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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2017

Mehr Roman als Thriller

Wenn das Eis bricht
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Der bekannte Stockholmer Geschäftsmann Jesper Orre ist spurlos verschwunden, in seiner Wohnung liegt eine ermordete Frau mit abgetrenntem Kopf. Dieser ist so drapiert, dass er direkt auf die Eingangstür ...

Der bekannte Stockholmer Geschäftsmann Jesper Orre ist spurlos verschwunden, in seiner Wohnung liegt eine ermordete Frau mit abgetrenntem Kopf. Dieser ist so drapiert, dass er direkt auf die Eingangstür schaut. Dieses Szenario hatte die Mordkommission vor einigen Jahren schon einmal mit einer Männerleiche. Aus diesem Grund wird das Ermittlungsteam fast wieder genauso besetzt wie damals, nur dass die Profilerin mittlerweile an beginnender Demenz leidet und das nur unter Schwierigkeiten geheim halten kann.

Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt:

Peter ist Mordermittler und hat ein schwer nachvollziehbares Bindungsproblem. Seine Beziehung zur Exfrau und dem Sohn kann man nur als gestört bezeichnen, und auch sein Verhalten zur Profilerin Hanne ist höchst merkwürdig.

Hanne kämpft gegen ihre Krankheit an, aber auch gegen ihren dominanten Mann. Ihre Gefühlslage ist chaotisch, denn sie fühlt sich immer noch zu Peter hingezogen, obwohl er ihr in der Vergangenheit die schlimmste Enttäuschung ihres Lebens zugefügt hat.

Emma ist eine kleine Verkäuferin in Jesper Orres Modeimperium. Über ihr Leben, ihre Erfahrungen, ihre Vergangenheit und ihre Denkweise erfährt der Leser von allen Charakteren das meiste.

Der Wechsel zwischen den Erzählern ist relativ abrupt. Da die Episoden auch nicht chronologisch sind, hatte ich manchmal trotz der Zeitangaben Schwierigkeiten mich zu orientieren. Insgesamt plätschert die Handlung über lange Strecken einfach so dahin. Keine Spur von Psychothriller, denn bis auf den Mordfall ist es mehr eine Erzählung ohne großen Spannungsbogen.Der Thrill kommt dann doch plötzlich und heftig, wenn man begreift, was tatsächlich geschehen ist, aber eine straffere Erzählweise hätte mehr Spannung erzeugen können als die hier vorliegenden 600 Seiten es tun.

Weder Peter noch Hanne oder Emma konnten mich als Person interessieren. Sie sind einfach nur schräg und haben Probleme, die mir völlig fremd sind. Insgesamt hat mich das Buch etwas enttäuscht, denn anhand des Klappentextes hatte ich mir mehr versprochen.

Veröffentlicht am 29.04.2017

Riskantes Spiel

Der Nostradamus-Coup
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Wir Fans von John Finch und seinen Freunden mussten lange auf eine Fortsetzung mit den Abenteurern warten. Mit "Der Nostradamus-Coup" hat man nun geballten Lesestoff in Händen, der es wieder in sich hat. ...

Wir Fans von John Finch und seinen Freunden mussten lange auf eine Fortsetzung mit den Abenteurern warten. Mit "Der Nostradamus-Coup" hat man nun geballten Lesestoff in Händen, der es wieder in sich hat. In gewohnter Manier werden vom Autor lose Geschichtsenden in Szene gesetzt, die vorerst augenscheinlich in keinerlei Verbindung zueinander stehen. Mal geht es weit in die Vergangenheit ins 18.Jahrhundert, dann in die Gegenwart oder zurück in die Zeit der Dritten Reiches. Erst allmählich kristallisiert sich ein gemeinsamer Kern heraus. Ein verschlüsseltes kleines Notizbüchlein gerät in Finchs Hände und entpuppt sich als Spur zu einem verschollenen Schatz der Templer. Damit ist die Jagd eröffnet. Verschiedene skrupellose Gruppierungen begeben sich auf die Schatzsuche, gehen über Leichen um einen noch so kleinen Vorsprung zu erringen. Der Autor wechselt permanent die Perspektive, springt von Ort zu Ort, und durch die Zeiten, so dass der Leser auch den Ursprung bildlich vor Augen hat.

Bildlich ist hier die richtige Wortwahl, denn Gerd Schilddorfer hat eine meisterhafte Begabung zu Erzählen. Landschaften, Gemälde, ganze Szenen tauchen zwischen den Zeilen auf. Eine meiner Lieblingsszenen ist die Beschreibung des Leeds-Liverpool-Kanals. Der Schauplatz findet nicht einfach nur Erwähnung, nein, es gibt einen kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte und zugleich wird die Morgenstimmung auf dem Wasser, ja, das Lebensgefühl der Menschen dort eingefangen. Nur ein paar Zeilen, und doch hat man soviel erfahren.

Es sind viele Personen und Schauplätze, die der Leser im Blick halten muss. "Der Nostradamus-Coup" ist kein Buch, das man nebenher lesen sollte, man könnte sonst die Übersicht verlieren. Vor allem würden einem die Feinheiten im Erzählstil entgehen.

Generell ist alles, aber auch wirklich, alles hervorragend recherchiert. Mir macht es immer große Freude, Fakten und Plätze nebenher zu googeln, und wenn man dann das Buch ausgelesen hat, dann hat man eine atemlose Story hautnah miterlebt, aber man ist auch um einiges Wissenswerte bereichert.

Veröffentlicht am 11.04.2017

Freundinnen

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Stephanie und Emilys kleine Söhne sind Klassenkameraden und auch sonst unzertrennlich. Die beiden Frauen werden auch schnell beste Freundinnen, obwohl sie so verschieden sind. Die eine ist eine erfolgreiche ...


Stephanie und Emilys kleine Söhne sind Klassenkameraden und auch sonst unzertrennlich. Die beiden Frauen werden auch schnell beste Freundinnen, obwohl sie so verschieden sind. Die eine ist eine erfolgreiche PR-Sprecherin in der Modebranche, verheiratet mit einem reichen Banker, Stephanie dagegen ist eine Helikopter-Mutter, die nur per Mom-Blog Kontakt mit Aussenwelt hat. Als Emily, sonst eine absolut zuverlässige, umsichtige Mutter trotz der Berufstätigkeit, spurlos verschwindet, kümmert Stephanie sich um deren kleinen Sohn Nicky, bis der Vater von seiner Geschäftsreise zurück kommt. Als Stephanies Tod feststeht, kommen die beiden sich näher. Von da an bekommt die heile Welt immer größere Risse. Nein, eigentlich setzt für den Leser die Erkenntnis früher ein, denn die Autorin hat schon vorher begonnen, hinter die schönen Fassaden und Lebenslügen zu schauen. Es wird immer hässlicher und in gleichem Masse steigt die Spannung, bis der Psychoterror einsetzt. Keiner ist ohne Schuld, aber eine Person übertrifft alle mit ihrer gewissenlosen Boshaftigkeit.

Ja, so muss ein Thriller sein. Ich konnte mich kaum von dem Buch los reißen. Die Handlung wird im ersten Teil noch von Stephanie erzählt, beziehungsweise in ihrem Blog berichtet, aber im zweiten Teil blickt man auch in die Seelen von Emily und ihrem Mann.

Keine der Personen kann einen Sympathiepreis beim Leser gewinnen. Das Sezieren der Charaktere ist mindestens genauso spannend wie die Hintergründe von Emilys Verschwinden. Darcey Bell hält ihre Leserschaft in Atem bis zur letzten Seite, auch ohne spektakulären Showdown, eher durch ihre Hintergründigkeit. Also mir hat der Thriller sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 10.04.2017

Späte Rache

Gefährlicher Lavendel (Ein-Leon-Ritter-Krimi 3)
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Der Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter ist gebürtiger Deutscher, doch in seiner südfranzösischen Wahlheimat lebt er mittlerweile wie ein Einheimischer. Eine Serie von brutalen Foltermorden nimmt ihn sehr ...

Der Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter ist gebürtiger Deutscher, doch in seiner südfranzösischen Wahlheimat lebt er mittlerweile wie ein Einheimischer. Eine Serie von brutalen Foltermorden nimmt ihn sehr in Beschlag. Er engagiert sich weit über seine Befugnisse heraus. Leider blamiert er sich dabei bis auf die Knochen, ehe er einer echten Spur folgen kann.

Der Autor Remy Eyssen fängt die wunderbare Stimmung der Provence ein, ebenso die sehr eigenwilligen Charaktere, mit denen sich der Pathologe zum Boule-Spiel trifft. Durch die Szenen aus seinem Familienleben erhält der Leser einen besseren Eindruck vom Wesen Dr. Ritters und lernt so einen zwar engagierten Mediziner kennen, der aber in sich ruht und das gewisse französische Laissez-faire verinnerlicht hat.

Auch die Handlung ist gut erdacht und mitreissend erzählt, doch ich hätte mir noch ein Fünkchen mehr Spannung vorstellen können. Jedenfalls konnte mich "Gefährlicher Lavendel" so fesseln, dass ich mir die anderen Krimis von Eyssen, die auch alle mit "Lavendel" zu tun haben, anschauen werde.

Veröffentlicht am 02.04.2017

Leichenpuppe

Ragdoll - Dein letzter Tag (Ein New-Scotland-Yard-Thriller 1)
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Detective William Oliver Layton-Fawkes, genannt Wolf, ist unbestritten der beste Ermittler im Londoner Morddezernat, aber sein blinder Ehrgeiz im Kampf gegen das Verbrechen hat ihn schon in der Vergangenheit ...

Detective William Oliver Layton-Fawkes, genannt Wolf, ist unbestritten der beste Ermittler im Londoner Morddezernat, aber sein blinder Ehrgeiz im Kampf gegen das Verbrechen hat ihn schon in der Vergangenheit in arge Bedrängnis, ja sogar in die geschlossene Abteilung einer Irrenanstalt gebracht. Damals drehte er durch, als ein Mädchenmörder freigesprochen wurde und erneut Töten konnte.
Wolf wurde halbwegs rehabilitiert, doch seine Ehe wurde geschieden. Bei seinem neuesten Fall geht es um eine Leiche, die aus Körperteilen von verschiedenen Menschen zusammengesetzt wurde. Zeitgleich erhält seine Exfrau, eine engagierte Reporterin, eine Liste mit Namen der zukünftigen Opfer, unter denen sich auch Wolf befindet. Nun muss das Morddezernat praktisch zeitgleich herausfinden, welche Namen sich hinter den Leichenteilen verbergen und dabei die zukünftigen Opfer unter Polizeischutz stellen. Es ist absolut spannend, wie der Mörder allen stets eine Nasenlänge voraus ist und auf allerraffinierteste Weise vor den Augen der Beamten zuschlägt.
Gut, ich finde es nicht logisch, wie der Täter alles im Einzelnen planen und ausführen kann, auch wenn sich gegen Ende klärt, woher er seine Informationen bezogen hat, aber die Arbeit der Polizei schildert der Autor durchweg spannend. Die Beamten, allen vorweg der hochintelligente Neuzugang der Abteilung, Edmunds,werden auch von ihrer privaten Seite her betrachtet mit ihren Schwächen und Problemen. Dadurch wirkt die Handlung sehr lebendig.
Alles in allem bleibt das Spannungsniveau von Anfang an sehr hoch und findet tatsächlich noch mal in einem blutigen Showdown einen finalen Höhepunkt. Sehr gut gefallen hat mir auch die Täter-Opfer-Verstrickung, die in der Art nicht vorhersehbar war. Deswegen bin ich absolut begeistert von diesem Thriller.