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Veröffentlicht am 06.01.2023

Unversöhnlich

Kuckuckskinder (Ein Falck-Hedström-Krimi 11)
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Der Titel "Kuckuckskinder" passt zu Camilla Läckbergs neuem Roman - so viel lässt sich wohl sagen, ohne zu spoilern. Bisher hatte ich von der schwedischen Autorin nur Bücher gelesen, in denen die Protagonistin ...

Der Titel "Kuckuckskinder" passt zu Camilla Läckbergs neuem Roman - so viel lässt sich wohl sagen, ohne zu spoilern. Bisher hatte ich von der schwedischen Autorin nur Bücher gelesen, in denen die Protagonistin Rache an den Männern nahm, die sie kleingehalten, misshandelt oder sonstwie an einer eigenständigen Entwicklung gehindert hatten Mit der Protagonistin Erika Falk ist sie zu einer Seie zurückgekehrt, die mir bisher nicht bekannt war, ich kam aber auch ohne Vorwissen gut mit den Protagonisten klar, allen voran Schriftstellerin Erika, die mit True Crime-Romanen erfolgreich ist, und ihrem Ehemann Patrik Hedström von der Polizei im südschwedischen Fjällbacka.

Das Ehepaar hat über eine Freundin Erikas eine Einladung zu einer goldenen Hochzeit einer prominenten und wohlhabenden örtlichen Familie erhalten: Henning ist Schriftsteller, wird als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt, seine Frau stammt aus einer altehrwürdigen Verlegerfamilie. Ausgerechnet nach einem weinseligen Abend wird der verkaterte Patrik zu einer Mordermittlung gerufen: Der Starfotograf Rolf ist tot in einer Galerie gefunden worden. Auch er war zu der Feier eingeladen, hatte aber abgesagt.

Bilder der geplanten Ausstellung inspirieren Erika, bei einem ohnehin geplanten Reise nach Stockholm den Spuren von Lola nachzugehen, einer Transfrau, die Rolf offenbar so beeindruckt hat, dass ihr Foto im ehelichen Schlafzimmer hing. Bei ihren Recherchen stößt Erika auf eine tragische Geschicht: Lola und ihre Tochter kamen vor Jahren bei einem Brand ums Leben. Das ist der Stoff für einen neuen Roman, ist Erika überzeugt, die an die Theorie von einem Unfalltod nicht glauben will.

Sie stellt überrascht fest, dass Lola nicht nur Rolf kannte, sondern dass die Künstler- und Intellektuellenclique um Rolf, Henning und Elisabeth damals ihre Ersatzfamilie bildete. Währenddessen kommt es in Fjällbacka zu einem regelrechten Blutbad, das auch erfahren Polizisten nicht kalt lässt. Irgendjemand scheint einen unversöhnlichen Hass gegen die Familie zu hegen.

In einem zweiten Handlungsstrang geht es um die Zeit um 1980, die Monate vor Lolas Tod und das Leben und die Vergangenheit der Transfrau. Eniges hierzu wird von Erika im Gespräch mit Freunden und Nachbarn aufgedeckt, anderes aus der damaligen Erlebnisperspektive geschrieben.

Mir war eigentlich früh klar, wer hinter der Mordserie stecken musste, insofern hat mich die Auflösung des Plots nicht sonderlich überrascht. Trotzdem ist "Kuckuckskinder" spannend zu lesen, denn auch wenn ich die Lösung geahnt hatte, waren da noch einige "wie"-Fragen zu klären. Gut gefiel mir die Normalität von Erika und Patrik, die eben nicht als Superhelden dargestellt werden, sondern als gestresstes Ehepaar, dass auch noch den Alltag mit drei kleinen Kindern bestehen muss und plötzlich vor einer überraschenden und schwierigen Situation steht, die völlig andere Weichen für die Zukunft stellen kann.

Auch die übrigen Polizisten müssen neben der Arbeit private Probleme und Herausforderungen bewältigen. Dass auch Polizisten nur Menschen sind und beim Anblick mancher Tatorte traumatisiert werden, wird ebenfalls thematisiert.

"Kuckuckskinder" ist eingängig geschrieben, fängt allerdings etwas langsam an, bis die Handlung Fahrt aufnimmt. Am Ende fand ich einiges überzogen, kann darauf aber nicht ohne Spoilern eingehen.

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Zur Selbsterkenntnis in die Savanne

Als Rangerin im Politik-Dschungel
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Wer mit Mitte 20 und nach einem Politikstudium gewissermaßen nahtlos einen bezahlten Job im politischen Berlin bekommt, sollte eigentlich wenig Grund zum Jammern haben, sondern sich sehr, sehr privilegiert ...

Wer mit Mitte 20 und nach einem Politikstudium gewissermaßen nahtlos einen bezahlten Job im politischen Berlin bekommt, sollte eigentlich wenig Grund zum Jammern haben, sondern sich sehr, sehr privilegiert fühlen. Nach neun Jahren Dauerstress zwischen Wahlkampf und Bundestag braucht Maria Henk allerdings eine Auszeit und begibt sich mit einem vierwöchigen Mini-Sabbatical auf Sinnsuche und Selbsterkenntnis. Eine Rangerausbildung soll es sein, ganz weit weg aus der Berliner Blase und so landet sie denn nicht nur in Botswana zu einem vierwöchigen Kurs im Okavango-Delta, sie lässt mit ihrem Buch "Als Rangerin im Politik-Dschungel" auch daran teilhaben.

Das Ergebnis ist durchaus kurzweilig, bleibt aber ebenso oberflächlich wie es die Ausbildung sein dürfte. Denn es hat schon einen Sinn, dass die wirklichen Ranger, die etwa in Nationalparks für Artenschutz und gegen Wilderei arbeiten, nicht mal eben einen vier-Wochen-Kurs absolvieren. En passant wird dann auch erläutert, dass die Kurs-Absolventen eher Safaritouristen umherkutschieren und die afrikanische Wildnis denen erklären, die vor allem die big five ablichten wollen.

Insofern hat es schon etwas von "innocents abroad", wenn IchErzählerin Maria durch die Savanne stiefelt, mitunter etwas mimosenhaft und zaudernd dem kernigen Chef-Ranger folgt und dabei so manche Parallele zwischen altem und neuen Arbeitsplatz erkennt. Alphatiere etwa gibt es auch in der großen Politik, und Balzverhalten findet gerade bei der Suche nach einem Koalitionspartner eine Entsprechung in der Parteienwelt. Machtspiele und Tarnung, fleißige Ameisen aka Mitarbeiterstab - so unterschiedlich geht es gar nicht zu im Delta und in der Berliner Bubble.

Diese Vergleiche, aus der Insider-Perspektive des Politikbetriebs geschildert, sind ganz amüsant. Auch kann die Autorin das eigene Fremdeln mit der Wildnis durchaus selbstironisch auf die Schippe nehmen. Was Neu-Rangerin an Gelerntem über Flora und Fauna der afrikanischen Savanne wiedergibt, sind dagegen eher Allgemeinplätze, in jeder Attenborough-Doku wird fundierteres Wissen geteilt. Und auch die afrikanische Wirklichkeit bleibt außen vor - die Beschreibungen der Ankunft auf dem kleinen Flughafen eines Safaritourismus-Städtchens und der örtlichen Bevölkerung bleiben außen vor.

Die Frage nach den durchaus vorhandenen Konflikten zwischen Naturschutz, Tourismus und örtlicher Communities wird gar nicht erst thematisiert. Und auch die Diskrepanz - hier teuer zahlende Europäer auf Abenteuertrip, dort afrikanische Kurskollegen, die auf eine bessere wirtschaftliche Perspektive im Tourismus hoffen - wird höchstens mal leicht angekratzt. Auch wenn die Rangerausbildung nur vier Wochen dauerte - so viel Nach- und Hinterfragen würde ich von der Pressefrau einer Partei, die sich die Themen Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat, schon erwarten.

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Wettlauf mit der Zeit

Er will dein Ende
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Finanzberater Kipp Brown steckt mächtig in der Klemme in "Er will dich zerstören", der 14. Band von Peter James´Reihe um den Kriminalpolizisten Roy Grace aus Brighton. Denn der Mann, der das Vermögen seiner ...

Finanzberater Kipp Brown steckt mächtig in der Klemme in "Er will dich zerstören", der 14. Band von Peter James´Reihe um den Kriminalpolizisten Roy Grace aus Brighton. Denn der Mann, der das Vermögen seiner Kunden erfolgreich verwaltet und auf großem Fuß lebt, leidet unter Spielsucht. Der eigene Wohlstand ist längst mehr Schein als Sein. Als sein Sohn dann das Opfer einer Entführung wird und er Lösegeld zahlen muss, fürchtet er das Schlimmste - er kann einfach nicht zahlen. Und es ist ein Wochenende, er kann auch nicht bei den Banken versuchen, kurzfristig Geld locker zu machen. Sollte er dagegen das Vermögen seiner Kunden antasten, wäre das nicht nur beruflich das Aus, er stünde mit einem Bein im Gefängnis,

Einmal mehr gibt James den Lesern mehr Informationen als den Ermittlern. Denn der angeblich entführte Junge fühlt sich nach dem Unfalltod der älteren Schwester von den trauernden Eltern vernachlässigt, ja ungeliebt. Die Entführung, die er mit Hilfe eines Schulfreundes simuliert, soll Klarheit darüber bringen, ob ihn sein Vater überhaupt liebt. Doch dann wird aus dem Vorhaben der beiden Jungen tödlicher Ernst und die Bemühungen um Mungos Freiheit und Leben werden zum Wettlauf mit der Zeit.

In einem weiteren Handlungsstrang geht es um die Erpressung des örtlichen Fußballclubs durch einen Unbekannten, der mit Sprengstoffanschlägen droht.Verschärft wird die Situation durch einen brutalen Machtkampf innerhalb der albanischen Mafia in Brighton. Die Zusammenhänge bleiben den Ermittlern lange verborgen, erst am Ende des Buches kommt es zu einem dramatischen Showdown.

Zwischendurch war allerdings manche Entwicklung absehbar, manche Brutalität der Mafiamethoden wäre auch verzichtbar gewesen. Insgesamt entwickelte sich der Spannugsbogen gelegentlich etwas zäh. Der vorangegangene Roman über Romance Scams hatte mir jedenfalls besser gefallen. Dennoch solida Krimikost, bei der man als Leser vor allem am Dilemma Kipp Browns Anteil nehmen kann.

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Veröffentlicht am 31.12.2022

Reise durch die Erdzeitalter

Urwelten
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Eines beeindruckt mit immer wieder bei den Veröffentlichungen angelsächsicher Wissenschaftler: Sie haben keine Angst davor, unterhaltsam zu sein, keine Scheu, ihr Wissen so darzustellen, dass es auch ...

Eines beeindruckt mit immer wieder bei den Veröffentlichungen angelsächsicher Wissenschaftler: Sie haben keine Angst davor, unterhaltsam zu sein, keine Scheu, ihr Wissen so darzustellen, dass es auch für Laien eine sowohl lehrreiche als auch vergnügliche Lektüre ist. Im deutschen Sprachraum scheint dagegen eher die Angst vorzuherrschen, eine mit scheinbar leichter Hand geschriebene Veröffentlichung mangele an wissenschaftlichem Gewicht.

Der Paläobiologe Thomas Halliday jedenfalls bleibt mit seinem Buch "Urwelten" dankenswerterweise dieser britischen (und meist auch amerikanischen) Tradition treu. "Urwelten" lädt ein zu einer Zeitreise durch die Erdzeitalter und Halliday schildert die Landschaften lange vor unserer Zeit so lebendig, als habe er Mammuts und Bären, Höhlenlöwen und Pferde etwa in den Landschichten zwischen Alaska und dem fernen Osten Russlands damals selbst zu sehen bekommen.

Weiter geht es ins heutige Kenia, zur buchstäblichen Wiege der Menschheit, wo im Rift Valley, also im Großen Afrikanischen Gabenbruch noch immer Fundstücke aus der Urgeschischte der Hominiden zutage gefördert werden.

Doch der Mensch, das wissen Paläobiologen, ist angesichts des Alters der Erde und all jener Flora und Fauna, die schon existierte (oder existierte und bereits wieder ausgestorben war), ehe die ersten Menschen ihre Fussstapfen hinterließen, geradezu eine Fußnote der Erdgeschichte. Vom dritten Kapitel an ist in diesem zeitgeschichtlich rückwärts erzählten Buch also von jenen die Erde, die die Erde zuvor bevölkerten, von Klima, Landschaften und Lebensbedingungen. Es ist auch eine Geschichte des großen Sterbens von Arten, wie es sie immer wieder gab. Angesichts des Klimawandels und menschengemachter Veränderungen ist die sechste "great extinction" bekanntlich imminent.

In seinen Beschreibungen bezieht sich Halliday auf fossile Funde, die angesichts moderner Untersuchungsmethoden detaillierte Rückschlüsse auf Klima, Ernährungsweisen usw zulassen. Anderes entspricht seiner Vorstellungskraft, könnte so oder auch ganz anders gewesen sein.

Halliday nutzt Bekanntes und Vertrautes, um für seine Leser ein Bild des Unbekannten vor Millionen von Jahren zu zeichnen. Vieles liest sich wie eine klassische Reisereportage mit Landschaftsbeschreibungen, nur entsprechen die heutigen Landschaften und ihre Bewohner längst nicht mehr denen, die wir heute kennen. "Urwelten" liest sich fesselnd, reflektierte aber auch menschlich-allzu menschliche Interpretationen des Verhaltens anderer Lebewesen oder die Politisierung von Wissenschaft. Sachbücher wie dieses gibt es leider viel zu selten.

Veröffentlicht am 30.12.2022

Exzentrikerinnen unter sich

Tea Time
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it "Tea Time" ist Ingrid Noll irgendwie zu ihren Anfängen zurückgekehrt: Was "Die Apothekerin" einer ihrer frühen Erfolge, ist die Ich-Erzählerin Nina als Apothekenhelferin in der gleichen Branche. Die ...

it "Tea Time" ist Ingrid Noll irgendwie zu ihren Anfängen zurückgekehrt: Was "Die Apothekerin" einer ihrer frühen Erfolge, ist die Ich-Erzählerin Nina als Apothekenhelferin in der gleichen Branche. Die junge Frau aus einer Kleinstadt an der Bergstraße pflegt ihre Spleens - ebenso wie ihre fünf Mitstreiterinnen aus dem "Club der Spinnerinnen". Ninas Freundin Franzi etwa kämmt mit Vorliebe Teppiche, Supermarktkassiererin Jelena deutet Wolkenbilder und die Lehrerin Corinna steigt als Voyeurin in fremde Gärten ein. Nina wiederum fotografiert mit Vorliebe Unkräuter, wickelt sich im Bett in einen dichten Kokon - eine für die Partnersuche eher hinderliche Angewohnheit und entwickelt im Laufe des Buches eine leichte kleptomanische Ader.

Es wäre kein Ingrid Noll-Kriminalroman, wenn nicht auch mörderische Instinkte und unangenehme Männer zur Handlung gehörten. Der unangenehme Mann heißt in diesem Fall Andreas Haase, ist der Ex von Jelena und der Vater ihrer kleinen Zwillingssöhne. Die halten ihn zwar für einen super Papa, aber neben Alkoholproblemen fällt der arbeitslose Uhrmacher mit unerwünschten sexuellen Avancen auf, als er im Park Ninas verlorene Handtasche findet.

Die Auseinandersetzung schaukelt sich nach und nach hoch - bis Haase eines Tages tot aufgefunden wird und Nina die Antwort auf eine schreckliche Frage finden muss. Hatte sie da etwa eine Hand im Spiel? Eher unabsichtlich, aber vielleicht doch unbewusst morden wollend? Zwischen schlechtem Gewissen und eher dilettantischer Detektivarbeit findet Nina gleichwohl noch Zeit, ihrem ebenfalls eher verschrobenen Nachbarn Yves näher zu kommen.

Frauenfreundschaft und -solidarität, Sympathie mit skurrilen Charakteren und Lust am Absurden prägen diesen Kriminalroman mit zahlreichen humorvollen Elementen und manchem Wortspiel. Mit ein bißchen Verrücktheit, so die liebenswerte Botschaft, kommt man entspannter durchs Leben.

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