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Veröffentlicht am 11.08.2021

Hart und zart zugleich

Im Park der prächtigen Schwestern
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Triggerwarnung! Homophober und Transphober Gewalt.

„Nächtelang werde ich beten und bete dafür, dass das Leben, wenn ich aufwache, ein anderes sei, morgen nichts mehr so sei, wie es war. Zuerst bete ich ...

Triggerwarnung! Homophober und Transphober Gewalt.

„Nächtelang werde ich beten und bete dafür, dass das Leben, wenn ich aufwache, ein anderes sei, morgen nichts mehr so sei, wie es war. Zuerst bete ich dafür, dass ich selbst mich ändere und so werde, wie sie mich haben wollen. Doch als ich mich weiter vertiefe in diesen stetig wachsenden Glauben, beginne ich dafür zu beten, dass ich am nächsten Morgen als die Frau erwache, die ich sein möchte. Die Frau, die ich so unverhohlen in mir spüre...... Aber nein. Zwischen den Beinen trage ich ein Messer.“

Farbenfroh, märchenhaft, schillernd erzählt Camila Sosa Villada über die Transfrauen in Argentinien. Sie erzählt über die Gewalt, die sie schon Kindesalter spüren müssten, weil, die nicht der Sohn waren deren Eltern wünschten. Sie erzählt über die tagtäglichen Beschimpfungen und Demütigungen von Klassenkameraden, Nachbarn bis zum unbekannten Leuten die sie hören müssten, weil, die anders Kleidern als die Rest der Gesellschaft. Sie erzählt über die Prostitution für die Transfrauen das einzige Weg war sich auszuleben aber auch um zu überleben. Sie erzählt von einer Schar Gleichgesinnten, die sei es ein Wohnung, einer Flasche Schnaps, die Träume, die Freier, Essen, Drogen, Gewalt, Liebe alles teilen. Ungeschönt, bildhaft, rau und liebevoll trifft die Autorin mit Wucht direkt ins Herz. Man feiert, freut, weint mit ihrer Figuren.

Es ist eine verstörende, faszinierende, traurige, hoffnungsvolle, harte und zarte Geschichte. Es ist kein einfaches Buch, dafür aber sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 09.08.2021

Familiendrama

Unter Wasser Nacht
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Sophie und Thies, Inga und Bodo. Wie die in deren Jugend eine Wohnung geteilt haben, teilen die engbefreundete Paare seit Jahren den Grundstück im Wendland. Dennoch der Traum vom gemeinsamen Leben bläst ...

Sophie und Thies, Inga und Bodo. Wie die in deren Jugend eine Wohnung geteilt haben, teilen die engbefreundete Paare seit Jahren den Grundstück im Wendland. Dennoch der Traum vom gemeinsamen Leben bläst als die Kinder auf die Welt kamen nach und nach ab. Wo Inga und Bodo mit zwei gut erzogenen Kindern die perfekte Vorzeigefamilie sind, hadern Sophie und Thies mit ihrem Unruhestifter Sohn Aaron. Als Aaron unter ungeklärten Umständen ertrank, zerbricht die enge Freundschaft. Schuldgefühle, Trauer und Neid schweben wie dunkle Gewitterwolken über das gemeinsame Grundstück. Bis eines Tages eine fremde Frau, Mara, aus Dänemark aus dem nichts auftaucht...

Eine Geschichte die mich zwiegespalten zurückgelassen hat. Denn ich mochte den lebensnahen und atmosphärischen Erzählstil der Autorin sehr. Auch wie sie die Story über einer unbeliebten, bösartigen Jungen gebaut hat, fand ich sehr originell und der ganze Neid und Bosheit wirkten mir realistisch, doch ab Hälfte des Buches wurde es mir zu viel. Zu viel weil, jede die zum Wort kommt, auf eigene Art und Weise jammert. Jeder kleinster Gefühl, meine Meinung nach, wurde unnötig auf dem Papier gebracht und bei mir nicht der gewünschte Mitleid erzeugt, eher im Gegenteil. Dazu kommen einige Handlungen der Figuren, welche ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Idyllisches Setting, seichter Schreibstil doch da fehlt etwas Tiefe an den Figuren.

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Veröffentlicht am 09.08.2021

Tiefgründig, atmosphärisch, liebevoll

Der Junge, der ans Meer glaubte
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Der 18-jährige Marco ist einsam und heimatlos. Seitdem er ein Baby war, wurde er von einer Pflegefamilie zu den anderen gereicht. Auch die letzte Pflegefamilie, wo er sich richtig wohlfühlte, wollte ihn ...

Der 18-jährige Marco ist einsam und heimatlos. Seitdem er ein Baby war, wurde er von einer Pflegefamilie zu den anderen gereicht. Auch die letzte Pflegefamilie, wo er sich richtig wohlfühlte, wollte ihn nicht adoptieren und so wurde er volljährig vor der Tür gesetzt. Er wohnt mit einem Freund in einer WG, wo kein Mensch wohnen würde und arbeitet in einem Schwimmbad als Reinigungskraft. Geldknappheit ist sein täglicher Begleiter. Nur wenn er kopfüber ins Wasser eintaucht, fühlt er sich befreit von all seinen Probleme und kann hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Doch diese paar Sekunden Schwerlosigkeit, dieser Rausch lässt ihn eines Tages übermütig von einer Klippe ins Meer springen. Als er wieder auftaucht, wacht er schwer verletzt im Krankenhaus...

Feinfühlig, melancholisch und gewürzt mit einem hauch Humor nimmt der italienischer Autor uns in seinen Land und erzählt eine Geschichte über Bedeutung der Familie, Selbstfindung und Neuanfang. Obwohl die Story sehr tiefgründig und traurig war, geht er mit den schweren Themen und mit seinen Figuren so liebevoll um, sodass er mir beim Lesen immer wieder ein Lächeln verzaubert hat. Sein Erzählstil ist sehr atmosphärisch und lebendig, man hat das Gefühl auf dem kleinen Fischerdorf zu sein. Man taucht mit Marco ins Wasser, atmet salzige Meeresluft und sieht gelb leuchtende, duftende Zitronenbäume vor dem Augen. Die vielschichtige, lebensnahe Charaktere runden diese wunderbare Geschichte ab.

Es ist eine tiefgründige, hoffnungsvolle Geschichte mit malerischer Setting und abwechslungsreiche Figuren, welche ich sehr gerne gelesen habe.

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Veröffentlicht am 03.08.2021

War nicht so meins

Auszeit
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Die Anfang dreißig jährige Henriette hadert mit ihrem Leben. Ihre Kommilitoninnen sind schon längst fertig mit dem Studium, haben Familien gegründet oder gutbezahlten Jobs gefunden. Nur sie steckt seit ...

Die Anfang dreißig jährige Henriette hadert mit ihrem Leben. Ihre Kommilitoninnen sind schon längst fertig mit dem Studium, haben Familien gegründet oder gutbezahlten Jobs gefunden. Nur sie steckt seit Jahren mitten in einer Dissertation über Werwölfe, mit dem sie überhaupt nicht weiter kommt. Sie weist nicht, wie sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Unzufriedenheit und Lustlosigkeit bestimmen ihre Alltag. Nach einem Schwangerschaftsabbruch bricht sie dann endgültig zusammen. Sie fährt mit ihrer beste Freundin nach Bayern um dort in einer einsamen Hütte etwas Auszeit zunehmen, doch alles kommt anders als geplant..

Eine Geschichte, die sehr stark anfängt, aber umso mehr Stärke abbaut. Am Anfang dachte ich mir: wow.. die Autorin nimmt einem gefühlvoll mit, doch schon nach paar gelesenen Seiten wurde ich selbst orientierungslos wie die Hauptfigur. Obwohl ich die unsympathische Charaktere liebe, konnte ich mit Henriette überhaupt nicht anfangen. Sicher, Abtreibung ist kein einfaches Thema aber ihre Probleme beschränken sich nicht nur damit. Sie ist einfach unglücklich mit sich selbst, sucht im Heuhaufen die Nadel damit sie sich selbst mitleiden kann. Als ob sie die Sonne im Universum ist, kreist sich nicht nur um sich herum, sondern möchte dass alle um sie kreisen. Ihre Haltlosigkeit ermüdet einem beim Lesen. Dazu kommt eine bedrückende Atmosphäre und Handlungsarmut und obwohl das Buch knapp 180 Seiten hat, am Ende brauchte ich selbst eine Auszeit.

Furchtbare Protagonistin, stellenweise sehr unrealistische Szenen und depressive Stimmung beherrscht diese Geschichte, welche die mir leider nicht gefallen hat.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Leben in der Fremde

Das Land der Anderen
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Mathilde, jung, groß, blond, Elsässerin, Christin. Eine stattliche, lebenslustige Frau. Amine Belhaj, klein, schmächtig, Marokkaner, Muslim. Ein ehemaliger Soldat, der noch die Narben des Zweiten Weltkriegs ...

Mathilde, jung, groß, blond, Elsässerin, Christin. Eine stattliche, lebenslustige Frau. Amine Belhaj, klein, schmächtig, Marokkaner, Muslim. Ein ehemaliger Soldat, der noch die Narben des Zweiten Weltkriegs trägt. Völlig ungleiche Paar lernen sie sich 1947 in Frankreich kennen, heiraten und lassen sich in der Nähe von Meknès nieder. Die gegenseitige Erwartung ist groß doch Mathilde leidet unter Kulturschock, weißt nicht, wie sie sich verhalten soll. Wo Amine den kargen Land, den er von seinem Vater geerbt hat, versucht mit allem Kräfte fruchtbar zu machen, zieht Mathilde die gemeinsamen Kinder groß, dabei fühlt sie sich einsam und oft ist sie nicht nur traurig, auch wütend. Doch es sind nicht nur die familiäre Probleme, die das junge Paar bewältigen müssen denn in den 50'ern eine Ehe zwischen einem Marokkaner und einer Französin ist nicht vorgesehen. Dazu kommen alltägliche Rassismus, die von Männern dominierten Traditionen und Konflikte zwischen den einheimischen und Franzosen. Aber Mathilde lässt sie sich nicht klein machen und gibt nicht auf...

Basiert auf dem Leben von der eigenen Großmutter nimmt Slimani uns nach Marokko und schildert sehr bildhaft das Leben des Bewohners. Schnörkellos, sehr ehrlich und ungeschönt erzählt sie über in zwei Kulturen geteiltes Land. Einerseits die Franzosen, die in dem eigenen Stadtteil wohnen und leben wie in Vorkriegszeiten in Frankreich, anderseits die Marokkaner, die in einfachen Bedingungen, mit viel Sorge und Not den Tag überstehen. Und Frage aller Fragen „Wer sind die Anderen?“

Ein vielschichtiger, fassettenreicher, lebendiger Roman der über patriarchale Geringschätzung die Frauen, über Herkunft, Heimat, Rassismus. Es ist der empfehlenswerter erster Band von Leila Slimani's auf drei Bände geteiltes Familiensaga und ich bin sehr gespannt auf das zweite Band, in der Sie von dem Geschichte ihrer Mutter erzählen wird.

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