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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.06.2017

"Swing tanzen verboten! "

Wie ein fernes Lied
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Mal wieder ein Roman auf zwei Zeitebenen, der es in sich hat. Er beginnt in Hamburg zu Anfang des zweiten Weltkriegs und wechselt sich szenenweise mit dem Jahr 1999 in Paris ab. Die große Liebe der beiden ...

Mal wieder ein Roman auf zwei Zeitebenen, der es in sich hat. Er beginnt in Hamburg zu Anfang des zweiten Weltkriegs und wechselt sich szenenweise mit dem Jahr 1999 in Paris ab. Die große Liebe der beiden Protagonistinnen Marga und Andrea zur Musik verbindet die unterschiedlichen Schauplätze.
Sehr gefühlsbetont entführt uns die Autorin in die Welt des Swings der 30er, 40er Jahre, die Hitler und seinen Anhängern ein solcher Dorn im Auge waren. Man sollte meinen, Musik macht glücklich aber die Nazis schafften es, dieses Vergnügen zunichte zu machen. In vielen Cafés wurden Schilder mit der Aufschrift "Swing tanzen verboten" aufgehängt, später kamen die Anhänger sogar in Arbeits- und Konzentrationslager. Margas große Liebe Michael hatte gleich zweimal den schwarzen Peter gezogen. Er fühlte sich der Swingjugend zugehörig und war Jude. Eine denkbar schlechte Konstellation! Wie wird es für ihn weitergehen?
Auch Andrea Kramer hat ihr Herz an die Musik verloren und verdient sich damit mehr schlecht als recht ihren Lebensunterhalt in Paris während des Studiums. Ein alter Mann und die Nachricht, dass sie vielleicht gar nicht von ihren Großeltern abstammt, bringen den Stein ihrer Recherche nach der Vergangenheit ins Rollen …
Micaela Jary schafft es in altbekannter Manier den Leser sofort in die Geschichte einzubinden. Man hofft auf ein gutes Ende, fiebert der Aufklärung entgegen und fragt sich zwischendurch: „War es wirklich die große Liebe?“ Obwohl am Ende fast ein paar zu viele Zufälle aufeinander treffen, möchte ich diesem Buch die Bestnote geben und empfehle die Lektüre gerne weiter.

Veröffentlicht am 08.06.2017

Meine Neugier auf Afrika ist geweckt ...

Lady Africa
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Ich wollte zwischendurch mal „was ganz anderes“ lesen und habe mir die afrikanische Lady aus dem SUB gezogen. Obwohl ich sonst nicht so viel mit Afrika am Hut habe, hat mich dieses Buch doch sofort fasziniert. ...

Ich wollte zwischendurch mal „was ganz anderes“ lesen und habe mir die afrikanische Lady aus dem SUB gezogen. Obwohl ich sonst nicht so viel mit Afrika am Hut habe, hat mich dieses Buch doch sofort fasziniert. Die Autorin Paula McLain schafft es spielend mir das Afrika vor hundert Jahren vor Augen zu führen und näher zu bringen. Wer ging damals nach Afrika? Reiche Jungs, die ihren Spaß haben wollten aber auch hart arbeitende Menschen, die sich dort ein neues Zuhause und ein Geschäft aufbauen wollten. Im Falle von Beryl und ihrem Vater drehte sich vorerst alles um die Pferdezucht. Die Mutter und der kleine Bruder sind schnell total überfordert mit diesem Leben und ziehen sich nach England zurück, eine Tatsache, die der kleinen Beryl sehr nahe geht. Doch sie ist tough und beißt sich besser durchs afrikanische Leben als mancher Junge oder Mann. Ihre Mutproben besteht sie im Mädchenalter zusammen mit ihrem einheimischen Freund. Als der sich jedoch als junger Mann in eine andere Richtung entwickelt, ja stammesbedingt sogar entwickeln muss, sucht sie sich neue Herausforderungen. Ehrgeizig wie sie ist, gelingt es ihr als erster Frau die Lizenz als Pferdetrainerin zu erwerben. Weniger Glück hat sie in der Liebe. Ihre erste Ehe, die sie schon mit 16 Jahren eingeht, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Auch später wird sie immer nur bedingt glücklich. Die Krönung setzt sie ihrer Geschichte natürlich auf, in dem sie als erste Frau den Sprung über den Atlantik wagt!
Die Beschreibungen der Landschaft und ihrer Menschen, der Tierwelt, der Jagdveranstaltungen und der vielen unterschiedlichen Stimmungen sind der Autorin wirklich gelungen. Die Erwähnung der durch den Roman „Out of Africa“ bekannt und berühmt gewordenen Karen Blixen, die mit Beryl zeitweise befreundet war, hat mich dazu inspiriert, mir dieses Buch zu besorgen. Ich gehöre wahrscheinlich zu den Wenigen, die es noch nie gelesen haben und bin schon gespannt auf Frau Blixens Sicht der Dinge.

Veröffentlicht am 08.06.2017

Barcelona im Hochsommer ...

Der Sommer der toten Puppen
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Ich habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen und muss sagen, dass sich bei weitem nicht jedes Buch dazu eignet während einer Diskussion „auseinandergepflückt“ zu werden. Dieser Kriminalroman hat die ...

Ich habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen und muss sagen, dass sich bei weitem nicht jedes Buch dazu eignet während einer Diskussion „auseinandergepflückt“ zu werden. Dieser Kriminalroman hat die Diskussion schadlos überstanden! Das atmosphärisch sehr dicht geschriebene Buch greift zwar nicht unbedingt ein neues Thema auf, dennoch ist es hier sehr spannend verpackt.
Es beginnt mit Inspektor Héctor Salgados Rückkehr aus dem „Exil“. Nach einem heftigen Ausraster mit Folgen, der ihm als Gesetzeshüter niemals hätte passieren dürfen, will er nach der gewählten Auszeit einen Neuanfang wagen. Doch der Fall um die Machenschaften des afrikanischen Mädchenhändlers ist noch lange nicht ausgestanden. Er wird jedoch vorerst abgelenkt durch den Fenstersturz eines Jungen aus sogenanntem gutem Hause. War es nun ein Unfall oder doch Selbstmord? Zwei einflussreiche Familien Barcelonas versuchen eben diesen einzusetzen, was die Aufklärung nicht gerade leichter macht. Nach und nach deckt Salgado immer grausigere Umstände auf. Gerade die Reichen und die Schönen scheinen immer tiefer in der Welt der Verbrechen zu stecken …
Die Verbrechen können beide aufgeklärt werden aber persönlich tut sich für Héctor am Ende eine neue Tragödie auf. Der Cliffhanger macht Lust auf mehr und ich freue mich, den zweiten Teil der Trilogie demnächst wieder in vertrauter Runde lesen zu dürfen.

Veröffentlicht am 03.06.2017

Von Rache getrieben ....

Nichts bleibt
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Wow, ich tue mich sehr schwer mit der Bewertung und auch mit dieser Rezension. Willi Achten hat hier ein Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht. Das seinesgleichen sucht in Bezug auf Gewalt, aber auch ...

Wow, ich tue mich sehr schwer mit der Bewertung und auch mit dieser Rezension. Willi Achten hat hier ein Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht. Das seinesgleichen sucht in Bezug auf Gewalt, aber auch auf Traurigkeit und vor allem Rache.
Der Protagonist Franz scheint an der Oberfläche ein normaler Mensch zu sein. In einer eher ungewöhnlichen Konstellation lebt er mit seinem Sohn – dem Jungen – und seinem Vater irgendwo in einem Haus zusammen. Die Mutter des Jungen hat die „Idylle“ recht früh verlassen, weshalb sich der Junge noch enger an den Großvater bindet. Sie haben in ihrer Brieftaubenzucht ein gemeinsames Hobby gefunden. Bald jedoch beginnt genau diese scheinbare Idylle zu bröckeln. Die Tauben tun dem Jungen gesundheitlich nicht gut. Als dann schließlich der Großvater grundlos zusammen geschlagen wird, gibt es für Franz kein Halten mehr. Viel zu viel hat sich über die Jahre in ihm aufgestaut, viel zu viel versuchte er seit Jahren zu Vergessen. Die Jahre als Kriegsreporter haben ihn zum Getriebenen gemacht, der nur noch auf Rache sinnt.
Der Autor versteht es auf eine ganz besondere Art dem Leser verschiedene Menschentypen näher zu bringen. Viel näher eigentlich als man manche kennenlernen möchte. Ich war erschüttert zu lesen wieviel Gewalt in manchen Menschen steckt. Wie viel Abgebrühtheit gegenüber Mensch und Tier möglich ist. Natürlich verlangt Franz Vergeltung doch begibt er sich damit nicht genau auf das Niveau der Täter? Wer ist denn hier eigentlich Täter und wer ist Opfer? Ist Franz ein Opfer, da er jahrelang Reportagen in den grausamsten Kriegsgebieten der Welt aufzeichnete und dadurch von Gewalt geprägt ist? Oder ist er der Täter, da er das Verbrechen an seinem Vater sühnen möchte?
Die Geschichte ist so intensiv, dass man zwischendurch eine Pause einlegen muss um sich vom Kopfkino freizumachen, das sich beim Lesen breit macht. Andererseits kann man das Buch kaum zur Seite legen, denn man fühlt sich fast selbst ein bisschen getrieben und fiebert auf den Ausgang. Ich möchte für Willi Achtens Buch eine klare Leseempfehlung aussprechen aber eher Zartbesaitete sollten hier die Finger von lassen!

Veröffentlicht am 01.06.2017

Ein tragisches Highlight ...

So, und jetzt kommst du
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Selten ist es mir, basierend auf dem Wissen, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, schwerer gefallen, eine Rezension zu schreiben. Der autobiografische Roman des Autors lässt mich wütend, ...

Selten ist es mir, basierend auf dem Wissen, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, schwerer gefallen, eine Rezension zu schreiben. Der autobiografische Roman des Autors lässt mich wütend, erschüttert und traurig zurück. Umso größer ist meine Bewunderung für Arno Frank, der den Mut und die Kraft gefunden hat, sich diese Geschichte von der Seele zu schreiben, denn so muss es ja wohl gewesen sein.
Die Familie setzt sich zusammen aus Vater, Mutter und drei Kindern, von denen Arno das Älteste ist. So weit, so gut. Gleich zu Anfang merkt man, dass die Familie ein bisschen anders ist als andere. Der Vater versteht sich als sogenannter Lebenskünstler, der vor den Kinder und auch seiner Frau bekannt gibt, dass „jeden Tag ein Dummer aufsteht“ und man „durch arbeiten noch nie reich geworden ist“. Er schlägt sich erst als Autoverkäufer, schließlich dann als Verkäufer verschiendster Dinge, die die Menschheit nicht braucht, durch. Er ist von sich überzeugt und scheint ja auch gut anzukommen, so meint er jedenfalls. Langsam aber kristallisiert sich heraus, dass seine Luftschlösser sich genau in dieser aufzulösen beginnen. Es wird finanziell eng, das Haus wird verpfändet und Mutti springt als Tupperverkäuferin ein um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es kommt, wie es kommen muss, denn dieses Geld reicht natürlich niemals um eine Familie zu ernähren. Papa verkauft den Kindern die Pleite als Abenteuer, packt sie kurzerhand ins Auto und los geht’s mit unbekanntem Ziel. Schnell entpuppt sich dieses Abenteuer als Albtraum …
Näher möchte ich auf den Inhalt gar nicht eingehen. Es darf jedoch nicht ungesagt bleiben, dass mir bei unterlassener Aufsichtspflicht den Kindern gegenüber die Hutschnur hochgeht. Sie werden von Schule zu Schule geschleppt, oft gehen sie gar nicht zur Schule. Sie müssen Hals über Kopf ihre neugewonnen Freunde verlassen, sind schließlich auf der Flucht vor der Polizei und haben nicht mehr genug zu essen. Für mich ist das die allergrößte Straftat, die der Vater und seine Frau den Kindern gegenüber begehen konnten. War die Mutter denn wirklich so naiv und war der Vater wirklich so abgebrüht?
Es ist die nicht erste Geschichte dieser Art, die ich gelesen habe aber in ihrer Intensität ist sie fast nicht zu überbieten. Hut ab, Arno Frank!