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Veröffentlicht am 22.01.2019

Vertrauen zerstört

Wahrheit gegen Wahrheit
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Die CIA-Analystin Vivian arbeitet seit zwei Jahren an einem Algorithmus, der russische Schläfer in den USA enttarnen soll. Als ihr endlich der Zugriff auf den Rechner eines Agentenbetreuers gelingt, entdeckt ...

Die CIA-Analystin Vivian arbeitet seit zwei Jahren an einem Algorithmus, der russische Schläfer in den USA enttarnen soll. Als ihr endlich der Zugriff auf den Rechner eines Agentenbetreuers gelingt, entdeckt sie ein Foto ihres geliebten Ehemannes, Matt. Damit konfrontiert, gesteht er sofort, dass er mit fünfzehn in das russische Schläferprogramm geraten ist. Vivian sitzt jetzt in der Zwickmühle. Verrät sie Matt oder ihr Land.

Auch ohne diese Nachricht hat es Vivian nicht unbedingt leicht im Leben. Die Einsicht, nicht in Beruf und Familie gleichermaßen perfekt sein zu können, macht ihr schwer zu schaffen. Dazu kommen regelmäßige Geldsorgen, die sie als Hauptverdiener lösen muss. Als sie nach und nach entdeckt, wer Matt wirklich ist, gerät ihr Leben vorübergehend ganz aus den Fugen.

Matt führt ein unauffälliges Leben und bestärkt Vivian immer wieder ihre Karriere beim CIA voranzutreiben. Er sorgt für die Kinder, übernimmt Einkäufe und kümmert sich auch sonst um sämtliche Familienangelegenheiten. Mit der Erkenntnis, das er ein russischer Schläfer ist, erscheint Alles, was er je getan hat, in einem ganz anderen Licht. Obwohl er zu Beginn sympathisch und vertrauenswürdig erschien, hat sich das im Verlauf ins Gegenteil gekehrt. Irgendwann sah ich alles an ihm kritisch. Das ist bis zum Schluss auch so geblieben.

Die Spannung dieses Thrillers spiegelt sich weniger in Action geladenen Situation und Handlungen wider, sondern viel mehr in Vivians Hin- und Hergerissenheit und den damit einhergehenden Gedankenspielchen, sowie der fortwährenden Verzweiflung. Das Vertrauen in Matt ist zutiefst erschüttert. Trotzdem müssen beide irgendwie doch zusammenarbeiten, um ihre gemeinsamen Kinder zu schützen. Vivian muss ständig nächste Schritte abwägen. Die Unsicherheit ist groß. Alles muss schnell gehen. Manchmal erschien es mir falsch, wie Vivian entschieden hat, manchmal hätte ich es auch so gemacht. Zwischendurch konnte ich ihr teilweise auch überhaupt nicht mehr folgen. In diesen Phasen war sie mir auch nicht wirklich sympathisch. Am Ende laufen Vivians Gedankengänge wieder zusammen. Der Kreis schließt sich, die Sinnhaftigkeit wird wiederhergestellt. Natürlich gibt es auch noch einige Action geladene Szenen.

Der Schreibstil hat mir ganz gut gefallen, hatte zwar keine besonderen Effekte, wie zum Beispiel mehrere Handlungsstränge, lies sich dennoch gut lesen. Hier wurde aus Gedankenfetzen nach und nach ein Gesamtbild geschaffen. Vielleicht kamen ein wenig zu häufig Sätze wie „Er/Sie legte den Kopf schief.“ vor, das sollte allerdings nicht überbewertet werden.

Fazit: Allen, die zeitweise auf Verfolgungsjagden, Schusswechsel und Ähnliches verzichten können, kann ich diesen Thriller weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Bin außer Atem geraten

Ocean City - Jede Sekunde zählt
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Ocean City ist gleichzeitig eine MegaCity, die auf dem Ozean treibt, und ein riesiges Unternehmen, in dem jeder seine, ihm zugedachte Rolle zu spielen hat. Alles im Leben wird mit Zeit bezahlt. Um die ...

Ocean City ist gleichzeitig eine MegaCity, die auf dem Ozean treibt, und ein riesiges Unternehmen, in dem jeder seine, ihm zugedachte Rolle zu spielen hat. Alles im Leben wird mit Zeit bezahlt. Um die zu erarbeiten sind die Menschen zwölf bis vierzehn Stunden täglich am Arbeiten. Recht willkürlich werden die Jobs, die bestimmen in wie weit sich die Arbeitsleistung lohnt, zugewiesen. Allein eine Herkunft aus gutem Hause kann begünstigend wirken.

In diesem Umfeld wachsen auch Jackson Crowler und Crockie Fleming auf. Sie haben das Glück an der Clark Kellington Highschool, der besten Schule von Ocean City, ausgebildet zu werden, was ihnen schon fast einen einträglichen Arbeitsplatz in der Zukunft garantiert. Ihre Aufgabe ist es pünktlich und angepasst zu sein, natürlich auch zu lernen. In ihrer wenigen Freizeit hängen sie bei Rufus Gainsbourgh ab. Sie tüfteln mit alten Elektroschrott-Teilen rum. Dabei entwickeln sie einen Transponder, mit dem man Zeitkonten „unbemerkt“ verändern kann. Dass sie sich damit selbst in große Gefahr bringen, ist ihnen nicht wirklich bewusst.

Jackson, der Hauptcharakter, war mir sofort sympathisch, ein cleverer Junge, der sich etwas traut, aber auch weiß, wann man sich lieber zurück hält und mit Bescheidenheit punktet. Ein Familienmensch, der sich und seinen Freunden stets treu bleibt, quasi alles für sie tut.

Crockie, den Draufgänger, mochte ich nicht von Anfang an. Er ist unangepasst und provoziert gern. Dass er damit unnötige Aufmerksamkeit erregt, sich und seine Freunde in Gefahr bringt, scheint er nicht wahrnehmen zu wollen. Dieser erste Eindruck wurde im Laufe der Zeit durch die unerschütterliche Freundschaft zu Jackson und das damit einhergehende gegenseitige Vertrauen abgemildert.

Ich brauchte einige Zeit, um mich in die Geschichte hineinzuversetzen. Es war Einiges befremdlich für mich, wie die „künstlichen“ Nahrungsmittel und die recycelten Plastikrohstoffe überall. Daher fand ich den Einstieg etwas langatmig. Das änderte sich dann plötzlich sehr schnell. Die Geschichte wurde zum Pageturner und nahm Wendungen, die ich so nicht erwartet hätte. Ich konnte es dann bis zum Ende nicht mehr aus der Hand legen. Einige Charaktere sind mir noch rätselhaft, was mich natürlich neugierig auf eine Fortsetzung macht.

Insgesamt ist Ocean City - Jede Sekunde zählt ein spannendes Buch, das zum aktuellen Zeitgeist passt. Berechtigte Kritikpunkte an unserer Gesellschaft oder Befürchtungen für die Zukunft schwingen mit, sind zu keiner Zeit lästig oder gar vorwurfsvoll. Ich kann es sowohl jungen als auch erwachsenen Lesern empfehlen.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Erschreckende Skrupellosigkeit

Riskante Manöver
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Da mich das Cover mit der altmodischen, Sherlock Homes artigen Laterne in der Großstadt und dem etwas militärisch anmutenden Titel nicht wirklich angesprochen hatte, wollte ich mich zunächst nicht mit ...

Da mich das Cover mit der altmodischen, Sherlock Homes artigen Laterne in der Großstadt und dem etwas militärisch anmutenden Titel nicht wirklich angesprochen hatte, wollte ich mich zunächst nicht mit der Leseprobe auseinandersetzen. Glücklicherweise habe ich sie dann doch noch gelesen, fand den Einstieg in den Krimi sehr überzeugend und durfte jetzt Riskante Manöver vorab lesen.

Wenner Pharma, ist ein Pharmariese, wie ihn sich der misstrauische Verbraucher vorstellt. Auf der Prioritätenliste ganz oben steht Gewinnmaximierung und damit einhergehend Kostenreduktion. Dafür werden sämtliche Grauzonen der Gesetzgebung ausgenutzt. Wenn das nicht reicht, wird hier und da auch ein wenig geschummelt.
Als eine Anzahl Kinder nach der Einnahme des Medikaments Validolor schwer erkrankt, sind nicht nur Marktanteil und aktueller Börsenkurs bedroht. Ein schwerwiegender Imageschaden bahnt sich an. Krisen-PR muss her. Der Gesamtschaden ist zu begrenzen.
Mats Holm von KPR wird mit seiner Partnerin Laura May engagiert, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Die beiden sind ein tolles Team, sie können sich blind vertrauen, wissen zu jeder Zeit, was der jeweils andere denkt, kommunizieren im Zweifel auch nur mit Blicken. Sämtliche ihrer Aktivitäten greifen zuverlässig ineinander. Beide waren mir sehr sympathisch mit leichten Vorteilen für Laura May.

Mats Holm ist der perfekte Krisenmanager mit Defiziten im Privatleben. Wahrscheinlich macht ihn gerade die Verdrängung des Privaten so perfekt im Job. Er hat einen grandiosen Instinkt, kann in der Haltung und in den Gesichtern von Menschen lesen wie in einem Buch. Darüber hinaus sieht Mats Holm auch noch unverschämt gut aus. Manchmal ist er vielleicht etwas hitzköpfig und ein wenig zu spontan.

Laura May, ebenfalls hochgradig attraktiv, ist in Präzision und Zuverlässigkeit kaum zu übertreffen. Sie ist die optimale Ergänzung für Mats Holm. Wann immer eine Blockadehaltung ihn zu hemmen droht, schafft sie es mit ihrem weiblichen Charme Brücken zu bauen, Vertrauen zu schaffen.

Werner Mühlen, eigentlich schon im Ruhestand, ist die gute Seele bei KPR. Aus dem Hintergrund versorgt er Mats und Laura mit wichtigen Informationen, schiebt Dinge an, die dem Erfolg dienen.

Aus dem Hause Wenner möchte ich nur die zwei Charaktere vorstellen, die mich am meisten beeindruckt, im Sinne von schockiert, haben, Dr. Torben E. Hansen und Dr. Heiner von Granditz.

Hansen, der Vorstandschef, ist extrem ausgebufft. Bis zum Schluss habe ich ihm alle Aussagen und Gefühlsregungen abgekauft. Er wirkte durchgehend glaubwürdig und aufrecht. Er war mir der sympathischste Typ bei Wenner.

Von Granditz, als GC die Graue Eminenz bei Wenner, war für mich, von seinem ersten Auftritt an, das komplette Gegenteil. Er wollte KPR nicht im Haus haben, hat immer wieder Aktivitäten boykottiert. Ich konnte sein Handeln nicht nachvollziehen und mochte ihn von allen kritischen Charakteren bei Wenner am wenigsten leiden.

Richtig gut hat mir die Darstellung der Gedankengänge sämtlicher Personen gefallen, sehr gut geschrieben, kurz und prägnant, so wie Gedanken eben durch den Kopf schießen. Ich konnte förmlich das gegenseitige Mustern, das Taktieren und Intrigieren gegen die Wenner-Gegner spüren. Ich habe richtig mit Holm und Wenner mitgefiebert, ob sie es schaffen, der Öffentlichkeit ein Schnippchen zu schlagen. Die Validolor-Opfer waren mir im Prinzip egal. Das war schon erschreckend, weil diese Skrupellosigkeit, die dabei an den Tag gelegt wurde, meinem Gerechtigkeitsempfinden total widerspricht. Durch die sympathische Ausstrahlung der PR-Agenten und des Vorstandsvorsitzenden Hansen vergisst man, dass sie da gerade nichts Gutes tun, sondern sie vertuschen, verschleiern und verdrehen Tatsachen.

Selbst wenn die Darstellung der Riskanten Manöver etwas überspitzt erfolgt ist, kann man sich sehr gut vorstellen, was in den Chefetagen von Konzernen heutzutage so abgeht. Alle werden am Gewinn gemessen, alle nutzen Gesetzeslücken.
Fazit: Obwohl es einen kleinen Spannungshänger im zweiten Viertel gab, kann ich diesen Krimi uneingeschränkt weiterempfehlen. Wer weiterliest, wird auf jeden Fall belohnt.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Wer ist hier eigentlich die Muse?

Das Geheimnis der Muse
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Das Geheimnis der Muse ist auf den ersten Blick eine auf zwei Zeitebenen erzählte Geschichte zu einem Gemälde, das Lawrie Scott von seiner verstorbenen Mutter erbt und aufgrund von Geldsorgen verkaufen ...

Das Geheimnis der Muse ist auf den ersten Blick eine auf zwei Zeitebenen erzählte Geschichte zu einem Gemälde, das Lawrie Scott von seiner verstorbenen Mutter erbt und aufgrund von Geldsorgen verkaufen möchte.

Es ist aber auch eine Geschichte zum Lebensgefühl, zum Frauenbild, zur Unruhe und zu den Gepflogenheiten der Spanier und der in Spanien lebenden Ausländer zu der Zeit als sich der Spanische Bürgerkrieg anbahnt und schließlich ausbricht.
1936 zieht Olive Schloss mit ihren Eltern nach Andalusien. Sie bewohnen dort eine Finca, nehmen die Dienste der unehelich geborenen Geschwister Isaac und Teresa Robles an. So nimmt die Geschichte um Olive, die eigentlich eine Zusage von der Slade School of Fine Arts hatte, ihren Lauf.

In der zweiten Erzählebene wird der Werdegang von Odelle Bastien, die im London von 1967 lebt, beschrieben. Sie ist von Trinidad nach England gekommen, um Schriftstellerin zu werden. Zunächst jobbt die dunkelhäutige Odelle jedoch in einem Schuhgeschäft. Nach unzähligen erfolglosen Anläufen ergattert sie dann eine Stelle als Schreibkraft und Empfangsdame im Skelton, wo sie Marjorie Quick kennenlernt, die sie in ihrem Wunsch zu Schreiben bestärkt. Dort taucht dann auch Lawrie Scott mit dem rätselhaften Gemälde auf.

Der 1936 spielende Teil wirkt etwas befremdlich auf mich. Die Charaktere, Olive, ihre Eltern, die Robles-Geschwister und auch die anderen Dorfbewohner, wie z. B. der Vater von Isaac und Teresa, haben alle ein Stückchen Rücksichtslosigkeit an sich, mit der ich mich nicht recht anfreunden kann. Vielleicht begründet sich diese Umgangsform in der Bürgerkriegszeit.

Die Geschichte um Odelle war mir sympathisch. Die Hingabe, mit der Quick versucht, sie auf ihrem Weg zum Schreiben zu unterstützen, ohne dass Odelles Herkunft eine Rolle spielt, hat für mich etwas Besonderes. Strenge und Zuwendung, so wie Zuckerbrot und Peitsche, aber es wurde von Quick so sanft rübergebracht, dass es nichts Verwerfliches hatte.

Im letzten Viertel des Buches wurden dann beide Geschichten miteinander verbunden. Hier wurde es richtig spannend und ich wurde von den Entwicklungen überrascht. In mancherlei Hinsicht war ich auf einer ganz anderen Fährte.

Insgesamt war mir das Buch, vor allem in der ersten Hälfte, etwas zu langatmig. Obwohl ich es schön fand, so viel über die Lebensumstände und Gefühlslagen der beteiligten Personen zu erfahren, blieb für mich teilweise die Handlung auf der Strecke. In der Geschichte angekommen fand ich die zweite Hälfte besser. Der Schluss mit der Aufklärung sämtlicher Fragen war dann richtig gut.

Empfehlung: Wenn man zu Beginn etwas Geduld mitbringt, ist das Geheimnis der Muse lesenswert, da die Geduld in jedem Fall belohnt wird.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Opfer im Schatten einer Karriere

Frau Einstein
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Frau Einstein beschreibt die Geschichte von Mileva Marić, die es als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit trotz aller Widrigkeiten schafft, in Zürich Mathematik und Physik zu studieren. Schnell entwickelt ...

Frau Einstein beschreibt die Geschichte von Mileva Marić, die es als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit trotz aller Widrigkeiten schafft, in Zürich Mathematik und Physik zu studieren. Schnell entwickelt sie sich zur Besten ihres Fachs und wird von ihren Kommilitonen geschätzt. Trotzdem bleibt ihr ein Abschluss verwehrt. Als sie von Albert Einstein unverheiratet schwanger wird, ist Mileva gezwungen, ihr Studium zu unterbrechen. Obwohl sie es später wieder aufnimmt, gelingt der Abschluss nicht. Anstatt an wissenschaftlicher Arbeit und Diskussionen teilzuhaben, führt sie Albert Einstein und ihren gemeinsamen Kindern zuliebe das Leben einer spießbürgerlichen Hausfrau.

Mileva Marić war von Kindesbeinen an eine mathematisch begabte, kluge Persönlichkeit, die sich vor allem nach Liebe und Anerkennung sehnte. Zwei ältere, früh verstorbene Geschwister und Milevas Behinderung, eine schiefe Hüfte, trübten die Beziehung zu ihrer Mutter. Ihr Vater unterstützte sie leidenschaftlich in ihrem Streben nach Wissen. Ein Hintergrund dürfte hier jedoch auch die Befürchtung gewesen sein, dass Mileva unverheiratet bleiben würde. Weil sie nicht in das Mädchen-/Frauenbild zum Ende des 18ten Jahrhunderts passt, bleiben ihr Freundschaften zunächst verwehrt. Im Laufe ihrer Kindheit entwickelt Mileva ihre Kämpfernatur, die sie ein Leben lang nicht mehr ablegt. Ich war sehr beeindruckt von ihrer Hingabe und Zielstrebigkeit, von ihrem Durchhaltevermögen und schließlich von ihrem Mut.

Albert Einstein, Physikstudent am Polytechnikum in Zürich und später gefeierter Wissenschaftler, stammt aus gutem Hause. Seine Eltern halten ihm den Rücken frei, damit er sich voll und ganz seinem Studium widmen kann. Er ist für mich der kritische Charakter dieser Geschichte, der sich vom zuvorkommenden Prince Charming, über einen erfolgshungrigen, die wirklich wichtigen Dinge im Leben ausblendenden Narzissten, hin zu einem ignoranten, herrischen Wesen entwickelt hat. Wenn auch nur die Hälfte der Abscheulichkeiten wahr ist, die er seiner Frau Mileva abverlangt bzw. mit denen er sie bedacht hat, dann bin ich, erschüttert in meinen Grundwerten massiv enttäuscht von ihm.

Milana, Ruzica und Helene sind Milevas Freundinnen aus der Pension Engelbrecht. Sie lassen Mileva eine Pause machen, indem sie gemeinsam musizieren oder Ausflüge unternehmen. In diesem Umfeld, insbesondere gegenüber Helene, gelingt es ihr sich bezüglich Problemen, Empfindungen und Selbstzweifeln zu öffnen. Die Freundinnen motivieren Mileva ihr Schneckenhaus zu verlassen und ihr Wissen auch preis zu geben. Nur dadurch erlangte Mileva den Respekt ihrer Kommilitonen.

Frau Einstein ist ein aufschlussreiches, aber auch sehr trauriges Buch. Zeitweise musste ich mich zusammenreißen, dass mir nicht die Tränen kommen. Während es mir im ersten Drittel mit den vorsichtigen Annäherungsversuchen von Albert Einstein wie ein Liebesroman erschien, wurde es zum Ende hin durch seine Psychospielchen fast noch ein Thriller. Ein Drama ist es in jedem Fall, wenn eine so begabte Frau ein Dasein im Schatten eines undankbaren Ehemannes fristen muss.

Die fesselnde Darstellung von Marie Benedict hat mir gefallen. Ihr Schreibstil war sehr verständlich und flüssig zu lesen. Zur Formvollendung wurde jedem der drei Teile, in die das Buch aufgeteilt ist, das passende Newtonsche Gesetz vorangestellt. Ich kann es nur weiterempfehlen.