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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2018

Spannend und atmosphärisch

Sommernachtstod
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INHALT:
Ein Schatten scheint über einem Dorf in Südschweden zu liegen, seit dort vor 20 Jahren der kleine Billy Lindh spurlos verschwand. Die Mutter des Jungen nahm sich daraufhin das Leben, ein Verdächtiger, ...

INHALT:
Ein Schatten scheint über einem Dorf in Südschweden zu liegen, seit dort vor 20 Jahren der kleine Billy Lindh spurlos verschwand. Die Mutter des Jungen nahm sich daraufhin das Leben, ein Verdächtiger, dem aber nichts nachgewiesen werden konnte, tauchte unter und ließ Frau und Kinder im Stich.
Nun kehrt Billys Schwester, die Therapeutin Vera Lindh, in ihren Heimatort zurück: Ihr neuer Patient Isak hat ihr eine alarmierende Geschichte über einen verschwundenen Jungen erzählt, und Vera will endlich wissen, was damals wirklich geschehen ist. Längst nicht jedem im Dorf gefallen ihre hartnäckigen Fragen. Und wie vertrauenswürdig ist eigentlich Isak?

MEINUNG:
In meiner Jugend habe ich sehr viele skandinavische Krimis gelesen, u.a. von Henning Mankell (DER Autor meiner Jugend) und Ake Edwardson. Nach langer Zeit war Sommernachtstod wieder mein erster Krimi aus diesem Bereich und ein bisschen war es wie nach Hause kommen.

Romane aus dieser Nische der Kriminalromane sind für mich vor allem wegen der Atmosphäre, die häufig sehr düster sein kann, so besonders und genau das schafft Anders de la Motte wirklich exzellent. In der Regel bin von so vielen langen Beschreibungen der Gegend, der Gefühle und Handlung einer Person schnell gelangweilt, wenn diese nicht zur Aufklärung des Falls beiträgt, aber hier war es anders. Als Vera nach langer Zeit in ihr Elternhaus zurückkehrt, passieren dort so einige mysteriöse Dinge und ich habe hier förmlich an den Seiten geklebt. Hier wird jedes kleine Knacken beschrieben und man ist mitten drin im Geschehen.

Am Anfang wechseln sich die Kapitel von Vergangenheit und Gegenwart noch ab, aber ungefähr ab der Mitte bleiben wir in der Gegenwart. Das hat mir gut gefallen, weil es mal ein bisschen anders war. Was in der Vergangenheit passiert ist, muss Vera in der Gegenwart herausfinden. Man merkt schnell, dass das Verschwinden des kleinen Billys hat die Familie und vor allem die Mutter zerstört hat. Auch Vera hat so ihre Probleme und ist als Charakter nicht wirklich einfach. Eigentlich will sie mit allem nichts mehr zu tun haben und hat sogar ihren Namen verändert. Vera ist Therapeutin für Trauerbewältigung, was ich mit ihrer Vergangenheit ziemlich schwierig fand. Ich empfand sie auch nicht als besonders psychisch stabil.

Vera macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, aber kommt dieser gefühlt nicht so wirklich näher. Es gibt ein paar verdächtige Personen, aber als Vera anfängt Fragen zu stellen in ihrem Heimatdorf, da bekommt sie eher noch mehr Probleme. Die Personen sind hier alle etwas sperrig, haben Ecken und Kanten, aber genau das mag sehr gerne. Das Buch entwickelt ohne Frage ziemlich schnell eine Sogwirkung. Ich habe so ein paar Vermutungen gehabt, aber die wirklich Auflösung, die sehr tragisch ist, kommt erst am Schluss. Gerne hätte ich etwas mehr miträtseln dürfen, aber es tut dem Unterhaltungswert des Buches trotzdem keinen Abbruch.

FAZIT:
Sommernachtstod ist für mich ein äußerst gelungener und vor allem was die Atmosphäre angeht, dichter Roman, bei dem viele Bilder im Kopf entstehen. Ich hätte gerne etwas miträtseln wollen, aber das ist hier Jammern auf hohem Niveau. Ich freue mich hoffentlich bald mehr von dem Autor zu lesen!
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Petra Hülsmann hat mich wieder überzeugt

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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INHALT:
Damit hatte die beliebte Musiklehrerin Annika nicht gerechnet: Aus heiterem Himmel wird sie von ihrer Traumschule im Hamburger Elbvorort an eine Albtraumschule im absoluten Problembezirk versetzt. ...

INHALT:
Damit hatte die beliebte Musiklehrerin Annika nicht gerechnet: Aus heiterem Himmel wird sie von ihrer Traumschule im Hamburger Elbvorort an eine Albtraumschule im absoluten Problembezirk versetzt. Nicht nur, dass die Schüler dort mehr an YouTube als an Hausaufgaben interessiert sind - die Musical-AG, die Annika gründet, stellt sich auch noch als völlig talentfrei heraus. Aber wenn's einfach wär, würd's schließlich jeder machen. Annika gibt nicht auf und wendet sich hilfesuchend an Tristan, ihre erste große Liebe und inzwischen Regisseur. Von nun an spielt sich das Theater jedoch mehr vor als auf der Bühne ab, und das Chaos geht erst richtig los.

MEINUNG:
Ich habe bisher jeden Roman von Petra Hülsmann gelesen und bin schon lange Fan der Autorin. Leider konnten mich ihre letzten beiden Romane aber nicht so überzeugen. Mir gefiel die Charakteranlage der Protagonistin nicht mehr so richtig. Ich war also relativ skeptisch, was das neue Buch anging, doch das hat sich ganz schnell in Wohlgefallen aufgelöst.
Annika fand ich zunächst ein bisschen arrogant, obwohl auch in ihrer Schulzeit einige Dinge falsch gelaufen sind, die sie eines Besseren belehren sollten. Sie kann sich mit der Tatsache, dass sie an eine Schule in einem Problembezirk versetzt wird zunächst überhaupt nicht abfinden und gibt gefühlt dafür einer höheren Macht die Schuld á la jeder hätte es mehr verdient als sie. Was mich beruhigt hat, dass sie mit ihrer Einstellung aber auch von ihren Freunden zum Teil Missfallen erntet. Mit der Gründung der Musical-AG ändert sich sowohl Annikas Einstellung und Motivation, obwohl diese eigentlich aus ganzen Motiven heraus gründet. Doch wo Annika sich zuvor hat eigentlich mehr treiben lassen in ihrem Beruf, setzt sie sich nun massiv für den Erfolg dieses Projektes ein und mobilisiert sogar Tristan.

Die Faszination von Tristan fand ich persönlich nicht so richtig nachvollziehbar, denn die beiden haben sich zum letzten Mal gesehen als 15/ 16 Jahre alt waren und es gab auch keine Beziehung, weil Tristan ihr einen Korb gegeben hat. Trotzdem hat sich genau das auf ihre Beziehungen danach ausgewirkt und sie konnte ihn einfach nicht vergessen. Für mich blieb das unverständlich, aber zum Charakter von Annika passt es wohl.

Besonders gut gefielen mir die Schüler und die Szenen in der Schule. Petra Hülsmann hat ihr ein paar echte Unikate geschaffen (ich sag nur Heaven-Tanita!), die ich wirklich ins Herz geschlossen habe und von denen ich einfach gerne gelesen habe. Die Autorin greift hier einige Probleme auf, aber ich finde es bleibt für die Art des Romans im Rahmen. Die Botschaften, die sie hier vermittelt, sind aber schön verpackt und regen auch zum Nachdenken an. Ganz besonders toll fand ich, dass Annika diesmal nicht in Ottensen gewohnt hat, sondern in Eilbek, meiner direkten Nachbarschaft. Es tauchen auch wieder alte Bekannte auf, wie z.B. Knut, der in gewohnter Manier wichtige Lebens- und Liebestipps gibt.

Natürlich gibt es auch wieder eine Liebesgeschichte, die diesmal sogar eine Dreiecksgeschichte ist. Die war für mich aber sehr gut gemacht. In der Regel kommt die Protagonistin in den Romanen von Petra Hülsmann immer mit dem erwähnten Mann auf dem Klappentext zusammen. Darauf war ich so fokussiert, dass ich das Anbandeln mit Mann Nr. 2 richtig genießen konnte und für mich dann auch einen gewissen Überraschungseffekt hatte. Schön, dass man immer noch überrascht werden kann. ?

FAZIT:
Wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen, Petra Hülsmanns bisher seitenstärkstes Werk, von dem ich jede Seite genossen habe und mir gewünscht habe, dass es nicht so schnell ausgelesen gewesen wäre. Jetzt heißt es wieder warten, aber nach dem Roman, ist (hoffentlich) auch schon vor dem nächsten Roman
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Gefühl
  • Lesespaß
Veröffentlicht am 28.05.2018

Mitreißend und intensiv

Es geschah in dunkler Nacht
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INHALT:
Die Ärztin Emma begleitet ihren Ehemann Adam mit den gemeinsamen Kindern Alice, Zoë und Sam für ein Jahr nach Botswana, wo Adam an einem Forschungsprojekt arbeiten soll. Das vermeintliche Abenteuer ...

INHALT:
Die Ärztin Emma begleitet ihren Ehemann Adam mit den gemeinsamen Kindern Alice, Zoë und Sam für ein Jahr nach Botswana, wo Adam an einem Forschungsprojekt arbeiten soll. Das vermeintliche Abenteuer ihres Lebens entpuppt sich jedoch als Albtraum, denn eines Abends verschwindet Sam spurlos. Die verzweifelte Suche nach ihm bleibt erfolglos, und die ganze Familie droht daran zu zerbrechen. Schließlich kehren sie zurück nach England. Doch es scheint unmöglich, in ihren Alltag zurückzukehren. Denn auch ein Jahr nach Sams Verschwinden plagt Emma die Ungewissheit. Was geschah damals wirklich in Afrika?

MEINUNG:
Seit dem Debütroman von Jane Shemilt, Am Anfang war die Schuld, der mir sehr gut gefallen hat, habe ich ein Auge auf die Autorin geworfen. Mir gefällt einfach die Intensivität, wie sie Familien aufgreift, die von heute auf morgen durch ein schreckliches Ereignis, den Verlust eines Kindes, aus der Bahn geworfen werden.

Genauso wie in ihrem Erstlingswerk gibt es eine Mutter, die Ärztin ist, aus deren Sicht die Geschichte erzählt ist und deren Kind plötzlich verschwunden ist. In diesem Fall ist Emma und ihr neugeborenes Baby Sam. Auch wenn sich hier Parallelen finden lassen, ist der Roman doch ganz anders. Ich würde sagen, dass es hier der Klappentext ein kleines Manko ist, denn er erzählt eigentlich schon die ganze Geschichte. Es bleibt scheinbar nur noch die Frage offen, was mit Sam passiert ist und ob Emma und ihre Familie ihn wiedersehen werden. Dennoch liegt hier in meinen Augen nicht der Fokus auf dem Verbrechen und der Ermittlung (es ist kein Krimi oder Thriller), sondern auf dem familiären Konstrukt.

Sowohl Emma als auch ihr Mann Adam sind Ärzte und leben für ihren Beruf. Es ist für beide nicht immer leicht, die Familie, zu diesem Zeitpunkt nur Alice und Zoë, und den Job unter einen Hut zu bekommen. Man spürt schon sehr deutlich, dass hier ein Ungleichgewicht vorliegt, denn Fokus liegt bei beiden doch mehr auf ihrem Beruf. Zwischen beiden spürt man auch eine gewisse Rivalität, die aber vor allem von Emma ausgeht. Als Adam das Angebot bekommt nach Botswana zu gehen, möchte Emma zunächst nicht mitkommen. Diese Entscheidung ist weniger zum Wohle der Kinder gefallen, sondern eher wegen der eigenen beruflichen Interessen: Es würde sie zurück werfen in der eigenen Forschung. Man spürt schon zu diesem Zeitpunkt, dass vor allem die ältere Tochter Alice darunter leidet. Ich hätte beide auch manchmal gerne geschüttelt und gebeten weniger auf die eigene Karriere fixiert zu sein.

Als die Familie dann doch geschlossen mit nach Afrika geht, beruhigt sich die Lage etwas. Alle scheinen etwas zur Ruhe zu kommen und die Kinder fühlen sich wohl. Die Geschichte wird zum Teil rückwärts erzählt und trifft dann ungefähr ab der Hälfte des Buches auf den Gegenwartsstrang zum dem Zeitpunkt als Sam verschwunden ist. Es werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn zu finden. Die Familie ist davon schwer traumatisiert und die Ehe von Emma und Adam droht daran zu zerbrechen. Die Autorin streut so ein paar Hinweise ein, was mit Sam passiert sein könnte, aber so richtig hat man keine Ahnung, obwohl man sich das Schlimmste ausmalt. Gut hat mir auch die Beschreibungen in Afrika gefallen. Ich konnte förmlich die Hitze auf der Haut spüren und die afrikanische Landschaft vor meinen Augen sehen.

Mein einziger Kritikpunkt ist hier das Ende bzw. die Auflösung. Das war mir ein bisschen zu sehr „Herr Zufall“, obwohl es gut gemacht war und ich auch mitgefiebert habe. Da hätte die Autorin ein bisschen mehr darauf hinarbeiten können, denn die Lage war ziemlich aussichtslos und mir war nicht klar, wie die Autorin das zu Ende bringen wollte. Es erschien etwas willkürlich.

FAZIT:
Jane Shemilt konnte mich diesem Buch wieder abholen, auch wenn es für mich nicht an das erste Buch heranreichte. Trotz minimaler Kritikpunkt ein intensives Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 25.05.2018

Eine besondere Geschichte

Die Ladenhüterin
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INHALT:
Die literarische Sensation aus Japan: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das ...

INHALT:
Die literarische Sensation aus Japan: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das Panorama einer Gesellschaft, deren Werte und Normen unverrückbar scheinen. Ein Roman, der weit über die Grenzen Japans hinausweist.
Keiko Furukura ist anders. Gefühle sind ihr fremd, das Verhalten ihrer Mitmenschen irritiert sie meist. Um nirgendwo anzuecken, bleibt sie für sich. Als sie jedoch auf dem Rückweg von der Uni auf einen neu eröffneten Supermarkt stößt, einen sogenannten Konbini, beschließt sie, dort als Aushilfe anzufangen. Man bringt ihr den richtigen Gesichtsausdruck, das richtige Lächeln, die richtige Art zu sprechen bei. Keikos Welt schrumpft endlich auf ein für sie erträgliches Maß zusammen, sie verschmilzt geradezu mit den Gepflogenheiten des Konbini. Doch dann fängt Shiraha dort an, ein zynischer junger Mann, der sich sämtlichen Regeln widersetzt. Keikos mühsam aufgebautes Lebenssystem gerät ins Wanken. Und ehe sie sichs versieht, hat sie ebendiesen Mann in ihrer Badewanne sitzen. Tag und Nacht.

MEINUNG:
Seit Die Vegetarierin und Geständnisse bin ich Fan von asiatischer Romane, die auch von asiatischen Schriftstellern geschrieben sind. Man taucht hier immer in völlig andere Gesellschafts- und Kulturformen ab. Vieles ist mit meiner europäisch geprägten Lebensweise oft kaum nachvollziehbar, aber gerade deswegen ist die Literatursparte so vielversprechend für mich.

Keiko ist in der Tat sehr speziell. Sie schätzt Ordnung bzw. geordnete Abläufe in ihrem Leben sehr. Die Arbeit im Konbini ist da genau das richtige für sie und Keiko liebt ihre Arbeit. Hier wird der Leser gleich mit diversen Vorurteilen konfrontiert, denn in der Regel ist der Job im Konbini nur als berufliche Zwischenlösung zu sehen und nicht als Job fürs Leben, wie er es für Keiko ist. Bei uns in Deutschland ist das wohl zum Teil vergleichbar mit den Jobs in der Gastronomie, wo Fachkräfte auch das eine oder andere Mal gefragt werden, was man noch so macht, als ob es nur ein Job ist, weil man Geld braucht oder gerade nicht das Passende findet. Die Akzeptanz ist hier für Keiko sehr gering.

Ein weiteres Problem ist auch, dass sie noch immer nicht verheiratet ist in ihrem Alter und dafür immer wieder Nachfragen oder spöttische Kommentare erntet. Keiko ist wie sie ist und lässt sich davon nicht wirklich aus der Bahn werfen. Sie ist eine liebenswerte Person, die aber scheinbar nur wenig Zugang zu ihrem Gefühlsleben zu haben scheint. Vieles, was für die meisten Menschen ganz selbstverständlich ist, auch gewisse zwischenmenschliche Verhaltensweisen, bleibt ihr fremd. Dadurch kommt es auch immer wieder zu der einen oder anderen lustigen Anekdote.
Keikos so wohl geordnetes Leben wird dann durch Shiraha gestört, auch wenn das für sie zunächst so gar nicht absehbar bar. Shiraha ist ebenso, aber anders seltsam. Ich empfand Shiraha tatsächlich als Störfaktor, aber ohne ihn gäbe es auch keine wirkliche Handlung in dem Buch. Keiko und er reiben sich aneinander und auch Keikos so geliebte Arbeit im Konbini gerät in Gefahr.

FAZIT:
Es ist eine sehr kurzweilige, aber einprägsame Geschichte für alle die gerne besondere Charaktere in Außenseiterrollen und Geschichte im asiatischen bzw. japanischen Kulturraum mögen. Bei mir bekommt es seinen Platz im Regal direkt neben Die Vegetarierin.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Konnte mich vollauf begeistern!

Ein anderer Morgen
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INHALT:
In letzter Zeit ist Eva Heinrich ein richtiges Biest: Sie raunzt die hilfsbereite Arbeitskollegin an und setzt den Hamster ihrer Kinder aus, sucht im Netz nach einem One-Night-Stand und kippt ihrem ...

INHALT:
In letzter Zeit ist Eva Heinrich ein richtiges Biest: Sie raunzt die hilfsbereite Arbeitskollegin an und setzt den Hamster ihrer Kinder aus, sucht im Netz nach einem One-Night-Stand und kippt ihrem Mann Abführmittel ins Bier. Dabei führt sie seit 15 Jahren eine gute Ehe mit Peter, ist Mutter zweier toller Kinder, hat einen riesigen Freundeskreis und ist gerade Abteilungsleiterin geworden. Warum kann sie nicht einfach glücklich sein? Eine unerwartete Wendung nimmt ihr Leben, als sie in der Silvesternacht Anna, die Freundin ihres Chefs, kennen- und lieben lernt.

MEINUNG:
Ich habe von Carolin Hagebölling bereits Der Brief gelesen und habe es sehr gemocht. In diesem Roman beschäftigt sie sich mit der Frage was wäre, wenn das Leben der Protagonistin anders verlaufen wäre und wie es dann sein könnte. Ein anderer Morgen fällt fast in die gleiche Kategorie und ist trotzdem gänzlich anders aufgebaut.

Das schmale Büchlein ist in zwei Teile aufgeteilt: In Du und in Ich. Der erste Teil wird von Protagonistin Eva aus Du-Sicht erzählt, einer relativ ungewöhnlichen, aber mir nicht völlig fremden Erzählweise. Durch Du-Sicht wirkt Eva sehr distanziert gegenüber ihrem eigenen Leben, was vermutlich auch genau damit von der Autorin bezweckt werden sollte. Man spürt mit jeder Seite, dass Eva zwar ein fast rund um sorgloses, abgesicherter Leben mit Mann und zwei Kindern führt, aber dennoch nicht glücklich ist. Von außen betrachtet mag das vielleicht nicht nachvollziehbar sein und ich kann mir gut vorstellen, dass es einigen Lesern auch so damit geht, aber man sollte bedenken, dass vielleicht nicht jeder mit der klassischen Lebenskonstellation, Ehe, Haus und Kinder, ausgefüllt, zufrieden und glücklich ist. Eva gehört scheinbar auch nicht dazu. Trotz der relativ geringen Seitenanzahl schafft es die Autorin ein sehr genaues Bild von Eva und ihrer Lebenssituation zu zeichnen. Ich habe diesen ersten Abschnitt wie im Bann gelesen. Natürlich spürt man, dass sie da etwas zusammenbraut. Dieser erste Teil endet mit der Begegnung mit Anna.

Im zweiten Teil spricht Eva zu uns aus der Ich-Perspektive und wir kommen ihr so viel näher. Auch Eva selbst ist sich wieder näher und das alles liegt an Anna, mit der sie eine Affäre beginnt. Fremdgehen finde ich grundsätzlich nicht gut, aber es wird hier nicht schöngeredet und kommt doch auch immer wieder in der Realität vor. Die Konsequenzen daraus sind häufig verheerend für alle Beteiligten, vor allem für Evas Kinder. Auch das wird hier gezeigt als die ganze Sache herauskommt. Dennoch ist Eva sehr glücklich mit Anna. Ich finde es großartig, dass die Geschichte genauso konstruiert ist, wie sie es ist und dass die Liebe zwischen Frauen hier thematisiert wird. Carolin Hagebölling verpackt das aber ohne großen Aufhebens als wäre es etwas ganz Natürliches, was es ja auch ist. Gerade in dieser Ehrlichkeit gegenüber der Alltäglichkeit liegt die große Stärke des Romans. Von dieser Art Geschichte dürfte es gerne mehr geben!

FAZIT:
Mit Ein anderer Morgen konnte mich Carolin Hagebölling noch mehr begeistern als sie es schon mit Der Brief tat. Auch wenn die Geschichte kurz und nicht völlig neu ist, war ich davon absolut begeistert, denn viele Botschaften sind hier einfach wichtig. Mir gefiel auch das Ende sehr gut! Ich freue mich auf den nächsten Roman der Autorin!