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Veröffentlicht am 07.11.2017

Informativ und spannend zugleich. Ein wirklich schönes Buch

Burg Hohenzollern
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Auf den ersten Blick glaubt man, einen prächtigen Bildband über eine der wohl romantischsten und schönsten Burgen Deutschlands in der Hand zu halten. Doch »Burg Hohenzollern« von Christian Kayser will ...

Auf den ersten Blick glaubt man, einen prächtigen Bildband über eine der wohl romantischsten und schönsten Burgen Deutschlands in der Hand zu halten. Doch »Burg Hohenzollern« von Christian Kayser will mehr. Daher auch der Untertitel »Ein Jahrtausend Baugeschichte«. Dass der Autor Architektur studierte und über Baukonstruktion mittelalterlicher Fenstermaßwerke promovierte, merkt man auch diesem Buch an. So findet der interessierte Leser neben historischen Fakten und zur Burg und ihren Bewohnern eine Fülle allgemeinverständlich aufgearbeiteter Informationen über Konstruktion und technische Errungenschaften der einzelnen Bauabschnitte der Burg. Faszinierend fand ich z.B. den »hydraulischen Widder«, die Gewölbekonstruktion oder auch die Karten und Querschnitte der verschiedensten Burgteile. Wie es sich für einen Bildband gehört, sind all die Informationen mit passenden historischen und aktuellen Zeichnungen, Plänen und Fotos garniert - teils romantisch, teils aus Perspektiven, die dem Besucher der Burg verborgen bleiben, stets aber beeindruckend und das Verständnis des Textes unterstützend.

Wem einfach nur schöne Bilder zu wenig sind, der wird von diesem Buch begeistert sein. Denn die Burg Hohenzollern bietet nicht nur aus der Ferne einen beeindruckenden Anblick. Man spürt die Liebe des Autors zum Detail. So lassen sich immer neue Geheimnisse dieses Bauwerks und seiner Bewohner bzw. Gäste entdecken. Spannend wird auf jeden Fall der nächste Besuch in der Burg werden. Doch wann hat man dort diesen freien Blick auf die kleinsten Details, der die Fotos im Buch vom normalen Besucheralltagsgedränge unterscheidet?

Fazit: Informativ und spannend zugleich. Ein wirklich schönes Buch. 5*****

Veröffentlicht am 10.10.2017

Ein spannendes Buch für Katzenliebhaber

Der Tiger in der guten Stube
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»Der Tiger in der guten Stube« von Abigail Tucker

Manche Menschen können gar nicht genug von ihnen bekommen - sie posten niedliche Fotos, haben Tassen, Kissen und Socken mit ihrem Abbild, lächeln geduldig, ...

»Der Tiger in der guten Stube« von Abigail Tucker

Manche Menschen können gar nicht genug von ihnen bekommen - sie posten niedliche Fotos, haben Tassen, Kissen und Socken mit ihrem Abbild, lächeln geduldig, wenn sich eins der Wesen quer auf die Computertastatur legt und das andere auf dem Stapel frisch gebügelter Wäsche sein Mittagschläfchen hält. Katzen! Womit sich diese Tiere einen ganz besonderen Platz unter den Haustieren und in unserem Herzen verdient haben, versucht Abigail Tucker in ihrem neuesten Buch zu ergründen.

Dafür befragte die Autorin Biologen, Archäologen, Katzenzüchter und viele Menschen mehr, die beruflich in irgendeiner Form mit Katzen zu tun haben. Außerdem ist sie in einer katzenverrückten Familie groß geworden, ein Leben ohne Katzen kennt sie gar nicht. Und nicht zuletzt hat Abigail Tucker in unglaublicher Fleißarbeit zusammengetragen, was es in der Literatur und wissenschaftlichen Studien Wissenswertes über die Katzen zu erfahren gibt. Das Ergebnis ist ein Sachbuch, das sich unglaublich spannend liest. So geht die Autorin beispielsweise der Frage nach, warum Katzen, anders als Hunde, erst am Anfang der Domestizierung stehen, obwohl sie ebenfalls schon seit Jahrtausenden mit den Menschen zusammenleben. Oder warum alle anderen Haustiere einen »Nutzen« erbringen müssen, Katzen aber einfach nur da sein dürfen und trotzdem mit menschlicher Liebe überhäuft werden. Aber auch die Kehrseite der Medaille wird betrachtet, dass zum Beispiel bestimmte Krankheiten nur bei Katzen auftreten, die reine Wohnungskatzen sind.

»Wenn ich wüsste, was Katzen so beliebt macht, wäre ich Milliardär« - diese Aussage von Christian Bauckhage, Professor für Informatik und Memforscher an der Universität Bonn, bringt es auf den Punkt. Katzen sind und bleiben rätselhafte Wesen, aber vielleicht lieben wir sie ja gerade deswegen so sehr?

Ein »Manko« dieses interessanten Buches ist die Fülle der weiterführenden Informationen. Fast 500 Fußnoten verleiten den Leser permanent, zu den Anmerkungen am Ende des Buches zu blättern und dann auch noch zu googeln. Damit hat dieses Buch etwas von einer unendlichen Geschichte, man bekommt das Gefühl, nie damit fertig zu werden. Aber das passt ja wieder zur Unergründlichkeit dieser faszinierenden Tiere.

Fazit: Ein spannendes Buch für Katzenliebhaber. 5*****

Veröffentlicht am 25.09.2017

Sehr empfehlenswert

Palast der Finsternis
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Anouk wird mit vier weiteren Jugendlichen nach Frankreich eingeladen. Die Fünf wurden ausgewählt, einen neu entdeckten unterirdischen Palast in der Nähe von Paris als erste betreten und erforschen zu dürfen. ...

Anouk wird mit vier weiteren Jugendlichen nach Frankreich eingeladen. Die Fünf wurden ausgewählt, einen neu entdeckten unterirdischen Palast in der Nähe von Paris als erste betreten und erforschen zu dürfen. Anouk ist froh, für eine Weile von ihrer Familie wegzukommen. Besonders zu ihrer Mutter scheint sie kein gutes Verhältnis zu haben. Überhaupt ist Anouk als Hauptfigur ebenso seltsam wie interessant. Ihr ist es egal, was andere von ihr denken, sie will niemandem gefallen und vor allem hat sie eine Weltsicht, die vor Sarkasmus trieft, womit ihr Umfeld ein Problem hat, wenn sie diese ausspricht.

Parallel dazu lernen wir Aurélie und ihre Familie kennen, die als Adlige in den Wirren der französischen Revolution 1789 um ihr Leben fürchten müssen. Einzige Rettung scheint die Flucht in den unterirdischen Palast zu verheißen ...

Warum ausgerechnet fünf unerfahrene Teenager einen historischen Fund als Erste untersuchen sollen und keine Profis, ist eine Frage, die sich die Jugendlichen erst stellen, als einige Dinge nicht wie erwartet laufen. Plötzlich scheinen sie in einer tödlichen Falle zu sitzen, in der die Bedrohung nicht nur von einer Seite kommt. Die Suche nach einem Ausweg ist sehr spannend beschrieben und voller gruseliger Überraschungen.

Interessant ist der Perspektivwechsel inklusive Zeitsprung, wenn wir abwechselnd Aurélies und Anouks Erlebnisse lesen. Beide Mädchen sind in etwa gleich alt und scheinen doch so unterschiedlich in ihrer Lebensweise und Weltsicht. Bis sich ihre Ziele auf dasselbe reduzieren: Überleben.

Mir hat vor allem die Figur der Anouk in ihrer Entwicklung gefallen. Ihre Widersprüchlichkeit aus Ablehnung und Aufbegehren sowie tief verborgener Sehnsucht nach menschlicher Wärme und Nähe machen sie trotz ihrer ruppigen Art sehr sympathisch. Irgendwann wollte ich sie einfach nur in den Arm nehmen.

Palast der Finsternis ist ein besonderes Jugendbuch. Ein bisschen History, etwas mehr Fantasy, viel vordergründige Action und Spannung, doch dahinter verborgen Fragen nach Sinn und Wert des Lebens und dem Umgang der Menschen miteinerander. Ich könnte mir eine Verfilmung dieses Werkes sehr gut vorstellen und weiß jetzt schon, an welchen Stellen ich lieber die Augen zukneifen würde.

Fazit: Sehr empfehlenswert. 5*****

Veröffentlicht am 19.09.2017

Leseempfehlung und Vorfreude auf Teil 3

Küstenbrut
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Der zweite Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Allein schon die Tatsache, dass eine ermordete Galeristin, die Richard Gruben nicht persönlich kannte, ...

Der zweite Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Allein schon die Tatsache, dass eine ermordete Galeristin, die Richard Gruben nicht persönlich kannte, seine Visitenkarte mit einer sehr persönlichen Nachricht von ihm in ihrem Kalender liegen hatte. Genau aus diesem Grund bittet der Polizist Bert Muslow Richard um Hilfe. Was als Flucht Richards vor eigenen privaten Problemen und kleine Gefälligkeit unter Freunden beginnt, weitet sich schnell zu einer gemeinsamen Suche nach dem Mörder der Galeristin aus.

Ich mag es, wie Anja Behn erzählt. Viele Dialoge lassen die Geschichte lebendig wirken. Immer wieder glaubte ich beim Lesen, ein wichtiges Detail entdeckt zu haben, einen Faden in der Hand zu halten, der mich der Lösung des Falls näher bringt. Bis das nächste Detail alles noch verwirrender aussehen ließ. Erzählt wird größtenteils aus der Sicht von Richard Gruben, aber nicht nur. Dadurch hat der Leser stellenweise einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber dem Kunsthistoriker, was die Hintergründe aber nicht durchschaubarer macht, im Gegenteil. Vieles scheint einfach nicht zusammenzupassen und die Geschichte von Seite zu Seite spannender.

Mit dem kleinen fiktiven Ort Niederwiek an der Ostsee zaubert die Autorin reichlich frühsommerliche Ostseeatmosphäre zwischen die Zeilen. Allerdings geht es dem Leser ähnlich wie Richard - Zeit, die Idylle zu genießen, bleibt kaum, denn immer wieder tauchen neue Fragezeichen auf. Wir lernen eine überschaubare Anzahl von Personen kennen, die in ihren Eigenheiten unverwechselbar beschrieben sind. Teilweise erinnern sie mich an reale Menschen, die ich selbst dort oben an der Küste kennengelernt habe. Einige sind sehr sympathisch, Mund und Herz auf dem rechten Fleck. Anderen möchte man im wahren Leben lieber nicht begegnen. Trotzdem schafft es die Autorin, dass man auch ihnen ein gewisses Mitgefühl entgegenbringt, zumindest teilweise.

Mehrere Personen spielen ein falsches Spiel, manche schon seit vielen Jahren. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wozu Menschen fähig sind, wenn Gier und Feigheit die Oberhand gewinnen. Der Autorin gelingt es, am Ende alle offenen Fragen logisch zu beantworten. Na ja, fast alle. Was ist mit Johanna aus Anja Behns erstem Krimi "Stumme Wasser"? Das werden wir wohl frühestens im nächsten Küstenkrimi erfahren.


Fazit: 5*****, Lesempfehlung und Vorfreude auf Teil 3

Veröffentlicht am 26.08.2017

Geniale Geschichte!

Schmerzflimmern
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Gregor ist Rettungssanitäter mit einer besonderen Gabe: Sobald er einen Menschen berührt, bleibt scheinbar für alle anderen die Zeit stehen, nur Gregor findet sich in der Zukunft wieder. Und zwar exakt ...

Gregor ist Rettungssanitäter mit einer besonderen Gabe: Sobald er einen Menschen berührt, bleibt scheinbar für alle anderen die Zeit stehen, nur Gregor findet sich in der Zukunft wieder. Und zwar exakt zum Zeitpunkt des Sterbens dieses Menschen. Das klingt abgefahren und ist in der Praxis auch so. Man stelle sich nur vor, beim Sex mit jemandem ständig diese Bilder vor Augen zu haben ...

Das Buch beginnt mit Gregors Versuch, beim Speed-Dating eine passende Partnerin zu finden. Da die Damen dort recht offensiv vorgehen, dürfen wir mit ihm gleich mehrfach Zeugen ungewöhnlicher Tode werden. Viel schwarzer Humor und doch ist in diesem Buch noch mehr. Marc Kemper vermittelt eine leicht sarkastische Sicht auf das Sterben, das für jeden von uns unausweichlich ist. Richtig emotional wird es, als wir Gregor nahestehende Personen kennenlernen. Und all die Gedanken des Helden sind einfach herrlich, mitten aus dem Leben gegriffen, wunderbar formuliert und philosophisch angehaucht. Das Buch liest sich trotzdem oder genau deshalb mit einer verblüffenden Leichtigkeit. Gregor denkt, was irgendwo in unseren Köpfen auch umher spukt. Er tritt selbstsicher auf, hat immer einen coolen Spruch auf den Lippen und ist doch tief im Inneren voller Selbstzweifel.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Die Grundidee ist für mich wirklich neu und klasse beschrieben. Zwischen den Zeilen verbergen sich unzählige kleine Schätze: Zitate aus der Film- und Musikwelt, Gregors Sprüche und Gedanken, die ich mir teilweise wegen ihrer Treffsicherheit markiert habe, eine kunstvolle Verknüpfung von Personen und Handlungssträngen zu EINER Handlung und nicht zuletzt ein Ende, das glücklich macht, ohne kitschig zu wirken.
Bei Marc Kempers Toden ist es wie im Leben: Nicht immer geht es gerecht zu, aber manchmal passiert den richtigen Leuten genau das, was sie verdient haben. Und für die Meisten von uns scheint es immer noch eine Chance zu geben, selbst aktiv zu werden, und alles zum Guten zu wenden. So kann ein schwarzhumoriges Buch mit vielen Toden sehr wohl Lust auf das Leben machen.


Fazit: Genial! Absolute Leseempfehlung. 5*****