Ein ganz tolles Konzept, das hoffentlich fortgesetzt wird!
Zauberhafte Winter-Wunsch-ZeitDiese Anthologie mit Kurzgeschichten und Gedichten richtet sich speziell an alte Leserinnen und Leser. Mit extra großer Schrift und Geschichten die oft nach oder vor dem Krieg spielten, wecken sie Gefühle ...
Diese Anthologie mit Kurzgeschichten und Gedichten richtet sich speziell an alte Leserinnen und Leser. Mit extra großer Schrift und Geschichten die oft nach oder vor dem Krieg spielten, wecken sie Gefühle und Erinnerungen, die oft vergessen glaubten. Diese Geschichten eignen sich zum Lesen und Vorlesen, gerade auch für Menschen, die sich nicht mehr lange Konzentrieren können oder schnell ermüden. Sie sind daher ein tolles Mitbringsel ins Krankenhaus (meine Mutter schildert mir oft das Problem, daß Freunde krank sind und keine Romane mehr lesen können, weil sie zu schnell ermüden), oder eben auch in der Demenzbetreuung oder für grüne Damen im Krankenhaus oder in der Pflege zu Hause.
Da ich immer wieder höre, „Ich lese ja gerne, aber die Augen ermüden so schnell“ oder „Was soll ich mitbringen? Lange lesen kann sie nicht mehr“ fand ich es optimal und bat meine Mutter (76) um ihre Meinung. Meine Mutter fand die Schriftgröße sehr angenehm, sich selbst jedoch zu jung für die Geschichten (daher die Angabe alte Leser und nicht Senioren). Die Geschichten sind sehr durchmischt. Einige fand sie schön und mit einem Nachhall, über den man noch länger nachdenkt oder sich erinnert. Andere fand sie etwas seicht, aber nett. Die intellektuellen Fähigkeiten, dieser breitgefächerten Zielgruppe sind ja auch sehr unterschiedlich, so daß diese Mischung durchaus Sinn macht, aber auch dazu führt, daß nicht jede Geschichte gleich gut gefällt.
Meiner kürzlich mit 93 verstorbenen Schwiegermutter hätten diese Geschichten sicherlich besser gefallen, weil sie zum einen sehr viel schlechter sah, als auch, weil ihr die Art einiger Erzählungen, als Erinnerungen an eine lange zurückliegende Zeit, sie direkt angesprochen hätte. Wer nicht mehr mobil ist und auch vom Sehvermögen eingeschränkt, lebt vermehrt in der Erinnerung. Doch dreht sich nicht alles nur um Erinnerungen. Einige Geschichte hinterlassen vor allem ein Gefühl, mal der Verwunderung, mal ein weihnachtliches oder ein märchenhaftes. Gerade diese Gefühle werden auch nachdem die Geschichten verklungen sind, immer wieder im Gedächtnis aufblitzen. Die Geschichten haben stets gemein, daß sie auf einer positiven Note enden und somit Zuversicht und Hoffnung ausstrahlen.
Nach dem Vorwort, ist diese Anthologie in 4 Kapitel ein geteilt, die jeweils mit einem wunderschönen Zitat eingeleitet werden. Kapitel 1, das Leben ist bunt, Kapitel 2 Gedanken an vergangene Zeiten, Kapitel 3, wenn die Einsamkeit mich berührt und Kapitel 4 Zauberhafte Weihnachtszeit. Zum Schluss gibt es ein Verzeichnis der Autoren und Quellen. Die Autoren reichen von Dietrich Bonhoeffer, über Hans-Christian Andersen, Rainer Maria Rilke, Marie von Ebner-Eschenbach zu Prem Rawat, dessen Geschichte vom Papagei, der alles wusste und nichts konnte, mir besonders gut gefiel. Um diese und andere Geschichten zu mögen, muß man nicht unbedingt alt sein, denn wie schon Franz Kafka vor Kapitel 1 zitiert wird: „Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden“. So geht es hier vor allem um schöne Geschichten, die die Seele wärmen, frei von Jugendslang und umgangssprachlichen Abnutzungserscheinungen. Formulierungen, an denen meine Mutter oder Schwiegermutter Anstoß nehmen würden, oder genommen hätten, findet man nicht. Thematisch sind die Geschichten breit gefächert, von Haustieren, über Jugenderinnerungen und Reisegeschichten der besonderen Art. Da findet sich sicher für jeden Geschmack etwas. Besonders die Zitate zu Kapitelbeginn haben es mir angetan.
Das Buch ist liebevoll gestaltet mit einem passenden Lesezeichen und immer wieder auf die Seiten gestreuten, gedruckten Eiskristallen. Diese vermitteln zugleich eine winterliche als auch anheimelnde Atmosphäre. Für mich vermittelt diese Liebe, mit der das Buch gestaltet wurde, aber auch den Eindruck von selbstverständlichem Respekt vor der Zielgruppe. Herausgeberin Christine Jakob, wurde 1958 in Dortmund geboren. Sie ist Journalistin und Redakteurin und seit vielen Jahren in der Verlagsbranche tätig und zudem ehrenamtliche Seniorenbegleiterin. „Geschichten sind Schokolade für die Seele....“ meint sie, da im Alter Diabetes nicht selten ist, sind Geschichten auch sicher als Mitbringsel die bessere Wahl.