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Veröffentlicht am 14.05.2020

Vom Scheitern und Weiterziehen

Der Empfänger
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"Der Empfänger" ist ein Buch zwischen Extremen: auf dem Weg zur Freiheit an der eigenen Identität vorbei hin zu den Zwängen einer Zeit, die sich selbst überholt. Der Protagonist ist ein typischer Auswanderer: ...

"Der Empfänger" ist ein Buch zwischen Extremen: auf dem Weg zur Freiheit an der eigenen Identität vorbei hin zu den Zwängen einer Zeit, die sich selbst überholt. Der Protagonist ist ein typischer Auswanderer: idealistisch, lebenshungrig und bereit, für seinen persönlichen Traum vom Glück viel zu wagen und aufzugeben. Dabei merkt er nicht, dass er in dem drängenden Wunsch nach Akzeptanz und Erfolg seine wahre Identität, seine Wertevorstellungen, seine Seele preisgibt, um in einer Welt Fuß zu fassen, die neu und zugleich schrecklich vertraut ist. Denn die Schatten, die ihn in und an Deutschland zweifeln ließen, begegnen ihm in der neuen Welt wieder, sie waren schneller und erweisen sich als stärker als der Protagonist. In seinem Scheitern wendet er sich zurück und merkt jedoch schnell, dass diese Tür für ihn endgültig verschlossen ist: Ein Zurück ist nicht möglich. So wird er zum Wanderer, geduldet, aber rastlos, frei und doch Sklave seines Traums. Was aus ihm wird, erfährt der Leser nicht, und das ist gut. Gleichwohl hätte man sich mehr Spannung erhofft, denn das Buch schafft es am Ende nicht, den Leser vollständig in seinen Bann zu ziehen.

Fazit: Wer den Nationalsozialismus und die Zwänge und Zwiespalte, die damit zusammenhängen, als rein deutsches Problem begreift, wird von diesem Buch überrascht sein, denn es zeichnet das Bild einer weltumspannenden Bewegung, deren Ideologie nicht an Ländergrenzen oder Sprachbarrieren haltmachte, die Menschen und Nationen gleichermaßen infizierte und Schicksale erschuf, über die die Welt noch heute redet.

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Eine Reise durch Zeit und Raum

Der Sommer der Islandtöchter
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Karin Baldvinsson nimmt ihre Leser mit "Der Sommer der Islandtöchter" mit nach Island, auf die wunderschöne Insel mit ihrem rauen Wetter und der beeindruckenden Landschaft. Ihre Beschreibungen der Insel ...

Karin Baldvinsson nimmt ihre Leser mit "Der Sommer der Islandtöchter" mit nach Island, auf die wunderschöne Insel mit ihrem rauen Wetter und der beeindruckenden Landschaft. Ihre Beschreibungen der Insel sind so bildhaft und lebendig, dass ich mich als Leserin direkt an die Schauplätze des Romans versetzt gefühlt habe. Ich habe gespürt, wie der Wind an mir zerrt, wie der Regen durch den Ort gepeitscht wird, aber durfte auch die Wärme und die Sonne spüren. Mein Fernweh wurde ein bisschen gemildert und das hat mir richtig gut gefallen. Toll fand ich auch, wie die Autorin die Kulturunterschiede zwischen Deutschland und Schweden dargestellt hat. Hier musste ich öfter schmunzeln und ich fand es interessant, die Mentalität der Isländer ein wenig kennenzulernen.

"Der Sommer der Islandtöchter" spielt auf zwei Zeitebenen. Die Handlung der Gegenwart konnte mich mehr überzeugen, vielleicht weil ich mich mit der Protagonistin Hanna besser identifizieren konnte als mit der noch sehr jungen und eigenwilligen Monika, die der Leser im Jahr 1978 kennenlernt. In meinen Augen hat sich die Autorin für den Handlungsstrang der Vergangenheit etwas zu viel Zeit genommen. Hier gab es für mich beim Lesen einige Längen und ich habe mich in die Gegenwart zurückgesehnt. Dort habe ich hingegen sehr mit Hannah mitgefiebert, ihre Emotionen und Gedanken waren für mich greifbarer und nachvollziehbarer. Bei den zwischenmenschlichen Beziehungen ist die Autorin für mich etwas ins Kitschige abgerutscht, da fand ich einige Beschreibungen doch etwas zu viel. Aber das kam nicht oft vor.

Es gibt im Laufe des Buches einige Dinge zu klären, so manches wird enthüllt und kommt ans Tageslicht. Stellenweise ging mir das etwas zu schnell und ich hätte mir mehr Emotionen gewünscht. So wirkten die Charaktere stellenweise ein wenig abgeklärt und die Entdeckungen wurden zu schnell akzeptiert, bevor es zum nächsten Punkt weiterging. Hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht.

Insgesamt habe ich "Der Sommer der Islandtöchter" aber sehr gern gelesen und ich freue mich auf weitere Romane der Autorin, die zum Wohlfühlen einladen und mich an ferne Orte entführen.

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Wenig Spannung und viel Drumherum

Das Gerücht
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"Das Gerücht" hat mich leider nicht so überzeugt wie erhofft. Ich fand die Grundidee total interessant und anfangs hat mir auch gefallen, wie die Autorin sie umgesetzt hat. Es wird gut erzählt, wie das ...

"Das Gerücht" hat mich leider nicht so überzeugt wie erhofft. Ich fand die Grundidee total interessant und anfangs hat mir auch gefallen, wie die Autorin sie umgesetzt hat. Es wird gut erzählt, wie das Gerücht entsteht und die Runde macht und aus welchen Gründen die Ich-Erzählerin es verbreitet. Aber mir blieb die Geschichte zu oberflächlich. Es passiert viel zu viel drumherum, das Gerücht und seine Folgen rückt sehr in den Hintergrund, stattdessen wird das Privatleben der verschiedensten Charaktere beleuchtet, andere Sorgen und Alltagsprobleme der Ich-Erzählerin kommen hinzu und dadurch kommt leider nur sehr wenig Spannung auf. Aber das Buch weist einen Plottwist auf, mit dem ich so nicht gerechnet hatte und der dann doch im letzten Viertel für Spannung sorgt. Daher gibt es gut gemeinte drei Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 09.05.2020

Ein wahrer Schatz!

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
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"Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich" hat mir einen wundervollen Lesenachmittag beschert, aber die Zeit, die ich danach noch mit diesem Buch verbringen werde, wird weitaus länger andauern. Ich hatte ...

"Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich" hat mir einen wundervollen Lesenachmittag beschert, aber die Zeit, die ich danach noch mit diesem Buch verbringen werde, wird weitaus länger andauern. Ich hatte während des Lesens schon einige liebe Menschen vor Augen, denen ich dieses Büchlein schenken werde, um ihnen eine große kleine Freude zu bereiten.

Ich beschäftige mich seit ungefähr drei Jahren mit Persönlichkeitsentwicklung und würde "Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich" als "Persönlichkeitsentwicklung für Einsteiger" bezeichnen. Zusammen mit der Ich-Erzählerin, einer alterslosen verheirateten Frau und Mutter zweier Kinder, in die sich somit jeder Leser jeden Alters hineinversetzen kann, macht der Leser sich auf die Reise um die vier großen Fragen des Lebens, die das Potenzial haben, das eigene Leben komplett zu verändern. Dabei geht es nicht um die großen philosophischen Fragen wie "Warum bin ich hier?" oder "Was ist der Sinn des Lebens"? Stattdessen beschäftigt sich die Ich-Erzählerin mit den Höhen und Tiefen ihres Alltags. Und dadurch sind die vier Fragen - und vor allem ihre Antworten darauf - so realitätsnah und praktisch, dass man sie als Leser direkt auf seinen eigenen Alltag übertragen kann.

Dieses kleine Büchlein hat mich unglaublich inspiriert und mir aufgezeigt, was sich verändern kann, wenn man ehrlich zu sich selbst ist, mit offenen Augen und einem offenen Herzen durch seinen Alltag geht und mutig genug ist, um Veränderungen in Angriff zu nehmen. So viel Leichtigkeit und Lebensfreude ist möglich, wenn wir nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, nicht alles persönlich nehmen und auch mal über uns selbst lachen können.

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Veröffentlicht am 09.05.2020

So viel mehr, als der Klappentext andeutet

Die Kleider der Frauen
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"Die Kleider der Frauen" hat mich echt überrascht, denn das Buch ist so viel mehr, als der Klappentext andeutet. Es fließen so viele Elemente zusammen: Familiengeschichte, Spannungsroman, Krimi, Liebe, ...

"Die Kleider der Frauen" hat mich echt überrascht, denn das Buch ist so viel mehr, als der Klappentext andeutet. Es fließen so viele Elemente zusammen: Familiengeschichte, Spannungsroman, Krimi, Liebe, Leid. Dadurch ist die Geschichte sehr vielseitig und der Leser wird mit immer wieder wechselnden Handlungsverläufen konfrontiert. Auch, weil das Buch auf zwei Zeitebenen spielt, was mich am meisten überrascht hat, da es im Klappentext nicht erwähnt wird.

Der Handlungsstrang, der zur Zeit des Zweiten Weltkrieges spielt, konnte mich mehr überzeugen als der Strang der Gegenwart, da mir die Gefühle der Figuren dort gelebter erschienen und ich somit mehr mit den Charakteren mitfühlen konnte. Und obwohl ich mich überhaupt nicht für Mode interessiere, hat die Autorin es geschafft, mich für diese Branche zu begeistern. Vor allem war es spannend, mitzuerleben, was sich hinter den Kulissen abspielt. Dafür war Estelle die perfekte Figur, denn sie hat ihren eigenen Kopf und ihren eigenen Willen, ist taff, neugierig und nicht aufzuhalten, wenn sie etwas erreichen möchte. Das hat mir sehr gefallen. Allerdings hatte das Buch für mich auch einige Längen. Manche Dialoge empfand ich als sehr gezwungen, teilweise wurden Handlungsverläufe hinausgezögert und die Spannung etwas zu sehr ausgedehnt. Wer gut erzählte Familiengeschichten mit tiefgründigen Facetten mag, der macht mit diesem Buch aber nichts falsch.

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