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Veröffentlicht am 06.03.2024

Ermittlung aus dem Jenseits

Over My Dead Body
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Alles muss sie selber machen - sogar den eigenen Mord aufklären! Das ist die Erkenntnis der kürzlich verstorbenen Notfallmedizinierin Miriam Price, Hauptfigur von Maz Evans von britischem Humor durchtränkten ...

Alles muss sie selber machen - sogar den eigenen Mord aufklären! Das ist die Erkenntnis der kürzlich verstorbenen Notfallmedizinierin Miriam Price, Hauptfigur von Maz Evans von britischem Humor durchtränkten Cozy-Krimi "Over my dead body". Ich-Erzählerin Miriam hat es zu Lebzeiten ihren Mitmenschen nicht leicht gemacht. Ihre Art kommt auf andere vermutlich eher schroff und ein wenig menschenfeindlich rüber, ihr Alkoholkonsum macht es auch nicht leichter. Selbst die Mühe, sich die Namen ihrer Medizinstudentinnen zu merken, macht sie sich nicht - man kann die jungen Leute ja auch durchnummerieren.

Jetzt allerdings hat Miriam andere Probleme, abgesehen vom Tot-Sein und ihrem kürzlich erworbenen Status als Geist: So lange ihr Tod als Missgeschick gilt, ist sie gewissermaßen zu einer jenseitigen Zwischenexistenz gezwungen und kann erst in die Ewigkeit mit all ihren Freuden einziehen, wenn sie ihre ursprünglich voraussichtliche Lebenserwartung im einer Art Wartezimmer verbracht hat. Immerhin rund 50 Jahre - für so etwas fehlt Miriam einfach die Geduld.

Sie ist sicher - die Tabletten, die sie vor ihrem Tod mit reichlich Alkohol zu sich nahm, wurden ihr verabreicht. Es war Mord - kein Unfall oder Selbstmord, wie alle anderen zu glauben scheinen. Ehe der offizielle Leichenbeschauer sein Urteil fällt, muss sie also irgendwie den Täter oder die Täterin finden - gar nicht so leicht, wenn man ein Geist ist.

Da ist zum einen das Kommunikationsproblem - zwar kann Miriam verfolgen, was ihre beste Freundin, ihr Ehemann, ihr woker Bruder und andere über sie zu sagen haben, doch nur Menschen, die selbst in wenigen Tagen sterben werden, können sie sehen und hören. Dabei handelt es sich ausgerechnet um die Nachbarin, mit der Miriam jahrelang in Fehde lag. Als Witwe eines Polizeibeamten und eifrige Krimiserien-Zuschauerin hat diese allerdings ungeahnte Talente, wie Miriam widerwillig eingestehen muss.

Wie sich dieses ungleiche und ständig kabbelnde Ermittlerduo zusammenfindet und Miriam bei der Suche nach der Wahrheit auch einige schmerzliche Selbsteinsichten gewinnt - das ist höchst vergnüglich zu lesen und gleitet dabei weder ins Platte noch ins Sentimentale ab. Hinzu kommen die menschlich-allzumenschlichen Gestalten im Jenseits. Miriam wird als Geist noch so einiges andere gerade zu rücken haben als nur die Wahrheit über ihren eigenen Tod. Wie das geschieht, erzählt Evans unterhaltsam und mit trockenem Humor. Dabei nimmt sie Helikoptermütter ebenso auf die Schippe wie Über-Wokeness. Mir hat es viel Spaß gemacht, Miriam bei ihren Ermittlungen zu begleiten. Auch wenn sie ihren eigenen Fall aufklärt - irgendwie hoffe ich, dass dies nicht das letzte ist, was ich von der Geisterdetektivin zu lesen bekomme.

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Veröffentlicht am 05.03.2024

Rückblick eines Kultur-Expats

Geheimnis der Rückkehr
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Stephan Wackwitz hat was von der Welt gesehen - nicht als Tourist, sondern als Expat in Sachen Kultur für das Goethe-Institut. Mehr als ein Vierteljahrhundert lebte er in ganz unterschiedlichen Ländern, ...

Stephan Wackwitz hat was von der Welt gesehen - nicht als Tourist, sondern als Expat in Sachen Kultur für das Goethe-Institut. Mehr als ein Vierteljahrhundert lebte er in ganz unterschiedlichen Ländern, nach dem Studium in London in Tokio und New York, in Krakau, Bratislava, Tbisli und Minsk. Vom Leben im Ausland träumte er schon als Jugendlicher, wollte raus aus der schwäbischen Enge. Wie hat die Erfahrung den Blick auf die Welt, aber auch auf das eigene Land verändert? Wie ihn verändert, geprägt, genervt? Geschrieben ist das Buch nach der Rückkehr, als sich Wackwitz in Berlin eine neue Heimat schafft. Doch ist die überhaupt auffindbar nach so vielen Ortswechseln?

In seinen Erinnerungen erfahren die Leser nur begrenzt über die Lebensumstände, wer selber Auswanderungswünsche hegt und auf Tipps und Erfahrungswerte hofft, dürtte enttäuscht werden. Denn es geht vor allem um philosophierende Selbstreflektion, groß-bildungsbürgerlichen Sprachgebrauch (trotz einer kurzen marxistischen Vergangenheit), kurz, hier finden sich mehr Selbst-Analyse und Nabelschau als Betrachtungen anderer Gesellschaften und Kulturen. Es sind persönliche und personalisierte Erlebnisse und Begegnungen, die im Vordergrund stehen. Und vielleicht ist auch die Arbeitserfahrung für Wackwitz nicht so wichtig gewesen wie die Schriftstellerei.

Ich habe das Buch trotzdem mit Interesse gelesen. Offenbar waren wir sogar Ende der 90-er Jahre / Anfang der 2000-er für mehrere Jahre im gleichen Land - Wackwitz als Leiter des Goethe-Instituts in Krakau, ich in Warschau, in einer Zeit, in der ziemlich viel passierte mit der EU-Osterweiterung und dem Nato-Beitritt der baltischen und ostmitteleuropäischen Staaten.

Man kann beim Lesen erkennen, dass Wackwitz von der Aufbruchstimmung in der Region fasziniert war - es ist sicher kein Zufall, dass er in den Folgejahren immer wieder in dem Teil Europas arbeitete und lebte, der einst zum sowjetischen Machtbereich gehörte. Umso mehr verwundert es allerdings, dass in großen Strecken des Buches von Osteuropa die Rede ist - eine Verortung, die in Polen, der Slowakei und den anderen westorientierten Gesellschaften der einstigen Warschauer Pakt-Staaten ungewünscht und ungeliebt war.

Es wäre interessant gewesen zu lesen, wie die Herausforderungen für Wackwitz´ Arbeit waren, gerade angesichts des Wandels weg von den so schwer erkämpften Freiheiten, wie wir sie in den letzten Jahren etwa in Polen und Ungarn gesehen haben. Doch vieles bleibt anekdotisch, auf persönliche Freundschaften zu Künstlern und Intellektuellen bezogen. Überhaupt - wie viel Alltagserfahrung sind in dieses Vierteljahrhundert Auslandsleben eingeflossen? Da ist für mich vieles vage geblieben, zu selbstverliebt in die essayistische Form, Wahrscheinlich waren meine Leseerwartungen einfach zu verschieden von den Schreiberwartungen des Autors.

Veröffentlicht am 05.03.2024

Wer schoss auf den Präsidenten?

Die Kugeln des Bösen
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Verschwörung, Triaden und Schüsse auf den Präsidenten - Mit "Die Kugeln des Bösen"sorgt Chang Kuo Li für eine interessante Mischung. Ein Kommissar im Ruhestand und ein ehemaliger Scharfschütze müssen zusammenarbeiten ...

Verschwörung, Triaden und Schüsse auf den Präsidenten - Mit "Die Kugeln des Bösen"sorgt Chang Kuo Li für eine interessante Mischung. Ein Kommissar im Ruhestand und ein ehemaliger Scharfschütze müssen zusammenarbeiten und wenige Tage vor der Präsidentenwahl in Taiwan herauskriegen, wer in der heißen Phase des Wahlkampfs auf den Präsidenten geschossen hatte - der mit einer Fleischwunde davon kam. Viel dringender ist für das Ermittlerduo die Frage: Wer lockte den Scharfschützen Alex mit einer angeblich von Ex-Kommissar Wu stammenden Nummer an den Tatort, damit Alex prompt unter Tatverdacht gerät?

Das könnte ein Feuerwerk a la "Bullet Train" werden und hat auch zahlreiche spannende und dramatische Momente, doch gleichzeitig erzählt Li lässig und abgeklärt, ironiegetränkt und mit einem gewissen Augenzwinkern. In manchen Momenten ist das perfekte Gericht oder Gebäck wichtiger als der aktuelle Fall, dann wiederum philosophiert Wu mit Triadenbossen über väterliche Pflichten oder mit dem stellvertretenden Polizeipräsidenten "Eierkopf" über Ballistik und Kaliber.

Alex muss sich seiner Vergangenheit stellen, Wu angesichts seines im Koma liegenden Vaters den Fragen von Sterblichkeit und unausweichbaren Entscheidungen. Die beiden unorthodoxen Ermittler und ihre Helfergruppe legen sich bei der Suche nach der Wahrheit mit dem Sicherheitsapparat, Wahlkampfstäben und dem organisierten Verbrechen an. Also jede Menge Konfliktpotenzial, rasant zusammengefügt und mit einem Hauch Zen gewürzt.

"Die Kugeln des Bösen" sind der zweite Band zu Wu und Alex und immer wieder gibt es Bezüge auf den Vorgängerband. Da habe ich beim Lesen zwar gemerkt, dass mir einige Feinheiten entgehen dürften, dennoch gab es genügend Erklärungen, um beim Lesen nicht in Sackgassen zu stranden.

Nachdem ich in der Vergangenheit bereits fasziniert von noirmäßigen koreanischen Thrillern war, ist dieser Taiwan-Krimi ein weiteres spannendes asiatisches Lesevergnügen bei dem - so viel Chinesisch-Klischee muss sein - auch das Essen nie zu kurz kommen darf.

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Teilporträt einer Generation

Abschied von den Boomern
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Nicht nur in Gesprächen mit Millenials kommt der Eindruck auf "Boomer" ist nicht schmeichelhaft gemeint. Ein Clash zwischen den Generationen ist zwar nicht ganz neu, aber irgendwie scheint es mitunter, ...

Nicht nur in Gesprächen mit Millenials kommt der Eindruck auf "Boomer" ist nicht schmeichelhaft gemeint. Ein Clash zwischen den Generationen ist zwar nicht ganz neu, aber irgendwie scheint es mitunter, als seien Boomer an allem Übel der Welt schuld, vor allem dem Klimawandel und der Umweltzerstörung. Als seien Nazi-Großeltern allemal leichter zu vergeben als Boomer-Eltern. Als handele es sich um arbeitsbesessene Materialisten, für die Work-Life-Balance ein Fremdwort ist. Und die von aller Wokeness ohnehin unerreicht sind.

Mit "Abschied von den Boomern" hat Heinz Bude nun als Betroffener ein Porträt einer Generation erstellt, die aufgewachsen ist mit dem Kalten Krieg und dem Gleichgewicht des Schreckens, mit Friedens- und Umweltbewegung (Ja, liebe F4F-Generation, es gab da schon vor 50 Jahren was... ich sage nur Gorleben, Brokdorf, AkW-Nee und Republik Freies Wendland!), mit AIDS vor ARV-Medikamenten und Tschernobyl in der damals noch sowjetischen Ukraine.

Beim Lesen wird allerdings auch klar - selbst innerhalb einer Generation unterscheiden sich die Perspektiven, gerade auch in den geburtenstarken Jahrgängen der Jahre 1955 bis 1970. Denn Bude bezeichnet sich als früher Boomer. Seine Eltern haben den Nationalsozialismus noch bewusst erlebt, er kannte als Kind noch Trümmergrundstücke.

Die Erfahrung, dass es vom eigenen Jahrgang irgendwie immer viel zu viele gab, um Beachtung zu finden, machte auch er schon. Aber wie es den späten Boomern ging, davon ist gar nicht die Rede - dass die Schulklassen stets überfüllt waren und es trotzdem keine zusätzlichen Lehrer gab, weil ja der Pillenknick absehbar war. Und das nach dem Schulabschluss "no future" kein philosophisches Prinzip war, sondern die frustrierende Erkenntnis, dass die älteren Boomer, die Ausbildung und Uni zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen hatten, gute Jobs auf Jahrzehnte besetzt halten wurden.

Die den Boomern nachgesagte Arbeitswut entsprach nicht der hohen Motivation oder dem Desinteresse an work-life-Balance oder sabbathicals, sondern dem oft gehörten Satz - Wenn du den Job nicht willst, draußen auf der Straße stehen hunderte, die ihn verzweifelt wollen. Das kann sich eine Generation, die in Zeiten des Auszubildentenmangels hofiert wird wie keine vor ihnen und tatsächlich Bedingungen zu einem ihr genehmen Arbeitsplatz stellen kann, wohl kaum vorstellen. Und auch bei Bude kommt diese für meine Boomer-Generation sehr prägende Erfahrung kaum vor.

Vermutlich nur historisch ist für jüngere Leser, die sich mit dem Phänomen Boomer auseinandersetzen wollen, die ständige Nähe einer Apokalypse. Der Klimawandel ist zwar auch schrecklich, hat aber eine langfristige Perspektive. Die Pershing Missiles und SS 20-Raketen in den amerikanischen und sowjetischen Raketendepots in der Bundesrepublik und der damaligen DDR dagegen waren eine Realität, die die Angst vor dem großen Knall schürte.

Auch wenn das Buch nur ein Teilporträt der Boomergeneration ist, war das Lesen doch ein Trip down memory lane. Noch ein Unterschied zur Generation des Autors: Während sein Jahrgang frühzeitig als silver ager das Leben im Ruhestand genießen kann, ist für meine Boomergeneration weder die Rente absehbar sicher noch absehbar, ob die Lebensarbeitszeit über das 67. Lebensjahr nicht doch noch weiter hinausgeschoben wird. Für Boomer und andere Generationen dennoch eine insgesamt interessante Lektüre.

Veröffentlicht am 01.03.2024

Zwei Küchenchefs als Ermittler

Ein Häppchen Mord
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Sie betreiben Restaurants auf gegenüberliebenden Straßenseiten, doch da erschöpft sich zunächst schon die Ähnlichkeit zwischen der arbeitsbersessenen Engländerin Camilla und Peppino, der im elterlichen ...

Sie betreiben Restaurants auf gegenüberliebenden Straßenseiten, doch da erschöpft sich zunächst schon die Ähnlichkeit zwischen der arbeitsbersessenen Engländerin Camilla und Peppino, der im elterlichen Restaurant gegenüber in der Küche das Sagen hat, nachdem er wegen der Demenzerkrankung seines Vaters seinen Job als Kriminalkommissar ruhen lässt. La Famiglia geht schließlich vor. Doch während das italienische Familienlokal in der Nachbarschaft alteingesessener Treffpunkt ist, will sich Camilla mit veganer Küche einen Stern erkochen.

Zunächst einmal sind sich die Nachbarn in Tim Bergers Cozy-Krimi "Ein Häppchen Mord" nicht sonderlich gewogen, führen sogar eine Art Salsicchia-Komnkurrenzkampf gegeneinander - einmal mit der veganen Variante, einmal klassisch mit Speck und Fleisch. Bis dann eben beide einen toten Restaurantgast zu beklagen haben beschließen, gemeinsam zu ermitteln, mit durchaus unorthodoxen Methoden und Verbündeten aus der Unterwelt.

Der Betreiber einer ums Überleben kämpfenden Wurtsmanufaktur, ein boxender Schlachter, ein vegetarischer Metzger-Azubi ergänzen das Personal dieses Romans, der leider allzu konstruiert daher kommt. Irgendwie ist alles recht voraussehbar, bedient Stereotype und lässt damit letztlich an Originaliät und Überraschungseffekten fehlen. "Ein Häppchen Mord" ist ganz nett, aber mehr auch nicht.