Profilbild von eulenmatz

eulenmatz

Lesejury Star
offline

eulenmatz ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit eulenmatz über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.10.2016

Sommerlektüre für zwischendurch

Für einen Sommer und immer
0

Als Annikas Mutter ihr erzählt, dass sie schwer krank ist und bald sterben wird, will Annika nur noch eins: weg, und zwar schnell. Sie nimmt ihren lange überfälligen Urlaub und flüchtet sich in ein abgeschiedenes ...

Als Annikas Mutter ihr erzählt, dass sie schwer krank ist und bald sterben wird, will Annika nur noch eins: weg, und zwar schnell. Sie nimmt ihren lange überfälligen Urlaub und flüchtet sich in ein abgeschiedenes Dorf in den Südtiroler Dolomiten. Doch im Entspannen war die dreißigjährige Karrierefrau noch nie sonderlich gut, und schon nach einem Tag fällt ihr in ihrem schicken Hotel die Decke auf den Kopf. Um der erdrückenden Leere in ihrem Inneren zu entkommen, beschließt sie, sich beim Gipfelstürmen auszupowern, und nimmt sich kurzentschlossen einen Bergführer. Samuel ist vollkommen anders als alle Männer, die Annika je kennengelernt hat. Seine Liebe zu den Bergen ist mitreißend, ansteckend, und bald bemerkt Annika, dass sie mit jedem Meter, dem sie sich der Bergspitze nähert, auch ihrem eigenen Herzen näher kommt …

Der Roman wird aus der Sicht von Annika erzählt. Grundsätzlich etwas, was ich sehr schätze, da man so einen sehr guten Einblick auf Persönlichkeit bekommt. Doch wie so oft bei weiblichen Protagonistinnen dieser Genres, sind diese Gedankengänge oft auch anstrengend auf die Dauer. Gerade eine Person wie Annika macht sich ständig Gedanken über alle und vor allem über sich selbst und malt sich die wildesten Szenarien aus. Annika ist grundsätzliche eine schwierige Person, die für mich über den gesamten Roman sehr widersprüchlich blieb. Zunächst wird deutlich, dass sie sehr leistungsorientiert ist und einen Hang zum Perfektionismus hat. Sie erscheint sehr kühl bis total zickig. Warum Annika so ist, wird auch klar, aber dennoch habe ich oft zwischen Mitleid und völligem Unverständnis geschwankt für ihr Handeln und Denken. Doch Annika beginnt während der Reise über sich selbst zu reflexieren und kommt zu dem Schluss, dass sie etwas ändern muss in ihrem Leben und an sich selbst. Das hängt vor allem mit der Bekanntschaft von Samuel zusammen, natürlich. Er rüttelt etwas in ihr wach. Die „neue Annika“ kommt ziemlich schnell, aber sie fällt auch wieder in alte Gedanken- und Verhaltensmuster zurück, was dem Ganzen eine Prise Authentizität verleiht. Eine Veränderung von heute auf morgen wäre unglaubwürdig gewesen. Dennoch konnte ich mich auch mit der „neuen Annika“ nicht wirklich anfreunden. Vieles war mir einfach zu stereotypisch und vorhersehbar.

Bei Samuel dagegen hat mir ein wenig die Vielschichtigkeit der Persönlichkeit gefehlt. Außer, dass er die Berge und rasante Expeditionen über alles liebt und dafür sogar auf eine Beziehung verzichtet, erfährt man nicht so viel von ihm.

Annikas Mutter und Maria gefielen mir am besten, denn beide bewiesen Einfühlungsvermögen und nachvollziehbares Handeln. Gut gefallen hat mir die Annäherung zwischen Annika und ihrer Mutter, die im Sterben liegt. Annika, die das Gefühl hatte von ihren Eltern nicht richtig geliebt worden zu sein, bekommt erstmals das Gefühl, dass dem nicht so ist. Das Thema Abschied wurden im Roman sehr einfühlsame aufgenommen und verarbeitet. Unerklärlich blieb mir aber, dass Annika die Tatsache, dass ihre Mutter im Sterben liegt solange vor Samuel geheim gehalten hat.

Mir gefiel hier ganz besonders gut das Setting in den Bergen und die Wanderungen, aber das war es leider auch schon an wirklichen Highlights. Vollends emotional fesseln konnte mich das Buch leider nicht. Auch das Ende wurde für mich ein paar wenigen Seiten zu schnell abgehandelt und ein Stück weit zu kitschig ist im Vergleich zum Rest des Romans.

Es ist eine nette Sommerlektüre für zwischendurch, die zum Teil vorhersehbar ist und sich durch eine Protagonistin auszeichnet, die nicht ganz einfach ist. Dennoch werden auch schwierige Themen werden einfühlsam betrachtet.

Veröffentlicht am 11.10.2016

Spannend, aber unsympathische Charaktere

Das gute Kind
0




Vor 18 Jahren erschütterte der Mord an einer Mutter und ihrer wenige Monate alten Tochter die Öffentlichkeit. In einem Indizienprozess wurde der mutmaßliche Mörder zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. ...




Vor 18 Jahren erschütterte der Mord an einer Mutter und ihrer wenige Monate alten Tochter die Öffentlichkeit. In einem Indizienprozess wurde der mutmaßliche Mörder zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Fast zwei Jahrzehnte später steht eine junge Frau vor der Tür der suspendierten Kriminalkommissarin Femke Sundermann und behauptet, das Baby von damals zu sein. Woher kommt die mysteriöse Frau? Sagt sie die Wahrheit? Entgegen aller Ratschläge rollt Femke den abgeschlossen geglaubten Kriminalfall wieder auf. Die Entdeckungen sind so unglaublich, dass dafür mehrere Menschen mit dem Leben bezahlen müssen ...

Auf dem Cover sieht man einen toten Vogel. Dieses Motiv wiederholt sich auch auf der Rückseite und den Innenseiten des Buches. Als ich mit dem Buch fertig war, habe ich noch einmal darüber nachgedacht, wie der Vogel mit der Handlung im Zusammenhang stehen könnte. Ehrlich gesagt, erschließt sich das mit leider nicht. So ist zwar ein interessantes Cover, aber der Zusammenhang fehlt eben.

Die Kapitel des Buches sind relativ kurz. Das hat mir recht gut gefallen, da es enorm den Spannungsbogen erhöht hat, aber manchmal auch etwas störend war. So waren viele Seiten auch mit ein paar Zeilen bedruckt, was das Buch natürlich unnötig dick macht, wenn man bei 300 Seiten von dick überhaupt sprechen kann.

Die Erzählform ist fast im ganzen Roman die Ich-Perspektive von Femke Sundermann. Dies wird nur stellenweise unterbrochen von personalen Erzählern von anderen Romanfiguren. Auch das hat mir gefallen, aber es wurde im Verlauf des Romans immer weniger und wirkte relativ willkürlich gewählt.

Das Buch baut einen sehr guten Spannungsbogen auf, was besonders gut durch die kurzen Kapitel gelingt. Auch das Ende habe ich als geschulter Thriller- und Krimileser so nicht erwartet und es kam sehr überraschend. So überraschend allerdings, dass die Handlung nicht darauf hingearbeitet hat, sondern es kam wie ein Knall und wurde in ein paar Seiten abgehandelt und dann war das Buch zu Ende. Bei mir hat es so einige Fragen offen gelassen und manches ist für mich völlig unverständlich gewesen. An sich bin ich ein großer Fan von technischen und wissenschaftlichen Erklärungen. So schreibt Helge Thielking relativ ausführlich über u.a. Obduktionen, Tatortrecherchen und Gesichtserkennungen. Was mich daran störte, ist die Tatsache, dass Helge Thielking kein Mann vom Fach ist, so wie Kathy Reichs. Aus diesem Grund klang es für alles relativ abgeschrieben und hätte an dieser Stelle nicht sein müssen. Romane kommen auch ohne fachliche Erklärung aus.

Was mich am meisten an diesem Roman gestört hat, war die Hauptperson Femke Sundermann. Der Leser erfährt zu Anfang, dass Femke gerade einen schweren Verlust erleiden musste. Solch einen Frauenrolle kommt ja in so einigen Roman vor. Dennoch spielt dieser Verlust überhaupt keine Rolle für die eigentliche Handlung. Da Femke bereits ihre Freundin und dessen Baby vor 18 Jahren verloren hat, fand ich das an der Stelle einfach auch zu viel des Guten. Ich gehe eher davon aus, dass Femke hier eine gebrochene Frau darstellen sollte. Thielking gelingt es aber nicht diese stringent durch den ganzen Roman durchzuziehen. Ich fand die Darstellung ab Mitte des Romans nicht mehr authentisch und man spürte auch nichts mehr von ihrem Leiden und ihrer Trauer im weiteren Verlauf des Romans. Das ging mir auch vielen anderen Charakteren so. Femke selber ist Hauptkommissarin bei der Polizei, wenn auch suspendiert. Dennoch greifen sowohl sie als auch ihr Kollege zu sehr unkonventionellen Ermittlungstechniken, welche sehr ich fragwürdig fand und natürlich kommen beide damit durch. Für meinen Geschmack alles ziemlich rosarot und unrealistisch. Auch der Ton ist sehr derb und aggressiv in einigen Dialogen. Anfangs fand ich das noch erfrischend, gegen Ende hat es mich nur noch genervt. Zusammenfassend fand ich alle Charaktere recht oberflächlich und wenig authentisch dargestellt. Ich mochte keinen wirklich gerne.

Zusammenfassend hat das Buch für die Handlung, auch wenn es einige Ungereimtheit gab, eigentlich 4 Sterne verdient. Die Handlung war unvorhersehbar und sehr komplex. Ein Stern Abzug für die deplatzierten wissenschaftlichen Erläuterungen und für das abrupte Ende, welchem die nötigen Tiefe gefehlt hat. Ich gebe aber auf Grund der unsympathischen und wenig authentischen Figuren, vor allem der Hauptperson, nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 11.10.2016

Mehr Fitzek und weniger reißerischer James-Bond-Verschnitt wäre schön gewesen...

Das Joshua-Profil
0

Der erfolglose Schriftsteller Max ist ein gesetzestreuer Bürger. Anders als sein Bruder Cosmo, der in der Sicherheitsverwahrung einer psychiatrischen Anstalt sitzt, hat Max sich noch niemals im Leben etwas ...

Der erfolglose Schriftsteller Max ist ein gesetzestreuer Bürger. Anders als sein Bruder Cosmo, der in der Sicherheitsverwahrung einer psychiatrischen Anstalt sitzt, hat Max sich noch niemals im Leben etwas zuschulden kommen lassen. Doch in wenigen Tagen wird er eines der entsetzlichsten Verbrechen begehen, zu denen ein Mensch überhaupt fähig ist. Nur, dass er heute noch nichts davon weiß ... im Gegensatz zu denen, die ihn töten wollen, bevor es zu spät ist. (Quelle: Amazon).

Der Roman ist zu großen Teilen aus der Sicht von Max als Ich-Erzähler und Lola als personaler Erzähler sowie aus der Sicht von weiteren Personen, die aber nur einmalig bzw. bis 3 bis 4 Mal auftauchen, geschrieben. Vor allem bei Jola lesen wir seitenweise, wie sie versucht die Umgebung war zu nehmen, sich zu befreien und wieder wird es dunkel. Ich fand diese Kapitel zu lang und sehr ermüdend, da sie keinerlei Spannung erzeugt haben. Außerdem ist Jola erst 10 Jahre alt und wenn man ihren Gedanken während der Kapitel so folgt, dann erscheint sie schon wesentlich älter. Auch ihre scheinbar überhaupt nicht vorhandene Angst verleiht ihrer Romanfigur wenig Tiefe und Authentizität. Auch Maxs Frau Kim spielt keine entscheidende Rolle. Ganz im Gegenteil ist sie eine gefühlskalte, egoistische Person, die sich nicht wirklich um das Verschwinden von Jola sorgt. Weiterhin gibt es noch den Anwalt Christoph Marx, genannt „Toffi“, eine völlig überzogen dargestellten Anwalt von 1,55-Metern Körpergröße, 90kg schwer, mit FlipFlops und Bermudas unterwegs und eine riesigen Klappen. Falls das als unkonventionell rüber kommen sollte, dann hat es mich so nicht erreicht. Ich fand es eher völlig überzogen und eher zum „Fremd schämen“.

Die Charaktere Max, Cosmo und Frida kommen weniger wie normale Menschen rüber. Denn sie haben plötzlich Fähigkeiten wie James Bond und könnten z.B. ein Boot selbst steuern und mit Waffen umgehen. Dies erscheint wenig glaubwürdig und authentisch. Selbst bei den Waffen, die nur mit biometrischen Fingerabdruck erkannt werden konnte, musste ich ein weiteres Mal an den letzten James Bond „Skyfall“ denken (so wie bei den vielen Verfolgungsjagden ebenfalls).

Der Roman greift wichtige und aktuelle Themen auf wie Big Data, Predictive Policing auf der einen Seite als auch Pädophilie, Misshandlung und Missbrauch an Kindern auf der anderen Seite. Meiner Meinung nach hätte Fitzek es hier aber etwas verhoben, zumal ungefähr 250 Seiten nicht wirklich Zeit zum Reden und Erklären ist, dann die Romanfiguren nur mit Fliehen, Verteidigen und Jagen beschäftigt sind. Mich konnten diese brisanten Themen einfach nicht erreichen. Was vor allen an den schwachen Romanfiguren liegt. Vor allem die Personen, die Joshua erschaffen haben und solche, die es bekämpfen wollten erschienen farblos und konnten mich von ihren Idealen nicht einnehmen. In Fitzek-Romane sind diese oft absolute Fanatisten. Es fehlte auch eine prägnanten Dialogen und „Ruhephasen“ in Form von Gedankengängen, in denen „Recherchen“ betrieben werden und Zusammenhänge erkannt worden hätten können.

Sebastian Fitzeks Romane hinterlassen bei mir eigentlich immer eine gewisse Beklemmung, auch weil die Romane oft nicht gut ausgehen für den Protagonisten (z.B. beim Augensammler). Selbst die prekären Themen wie Kindesmisshandlung und –missbrauch hinterließen dieses Gefühl erst am Ende des Romans. Die letzten 50 Seiten waren für die auch die einzigen, die so typisch Fitzek waren. Gut gefallen haben mir auch seine Erklärungen, warum er gewisse Themen immer wieder aufgreift. Gut hat mir auch die Idee mit dem Roman gefallen und dass dieser auch tatsächlich erschienen ist, macht das ganze einfach rund. Es ist nicht zwingend notwendig „Die Blutschule“ vorher zu lesen, aber ich durch das Vorab-Lesen doch vieles besser nachvollziehen können. Ich muss leider, leider sagen, dass mit diese tatsächlich besser gefallen hat.

Ich hab bisher alle Roman von Fitzek gelesen und bin quasi Fan der ersten Stunde, dennoch musste ich mich zum aller ersten Mal durch den Roman quälen. Schon sein Vorgänger Roman „Passagier 23“ konnte mich nicht restlos überzeugen, dennoch war dieser spannend und mit vielen Wendungen. Bei „Das Joshua-Profil“ allerdings habe ich ca. 300 von 400 Seiten nur endlose Verfolgungsjagden und Gewaltorgien gelesen. Beim Lesen musste ich oft an einen US-amerikanischen (Action-) Thriller denken, bei dem es viel Action gibt, aber nicht wirklich eine Handlung. Dennoch gibt es durchaus unerwartet Wendungen. Doch auch diese leider erst auf den letzten 50 Seiten (typisch Fitzek) und auch erst dort konnte mich der Roman etwas fesseln.