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dear_fearn

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.04.2020

Traurige Story fürs Herz

Pandatage
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Danny hat ein Jahr zuvor gleich zwei geliebte Menschen verloren: Seine Frau Liz, die bei einem Autounfall ums Leben kam, und seinen Sohn Will, der neben ihr saß und überlebte, aber seither kein Wort mehr ...

Danny hat ein Jahr zuvor gleich zwei geliebte Menschen verloren: Seine Frau Liz, die bei einem Autounfall ums Leben kam, und seinen Sohn Will, der neben ihr saß und überlebte, aber seither kein Wort mehr gesprochen hat. Er arbeitet hart, um seiner Trauer aus dem Weg zu gehen und nebenbei genug Geld für Miete und Essen aufzutreiben. Als er seinen Job verliert und der Vermieter ihm wegen ausstehender Zahlungen droht, beobachtet er neidisch die gut verdienenden Straßenkünstler im Park, die sorglos ihre Performances zeigen. Völlig verzweifelt kauft Danny in einem Kostümverleih das billigste Kostüm und ist seitdem als Panda unterwegs. Durch einen Zufall beobachtet er, wie zwei Jungs seinen Sohn Will im Park schikanieren, geht dazwischen und gewinnt damit die Sympathie seines Sohns und seine ersten Worte seit über einem Jahr. Allerdings als Panda, nicht als Dad. Neben ein paar Knöpfen und Jelly Beans hat er auch noch überhaupt kein Geld eingenommen. Doch er gibt nicht auf.

Dieses Buch hat fabelhaft plakative Charaktere. Es gibt den humorvollen Verlierertyp Danny, seinen eingeschüchterten Sohn Will, eine freche Stripperin, Dannys Freund Ivan, der wie ein fieser Typ wirkt, aber eigentlich ein echter Teddybär ist, einen sehr netten Lehrer und den bösen Vermieter samt Schlägerkumpel. Allein diese Personen schaffen ein richtig tolles Setting.

Die Grundstimmung des Buchs erscheint anfangs traurig und tatsächlich hatte ich bei vielen Passagen Tränen in den Augen. Trotzdem beweisen alle Charaktere Stärke, Mut und Lebensfreude. Witzige Wendungen und humorvolle Dialoge bringen Schwung ins Buch. Die jeweilige Entwicklung der Charaktere und deren Beziehung zueinander ist fabelhaft nachvollziehbar.
Das Hauptaugenmerk liegt zwar auf Danny und seiner verzwickten Situation, aus der er sich herauszuarbeiten versucht, aber auch Wills Leben seit dem Unfall wird wunderbar beschrieben, was mir teilweise wirklich sehr zu Herzen ging. Die Trauer des Jungen ist im Buch am realistischsten umgesetzt.

James Gould-Bourn hat eine schräge, emotionale Story geschaffen, die sich ratzfatz verschlingen lässt und ein wohlig-warmes Gefühl im Bauch hinterlässt.

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Veröffentlicht am 08.04.2020

Pflanzen sind wirklich erstaunlich!

Die unglaubliche Reise der Pflanzen
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...das stelle ich jedes Mal wieder fest. Vor allem vor diesem Buch von Stefano Mancuso habe ich teilweise mit fasziniert aufgerissenen Augen gehockt und gebannt seine Zeilen gelesen.

Wenn wir die Worte ...

...das stelle ich jedes Mal wieder fest. Vor allem vor diesem Buch von Stefano Mancuso habe ich teilweise mit fasziniert aufgerissenen Augen gehockt und gebannt seine Zeilen gelesen.

Wenn wir die Worte "Erdentstehung" und "Evolution" hören, dann denken wir zuerst an Dinosaurier oder die Darwin-Finken. Pflanzen spielen dabei kaum eine Rolle, weil sie für uns ganz selbstverständlich sind. Dem stellt der Autor nun dieses Buch entgegen.

Die Aufmachung ist fabelhaft. Hochwertiges Papier, wunderschöne Aquarelle (auch auf den Zwischenseiten) und ein Lesebändchen ist dabei.

Den Inhalt des Buchs bilden Kurzvorstellungen besonderer Pflanzen und was genau sie so besonders macht, aber auch, warum sie so geworden sind. Es geht beispielsweise um riesige, po-förmige Samen, um welche, die schwimmen können, sich durch Explosionen verbreiten oder auch nach tausenden von Jahren immer noch keimfähig sind. Es geht um anpassungsfähige Bäume, die der Trockenheit der Wüste mit tiefen Pfahlwurzeln trotzen oder sogar nach radioaktiver Strahlung wie in Hiroshima immer noch das blühende Leben sind.

Wir haben hier in Dresden die sogenannte "Splittereiche", dessen eine Hälfte im 2. Weltkrieg völlig zerfetzt wurde, aber immer noch genug (Widerstands-) Kraft besitzt, um weiter zu wachsen.

An mancher Stelle hätte ich mir eine Abbildung der Pflanzen oder der Samen gewünscht, anstatt noch einmal nachrecherchieren zu müssen, aber so konnte erstmal die Fantasie ihren Teil dazutun.

Gut fand ich, dass auch der Einfluss des Menschen hervorgehoben wurde, bespielsweise durch Ausrottung des Dodos und der mit ihm verbundenen Verbreitungsstrategie des Calvariabaums auf der Insel Mauritius, was also gleich doppelte Folgen nach sich zog.

Das Buch kann ich jedem Pflanzeninteressierten nur ans Herz legen, es sind Anekdoten, die mich wirklich begeistert haben.

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Veröffentlicht am 06.04.2020

Anschaulicher Geschichtsunterricht

Einfach alles!
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Den Geschichtsunterricht habe ich früher gehasst. Oft mussten wir Jahreszahlen auswendig lernen und uns die dazugehörigen Ereignisse merken, wovon ich absolut kein Fan war. Unser Unterricht war "ein bisschen ...

Den Geschichtsunterricht habe ich früher gehasst. Oft mussten wir Jahreszahlen auswendig lernen und uns die dazugehörigen Ereignisse merken, wovon ich absolut kein Fan war. Unser Unterricht war "ein bisschen hiervon und ein bisschen davon", ohne richtige Zusammenhänge. Wer mit den Zahlen auf Kriegsfuß stand, hatte verloren.

Dahingehend finde ich das Buch super. Es verfolgt eine chronologische Reihenfolge und bedient sich einer "24-Stunden-Uhr", auf der die Menschheitsgeschichte nur einen klitzekleinen Teil ausmacht. Natürlich startet das Buch deshalb mit dem Urknall, gefolgt von erstem Leben, Dinosauriern und irgendwann schließlich der Menschheitsentstehung. So können Kinder die Erdgeschichte gut begreifen: Am Anfang passiert erstmal ewig lang nix weiter, und dann plötzlich alles auf einmal. Wir Menschen sind nur ein klitzekleiner Bestandteil vom großen Ganzen, haben aber inzwischen massiven Einfluss auf den Planeten.

Die Gestaltung des Buchs ist grandios. Sehr schöne grafische Elemente, am äußeren Rand eine Gliederung durch Farbstreifen, um sich besser in den Abschnitten orientieren zu können, tolle Grafiken und teilweise Fotos (die für mich etwas aus der Reihe tanzen). An mancher Stelle hätten ein paar mehr Landkarten zum besseren Nachvollziehen beitragen können, aber es ist alles in allem sehr übersichtlich und verständlich.

Die ersten Kapitel fand ich sehr gut, weil ich mich für die Erdentstehungsgeschichte interessiere. Alles verfolgt einen gemeinsamen Weg. Ab Auftauchen der Menschen wurde es mir dann zu unübersichtlich. Hier überschlagen sich die Ereignisse: viele Kontinente, viele Völker, viele Kriege und Einzelpersonen, die wichtige Rollen gespielt haben. Da aber alles so gut aufgearbeitet wurde, hatte ich doch den ein oder anderen "ach, guck an"-Moment.

Größter Makel des Buchs: Die vielen Rechtschreibfehler, die hoffentlich in der zweiten Auflage ausgemerzt werden. Bis fast zum Schluss konnte ich großzügig darüber hinweglesen, aber als Hitlers Partei durch einen Buchstabenverdreher als "NDSAP" bezeichnet wurde, musste ich doch kurz mal tiiief durchatmen.

Fazit: Begleitend zum Geschichtsunterricht finde ich das Buch durchaus für Kinder interessant und zur Auffrischung der Allgemeinbildung auch für Erwachsene geeignet.

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Veröffentlicht am 01.04.2020

Mein Mangel an Geduld...

Das Gewicht der Worte
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Und nochmals habe ich gemerkt: Ich lese Bücher lieber, vor allem solche wie dieses, das sprachlich und inhatlich extrem anspruchsvoll ist. So kann ich das Tempo selbst bestimmen, bedeutungsvolle Sätze ...

Und nochmals habe ich gemerkt: Ich lese Bücher lieber, vor allem solche wie dieses, das sprachlich und inhatlich extrem anspruchsvoll ist. So kann ich das Tempo selbst bestimmen, bedeutungsvolle Sätze mehrfach lesen, manche Namen und Wörter besser erfassen. Deshalb fand ich den Einstieg nach jeder Hörpause aufs Neue wieder schwierig: Gemächliches Vorlesen von Markus Hoffmann (wenn auch ausgesprochen gut, großes Lob!), Fremdwörter, Namen... Nach ein paar Hörminuten konnte ich mich zwar entspannen und in die Stimme eintauchen, mich in der Story zurechtfinden, aber bei über 22 Hörstunden gestaltete sich das mehr als langwierig...

Kurz zum Inhalt: Simon Leylands Leben ist voller Wendepunkte. Er ist Übersetzer und gibt den Autoren in anderen Sprachen eine Stimme. Als seine Frau Livia einen Verlag erbt, zieht er mit ihr nach Triest. Nach ihrem Tod übernimmt er den Verlag, die Kinder sind erwachsen, und ihn erreicht die nächste Hiobsbotschaft: die nach mehreren Migräneanfällen irrtümlich gestellte Diagnose Gehirntumor, die ihn antreibt, den Verlag zu verkaufen. Nach seinem Umzug in das ihm vermachte Haus seines verstorbenen Onkels, schlägt er ein neues Kapitel auf und findet seine eigene Stimme.

Die Sprache dieses Buchs ist philosophisch, resümierend, unaufgeregt und langsam. Es gibt Wendepunkte und Hochs, aber von Spannung ist eher nicht zu reden. Die Charaktere sind mühevoll ausgearbeitet und kommen mir als Leser deshalb sehr nah vor. Paul Mercier nutzt viele Mittel, um seine Gedanken und Gefühlswelt wortreich deutlich zu machen, teils mit Briefen an seine Frau und inneren Monologen. Mir persönlich war das etwas zu viel des Guten, zu viel Wiederholung, zu langwierig, auch zuviele Vertiefungen in Wortbedeutungen. Das schmälert den Genuss etwas, vor allem, weil mir gegen Ende einfach mein Mangel an Geduld auf die Füße fiel.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Albträume

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
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Letzten Oktober hatte ich "Das Geheimnis von Shadowbrook" gelesen, was wirklich spannend und gruselig zugleich war. Es gab ebenfalls ein Familiendrama auf einem britischen Anwesen und eine Frau der Naturwissenschaften, ...

Letzten Oktober hatte ich "Das Geheimnis von Shadowbrook" gelesen, was wirklich spannend und gruselig zugleich war. Es gab ebenfalls ein Familiendrama auf einem britischen Anwesen und eine Frau der Naturwissenschaften, die sich beweisen muss. Das war wirklich ein tolles Buch, weshalb ich mir nach Lesen des Klappentextes auch von diesem hier viel erhofft hatte... Wohl zu viel erhofft!

Jane Healey hat die Zeit des zweiten Weltkriegs für ihre Geschichte gewählt, Hetty als Beauftragte des Museums zum Schutz ihrer Sammlung von Tierpräparaten auf ein entlegenes britisches Anwesen ziehen lassen, auf dem sie in ständigen Zwist mit dem Hausherrn Major Lockwood gerät, aber sich dafür mit seiner Tochter Lucy anfreundet. Ständig verschwinden Dinge oder wechseln ihren Platz, zudem werden sowohl Hetty als auch Lucy von Albträumen geplagt.

Im Buch gibt es zwei Satzarten: Regulär ist Hettys Erzählpart und der von Lucy ist kursiv. Das hätte man meiner Meinung nach geschickter trennen können, denn der Wechsel strengt unheimlich an und ist irgendwann nur noch nervenraubend. Vor allem, weil in Lucys Erzählparts eigentlich kaum wichtige Inhalte verpackt sind, sondern sie immer wieder in Erinnerungen an die verunglückten Mutter und Großmutter schwelgt und von ihren wiederkehrenden Albträumen berichtet.

Bis auf ein paar mal Bombenalarm und Offiziersbesuch bekommt man als Leser wenig vom zweiten Weltkrieg mit. Die Reichweite und Tragik des Kriegs erhält kaum Platz im Buch. Eigentlich hätte ich auch erwartet, dass die Liebesgeschichte, die ich überraschend und gut gelungen fand, mehr tabuisiert wird und dadurch mehr soziale Ängste entstehen, aber nein, das wird mit "Wir wahren einfach den Schein" abgetan. Ganz nett fand ich allerdings, das Hetty für alle Personen, die sie trifft, Vergleiche zu Tieren findet, an die sie sie erinnern.

Im Vordergrund der Geschichte steht vor allem Lucys psychische Misshandlung, unter der sie noch immer leidet, und Hettys Besessenheit von ihrer "Säugetiersammlung", die eigentlich ja auch noch Vögel und Insekten enthält, aber sei's drum. Passagenweise fand ich das sehr ermüdend, weil eigentlich immer das gleiche passiert: Lucy hat Albträume, Hettys Tiere bewegen sich, verschwinden oder werden zerstört, sie hat Streit mit dem Major und hat selbst auch einige Albträume, allerdings ohne jeden Sinn.

Erst gegen Ende kommt die Handlung nochmal in Fahrt, wodurch auch alle Geheimnisse aufgelöst werden. Der Leser wird konfrontiert und schockiert von menschlichen Abgründen und Grausamkeiten.

Insgesamt ist das Buch also eigentlich von der Storyline her okay, bei den Charakteren habe ich allerdings Tiefe vermisst. Sie bleiben sehr oberflächlich, unnahbar, öffnen sich nicht, wirken auch irgendwie unsympathisch.

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