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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

Mehrgenerationen-WG

Inselküsse
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Das Leben in der Großstadt ist nicht billig. Das merkt auch die alleinerziehende Marie, die den Schikanen ihres neuen Vermieters wehrlos ausgesetzt ist. Sie kellnert schon abends nebenher, weil sie von ...

Das Leben in der Großstadt ist nicht billig. Das merkt auch die alleinerziehende Marie, die den Schikanen ihres neuen Vermieters wehrlos ausgesetzt ist. Sie kellnert schon abends nebenher, weil sie von ihrer Töpferei, ihrer wahren Bestimmung, die drei Kinder nicht ernähren kann. Zwar kommt von dem Vater der Zwillinge regelmäßig Unterhalt, doch der Erzeuger der pubertierenden Tochter kann nur mit aufgeblasenem Getue dienen. Als die Wohnsituation unerträglich wird und die Scheune der Töpferei vom Zerfall bedroht ist, kommt das Angebot der betagten Nachbarin Ruth gerade recht. Nach reichlichem Überlegen, kurzem Probewohnen und ausgiebigem Familienrat zieht man in Ruths ererbtes Haus auf Rügen. ln der Nachbarschaft wohnt ein ansehnlicher, ebenfalls alleinerziehender Schreiner, der bald eine wichtige Rolle in Maries Leben spielen wird. Natürlich läuft zwischendurch nicht alles glatt, aber Evelyn Kühne hat einen sommerlichen Ferienroman geschrieben, der einfach nur in Idylle enden kann. Natürlich erfüllt dieser Roman keine hohen Ansprüche. Die Personen werden ziemlich klischeehaft dargestellt und die Handlung ist vorhersehbar, doch die Autorin plaudert so munter drauf los, weckt mit ihrer Beschreibung von Rügen Lust auf einen Sommerurlaub eben dort und kann ihre Leser mit der kleinen Liebesgeschichte wohltuend vom normalen Alltag ablenken. Wenn man von seiner Lektüre nichts anderes erwartet, dann ist "Inselküsse" eine gute Wahl.

Veröffentlicht am 14.06.2019

Komplementär

Zara und Zoë - Rache in Marseille
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Die Zwillinge Zara und Zoë verbrachten ihre Jugend im schlimmsten Viertel der Hafenstadt Marseille. Die beiden sind wie Yin und Yang, eine ist das komplette Gegenteil der anderen. Während Zara leicht autistisch, ...

Die Zwillinge Zara und Zoë verbrachten ihre Jugend im schlimmsten Viertel der Hafenstadt Marseille. Die beiden sind wie Yin und Yang, eine ist das komplette Gegenteil der anderen. Während Zara leicht autistisch, hochintelligent und intuitiv ist, sprüht Zoë dagegen vor Wildheit und unbändiger Kraft. Dass sie nicht minder schlau ist, beweist ihre Karriere in der Mafiahierarchie. Zara dagegen schlägt sich auf die Seite des Gesetzes und wird Topagentin der Europol-Behörde gegen den Terrorismus. In Teenageralter haben sich die Wege der Mädchen getrennt, aber jetzt, wo Zara mit ihrem hochsensiblen Gespür für Gefahr in einer brisanten Ermittlung in Marseille feststeckt, holt sie sich Zoë zur Hilfe, denn nur sie besitzt die ihr fehlenden Eigenschaften. Der Thriller von Alexander Oetker besticht durch atemlose Spannung und schildert gleichzeitig die trostlose, explosive Stimmung in den Randbereichen Marseilles, wo die Polizei der Kriminalität entweder machtlos zusieht, oder als bezahlte Handlanger der Mafia agiert. Zara, Zoë und der schwedische Kollege sind zum Glück absolut fiktiv. Im wahren Leben wird hoffentlich nicht so gesetzlos und brutal gehandelt. Der Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel. Auch die Handlung ist an den Haaren herbei gezogen, vielleicht gerade deswegen hat sie so einen hohen Unterhaltungswert. Es gibt viel Action und viele Personen, die man im Verdacht hat. Dazu kommen noch einige Wechsel der Erzählperspektive, so dass alles zusammen einen für mich sehr spannenden Thriller ausmacht.

Veröffentlicht am 13.06.2019

Stationen einer Geisha

Die Lotosblüte
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Mit 15 Jahren schon wird die junge bitterarme Koreanerin Shim Chong als Bettgefährtin an einen greisen alten Mann nach China verkauft. Nach dessen Tod wird sie von seinem jüngsten Sohn "übernommen" und ...

Mit 15 Jahren schon wird die junge bitterarme Koreanerin Shim Chong als Bettgefährtin an einen greisen alten Mann nach China verkauft. Nach dessen Tod wird sie von seinem jüngsten Sohn "übernommen" und für dessen Bordell angelernt. Das sind die ersten Stationen ihres jungen Lebens, aber beständig wird sie weiter gereicht, über Ländergrenzen hinaus muss sie immer mit ihrem Körper zu Diensten sein.
Der Leser kann ihren Lebensweg bis zu ihrem Tod verfolgen. Es ist ein sehr pragmatisches Dasein, fast ohne Träume. Auch wenn der Autor das Auge auf viele Details richtet, so bleibt immer eine gewisse Distanz zur Protagonistin. Genauso distanziert betrachtet die junge Frau ihr eigenes Leben. Jedes Mal, wenn sie wieder verkauft wird, sich in einer neuer Umgebung zurechtfinden muss, eine neue Sprache lernt, macht sie das Beste aus der Situation. Sie ist geschäftstüchtig, aber dennoch behält sie das Wohl ihrer Mitmenschen im Blick.
"Die Lotosblüte" ist ein historischer Roman, der im 19. Jahrhunder in Korea beginnt, aber dann einen weiten Bogen schlägt unter anderem über China, Taiwan, Singapur und Japan. Man erfährt einiges über die Lebensweise von Geishas und Prostituierten in den jeweiligen Ländern, aber auch die politischen Situationen werden angerissen. Leider hat sich mir aus dem Kontext heraus die geographische Lage oft nicht erschlossen,weil altertümliche Namen verwendet werden.
Dennoch bin ich fasziniert in die mir fremde Welt abgetaucht und den Spuren der tapferen Lotosblüte Shim Chong gefolgt.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Louise und Lavinia

So schöne Lügen
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Trotz ihrer fast 30 Jahre ist Louise noch nicht richtig im Leben angekommen. Sie steckt voller Minderwertigkeitskomplexe, hat ständig Angst, sich ihr Leben zu verbauen und muss jeden Tag hart mit drei ...

Trotz ihrer fast 30 Jahre ist Louise noch nicht richtig im Leben angekommen. Sie steckt voller Minderwertigkeitskomplexe, hat ständig Angst, sich ihr Leben zu verbauen und muss jeden Tag hart mit drei Teilzeitjobs das Geld für den Lebensunterhalt zusammen kratzen. Als sich die unglaublich reiche und schöne Lavinia für sie interessiert, beginnt ein neuer Lebensabschnitt im Glanze der High Society. Louises Leben wird komplett umgekrempelt, wird glamourös, abwechslungsreich und interessant. Doch die Sorgen ums Überleben nehmen nicht ab, sie ändern sich nur. Jetzt muss sie sich den Launen der kapriziösen Freundin beugen, wenn sie nicht plötzlich mittellos auf der Straße stehen will. Das geht auf Dauer nicht gut, aber Louises Lebensmotto ist: Ich schaffe das! Und nach dem großen Knall wird es für den Leser eigentlich noch interessanter, wie raffiniert die junge Frau ihr Leben organisiert. Klasse!
Im Mittelpunkt stehen Louise und ihre maliziös narzisstische Freundin Lavinia. Aber auch die dekadenten Freunde werden in ihrer Unreflektiertheit und Selbstüberschätzung spannend charakterisiert. Die Handlung erinnert natürlich über weite Phasen an einen Chicklit-Roman, aber die psychologische Komponente wertet das Ganze immer wieder auf.
Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig. Abgehackte, kurze Sätze mit gezielten Wortwiederholungen wirken sich hemmend auf den Lesefluss aus, aber das ist von der Autorin so gewollt und macht auch viel vom Charme des Buches aus.
Die Hörspielversion wird hervorragend gelesen von Britta Steffenhagen. Vom Lesen des Klappentextes hatte ich mir schon ein Bild der Protagonistinnen im Kopf entworfen, aber mit den ersten Sätzen wurde es auf den Kopf gestellt. Die Sprecherin versteht es wunderbar, die Gefühle im ganzen Spektrum von Naivität bis zur berechnenden Bosheit in das Timbre ihrer Stimme zu legen. Durch ihre Ausdruckskraft behält man als Hörer auch immer den Überblick.
Dieses Buch hat mir gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter. Meiner Meinung nach wird es allerdings in erster Linie Frauen ansprechen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Furchtlose Reporterin

Lena Halberg: Der Cellist
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Lena Halberg ist eine engagierte und furchtlose Journalistin, die bei ihrer Recherche auf einen rätselhaften Todesfall stößt. Sie mag nicht glauben, dass dieser estnische Banker, der in die Affäre der ...

Lena Halberg ist eine engagierte und furchtlose Journalistin, die bei ihrer Recherche auf einen rätselhaften Todesfall stößt. Sie mag nicht glauben, dass dieser estnische Banker, der in die Affäre der Panama Papers verstrickt war, Selbstmord begangen hat.
Die Spur führt zu einem anderen Banker, Martin Kurkov, der sehr luxuriös in der Schweiz residiert. Er gibt sich nach aussen hin als Kunstmäzen, aber insgeheim hat er die Finger in allen dunklen internationalen Geschäften, die rentabel sind. Sein Protegé, ein junger Cellist, dient ihm dabei unwissentlich als Bote über die Landesgrenzen, denn sein Notenkoffer erweckt nie den Verdacht der Kontrolleure.
Aktuell geht es um bolivianische Schuldverschreibungen, die den jungen Politiker Almeda zwingen sollen, die Schürfrechte an neu entdeckten Lithium-Vorkommen an Kurkov zu verkaufen. Almeda dagegen will verhindern, dass sein Land weiterhin von internationalen Konzernen ausgeplündert wird.
Der Autor wechselt Sichtweisen und Schauplätze in gekonnter Reihenfolge. Nie wird es langweilig, vor allem weil Lena Halberg mit hohem Tempo und ohne Rücksicht auf Verluste ihrer Story hinterher jagt. 
Seine Hauptcharaktere hat Ernest Nyborg sorgfältig skizziert, so dass man sie sich gut vorstellen kann. Dass die Handlung an wahre Begebenheiten anlehnt, macht diesen Thriller umso interessanter. Gerne empfehle ich ihn weiter.