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Veröffentlicht am 04.10.2020

Die Insel der Winde

Das Wörterbuch des Windes
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Als Swea im gemeinsamen Island-Urlaub von einer erneuten Affäre ihres Mannes Henrik erfährt, bricht für die Bankangestellte und Kunstliebhaberin eine Welt zusammen. In einer Kurzschlussreaktion versteckt ...

Als Swea im gemeinsamen Island-Urlaub von einer erneuten Affäre ihres Mannes Henrik erfährt, bricht für die Bankangestellte und Kunstliebhaberin eine Welt zusammen. In einer Kurzschlussreaktion versteckt sie sich in einer Hütte am Fjord, in der ihr der pensionierte Lehrer Einar und der verschlossene Busfahrer Jón Unterschlupf gewähren. Beide kämpfen ebenfalls mit ihren eigenen Dämonen und begleiten Swea, die sich schließlich dafür entscheidet, noch einige Wochen auf Island zu bleiben und ihr Leben neu zu ordnen.

Ich liebe Island und habe mich sehr darauf gefreut, dass Nina Blazon mich mit ihrem neuen Roman „Das Wörterbuch des Windes“ mit auf die Insel und mitten in das dortige Leben führt. Ganz viele Schauplätze und Kulturaspekte konnte ich in ihren Beschreibungen wieder erkennen und noch viel mehr habe ich dazu gelernt. Meine Sehnsucht nach einer erneuten Reise nach Island ist auf jeden Fall geweckt und meine Erwartungen in dieser Richtung wurden vollkommen erfüllt!

Doch obwohl ich das Setting und den Vibe der Insel so sehr liebe, fiel mir der Einstieg in den Roman eher schwer. Die Geschichte läuft meiner Meinung nach langsam an und die Kapitel aus Einars Sicht sind relativ hölzern geschrieben. Von Beginn an fesseln, konnte mich der Roman daher nicht. Auch Sweas Liebe zur Kunst konnte ich nicht sonderlich viel abgewinnen, um diese geht es aber vor allem zu Beginn des Buches noch sehr stark, da sie sich viele Gedanken um ihr Leben in Deutschland und der nahenden Eröffnung der Kunstausstellung ihres Mannes macht, in die Swea natürlich auch sehr viel investiert hat.

Nachdem ich mich jedoch einmal in die Geschichte eingefunden hatte, habe ich mich nur zu gerne mit auf Sweas Weg begeben. Wir folgen mehrheitlich ihrer Perspektive, die Nina Blazon wunderbar und rein gar nicht mehr hölzern beschrieben hat. Besonders gut gefallen haben mir ihre Dialoge mit Líf, einer Isländerin, die Swea in einem Café kennenlernt, und die ihr schließlich sehr wertvolle Dinge nahebringt. Diese Aussagen haben mich sehr berührt und waren auch für mich sehr wertvoll. Obwohl Swea sie teilweise anders umsetzt, als ich es tun würde, bin ich ihr sehr gerne auf ihrer Reise durch Island und zu sich selbst gefolgt.

Gut gefallen hat mir daher vor allem die Philosophie, die Nina Blazon in diesem Buch darstellt. Island ist die „Insel der Winde“ und genauso unbeständig wie die Natur ist auch jedes Leben. Es geht um Neuanfänge und zweite Chancen, es geht aber auch um Fehler und Makel. Protagonistin Swea wird nicht nur als Opfer des Betrugs dargestellt, sondern setzt sich vor allem gegen Ende des Romans auch mit ihren eigenen Eigenschaften auseinander, was ich sehr wichtig fand.

Insgesamt habe ich „Das Wörterbuch des Windes“ sehr gerne gelesen, auch wenn ich persönlich mit den Charakteren insgesamt ein bisschen auf Distanz geblieben bin. Der Schreibstil war mir teilweise schon etwas zu poetisch, ansonsten habe ich die Handlung, das Setting und die Einblicke in die isländische Kultur und Geschichte aber absolut geliebt und würde dieses Buch auch jedem Fan von Liebesromanen und Island empfehlen!

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Veröffentlicht am 07.03.2020

Ein längst überfälliges Denkmal für Blanche Peyron!

Das Haus der Frauen
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Die Anwältin Solène funktioniert zwanzig Jahre lang hervorragend in ihrer Kanzlei bis zu einem Nachmittag, an dem ein Mandant sich vor ihren Augen das Leben nimmt, weil er für schuldig befunden und verurteilt ...

Die Anwältin Solène funktioniert zwanzig Jahre lang hervorragend in ihrer Kanzlei bis zu einem Nachmittag, an dem ein Mandant sich vor ihren Augen das Leben nimmt, weil er für schuldig befunden und verurteilt wurde. Sòlene rast in ein Burn-Out, eine so tiefe Hoffnungslosigkeit und Leere, dass sie keinen Sinn mehr in ihrem Leben findet.
Mit psychologischer Hilfe wird ihr ehrenamtliche Arbeit nahe gebracht und so landet sie schließlich im Palast der Frauen in Paris, einem der größten Frauenwohnheime Europas. Einmal die Woche bietet sie dort an, im Namen der Frauen zu schreiben. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um offizielle Schreiben oder vertrauliche Briefe handelt. Schnell taucht sie tief in die Geschichten der Frauen ein, hinterfragt ihr eigenes Leben und findet Stück für Stück zurück.

Die Autorin Laetitia Colombani erzählt abwechselnd aus Sòlenes heutiger Perspektive und aus Paris ab dem Jahre 1925. Wir begleiten nicht zur Sòlene und die heutigen Bewohnerinnen sondern auch Blanche und ihren Ehemann Albin Peyron, die der Heilsarmee angehören und ihr ganzes Leben lang dafür kämpfen, Bedürftigen und vor allem Frauen in Nöten einen Platz und Perspektiven zu geben. Dabei stützt sich Colombani auf historische Fakten, denn Blanche und Albin haben wirklich gelebt und aufopferungsvoll um den Palast der Frauen gekämpft, der seit nun mehr als 100 Jahren in Paris Gutes tut. Die Mischung fand ich sehr gelungen und äußerst spannend. Von Blanche Peyron hatte ich bisher leider noch gar nichts gehört, nun habe ich mir ihren Namen und ihr beeindruckendes Werk tief eingeprägt!

Auch Sòlene als Protagonistin hat mir extrem gut gefallen. Wie sie langsam immer mehr abtaucht, zuhört, realisiert und nach einigen Rückschlägen ins Handeln kommt, fand ich sehr authentisch und schön zu begleiten. Berührend waren vor allem die vielen verschiedenen Schicksale und Geschichten der Bewohnerinnen, die sehr wahrscheinlich nur einen ganz minimalen Einblick in die Millionen von Frauenleben geben.

Das Haus der Frauen hat mir auch stilistisch sehr gut gefallen. Colombani kommt direkt auf den Punkt, es gibt wenig Schnörkel und jedes erzählte Detail ist exakt platziert. Sie gibt den Frauen genügend Raum und lässt ihre Erlebnisse einfach wirken. Das hat mich tief berührt, ebenso wie die Gemeinschaft und der Zusammenhalt, die aus so vielen verschiedenen Menschen und Schicksalen entstanden ist.

Ein wundervoller Roman, der nicht wegschaut und einer wahren Heldin ein Denkmal setzt.

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Veröffentlicht am 17.10.2017

Zukunftsvision

Die Lieferantin
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Hinter "Die Lieferantin" verbirgt sich nicht nur ein Thriller rund um die Londoner Drogenszene. In Zoe Becks neustem Buch stecken auch viele klare Aussagen bezüglich des Brexits und seinen Folgen, der ...

Hinter "Die Lieferantin" verbirgt sich nicht nur ein Thriller rund um die Londoner Drogenszene. In Zoe Becks neustem Buch stecken auch viele klare Aussagen bezüglich des Brexits und seinen Folgen, der möglichen Legalisierung von Drogen und der Digitalisierung.

Der Einstieg war für mich wegen der Vielzahl an Protagonisten nicht gerade kinderleicht. Zunächst trifft man auf Walter Boyce, Victor Thrift und Leo Hunter, drei Londoner Drogenbosse, die das Gebiet unter sich aufgeteilt haben. Als plötzlich ein anonymer Verkäufer aus dem Darknet auf der Bildfläche erscheint, ist man sich im Londoner Untergrund einig: Der Neue muss weg! Es beginnt eine Hetzjagd auf das Pseudonym TheSupplier, hinter welchem sich Elliot Johnson verbirgt. Die junge Frau beschäftigt sich mit dem Bau und der Programmierung von Drohnen. Per App schickt der Verkäufer seine Koordinaten an einen Server, welcher wiederum eine Drohne mit dem bestellten Stoff auf den Weg schickt. Anonym, schnell, einfach und sehr sicher.

Der Roman spielt in einer Zeit nach dem Brexit und spricht schonungslos an, welche Probleme auf die Engländer zukommen könnten. Das staatliche Gesundheitssystem NHS kommt nicht sehr gut weg. Die Stimmung im Land verändert sich zunehmend und die nationalistische Gruppierung "Rotweißblau" befindet sich auf dem Vormarsch. Die Krone des Ganzen soll ein neues Referendum, der "Druxit", sein. Dabei sollen härtere Gesetze gegen den Handel und Missbrauch von Drogen erreicht werden, die über öffentliche Register von Konsumenten bis hin zum Verlust des Versicherungsschutzes gehen.

Neben der spannenden Jagd auf Ellie geht es also vor allem um Politik und die Legalisierung von Drogen. Dabei stehen Protagonisten Ellie und ihre beste Freundin Catherine, die die Anti-Druxit-Kampagne leitet, eindeutig für die Legalisierung. Was mir leider etwas gefehlt hat, war eine zumindest halbwegs ebenbürtige Gegenseite. Zoe Becks Position ist unmissverständlich angekommen, allerdings wünsche ich mir bei solch kontroversen Themen immer starke und logische Argumentationen, bei denen sich der Leser letztendlich selbst eine Meinung bilden darf. Die Kontra-Seite kam hier eindeutig zu kurz.

Ansonsten hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es ist spannend und die schnellen Perspektivwechsel haben mir gefallen. Anfangs habe ich schon angesprochen, dass eine große Vielfalt an Charakteren involviert ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnte ich alle gut auseinander halten und ich fand es absolut spitze, wie Zoe Beck diese Vielzahl logisch miteinander verknüpfen konnte. Vor allem die letzten Seiten haben richtig Spaß gemacht und enthielten eine Menge Frauenpower!

Fazit:
Ein sehr gelungener Thriller, der viel mehr als eine rasante Hetzjagd auf eine Drogenlieferantin bietet. Es geht um Politik, die Legalisierung von Drogen, Rassismus, Frauenpower und die Digitalisierung. Auch wenn ich mir bei den kontroversen Themen ausgeglichenere Argumentationen gewünscht hätte, liest sich das Buch dennoch extrem spannend und regt dazu an, sich etwas genauer mit den Themen auseinanderzusetzen und sich eine eigene Meinung zu bilden (bzw. diese zu überdenken). 4 Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.10.2017

Der Nachtzirkus auf Speed

Caraval
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Ich hatte riesige Erwartungen an Caraval. Das Buch wird diesen Sommer auf quasi allen Plattformen und Blogs gehyped und mit einem meiner Lieblingsbücher, dem "Nachtzirkus" von Erin Morgenstern, verglichen. ...

Ich hatte riesige Erwartungen an Caraval. Das Buch wird diesen Sommer auf quasi allen Plattformen und Blogs gehyped und mit einem meiner Lieblingsbücher, dem "Nachtzirkus" von Erin Morgenstern, verglichen. Obwohl ich anfangs ein paar Probleme mit Protagonistin Scarlett hatte, konnte mich Caraval letztlich doch überzeugen.

Scarlett und Donatella Dragna sind Schwestern und leben auf der Insel Trisda. Seit ihre Mutter sie verlassen hat, leiden sie unter den Gewaltausbrüchen ihres Vaters und führen ein eher tristes Leben. Scarlett hegt jedoch einen großen Wunsch: Sie möchte unbedingt einmal in ihrem Leben das große magische Spiel Caraval aus der Nähe erleben. Jahrelang schreibt sie dem Vorstand mit dem geheimnisvollen Namen Legend und bittet ihn um Eintrittskarten für ihre Schwester und sich, doch lange erhält sie keine Antwort. Ausgerechnet als ihre arrangierte Hochzeit mit einem Grafen, den sie zwar noch nie gesehen hat, der Tella und ihr aber eine Flucht vor ihrem Vater ermöglichen könnte, vor der Tür steht, trudeln doch noch drei Eintrittskarten in die magische Welt von Caraval ein. Zusammen mit Seemann Julian machen sich die Schwestern auf den Weg und stoßen schon bald an ihre Grenzen.

Anfänglich hatte ich so meine Probleme mit den Charakteren. Auf den ersten 100 Seiten ist Scarlett eine naive und ängstliche Frau, die sich kaum auf Caraval einlassen möchte. Als Protagonisten für ein Abenteuer, indem es letztlich sogar um Leben und Tod geht, empfand ich sie als gänzlich ungeeignet. Zwar verwandelt sie sich nach und nach in eine mutige und selbstsichere Version ihrer selbst, für mich war diese Entwicklung jedoch nicht authentisch genug. Auch Julian, der die Mädchen nach Caraval bringt, war für mich nur ein arroganter und egoistischer Kerl, sodass ich die aufkeimende Liebesgeschichte zunächst gar nicht nachvollziehen oder genießen konnte. Scarlett und Julian gewinnen definitiv im Laufe des Buches an Sympathie und auch die starke Schwesternliebe zwischen Scarlett und Tella hat mein Herz höher schlagen lassen, doch die anfängliche Enttäuschung lässt mich einen Stern abziehen.

Die Vergleiche mit dem Nachtzirkus kann ich nur bedingt nachvollziehen. Es geht hier auch um eine ziemlich fantastische Welt, um Magie und Illusionen und Stephanie Garber hat mich mehrere Male überraschen und sogar vom Hocker hauen können. Trotzdem ist die Grundstimmung in den Büchern eine ganz andere. Im Nachtzirkus geht es eher ruhig und sanft zu und Morgenstern lässt sich viel Zeit mit ihren detaillierten und wunderschönen Beschreibungen. Ich konnte mir den Zirkus mit allen Einzelheiten vorstellen, bei Caraval ist das anders. Der Fokus liegt eher auf dem Geheimnis, das hinter dem Spiel steckt. Caraval ist rasant, spannend und teilweise ein bisschen psychotisch. Garber hat mich nicht unbedingt für Caraval eingenommen und verzaubert, jedoch hat sie mich fantastisch unterhalten, schockiert und die halbe Nacht durch lesen lassen.

Fazit:
Wer eine zauberhafte und ruhige Geschichte sucht, der sollte wirklich lieber (noch einmal) zum Nachtzirkus greifen. Caraval ist rasant und spannend, ein bisschen psychotisch und schockierend und eine sehr unterhaltsame Geschichte. Obwohl ich anfangs mit den Protagonisten nicht so richtig warm geworden bin, habe ich den Großteil des Buches in einem Rutsch durchgelesen und freue mich umso mehr auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 17.10.2017

Potzblitz!

Schlagfertigkeitsqueen Hörbuch
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Nicole Staudinger beginnt ihr (Hör-)Buch mit der Frage, warum sich gerade Frauen oft schwierig mit schlagfertigen Antworten tun und warum sie sich überhaupt so oft mehr oder weniger subtile Anfeindungen ...

Nicole Staudinger beginnt ihr (Hör-)Buch mit der Frage, warum sich gerade Frauen oft schwierig mit schlagfertigen Antworten tun und warum sie sich überhaupt so oft mehr oder weniger subtile Anfeindungen anhören müssen. Sie leitet damit nicht nur gut in das Thema ein. Zum Einen stellt sie dar, warum von einer wirklich Gleichberechtigung immer noch nicht die Rede sein kann, zum Anderen macht sie aber auch deutlich, dass Frauen es sich gerade untereinander oft zu schwer machen. Obwohl diese Einleitung in meinem Empfinden recht ausführlich und ausgedehnt war, hat sie mir sehr gefallen.

Jedes Kapitel beinhaltet mindestens ein Fallbeispiel, an welchem die "Schlagfertigkeitsmethode" demonstriert wird. Die Ratschläge bleiben so nicht abstrakt, sondern werden konkret. Trotzdem gibt es eben immer nur ein paar Beispiele. Die Theorie allein reicht eigentlich in keinem Bereich des Lebens aus, man muss auch üben. Im (Hör-)Buch waren zwar eine Handvoll Übungssprüche inklusive Musterreaktion dabei, das war mir aber leider etwas zu wenig.

Natürlich haben mir nicht immer alle Antwortmöglichkeiten gefallen und ein paar werde ich niemals ausprobieren, doch einige nehme ich definitiv mit in die nächste Konfrontation. Das ist genau das, was Nicole Staudinger auch selbst immer wieder predigt: Man muss sich selbst treu bleiben. Auswendig gelernte Sprüche bringen gar nichts, wenn man dabei nicht authentisch ist.

Fazit:
Insgesamt bietet das (Hör-)Buch einige interessante Tipps und Tricks in Sachen Schlagfertigkeit. Nicole Staudinger bringt diese sehr angenehm und sympathisch rüber und die 4,5 Stunden Hörzeit sind wie im Flug vergangen. Trotzdem hätte ich mir etwas mehr Übungsmaterial gewünscht, denn nun muss ich einfach darauf hoffen, ihre Tipps bis zum nächsten Angriff nicht wieder vergessen zu haben.