Kein Held wird als solcher geboren
Podkin Einohr, Band 1: Der magische DolchPodkin wächst als ältester Sohn des Anführers der Kaninchen aus dem Gänseblumbau auf. Von daher steht bereits fest, daß er nach dem Tod des Vaters der Stammesanführer sein wird und den magischen Dolchsternenklaue, ...
Podkin wächst als ältester Sohn des Anführers der Kaninchen aus dem Gänseblumbau auf. Von daher steht bereits fest, daß er nach dem Tod des Vaters der Stammesanführer sein wird und den magischen Dolchsternenklaue, eine der 12 Gaben der großen Göttin hüten wird. Aber bisdahin wächst er sorglos und in Wohlstand auf. Er genießt seine Privilegien und übt sich im Nichtstun. Er schwänzt seinen Unterricht wo er nur kann, während seine ältere Schwester Paz ihm diese Privilegien neidet und daher an seiner Stelle seinen Unterricht nimmt. Nur der kleine Puk ist noch ein Baby, als an einer schönen Frostnacht der Stamm von den boshaften Gormkriegern überfallen wird. Durch eine List der Mutter können die 3 Kinder fliehen und bringen den magischen Dolch vor den Gorm mit den stahlharten Herzen in Sicherheit. Doch es ist kalt und die jungen Kaninchen sind unerfahren. Zum Glück bietet ihnen im Wald die Kaninchenhexe Bridgid Unterschlupf, lehrt Paz Kräuterkunde und alle Kinder die Geheimnisse ihrer Geschichte und ihrer Götter. Doch der Winter ist hart und die Vorräte nur für sie alleine angelegt, auch weiß sie, was das Schicksal für Podkin vorher bestimmt hat, so daß sie die Kinder auf die nächste Station ihrer Reise schickt, in den Bau einer Gruppe von Aussteigern und Aufrührern. Werden sie ihre Eltern jemals wiedersehen?
Die ersten paar Seiten mußte ich mich in das Kaninchenuniversum erst einmal einfinden, dann ging es aber richtig schnell. Es gibt eine Rahmenhandlung zu der in einer Frostnacht (die Kaninchenvariante von Weihnachten) ein Barde an die Tür der Höhle klopft, und um Einlass bittet. Kost und Logis soll er sich durch Geschichtenerzählen verdienen und die Kinder verlangen altbekannte Heldenepen. So beginnt der Barde die Geschichte des größten Kaninchenhelden, Podkin Einohr und erklärt, wie es kam, daß Podkin ein Ohr verlor. Doch unterscheidet sich seine Erzählung ganz deutlich von denen, die die Kinder bereits kennen. Ihr großer Held soll einst ein verzogenes Gör gewesen sein? Die Wandlung von Podkin gefällt mir sehr gut, da sie sehr langsam und nachvollziehbar von sich geht, das heißt, sie ist erst am Ende der Geschichte abgeschlossen. Mit jeder Herausforderung wächst er ein wenig charakterlich. Die eigentliche Heldin ist für mich seine Schwester Paz, die sich mit ihrer Frauenrolle nicht abfinden will und daher heimlich übt und trainiert und sowohl Mut als auch Einfallsreichtum beweist. Ohne sie wäre Podkin total aufgeschmissen gewesen und hätte wahrscheinlich nicht mal eine Nacht alleine überlebt. Wie sie sich um ihre jüngeren Brüder kümmert, finde ich toll. Auch die Helfer der Kinder mag ich sehr, die Kaninchenhexe und den blinden Krieger Crom. Sehr untypische Helden und dabei umso liebenswerter. Es wird eine ganz eigene Welt geschaffen, die auch im Einband mit Karte dargestellt ist. Die Kaninchen verehren eine Vielzahl von Naturgöttern, wobei es die große gute Göttin als Leben, ihre Zwillingsschwester den unvermeidlichen Tod und eine dritte böse Kraft gibt, die böse, zerstörerische Kraft des Eisens. Durch einen alten Pakt müssen sie im Gleichgewicht bleiben, doch dieses Gleichgewicht ist aktuell aus den Fugen geraten. Das erinnerte mich an Ying und Yang und wäre für mich auch wirklich mit dem christlichen Glauben vereinbar gewesen, was ich bei den Narnia Büchern so schön finde. Die übrigen Naturgötter, die verehrt werden, haben mir aber leider gar nicht so einleuchten wollen.
In den Zwischenkapiteln, in denen die Erzhählung zur Rahmenhandlung vor dem Kamin in der Kaninchenhöhle zurückfindet, können die kleinen Zuhörer ihre Gedanken mitteilen, sowie ihre Fragen, die ihnen gekommen sind, loswerden. Das mildert zum Teil die Spannung des Kampfes Gut gegen Böse für die Kinder ab, hilft ihnen aber auch ihre Gedanken zu ordnen, was einigen Lesern sicher gut gefallen wird.
Das Buch wird ab 10 Jahren empfohlen, auch wenn Podkin selbst erst 8 Jahre alt ist. Da dürfte an den Kampfszenen liegen, die nicht ganz unblutig, wenn auch meist nicht tödlich sind. Wer also Harry Potter ab Band 3 verkraftet, hat auch in jüngeren Jahren kein Problem mit Podkins Schlachten, bei sensibleren Kinder sollte man vielleicht mitlesen. Allerdings hat der Autor sich gerade in diesen Szenen viele Gedanken gemacht, wie man die Kämpfe kindgerecht darstellen kann, weswegen ich sie als meist nicht tödlich beschrieben habe. Daran mehr man, daß er seit vielen Jahren als Lehrer arbeitet. Auch ist der Gebrauch der Zeitformen vorbildlich. Die Rahmenhandlung ist im Präsens verfasst, das Heldenepos in der Erzählzeit des Präteritums.
Da diese Geschichte ab 10 Jahren ist, empfinde ich den Schriftsatz als sehr klein, mit großem Zeilenabstand. Etwas kleiner Zeilenabstand, aber größere Schrifttypen wären uns lieber gewesen. Bei der Schriftgröße verweigern meine Kinder das Lesen. Es ist also trotz der angenehmen Länge von 248 Seiten doch eher für leidenschaftliche Leser geeignet. Jedes Kapitel wird mit einer Vignette von Podkin Einohr gekennzeichnet, wobei dies stets die gleiche ist. Diese ist wirklich sehr gelungen, aber unterschiedliche Vignetten würden auch 10 Jährigen gefallen.
Die Geschichte ist sehr spannend, fantasievoll und ausgesprochen gut durchdacht. Daher wirklich zu empfehlen, trotz der wenigen Kritikpunkte. Ich gebe gerne 4 von 5 Sternen.