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Veröffentlicht am 30.06.2021

Ein spannender Blick hinter die Kulissen der deutsch-deutschen Geschichte ...

Die fremde Spionin
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Nicht oft geht es mir beim Lesen so, dass ich ständig das Bedürfnis habe, vor Spannung immer wieder die Luft anhalten zu müssen. Der talentierte und sehr sympathische Autor Titus Müller hat das geschafft! ...

Nicht oft geht es mir beim Lesen so, dass ich ständig das Bedürfnis habe, vor Spannung immer wieder die Luft anhalten zu müssen. Der talentierte und sehr sympathische Autor Titus Müller hat das geschafft! Großartig, wie hier die Realität mit paar dicken Spritzern Fiktion verbunden wurde. Während Ria selbst eine erfundene Figur ist, basiert ihr Romanleben auf realen Vorbildern. Ria ist trotz ihrer jungen 21 Jahre eine mutige und starke Person, die sich – geschürt durch eine gehörige Portion Hass gegen das Regime – durchbeißt. Ihre neue Stelle im Außenministerium der DDR scheint das ideale Sprungbrett für ihr Vorhaben, ihre Schwester wiederzufinden, von der sie mit zehn Jahren getrennt wurde … Ihr Gegenspieler, der KGB Killer Fjodor Sorokin verfolgt ganz andere Pläne und zögert nicht, kaltblütige Auftragsmorde für seinen Arbeitgeber auszuführen. Doch es menschelt in ihm und als er sich in die deutsche Luise verliebt, weist seine starre Fassade schnell kleine Risse auf. Doch Aussteigen ist keine Option. Es kommt schließlich wie es kommen muss und Ria und Fjodors Pfade kreuzen sich …

Mit Ria und Fjodor hat der Autor zwei schillernde Charaktere geschaffen, deren Werdegang sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht. Doch das Buch bietet so viel mehr. Es entführt mich in das Jahr 1961 ins geteilte Berlin bis zu dem Tag, an dem der Mauerbau Realität wurde. Wiederum mit viel Lokalkolorit und realen Charakteren erlebe ich das Berlin Anfang der 60er Jahre wie ich es in der Form noch nicht gelesen habe. Hier bekommt J. F. Kennedy genauso eine Stimme wie Honecker, Ulbricht und Mielke. Ich darf Mäuschen spielen in den abgeriegelten Besprechungsräumen, in denen die kühnsten Pläne ausgehandelt werden. Und ich darf Zeuge werden, wie die Aussage „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“ in sich zusammenfällt …

Ich bin einfach nur begeistert von diesem Stück deutsch-deutscher Geschichte und vergebe mit fünf Sternen natürlich die Bestnote. Bin schon sehr gespannt auf den nächsten Teil der Trilogie und spreche ein unbedingte Leseempfehlung aus für alle, die sich für die Geschichte der Teilung Deutschlands interessieren.

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Veröffentlicht am 29.06.2021

Wenn plötzlich dein Leben auf den Kopf gestellt wird ...

ALLES WAS ICH DIR GEBEN WILL
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Dieser Roman der spanischen Autorin Dolores Redondo lachte mich schon eine ganze Weile von meinem SUB aus an. Endlich, endlich konnte ich mir dafür Zeit freischaufeln und habe es keine Minute bereut.

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Dieser Roman der spanischen Autorin Dolores Redondo lachte mich schon eine ganze Weile von meinem SUB aus an. Endlich, endlich konnte ich mir dafür Zeit freischaufeln und habe es keine Minute bereut.

Stellen Sie sich vor, geneigte Leser, sie bekommen mitten in der Nacht einen Anruf, der ihr ganzes bisheriges Leben in Frage stellt. Sie liegen im Bett, wähnen ihren Partner in Barcelona, doch die Nachricht seines tödlichen Autounfalls kommt aus Galicien? Genau so geht es dem Schriftsteller Manuel Ortigosa, der seit Jahren mit Álvaro Muniz de Davila glücklich verheiratet ist. Was also war hier passiert? Vollkommen verstört macht Manuel sich auf den Weg in Álvaros Heimatort und ist wie vor den Kopf gestoßen, als er mit dessen zweitem Leben konfrontiert wird. Álvaro ist dort Eigentümer eines gewaltigen adligen Gutshofs mit Weingütern und war seit dem Tod seines Vaters besser bekannt als „Herr Graf“. Hier wird Manuel keineswegs mit offenen Armen, sondern mit offenem Hass begrüßt. Die alte Gräfin verweist ihn des Hauses und weigert sich, ihn als Mitglied der Familie, geschweige denn als neuen Eigentümer anzuerkennen. Die Leiche wird schnell unter die Erde gebracht und die Todesursache damit nicht mehr in Frage gestellt. Doch Manuel beschließt zu kämpfen und gemeinsam mit einem Pfarrer – einem Freund des Verstorbenen – und einem Polizisten im Fast-Ruhestand der mysteriösen Todesursache auf den Grund zu gehen. Die Abgründe, die er dabei aufdeckt, verursachen mehr als einmal Gänsehaut beim Lesen …

Schicht für Schicht entblättert man beim Lesen das Geheimnis um Álvaros Tod, dem bald weitere folgen sollen. Die Autorin holt ihre Leser ab und lässt sie teilhaben an Spekulationen, falschen Fährten, Lügen und schließlich der Aufklärung. Sie entführte mich in die Weingüter des nördlichen Spaniens und machte mir mit ihren detaillierten und bildhaften Beschreibungen von Land und Leuten Galiciens Lust auf Urlaub in der Region.

Für diese spannende Unterhaltung vergebe ich verdiente fünf von fünf Sternen und hoffe, dass mir bald mal eine Reise in die Gegend vergönnt sein wird.

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Veröffentlicht am 24.06.2021

"Der Tod ist halb so schlimm, wenn man ihm in einem schönen Anzug entgegen tritt ..."

Schatten der Welt
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Mal wieder ein Roman, der zwar nicht im „Schatten der Welt“ dafür aber im Schatten des Ersten Weltkriegs beginnt, im Jahr 1910 in dem kleinen Städtchen Thorn in Westpreußen. Noch war nichts zu spüren von ...

Mal wieder ein Roman, der zwar nicht im „Schatten der Welt“ dafür aber im Schatten des Ersten Weltkriegs beginnt, im Jahr 1910 in dem kleinen Städtchen Thorn in Westpreußen. Noch war nichts zu spüren von einem Krieg doch ein anderes Ereignis überschattete und ängstige die Bevölkerung. Der Halleysche Komet kam der Erde immer näher und drohte diese zu verwüsten. Hier kommen der 13jährige Carl Friedländer, der Ich-Erzähler des Romans und Sohn eines jüdischen Schneiders, sowie sein Freund Artur Burwitz mit einer cleveren Geschäftsidee ins Spiel. Beide kommen aus ärmlichen Verhältnissen, doch während Carl mit einem liebevollen Vater aufwachsen darf, muss sich Artur unter einem prügelnden und trinkenden Tyrannen ducken. Auch äußerlich könnten die Beiden unterschiedlicher nicht sein. Der strebsame Carl ist eher schmächtig, der schulscheue Artur dagegen ein Boxertyp. Aber pfiffig und geschäftstüchtig sind sie beide und genau das schweißt sie zusammen. Tja, und dann taucht Isi, die „freche Göre“ auf und bald sind die drei mit ihren Streichen und Geschäften unschlagbar. Doch in ihrem realen Leben gibt es nicht viel Gold, das glänzt. Es ist ärmlich, hart und oft ungerecht und so werden sie bald mit Wirklichkeiten konfrontiert, die einem fast die Tränen in die Augen treiben …

Gefühlvoll aber bestimmt nah an der Wahrheit der damaligen Zeit schreibt Andreas Izquierdo einen Roman, der viele Facetten abdeckt. Ein wenig „coming of age“, aber auch sehr berührend, wenn ich z. B. an die Geschichte von Carls Vater denke. Ich freue mich schon sehr auf die versprochene Fortsetzung und vergebe hier die Bestnote!

Ach übrigens … das Städtchen Thorn im Landkreis Thorn gab und gibt es wirklich. Er liegt in dem Teil von Westpreußen, der nach dem Ersten Weltkrieg 1920 durch den Versailler Vertrag an das neugegründete Polen fiel und daraufhin in Toruń umbenannt wurde. Als Sohn einer Kaufmannsfamilie wurde dort 1473 der berühmteste Sohn der Stadt, der spätere Astronom Nikolaus Kopernikus, geboren und besuchte die ortsansässige Johannis-Schule, eine Lateinschule.

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Veröffentlicht am 24.06.2021

Geld allein macht nicht glücklich ...

Das goldene Palais
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Schon das wunderbare, absolut edle Cover lädt den Leser ein, in eine unbekannte Welt einzutauchen, die Welt einer steinreichen jüdischen Wiener Bankiersfamilie, deren wohlhabende Kunden über ganz Europa ...

Schon das wunderbare, absolut edle Cover lädt den Leser ein, in eine unbekannte Welt einzutauchen, die Welt einer steinreichen jüdischen Wiener Bankiersfamilie, deren wohlhabende Kunden über ganz Europa verstreut zu finden waren. „Der Stammvater Moses Goldbaum schickte seine fünf Söhne Dov, Moses, Robert, Jakob und Salomon in die Finanzmetropolen Europas, damit sie Goldbaum-Bankhäuser gründeten. Jedem Bruder wurde die Samenkapsel einer Sykomore, in Silber eingefasst, mitgegeben (wegen ihrer symbolischen Widerstandskraft und der Fähigkeit, noch auf den kärgsten Grund zu gedeihen), ein Empfehlungsschreiben des Fürsten ihres Vaters und das Versprechen, die Kreditlinie des Vaters in Anspruch nehmen zu dürfen.“ So ähnlich beschreibt die Autorin Natasha den Kern der Familie Goldbaum. Geheiratet wurde meist innerhalb der Familie und so soll nun auch unsere Protagonistin Greta ihren Cousin des englischen Zweiges ehelichen. Ihr, als gebildete und moderne junge Frau, graut vor dem in ihren Augen langweiligen Albert, doch schließlich willigt sie ein. Auch Albert ist mit seiner Rolle in der Familie nicht wirklich glücklich, er schwärmt für Schmetterlinge und pflegt lieber seine Sammlung, anstatt seine Tage mit Finanzgeschäften zu füllen.

Schließlich scheinen sich doch zarte Bande der Annährung zu knüpfen, doch das Leben, im Besonderen das jüdische, steht unter keinem guten Stern. Der Geruch des nahenden Krieges schwängert die Luft und verheißt nichts Gutes …

Mit viel Feinsinn und dennoch Wortgewalt lässt uns die Autorin am Leben Greta Goldbaums und ihrer Familie teilhaben. Wer glaubt, dass die Juden, ganz besonders in Russland, erst mit Beginn der Nazidiktatur ein schweres Los zu tragen hatten, der irrt gewaltig.

Man spürt beim Lesen jeder Seite, dass die Autorin, die selbst aus einer jüdischen Familie stammt, ihr Herzblut in ihre Buchprojekte steckt und eine Recherchearbeit vom Feinsten hinlegt. Von mir gibt es fünf Sterne gepaart mit einer absoluten Leseempfehlung für alle, die sich historische Romane dieser Epoche interessieren.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Wenn die kleine Schäferin ihr Röckchen hebt ...

Allmen und die Erotik
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Na, was soll ich sagen? Kann man als eingefleischter Allmen und Carlos Fan auch nur irgendwas schlecht bewerten, was diese Beiden in die Hand nehmen? Spaß beiseite, mir hat dieser Teil der Reihe mal wieder ...

Na, was soll ich sagen? Kann man als eingefleischter Allmen und Carlos Fan auch nur irgendwas schlecht bewerten, was diese Beiden in die Hand nehmen? Spaß beiseite, mir hat dieser Teil der Reihe mal wieder wirklich ausgesprochen gut gefallen. Nachdem ich inzwischen ja auch schon einige Verfilmungen der Beiden gesehen habe, habe ich mein Hören immer auch noch wunderbares Kopfkino dazu. Großartig!
Nachdem die letzten beiden Fälle die Beiden um ihr nahezu gesamtes Vermögen gebracht hatten, ist es an der Zeit, dass es mal wieder bergauf geht. Und prompt scheinen sie ja mit den Porzellanfiguren, deren Anblick wohl so manchem die Schamröte ins Gesicht treiben würden, ins Schwarze getroffen zu haben. Alles scheint fast zu glatt zu gehen und bald beinahe in Langeweile umzuschlagen, als eine weitere Schachfigur auf dem Spielbrett erscheint. Während Allmen in seiner Gutmütigkeit – nein, Großzügigkeit – dem Teilen gegenüber nicht abgeneigt ist, kochen Carlos und seine geliebte Maria innerlich vor Wut. Na, und als dann auch noch eine zarte Verliebtheit in Form der Enkeltochter des Porzellanmagnaten aufs Tapet tritt, scheint es um Allmen ganz geschehen …
Gelesen von Gert Heidenreich, mit dessen Vortragsstimme der Autor Martin Suter und der Diogenes Verlag definitiv den Hauptgewinn gelandet haben, bereitete mir „Allmen und die Erotik“ mal wieder alleredelsten Hörgenuss. Ich sage nur: „Mehr davon“, denn wie hat eine liebe Kollegin neulich bei einem Meeting gesagt … „Suter geht eigentlich immer!“ Von mir gibt es die Bestnote!

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