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Veröffentlicht am 04.10.2020

Der Autor bricht sein Versprechen

Der Junge aus dem Wald
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Es ist mein erstes Coben Buch und hätte ich vorher gewusst, dass er sich gerne kritisch mit der amerikanischen Justiz, Medienmacht und politischen Manipulationen auseinandersetzt, hätte ich wohl nicht ...

Es ist mein erstes Coben Buch und hätte ich vorher gewusst, dass er sich gerne kritisch mit der amerikanischen Justiz, Medienmacht und politischen Manipulationen auseinandersetzt, hätte ich wohl nicht zugegriffen.

Coben beginnt das Buch mit einem Highschooldrama – dem Verschwinden von Naomi – und bauscht es – für mich künstlich - zu einem politischen Ringkampf der Großen und Mächtigen auf.

Leider erfüllt sich auch nicht die Ankündigung eines menschenscheuen Ermittlers, der mit ungewöhnlichen Methoden an den Fall herangeht. Wilde hat keinerlei Probleme sich im Haifischbecken der Mächtigen zu bewegen und sich in den manipulativen Dialogen durchzusetzen. Auch seine Ermittlungsmethoden sind allenfalls technisch ausgefeilt, als ungewöhnlich.

Die Erzählung wird von Dialogen dominiert, oftmals von Personen, die gar nicht oder nur unzureichend eingeführt sind. Ja, es bietet damit ein offenes Feld für Spekulationen, doch die Protagonisten sind so klischeehaft und das Terrain mir unbekannt, dass es mir keinen Spaß macht sich daran zu beteiligen. Langezeit hoffe ich auf ein Vorankommen der Ermittlungen um Naomis Verschwinden, doch ich werde Seite um Seite hingehalten.


Ungewöhnliches Stilmittel: Der Autor kündigt auf Seite 135 ein Verbrechen an. Es geschieht aber erst auf Seite 397. Was soll ich sagen: Diese Ankündigung war dringend nötig, ich hätte das Buch sonst vorher abgebrochen und mir die 262 Seiten unzusammenhängender Perspektiven und Dialoge gespart.

Immerhin nutzt er die verbleibenden 67 Seiten bis zum Ende, um alles schlüssig aufzulösen und selbst das Highschooldrama im Kiss-off noch mit einem Ende zu versehen.

Alles in allem lässt mich das Buch enttäuscht zurück. Titel und Klappentext haben etwas völlig anderes versprochen und das Geboteten konnte dies Enttäuschung nicht wettmachen. Schade.

2,5 Sterne gibt es, weil ich die Rahmengeschichte mochte, es durchaus spannende Passagen gab und die Parallelen zur aktuellen politischen Lage der USA angekommen sind.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Furioses Finale

Das Buch der gelöschten Wörter - Die letzten Zeilen
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Die Absorbierer sind immer einen Schritt voraus. Nicht nur die Buchwelt ist in Gefahr, Quan Surts Pläne bedrohen auch die reale Welt. Mit Hilfe Quan Surts Autor hoffen Hope und Rufus, die Absorbierer stoppen ...

Die Absorbierer sind immer einen Schritt voraus. Nicht nur die Buchwelt ist in Gefahr, Quan Surts Pläne bedrohen auch die reale Welt. Mit Hilfe Quan Surts Autor hoffen Hope und Rufus, die Absorbierer stoppen zu können. Doch dieser muss erst einmal gefunden werden.

Ein Finale, das diesen Ausdruck verdient. Ein Twist jagt den nächsten. So viele Rätsel, die es noch zu lösen gilt, so viele Unwägbarkeiten und dann scheint die Zeit nicht mehr zu reichen. Hope muss Opfer bringen und sogar ihre Liebe aufgeben. Doch sie lässt sich nicht bremsen und wagt viel mehr, als alle von ihr verlangen würden.

Am Ende bleibe ich gerührt und zufrieden zurück. Wunderbar, wie alles aufgelöst wurde und auch die Emotionen kommen nicht zu kurz.

Fazit: Dramatische Wendungen und ein sättigendes Ende

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Rasante Fortsetzung der Jagd auf die Absorbierer

Das Buch der gelöschten Wörter - Zwischen den Seiten
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Es braucht nur wenige Seiten, dann ist man wieder abgetaucht im Band 2 des Buches der gelöschten Wörter – mitten in die Pläne des Bundes um die Suche nach dem Kopf der Absorbierer: Quan Surt. Dieser scheint ...

Es braucht nur wenige Seiten, dann ist man wieder abgetaucht im Band 2 des Buches der gelöschten Wörter – mitten in die Pläne des Bundes um die Suche nach dem Kopf der Absorbierer: Quan Surt. Dieser scheint ein Meister im Spuren verwischen und den Bundesleuten immer einen Schritt voraus zu sein. Doch Hope hat eine Spur und die Zeit drängt, denn das Leben ihrer Mutter steht auf dem Spiel. Da passiert ihr ein fataler Fehler …

Seite um Seite jage ich durch das Buch, halte den Atem an, wenn Hope sich ganz gegen den gesunden Menschenverstand in gefährliche Situationen stürzt und ohne Absprachen handelt. Ich puzzle mit, wenn neue Hinweise auftauchen und neue Verbindungen sichtbar werden. Die Jagd auf Quan Surt und seine Komplizen wird zu meiner Jagd. Gleichzeitig bin ich begeistert von den vielen Details der Buchfiguren und der liebevollen Charaterzeichnungen und Beziehungsentwicklungen und den humorigen Umgangston. Auch die Romantik kommt nich zu kurz - zu niedlich der Sidekick! Nur Hope scheint noch völlig taub für ihre Herzensprache. Hoffentlich erfüllt sich das, was ich vernommen habe.

Wie es sich gehört, endet der zweite Band mit einem Cliffhänger. Gut, dass ich Band 3 schon parat habe. Auf geht es: das Finale zur Rettung der realen und der Bücherwelt darf beginnen.

Fazit: temperamentvolle Fortsetzung der Rettung der Bücherwelt

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Veröffentlicht am 05.09.2020

Ein entlarvender Blick auf menschliche Traumata

Altes Land
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Sein ganzes Leben auf der Flucht zu sein, nicht vergessen zu können und nirgendwo zuhause sein zu können, wie mag sich das anfühlen? Die Geschichte erzählt von Vera Eickhoff, die nach ihre Flucht als Kind ...

Sein ganzes Leben auf der Flucht zu sein, nicht vergessen zu können und nirgendwo zuhause sein zu können, wie mag sich das anfühlen? Die Geschichte erzählt von Vera Eickhoff, die nach ihre Flucht als Kind aus Ostpreußen nicht ankommen kann. Trotz vieler Jahrzehnte in der Elbmasch bleibt sie heimatlos. Sie zeigt nur einen eisigen Panzer, der Menschen auf Distanz hält. Sie verwahrt das Haus und lebt nicht darin. Als ihre Nichte Anne mit ihrem kleinen Sohn Leon bei ihr strandet, bekommt ihr Panzer Risse.

Ich hatte Mühe mich einzufinden in das Buch. Anfänglich blieben mir die Menschen darin fremd. Die harte Sätze und entlarvende Blicke auf ihr Leben hielten mich auf Abstand. Die häufigen Perspektivwechsel erschwerten die Orientierung. Jeder Mensch für sich gesehen gefangen in seinem Leben. Jeder Blick auf andere ein Urteil. Jedes Wort zueinander eine Grenze.
Ihre Worte, ihre Taten konnten mich so wenig für sie einnehmen – bis ich Stück für Stück von ihrem Schicksal erfuhr, von ihrer Vergangenheit, ihren verdrängten Traumata, ihren vererbten Narben. Je weiter ich las, je mehr hat mich die Geschichte fasziniert, war ich begeistert von der gewaltigen Sprache und dem verletzlichen Inneren, das sich dahinter verbag. Je mehr ich las, wollte ich das Vera ein Zuhause hatte und Anne ein eigenes Leben...

Die Geschichte endet so abrupt, wie sie begann. Beantwortet längst nicht alle Fragen. Weil das Leben das wohl nicht kann: alle Fragen beantworten, und auch nicht, alle Aufgaben erfüllen. Es bleibt immer etwas übrig für die nächste Generation.

Fazit: Harte Worte, lesenswert und auffwühlend

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Veröffentlicht am 04.09.2020

Gut und Böse fein säuberlich getrennt

Mehr als die Erinnerung
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Gut Mohlenberg, 1920: Eine Einrichtung, die psychisch kranken Menschen mit einem für diese Zeit untypsichen menschenfreundlichen Ansatz die Möglichkeit bietet, ein gutes Leben zu führen. Als in der Umgebung ...

Gut Mohlenberg, 1920: Eine Einrichtung, die psychisch kranken Menschen mit einem für diese Zeit untypsichen menschenfreundlichen Ansatz die Möglichkeit bietet, ein gutes Leben zu führen. Als in der Umgebung zwei Morde geschehen, ist man mit der Verdächtigung schnell bei der Hand: Es muss einer der „Geisteskranken von Mohlenberg“ gewesen sein.

Friederike von Aalen, die dort als junge Medizinerin ihren Vater bei der Leitung unterstützt und deren Ehemann nach einem Kriegestraumata selbst zu den Patienten gehört, will die Bewohner schützen und stellt eigene Ermittlungen an.

„Mehr als die Erinnerung ist eine dieser Geschichten, bei der man durch die Seiten fliegt, gut aufgebaut und der das fachliche Hintergrundwissen der Autorin Tiefe und historische Glaubwürdigkeit gibt. Der Krimi ist homogen mit dem Setting verwoben und verliert bis zum Ende nicht an Spannung. Gleichzeitig gibt die Geschichte einen guten Einblick in die psychiatrischen Behandlungsmethoden damaliger Zeiten und der Ausgrenzung der Erkrankten.

Die zeittypischen Rollenklischees werden plastisch transportiert und es ist unterhaltsam zu lesen, wenn eine Frau sich dem widersetzt. Der Spaß potentiert sich zum Ende, als es daran geht, den Täter zu überführen.

Einen Stern Abzug gibt es jedoch: Die Charaktere bleiben sehr flach trotz ausreichendem psychischen Konfliktpotenial. Gut und Böse war schnell sortiert. Dies schwächt die emotionalen Bindung an die Protagonisten. Besonders Friederike von Aalen hatte mir viel zu wenig Ecken und Kanten und war zu übertrieben die treusorgende liebende Ehefrau und Menschenfreundin. Dem Thema hätte es gutgetan, wenn die Menschen vielschichtiger gezeigt worden wären.

Fazit: Eine tolle Mischung aus historischen Frauenroman und Krimi mit gut recherchiertem Hintergrund.

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