

Aus Faulheit habe ich erst mal ganz besonders schnelle Rezepte nachgebacken. Begonnen habe ich mit schnellen Mini-Broten, kurz bevor die Freundin meiner Jüngsten (die Einzige, die alles essen darf) zu Hause losging. Noch während die Mutter ihre Übernachtungssachen ablud, wanderten die Mini-Brote in der Muffin-Form im Backofen. Sie war beeindruckt und wollte gleich das Rezept. Wenig später bekamen auch die Nachbarn noch 4 Brötchen ab (reicht also auch, für Familien mit besseren Essern).

Dann kam das Bananenbrot an die Reihe, nach einem Blick in den Obstkorb. Das habe ich in anderen Varianten (auch glutenfrei) schön öfter gebacken, aber mit mehr Schweinerei und Aufwand, weil die Bananen hier z.T. nur mit der Gabel klein gedrückt werden. Bis auf den Minihäcksler für geriebenen Apfel habe ich alles mit der Hand gemacht (die Arbeitsanweisung hieß: Apfel reiben). Der Familienrat entschied, die 3. Banane bitte das nächste Mal in den Teig mit einzuarbeiten und nicht als Deko obenauf zu legen. Auch hier kann mit einer gut gefetteten Form gearbeitet werden, einer Kastenform, die man eh im Haus hat. Es wurde alles aufgegessen und auch der Freundin der Großen hat es geschmeckt.

Etwas anspruchsvoller erwies sich das Möhrenbrot. Das muss zwischendurch noch etwas Ruhen, und braucht länger im Backofen, da muss man dann doch schon 2 Stunden einplanen von Beginn der Arbeiten bis zu dem des Verzehrs. Es war außen sehr knusprig und innen schön saftig.

Wegen der Hitzewelle kann ich von meinem Vollkornbrot mit Sauerteig noch nicht berichten, aber der neu angesetzte Sauerteig wirft schon wieder kleine Bläschen. Sauerteig strahlt für die meisten etwas Ehrfurchteinflößendes aus, ist aber eigentlich ganz einfach, man kann nur nicht sofort los backen. Bei den Grundteigen ist das Ansetzen des Sauerteigs Schritt für Schritt erklärt, mit Bildern. Die Anleitung der Rezepte ist ausgesprochen simpel und einfach. Alles was schwieriger als „alles zusammen verrühren“ ist, wird mit einem Foto dokumentiert. Das hilft sehr, besonders wenn erklärt wird, wie ein Teig zu kneten oder falten ist.

Die Auswahl an Rezepten ist sehr groß. Mit Nüssen, Früchten, Joghurt, Bier, Buttermilch, Schokocreme, Rosinen.... Auch für Menschen mit Hefeunverträglichkeit gibt es eben Rezepte mit Sauerteig oder mit Backpulver, bei denen Essig zum Säuern des Teiges verwendet wird. Es gibt Rezepte für jeden und solche, bei denen es ganz gut ist, wenn man vorbereitet ist und schon ein Gärkörbchen für die weichen Übernachtteige hat.

Die Fotos sehen übrigens schon so lecker aus, daß man sofort losstarten möchte und es gibt tatsächlich einige Rezepte, bei denen man auch keine großen Einkäufe starten muss. Mehl sollte man schon im Haus haben, aber es sind wirklich normale Mehlsorten, nach denen man nicht lange suchen muss und die es Großteils selbst im Discounter in Bio-Qualität gibt. Frisch kaufen sollte man aber die frische Hefe, mit denen die Rezepte zubereitet werden. Keine Sorge, auch wenn man sonst Trockenhefe verwendet, wegen der besseren Bevorratung, frische Hefe zu verarbeiten ist keine große Kunst und gibt es in jedem Kühlregal.

Dies ist ein prima Brotbackbuch für Normalos, damit meine ich, Menschen die alles vertragen, denn glutenfreie Rezepte kommen nicht vor und es fehlt die Angabe von Broteinheiten, für Diabetiker also schwierig beim Abwiegen. Dafür ist es frei von Zusatz- und Konservierungsmittel und andere unverträgliche Nahrungsmittel kann man austauschen z.B. bei Nüssen, oder es reicht die Auswahl unter den 50 Brotsorten, sich ein anderes Brot zu wählen. Vegetarische Rezepte gibt es dafür aber jede Menge.

Ein wunderbares Backbuch, das ich auf jeden Fall noch ganz oft benutzen werde und nun einen Stammplatz im Küchenregal hat!

Veröffentlicht am 08.07.2019

Spannendes Wissenschaftsabenteuer

Explorer Academy: Die Feder des Falken (Band 2)
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Im ersten Band ist der bald 13 jährige Cruz Coronado, wie vor ihm seine inzwischen verstorbene Mutter Petra und seine Tante Marisol, an der Explorer Academy aufgenommen worden. Es ist eine Eliteschule ...

Im ersten Band ist der bald 13 jährige Cruz Coronado, wie vor ihm seine inzwischen verstorbene Mutter Petra und seine Tante Marisol, an der Explorer Academy aufgenommen worden. Es ist eine Eliteschule für junge Forscher und Entdecker, auf der neben den intellektuellen Fähigkeiten auch die sozialen gefordert und gefördert werden. Cruz musste entdecken, daß seine Mutter wahrscheinlich ermordet wurde, weil ihre Forschungsergebnisse der mächtigen Pharmafirma Nebula nicht gefallen haben. Sie hat ihm die Formeln in einzelnen codierten Teilen hinterlassen, auf die sie mittels eines holografischen Tagebuchs Hinweise für ihn versteckt hat. Seine Tante und auch der Kapitän des Schulforschungsschiffs wollen ihm dabei behilflich sein, die Formel wieder zusammenzusetzen und ihn vor weiteren Anschlägen zu schützen. Schon schnell zeigt es sich, daß jeder an Bord ein Feind sein könnte, so daß Cruz nur seine Kindheitsfreundin Lani auf Hawaii, seinen Mitbewohner Emmett und die Neuseeländerin Sailor in sein Geheimnis eingeweiht hat. Doch als sie die Suche nach dem nächsten Puzzlestück gen Norden führt, ist es Cruz heimlicher Schwarm, die Isländerin Bryndis, die immer dann, wenn die drei nicht weiterwissen, ahnungslos die Lösung präsentiert. Neben der gefährlichen Suche nach dem nächsten Teil des Rätsels, stellt aber auch die Schule neue Herausforderungen an sie. Die Schüler sollen erstmals das Erlernte und die neuesten technischen Erfindungen zum Wohle der Umwelt einsetzen und Wale retten. Das erweist sich als ebenso atemberaubend, wie auch gefährlich.

Warum Cruz, Lani, Emmett und Sailor ausgerechnet Bryndis nicht einweihen wollen, die ihm bereits im ersten Band eine unschätzbare Hilfe war, haben wir immer wieder vergeblich versucht zu begreifen. Ja, es ist für Cruz scheinbar unmöglich zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist, aber Bryndis halten wir eindeutig für eine Gute. Wir finden, sie hätte mehr Vertrauen verdient. Aber vielleicht macht Liebe blind? Sehr gut gefiel uns die Walbefreiungsaktion. Bei dieser kommen neue Erfindungen zum Einsatz, die es in der Realität so noch nicht gibt. Es ist sehr beeindruckend wie friedlich diese riesigen Meeressäuger sind und wie sehr sie uns doch trotz all ihrer Größe und Stärke ausgeliefert sind! Ein tolles Plädoyer an die jungen Leser zum Umweltschutz, das durch die doppelseitige farbige Illustration noch einmal nachdrücklich unterstrichen wird. Die neuen Technologien fand meine fast 10 jährige Tochter zwar sehr interessant und spannend, aber sie kannte nicht alles, worauf sie basieren, so daß es für sie hilfreich war, mit mir zusammen zu lesen, so daß ich ihr alles Unbekannte und Neue erklären konnte. Es ist nicht immer alles aus dem Text als solches heraus verständlich. Eine gewisse Technikbegeisterung und Vorkenntnis wird durchaus vorausgesetzt. So ist diese neue Welt für sie faszinierend und unbegreiflich zugleich.

Cruz Auftrag wird immer gefährlicher, denn in kurzen Zwischenkapiteln kann man immer wieder die geheimen Missionen der Gegner mitverfolgen. Es ist klar, daß auch die Orion von Spionen Nebulas unterwandert ist. Auch Cruz hat das Gefühl niemandem trauen zu können. In jedem Band, wird mindestens ein Feind enttarnt, aber dieser sofort wieder von Nebula ersetzt. So macht sich ein leicht paranoides Gefühl breit, aber durchaus altersangemessen und sehr spannend.

Band 1 haben wir als gekürztes Hörbuch gehört. Wir haben uns nun wegen der hochwertigen Aufmachung für das Buch entschieden, auch weil wir wissen wollten, ob die technischen Ausführungen dann für Kinder leichter verständlich sind, oder ob wieder hilfreich ist, der Geschichte gemeinsam zu folgen. Die Illustrationen und die Kapitelanfänge mit Koordinaten, sobald das Schiff ein neues Ziel ansteuert haben uns sehr gut gefallen. Auch das Decodieren fällt deutlich leichter, wenn man das neue Rätsel liest, statt es zu hören, dennoch blieb ich als allwissende Mitleserin unverzichtbar. Dabei war auch mir einiges neu. Den Saatguttresor auf Spitzbergen kannte ich noch nicht und auch auf Island scheint sich seit meinem Besuch dort einiges verändert zu haben. Diese Einblicke in fremde Länder und die Bemühungen das genetische Erbe der Fauna und Flora zu erhalten, fanden wir beide sehr interessant. Abgerundet wird der wissenschaftliche Anspruch mit durch einen Glossar, in welchem erklärt wird, auf welche realen Forschungsergebnisse und Entdeckungen diese Geschichte zurückgreift.

Anspruchsvolle Agentenaction mit wissenschaftlichem Hintergrund für Kinder, sowohl Jungen als auch Mädchen ab 10 Jahren.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Abenteuer auf dem Meer

Juli und August – Krokodil über Bord!
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Gemütlich treibt der 8-jährige August auf seinem aufblasbaren Gummi-Krokodil auf dem Meer und träumt von einem Eis, als er der etwa gleichaltrigen Juli auf ihrem wundersamen Floß begegnet. Mutterseelenallein, ...

Gemütlich treibt der 8-jährige August auf seinem aufblasbaren Gummi-Krokodil auf dem Meer und träumt von einem Eis, als er der etwa gleichaltrigen Juli auf ihrem wundersamen Floß begegnet. Mutterseelenallein, dafür bestens ausgestattet mit Hängematte, Huhn, Dusche, Plumpsklo, Wasserspeicher, Pflanzen... Das beeindruckt August schwer und er heuert gleich als Schiffsjunge an, aber Juli nimmt nicht jeden, schon gar nicht einen Angsthasen. Drum gibt es erst ausgeklügelte Mutproben, die August mit Sinn, Verstand und Herz besteht! Nun darf er an Bord und sein Gummitier wird fest vertäut. Gemeinsam erleben sie Abenteuer, die selbst Pippi Langstrumpf staunen ließen! Da gibt es verirrte Urlauber, U-Boote, Juwelendiebstähle, wilde Stürme, alternativ genutzte ausrangierte Bohrinseln und geheimnisvolle im Meer schwimmende Frachtcontainer! Die zwei haben für jedes Problem eine Lösung, mal geplant, mal weniger! Sehr spaßig und fantasievoll, realistisch eher nicht. Alltag hat man aber ja auch schon zu Hause ;)

Es sind ganz erstaunliche Details die meine Tochter schwer beeindruckt haben, wie z.B. das Gesicht, das auf den Bug eines Kreuzfahrtschiffs gemalt ist. Mich hat dann eher der Name des Schiffes amüsiert, ein kleines Bonbon für mithörende Eltern ;) Dass diese Geschichte den Realitätsgrad von Pippi Langstrumpf hat, hat sie dabei nicht gestört. Da es offensichtlich nicht realistisch ist, konnten ihr die Stürme und sonstigen brenzligen Situationen beim Einschlafen auch keine Angst machen. Aber wenn Boris Aljinovic liest, ist sie sowieso immer beruhigt. Seine Stimme hat immer eine sehr beruhigende Wirkung auf sie. Abgesehen davon, dass sie sehr angenehm ist, ist sie auch sehr variabel. Egal ob Juli oder August, ein Juwelendieb oder verkannter Kunstmaler, er schafft es stets stimmlich einen eigenen Charakter für sie heraus zu arbeiten, egal welchen Geschlechts oder Alters, die Person gerade ist. Man hört ihm auch sehr genau die Absurdität der jeweiligen Situation an, so dass auch schon Kinder ab 6 Jahren den Spaß heraushören.
Charakter haben die zwei Kids. Juli ist eine taffe Kapitänin, die sich nicht das Ruder aus der Hand nehmen lässt und leider alles kann, außer Schwimmen. Das ist bisweilen etwas frustrierend für August, aber in Zeiten der Unpässlichkeiten von Juli, kann August so richtig zeigen was er kann und bekommt dafür sogar einen Orden verliehen!

Zwei zufällige Freunde wachsen durch ihre Erlebnisse zusammen und können sich stets auf einander und ihren Einfallsreichtum verlassen. Dabei gefällt mir sehr gut, daß trotz aller Abenteuer auch eingeräumt wird, daß es manchmal den größten Mut erfordert, nein zu sagen, weil man etwas nicht möchte, oder sich nicht traut, oder eine Mutprobe unsinnig ist. Das erfordert Größe und die ist meistens besser als Mut! Zwischenzeitlich wächst die Schar ihrer tierischen Freunde immer wieder an und sie behandeln die Tiere stets mit Respekt. So ganz nebenbei klingt dann auch die Klimaveränderung und deren Bedeutung für die Tiere der Arktis mit durch. Allerdings nicht bedrohlich, sondern spaßig, wobei auch klar wird, daß es auf Dauer keine Lösung ist, Eisbären in gastronomischen Kühlhäusern zu halten....

Was meiner Tochter außerdem sehr gut gefiel war die Länge der einzelnen CDs mit jeweils einer Stunde. Bei den CDs mit Überlänge verschläft sie oft 1/3 und muss dann wieder den Anschluß suchen. Hier hatte sie das Problem nicht. Aufgrund der Normallänge ist die Qualität auch besser und es gibt keine „Hüpfer“ in der Aufnahme.

Ein tolles und wildes Ferienabenteuer, mit hohem Spaßfaktor, dessen Fortsetzung folgt! Ab 6 Jahren.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Katharina die Große

Die Zarin und der Philosoph (Sankt-Petersburg-Roman 2)
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Diese Geschichte beginnt weder mit der Geburt der Zarin, noch des Philosophen, sie schließt zeitlich auch nicht unmittelbar an den ersten Band „Die Stadt des Zaren“ an. Sie beginnt 1761 mit dem Entschluss ...

Diese Geschichte beginnt weder mit der Geburt der Zarin, noch des Philosophen, sie schließt zeitlich auch nicht unmittelbar an den ersten Band „Die Stadt des Zaren“ an. Sie beginnt 1761 mit dem Entschluss eines alten Eremiten sein außerordentlich aufgewecktes fünf jähriges Findelkind aus der Waldhöhle in die Stadt St. Petersburg, in die Obhut der Zarin zu bringen. Er hat ihre Barmherzigkeit schon mal am eigenen Leib erlebt, nun soll die kleine Sonja in den Genuss ihrer Förderung kommen. Katharina erkennt die außergewöhnlich Begabung und den fragenden Geist des Mädchens und zieht sie ihrem leibliche Sohn Zarewitsch Paul vor. Sie sieht sich selbst als fortschrittliche Vorreiterin und will die Bildung von Mädchen und Frauen fördern. Preußenkönig Friedrich der Große betrachtet die durch einen Putsch an die Macht Gekommene mit Misstrauen. Daher schickt er den jungen Philosophen Stephan Mervier und seine junge Frau die Malerin Johanna an ihren Hof als Spion. Schließlich weiß jeder, daß Katharina sich gerne aufgeschlossen und fortschrittlich gibt, ist doch ihr Briefwechsel mit Voltaire legendär. Doch was steckt dahinter? Was plant sie wirklich? Anders als seiner Frau fällt Stephan der Neustart in St. Petersburg unter lauter Intellektuellen leicht. Er liebt es zu debattieren und hat bald einen geheimen Männerzirkel um sich versammelt, während er sich in Katharinas Gegenwart nie ganz frei fühlt. Johanna jedoch fühlt sich ausgeschlossen und überfordert damit ihren Ruf als Künstlerin wieder ganz von vorne aufbauen zu müssen. Eine Stadt mit ihren ganz eigenen Gesetzen und Anforderungen.

Ein Roman über die Macht der Worte und die Freiheit der Gedanken und die Faszination einer Stadt die jeder geografischen Widrigkeit zum Trotz aus dem Boden gestampft wurde, innerhalb kürzester Zeit. Wie bereits Stadtgründer Peter hat auch seine Nachfolgerin Katharina gerne westliche Intellektuelle um sich geschart. Sie genoss den europäischen Einfluss und zog daher stets das westlich orientierte St. Petersburg dem russisch abergläubigen Moskau vor. Die Größe des Reichs war kaum zu überblicken und zu regieren. Ihrem Volk traute sie es nicht zu, nur einer festen Hand mit einem aufgeschlossenen Geist wie ihrem. Die Gelehrten um sie sollten den Gedankenaustausch sicherstellen, doch letztendlich sich ihrer Erkenntnisse anschließen. Die Freiheit der Andersdenkenden besteht, so lange sie sich „bekehren“ lassen. Gedanklich kommt man in diesem Roman Katharina sehr nah, emotional nur bisweilen, in aufblitzenden Bruchstücken, die meine Highlights des Romans sind.
Neben der schüchternen und doch fortschrittlichen Malerin Johanna, sind meine Lieblingsfiguren daher der manipulative Buchhändler und Verleger Lorenz Hermann und Eremit Emilio. Sie sind klar in ihrer Art zu Denken und zu Fühlen, ohne simpel zu sein.

Als Leserin hat mich das unaufhaltsame Auseinanderdriften dieser einst glücklichen Ehe aufgrund der neuen Gegebenheiten von Land und Leuten etwas bedrückt. Ich hätte Johanna gerne eine glückliche Ehe gewünscht. Mit dem was sie dort, wo sie nie hinwollte, erwartete, hat sie nicht gerechnet. Doch auch Katharina kämpft mit ihren Zielen und Plänen. So durchkreuzen Kriege und Aufstände ihre sich selbstauferlegte Aufgabe, die russische Verwaltung zu strukturieren und reformieren, zum Wohle der Allgemeinheit und eines wachsenden Wohlstandes. Anders als Peter zog sie als Frau nicht in den Krieg, sondern ließ diese von Männern ihres Vertrauens für sich führen. Frauen in der Armee waren damals undenkbar, von den Plänen Katharinas für eine Veränderung der weiblichen Lebensverhältnisse hat sich durchaus schon einiges getan und zwar in einem, für sie damals wohl unvorstellbaren Ausmaß. Doch war sie damals nicht die einzige mächtige Frau in der alten Welt. So wird der Leser immer wieder daran erinnert, daß zu diesen Zeiten, als Frauen für die Familie da zu sein hatten und auch ein Studium eigentlich nicht in Betracht kam, Maria-Theresia von Österreich ebenfalls die Geschicke ihres Landes lenkte und sehr belesen war.

Während mir der philosophische Diskurs im Roman sehr gefiel, hätte ich gerne mehr Einblick in die angeprangerten höfischen Seilschaften, Intrigen und Verschwendung gewünscht. Immerhin ist dieser Zeitraum der Aufklärung zeitlich recht nah an der aufziehenden französischen Revolution, nur 14 Jahre nach Ende der hier beschriebenen Ereignisse. Diderot der sich zu seiner Gönnerin Katharina begibt, hat für mich einiges im geschichtlichen Kontext in Frankreich klarer gemacht, ebenso wie Johanna, die sich um die Aufnahme in die Kunstakademie bemüht. Solche elitäre Strukturen findet man bei uns heute nicht, in Frankreich schon.

Ein Roman, der meinen Geist bereichert hat, meine Seele aber nicht immer beflügelt hat.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Ein Leben

Der Wald
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Warschau im zweiten Weltkrieg. Die großbürgerliche Familie des kleinen Pawel erträgt die Besetzung ihrer Heimat nicht und engagiert sich im Widerstand. Bislang war seine Oma eine erfolgreiche Ärztin, seine ...

Warschau im zweiten Weltkrieg. Die großbürgerliche Familie des kleinen Pawel erträgt die Besetzung ihrer Heimat nicht und engagiert sich im Widerstand. Bislang war seine Oma eine erfolgreiche Ärztin, seine Mutter eine begabte Cellistin und sein Vater ein Maler. Die Eltern lebten in ihrer Welt der schönen Künste, bis der Krieg hereinbrach. Doch dann bringt der Vater einen schwer verletzten englischen Piloten ins Haus, dem die Großmutter das Sterben erträglicher machen soll. Allerdings verliebt sich seine labile Tante Joana sich in Fremden und pflegt ihn gesund. Mit Kindern im Haus kann man keine Geheimnisse bewahren und Pawel und seine Mutter müssen in den Wald flüchten und ihr einst so kultiviertes Leben dreht sich nur noch um ihr Überleben, eine Aufgabe, auf die sie bislang niemand vorbereitet hat. Ganz anders als die alte Einsiedlerin Baba, die sie gegen Bezahlung aufnimmt.

Laura Maire erzählt diese Geschichte aus Pawels zu Beginn kindlich naiver, verwunderter Sicht. Mal klingt sie verstört, mal verwirrt. Sehr verletzlich in dieser Welt, in der nichts so ist, wie er es kennt. Sie nimmt bisweilen ihre Emotionen zurück, wodurch sie noch eindringlicher klingt, denn das Kind, in das sie sich einfühlt weiß nicht, was es denken und fühlen soll. Doch trotz der unaufgeregten Interpretation klingt sie nie gleichgültig oder monoton, wie es mir bisweilen bei Hörbüchern mit ähnlich ernster Thematik vorkommt. Hier hat die Zurückhaltung, Stil und Ausdrucksstärke. Auch wenn diese preisgekrönte Interpretin den Charakter dieses ungewöhnlich nachdenklich, verträumten Kindes trifft, vermag auch sie es nicht über die Längen im Mittelteil hinweg zu helfen. Der Kontrast zwischen den Kriegsszenen in Warschau und den introvertierten Szenen auf dem einsamen Waldhof, auf dem die Zeit nicht zu existieren scheint und sich alles auf das Sein zu reduzieren scheint, ist zu groß. Die einst so feinsinnige, kultivierte Mutter Sophia, die ein Leben mit Dienstboten und gepflegten Gesprächen gewöhnt war, kommt mit der Einfachheit und Eintönigkeit im Wald nicht klar. Statt wie ihr Sohn lieben zu lernen, was die Natur um sie herum ihr bietet und seine Regeln zu lernen und zu verstehen, scheint sie in Apathie zu verfallen. Sie versteht sich und ihre Gefühle nicht mehr. Wahrscheinlich ist sie soviel Introspektion nicht gewohnt und doch ist sie ein Mensch der stets nachdenkt und das Denken nicht sein lassen kann. . Sie ist zerrissen zwischen ihrer Mutterliebe und ihrer Irritation über seine ungewöhnliche Sensibilität und über die Stärke ihrer eigenen Gefühle. Bislang gab es auch immer Angestellte die ihr alle lästigen Arbeiten abnahmen, so dass sie sich ganz sich selbst und dem, was einer Frau in ihrer Position oblag, widmen konnte. Dabei wirkt sie bisweilen hart. Anders als z.B. die meisten Trümmerfrauen dargestellt werden, die anpacken, weil es sonst nicht weiterginge, schafft sie durch ihre Gedanken Distanz statt Bewunderung. Die feinsinnige Künstlerin lernt man als bisweilen sehr selbstkonzentriert kennen. Doch Pawel kennt es nicht anders. Erst Jahre später begreifen beide die Bedeutung dessen, was diese Zeit in der Abgeschiedenheit des Waldes für sie bedeutet hat. Während Pawel die Welt so akzeptieren lernt wie sie ist, kämpft Sophia auch nach dem Krieg mit unerfüllten Wünschen und Erwartungen. Trotz teilweise erstaunlicher Weitsicht, ist sie jedoch lange Zeit nicht bereit, sich ihren eigenen Schlussfolgerungen zu beugen. In dem letzten Teil der Geschichte, der mehr aus ihrer Sicht erzählt wird, schafft es die Interpretin gekonnt, den Perspektivwechsel auch stimmlich nachzuvollziehen, und klingt nun nach der vom Leben gezeichneten Mutter.

Dieser Roman hat bisweilen etwas kammerspielartiges, selbst in den Kriegsszenen, wobei mir diese durch die innere und äußere Entwicklung deutlich besser gefallen. Sowohl Pawel, als auch seine Mutter beobachten stets und können das Denken nicht lassen. Doch anders als Sophia ist Pawel ein Träumer. In Kriegszeiten ist dies eventuell gefährlich, aber auch vielleicht, die beste Möglichkeit nicht den Verstand zu verlieren. So ist dieser Roman auch sehr stark von inneren Monologen geprägt. Wer bei diesem Thema actionreiche Szenen auf der Flucht erwartet, ist hier völlig auf dem Holzweg, sehnt er sich nach Action, sollte er sich ein anderes Hörbuch suchen. Hier liegt die Stärke in der Poesie der Beobachtungen und Gedanken zweier Künstlerseelen, die in eine unbarmherzige Zeit hinein geboren wurden und sie dennoch begreifen möchten. So sind ihre Gedanken auch bisweilen poetisch und auch entsprechend verbalisiert. Es ist keine dahinplätschernde seichte Unterhaltung und man sollte auch ein gewisses Sprachniveau besitzen. Schade finde ich, daß man das ungefähre Jahr, in dem die Geschichte jeweils spielt, stets erraten muß und man die Zeitsprünge nicht unmittelbar bemerkt, sondern erst wenn er bereits eine Weile begonnen hat, wenn es z.B. Hinweise auf das Alter, Umzüge oder ähnliches gibt. Ob das in der Buchvorlage auch so ist, weiß ich nicht.

Eine Geschichte über das Leben, das uns prägt, mit allen Schicksalsschlägen, daß wir aber lernen müssen uns, und die, die wir lieben so zu akzeptieren, wie wir bzw. sie sind. Ändern kann man nur sich selbst, nicht seine Lieben. Die Schicksalsschläge machen uns auch nicht zu anderen Menschen, das liegt alles schon von Geburt an in uns, aber unsere Teevorlieben könnten zum Beispiel durch ein Überleben im Wald verändert werden oder wir lernen, die Natur zu verstehen, von der uns bislang gar nicht bewußt war, wie sehr wir sie lieben. Eine starke Mutter-Sohn-Beziehung, die durch die Zeit und ihre Entwicklungen dahin mäandert.

Ein schönes Hörbuch, dessen Titel und Klappentext aber etwas anderes erwarten lässt, als man zu hören bekommt. Es bedarf schon einer gewissen Bereitschaft, sich auf eine Geschichte und Gedanken einzulassen, die mehr eine Familiengeschichte, als ein Widerstandsdrama ist.