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Veröffentlicht am 27.01.2023

Zeugnisse des Grauens

Briefe aus der Hölle. Die Aufzeichnungen des jüdischen Sonderkommandos Auschwitz
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Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das deutsche Vernichtungslager Auschwitz. Die Krematorien waren zu diesem Zeitpunkt bereits gesprengt, die Mehrheit der Häftlinge auf den berüchtigten ...

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das deutsche Vernichtungslager Auschwitz. Die Krematorien waren zu diesem Zeitpunkt bereits gesprengt, die Mehrheit der Häftlinge auf den berüchtigten Todesmärschen weiter westlich getrieben worden und diejenigen, die als krank und schwach zurückgelassen worden waren, verdankten ihr Überleben dem schnellen Vormarsch der sowjetischen Truppen. Denn eigentlich sollten keine Zeugnisse der deutschen Verbrechen übrigbleiben.

Ein ganz besonderes Zeugnis, gewissermaßen der letzte Blick auf die Opfer, sind die Briefe des sogenannten Sonderkommandos. Ihm gehörten Häftlinge an, die an den Gaskammern, in den Krematorien von Auschwitz arbeiten mussten, die sahen, was andere Insassen zwar wussten, was sie aber erst dann sahen, wenn sie selbst zu den "Duschen" befohlen wurden.

Als Mitwisser und Augenzeugen waren auch die Mitglieder des Sonderkommandos Todeskandidaten, wie ihnen selbst nur zu klar war. Einige versuchten, Zeuge zu sein für eine Nachwelt, zu der sie nicht gehören würden. Sie hofften, dass die Täter eines Tages zur Rechenschaft gezogen würden, dass Juristen und Historiker auf Spurensuche gehen würden. Ihre Aufzeichnungen, verschlüsselt, versteckt, vergraben auf dem Lagergelände, überdauerten. Einige dieser Briefe von Angehörigen des Sonderkommandos sowie von Lagerhäftlingen bilden die Grundlage des Hörspiels "Briefe aus der Hölle".

Es ist harte Kost. Denn egal, wie bekannt die Zahlen und Fakten über die Schoah sein mögen, das Geschichtsbuchwissen über Auschwitz-Birkenau - in den Aufzeichnungen bekommt das Grauen ein Gesicht. Gerade weil die Autoren völlig illusionslos über ihr eigenes Schicksal schreiben, über die qüälende "Arbeit", die Zustände im Lager in wenigen Worten umreißen, Begegnungen schildern, den Umgang mit den Leichen und die apokalyptischen Szenen des Krematoriums, sind diese Texte so eindringlich. Es ist wohl unvorstellbar, was der Einsatz mit den Menschen des Sonderkommandos gemacht hat. Oder wieviel Mut es gekostet haben mag, Zeugnis für die Welt abzulegen, die Auschwitz nie so erfahren würde wie sie, die womöglich behaupten würde, so etwas sei doch gar nicht möglich, weil ein solches Ausmaß der Unmenschlichkeit die Vorstellungskraft sprengt.

Die "Briefe aus der Hölle" werden vom Verlag als Hörspiel bezeichnet, doch alles Theatralische liegt ihnen fern. Die Sprecher - etwa Wolfram Koch, Robert Gallinowski und Martin Engler sprechen betont sachlich, lassen die Worte selbst wirken, Die Klang- und Musikuntermalung ist zurückgenommen. Wenn dann allerdings ein metallisch-krachendes Geräusch ertönt, so als werde eine Tür zugeschlagen, hat das etwas Beklemmendes,, visualisiert das Gehörte in der eigenen Vorstellungskraft.

Es mag sich unerträglich anfühlem, den Briefen zuzuhören. Aber gerade deshalb muss es sein. Nicht nur am Tag der Befreiung von Auschwitz, der auch der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist.

Veröffentlicht am 26.01.2023

Sumpf der Vergangenheit

Totes Moor (Janosch Janssen ermittelt 1)
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Es modert an allen Ecken in "Totes Moor", dem Rhön-Krimi von Lars Engels, der laut Verlagsangaben auch der Beginn einer neuen Serie ist. Da ist zum einen die Lage des Rhön-Städtchens Grimmbach am Roten ...

Es modert an allen Ecken in "Totes Moor", dem Rhön-Krimi von Lars Engels, der laut Verlagsangaben auch der Beginn einer neuen Serie ist. Da ist zum einen die Lage des Rhön-Städtchens Grimmbach am Roten Moor. Der junge Polizist Janosch Janssen ist mit sehr gemischten Gefühlen in seinen Heimatort und in sein marodes Elternhaus zurückgekehrt, um seiner unter Angststörungen leidenden Mutter unter die Arme zu greifen. Nur vorübergehend, wie er sich und allen anderen versichert. Es drängt ihn zurück nach Frankfurt, wo er seit seiner Ausbildung gearbeitet hat. In Grimmbach spürt er die Last schwerer Erinnerungen und einer schmerzlichen Vergangenheit.

Diese Vergangenheit aber tritt mit dem Fund einer Leiche im Moor wieder zutage. Die Tote war seit neun Jahren vermisst: Matilda, eine Mitschülerin von Janosch, der damals gerade das Abitur machte und heimlich für die schöne und extrovertirerte junge Frau schwärmte.

Matildas letztes Lebenszeichen war ein Anruf beim Notruf, nach einem nächtlichen Unfall auf der Landstraße. Im anderen Auto, bewusstlos, saß damals ausgerechnet Janoschs Vater, der Besitzer eines Blumenladens. Als eine Gärtnerschere mit seinen Fingerabdrücken und Mathildas Blut gefunden wurden, wurde er als Verdächtiger behandelt. Nach einem besonders aggressiven Verhör der ehrgeizigen Ermittlerin Diana Quester fand ihn Janosch erhängt im Laden.

Ausgerechnet diese Beamtin, mittlerweile in der Hierarchie noch weiter aufgestiegen, leitet nun die Sonderkommission, die sich noch einmal mit dem Verschwinden Mathildas befasst. Um Janosch besser im Blick zu behalten, holt sie ihn trotz seines persönlichen Bezugs zu dem Fall in die SoKo. So hofft sie den jungen Poliziste besser im Blick zu haben, wenn er eigenständig ermitteln will. Denn Janosch will posthum unbedingt die Unschuld seines Vaters beweisen.

Doch es gibt viele, die die Vergangenheit ruhen lassen wollen. Der eigentliche Sumpf, müssen die Ermittler erkennen, ist Grimmbach, wo lang gehütete Geheimnisse vielen buchstäblich die Luft genommen haben. Und doch muss irgendjemand gewollt haben, dass Mathilda gefunden wird, befestigte eine Solarlampa am Ort, an dem die Leiche lag. Dass es bei den Ermittlungen zu Spannungen zwischen Janosch und Diana Quester kommt, zu wechselseitigen Vorwürfen und Misstrauen, ist angesichts der Vorgeschichte wohl unvermeidlich. Doch je hartnäckiger die Ermittler sich in den Sumpf vorwagen, desto mehr Überrauschungen und neue Gefahren tauchen auf.

Mitunter wird in "Totes Moor" etwas dick aufgetragen, sind die Protagonisten reichlich plakativ und lassen Tiefe vermissen. Die düstere Atmosphäre des Moores und die Verformung der Dorfgesellschaft durch Verschweigen und Verdrängen dagegen sind gut getroffen. Trotz einiger Schwächen insgesamt solide Krimi-Kost.

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Veröffentlicht am 25.01.2023

Highway der toten Frauen

Frostmond
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Von "Indianerromantik" kann in Frauke Buchholz´Debütroman "Frostmond" keine Rede sein, auch wenn es um die Welt der Indigenen im heutigen Kanada geht, ganz besonders der Cree Indianer im Norden Quebecs. ...

Von "Indianerromantik" kann in Frauke Buchholz´Debütroman "Frostmond" keine Rede sein, auch wenn es um die Welt der Indigenen im heutigen Kanada geht, ganz besonders der Cree Indianer im Norden Quebecs. Hierher bricht der meist mürrische und mit zahlreichen Vorurteilen behaftete Profiler Ted Garner aus der Prärieprovinz Saskatchewan auf sich.

Mit dem frankokanadischen Polizisten LeRoux von der Sureté in Montreal bildet er nicht gerade ein Ermittlerduo, bei dem die die Chemie stimmt: LeRoux steckt mitten in der Midlifecrisis, nimmt es mit der Arbeitsmoral nicht so genau und verbringt während eines angeblichen Zahnarzttermins in der Mittagspause die Zeit auch schon mal in einem Stundenhotel mit einer Affäre. Garner ist für ihn eine Spaßbremse. Und französisch spricht der Anglokanadier auch nicht.

Doch angesichts ihres Falls müssen die beiden ihre Animositäten beiseite legen. In Montreal ist im St Lorenz Strom die Leiche einer jungen Indianerin angeschwemmt worden, mit aufgesetztem Kopfschuss ermordet, Drogen im Orgaismus, offensichtlich schwer misshandelt und schwanger. Die Art der Tötung erinnert an ähnliche Fälle entlang des Transkanada Highway: Indigene Frauen, meist Prostituierte, häufig vor dem Mord vergewaltigt oder misshandelt. Mindestens drei Fälle in der Provinz Quebec scheinen zusammenzuhängen.

Auf der Suche nach dem Mörder begleiten die beiden Polizisten den Sarg des toten Mädchens, das erst 15 Jahre alt war, in das Cree Reservat, in dem ihre Familie lebt. Die Zustände sind desolat: Beide Eltern sind schwere Alkoholiker, die jüngeren Geschwister wachsen völlig verwahrlost auf, der Vater hat Jeannette mit ihren Misshandlungen in die Flucht getrieben. Nur der Cousin des Mädchens, der als traditioneller Jäger lebt und von seinem Großvater die "alten Wege" seines Volkes gelernt hat, will Jeannette rächen und ihren Mörder finden.

Die Handlung folgt zwei Strängen - den offiziellen Ermittlungen der Polizei und der Jagd des Cousins nach dem Täter, die ihn in die ungeliebte Großstadt der Weißen führt. Hier geht es nicht nur um einen Serienmord, sondern auch gleich mehrfach um Kulturclashs, allen voran dem zwischen der Welt der Indigenen und der Mehrheitsgesellschaft, aber auch zwischen Anglo- und Frankokanadiern. Und selbst innerhalb der Indigenen ist die Solidarität begrenzt, distanzieren sich Innuit von Indianers oder gibt es Spannungen innerhalb der Reservation.

Der Plot von "Frostmond" ist gut entwickelt und sorgt wiederholt für überraschende Wendungen. Frauke Bucholz kommt zwar aus Deutschland, hat sich aber offensichtlich ausgiebig mit der kanadischen Gesellschaft im allgemeinen und der Realität der Indigenen im besonderen befasst. Manches, was sie anspricht und beschreibt, ist beispielsweise auch immer wieder Thema in den Büchern des Ojibwe-Autors Richard Wagamese.W.P. Kinsella wurde im Zuge der woke-Diskussionen ja bereits kulturelle Aneignung im Zusammenhang mit seinen Kurzgeschichten über eine Clique junger Cree vorgeworfen. Angsichts dieses Kanada Noir sollte jedenfalls nicht bekrittelt werden, dass die Autorin weiß und nicht einmal Kanadierin ist: Frostmond ist spannend, düster, gut geschrieben und in der Hörbuchversion von Sprecherin Brigitte Carlsen auch ausgesprochen hörbar interpretiert.

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Veröffentlicht am 25.01.2023

Lektionen eines langen Lebens

Lektionen
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Der Titel "Lektionen" ist doppeldeutig: Das gleichnamige Buch von Ian McEwan beginnt in einem englischen Internat in den 60-er Jahren, mit einem Klavierunterricht, der für den da noch kindlichen Protagonisten ...

Der Titel "Lektionen" ist doppeldeutig: Das gleichnamige Buch von Ian McEwan beginnt in einem englischen Internat in den 60-er Jahren, mit einem Klavierunterricht, der für den da noch kindlichen Protagonisten Roland Baines noch weitreichende Folgen haben wird. Doch während der Autor seiner gleichaltrigen Romanfigur ein Leben lang folgt, bis in die Corona-Pandemie, da geht es eben auch um die Lehren eines langen Menschenlebens, um das, was Roland mitnimmt und das, was bleibt, von seinen Hoffnungen, seinen Lieben, seinen Erwartungen in sich selbst und den Erwartungen, die andere in ihn gesetzt haben.

Da scheint zunächs vieles unerfüllt: Der junge Roland galt als großes Klaviertalent, doch statt einer Pianistenkarriere verdingt er sich auch noch deutlich jenseits der 70 als Klavierspieler während des afternoon tea in einem Hotel - von Musikmampfe spricht er dabei. Die literarischen und journalistischen Ambitionen münden in Kalendersprüchen und Gedichten für Grußkarten. Auch ein Profi-Tennisspieler ist er nicht geworden, hat sich jahrelang treiben lassen, heiratete schließlich Alyssa, Tochter eines Deutschen und einer Engländerin und wird von ihr verlassen, als der gemeinsame Sohn Lawrence gerade mal sieben Monate alt ist.

Plötzlich und unerwartet alleinerziehender Vater zu sein, zwingt Roland nicht nur zu Verantwortung und Struktur, er gerät auch vorübergehend in den Fokus der Polizei, die hinter dem Verschwinden Alissas ein Verbrechen vermutet. Und wer wäre da als Verdächtiger naheliegender als der Ehemann...

Das Private und das Zeitgeschichtliche liegen in dem mehr als 700 Seiten langen Roman nah beieinander. Es ist die mit Fragen und Unsicherheiten, ja existenziellen Ängsten begleitete Kuba-Krise, die den 14-jährigen Roland zum Haus seiner ehemaligen Klavierlehrerin treibt, die ihn schon drei Jahre zuvor mit einem unerewarteten Kuss verwirrte. Was folgt, ist einerseits sexuelles Erwachen und andererseits - wie ihm erst Jahrzehnte später bewusst wird - sexueller Missbrauch. Es ist nicht zuletzt diese verbotene Affäre, die ihn später dazu treibt, die Schule zu schmeißen.

Tschernobyl, der Fall der Mauer, die Thatcher Jahre, Brexit und schließlich Corona, aber auch Kriegserinnerungen aus deutscher und britischer Sicht, das Scheitern linker Träume und die Desillusionierung angesichts der Entwichlungen der Labour Party - "Lektionen" ist ein Kaleidoskp der vergangenen 70 Jahre, gespiegelt in einem Menschenleben. Roland hat Gelegenheit zu Konfrontationen mit der ehemaligen Klavierlehrerin und mit Alyssa, die als Schriftstellerin nicht nur ihren Ex weit in den Schatten stellt, sondern sich zur bedeutendsten deutschsprachigen Autorin und Nobelpreiskandidatin entwickelt.

Roland findet in der langjährigen Freundin Daphne eine neue Liebe, die durch Daphnes Krebserkrankung viel zu kurz andauern darf, auch wenn die Patchworkfamilie liebevoll und generationsübergreifend zusammenhält. Geheimnisse, ja Lebenslügen gibt es aber auch in der eigenen Familie über seine Eltern zu entdecken - auch hier sind "Lektionen" für Roland enthalten, die Antworten geben auf Lebensfragen. Wie McEwan das Große und das Kleine, das Private und das Zeitgeschichtliche zu einem buchstäblich epochalen Roman verwebt, das ermüdet auch bei der Länge des Buches nicht. Und angesichts der langen Entwicklung des Protagonisten ist es fast, als sei Roland am Ende ein langjähriger alter Bekannter.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Plädoyer für mutigen Journalismus

HOW TO STAND UP TO A DICTATOR - Deutsche Ausgabe. Von der Friedensnobelpreisträgerin
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Sie hat den Friedensnobelpreis erhalten und steht seit Jahren immer mit einem Bein im Gefängnis - nur weil sie ihren Job macht. Mit ihrer Biografie "How to stand up to a dictator" hat die philippinisch-amerikanische ...

Sie hat den Friedensnobelpreis erhalten und steht seit Jahren immer mit einem Bein im Gefängnis - nur weil sie ihren Job macht. Mit ihrer Biografie "How to stand up to a dictator" hat die philippinisch-amerikanische Jourmalistin Maria Ressa nicht nur ihre Lebensgeschichte erzählt, sie hat auch ein starkes Plädoyer für einen Journalismus mit Rückgrat geschrieben.

Als Einwandererkind in den USA eher schüchtern und aufs Lernen focussiert, hat Ressa mit der Rückkehr in ihr Geburtsland steile Karriere gemacht als Südostasien-Korrespondentin bei CNN und langjährige Leiterin einer TV-Nachrichtenredaktion. Die 1963 geborene Journalistin setzte auf Datenjournalismus und digitale Formate, als viele ihrer Generation noch stark damit fremdelten, die Print-Welt zu verlassen oder eine andere Option der Publikation zumindest als gleichwertig zu akzeptieren.

Als Mit-Gründerin des rein digitalen Nachrichtenportals "Rappler" beschritt Ressa Neuland. Sie versprach sich davon mehr Partizipation und Demokratie - die Leser, Hörer, Zuschauer würden nicht nur Konsumenten sein, sondern auf Augenhöhe mitwirken. Wie schwierig das sein kann, zeigt sich schon in halbwegs funktionierenden Demokratien. Die Philippinen unter Rodrigo Duterte entwickelten sich in eine andere Richtung. Schon vorher sahen sich Ressa und ihre Kolleg*innen Anfeindungen ausgesetzt, wenn sie Korruption, Machtmissbrauch und Nepotismus aufdeckten,

Ressa lernte nicht nur das Leben mit immer neuen Verleumdungsklagen, Haftbefehlen, Ermittlungen kennen, sondern auch die Kehrseite des Internets, insbesondere der sozialen Medien, in die sie so viele Hoffnungen gesetzt hatte: Hass, Misogynie, Tötungsaufrufe, übelste Beschimpfungen der Trolle im Internet, die so übermächtig wirken können.

Ressas Buch ist deshalb auch eine Warnung vor Desinformations- und Propagandanetzwerken, ein Appell "to hold the line", am Kampf für Wahrheit und unabhängigen Journalismus festzuhalten. "How to stand up to a dictator" mag ein Buch über die Medien auf den Philippinen sein, aber nicht nur in der Inselrepublik liegt vieles im Argen, sehen sich Journalisten Angriffen ausgesetzt. In Ländern wie Somalia, Syrien oder Mexiko kann der Beruf lebensgefährlich sein.

Als Polen oder Ungarn mit ihrem Rechtsruck sich innerhalb der EU isolierten, waren es neben dem Abbau der unabhängigen Justiz Journalisten, die als erste zwischen Staatsloyalität oder Arbeitslosigkeit wählen mussten. Und während hierzulande unabhängige Medien garantiert werden, sind auf Demonstrationen der Rechten spätestens seit Pegida Beschimpfungen wie "Lügenpresse" wieder aufgetaucht, die Journalisten entgegengebrüllt werden. Von persönlichen Angriffen und Bedrohungen insbesondere gegen die leicht erkennbaren Fotografen und Kameraleute mal ganz zu schweigen. Dass zu solchen Entwicklungen nicht nur in Diktaturen nicht geschwiegen werden darf - das ist eine der Botschaften in Ressas Buch.