Ein wahrer Pageturner!
Die Bestimmung„Die Bestimmung“ spielt im Chicago der Zukunft. Ein völlig neues Gesellschaftssystem hat sich entwickelt – wie es dazu kam, erfährt der Leser in einem kurzen Überblick. Ausführlichere Erklärungen folgen ...
„Die Bestimmung“ spielt im Chicago der Zukunft. Ein völlig neues Gesellschaftssystem hat sich entwickelt – wie es dazu kam, erfährt der Leser in einem kurzen Überblick. Ausführlichere Erklärungen folgen vielleicht in der Fortsetzung der Reihe – vorerst muss sich der Leser mit wenigen Informationen zufrieden geben. Welche Entwicklungen die Menschheit und die Technik mitgemacht haben, erfährt der Leser auch nur ansatzweise. Fest steht, dass elektrische Geräte wie Computer dem Menschen nach wie vor das Leben erleichtern und er sogar mehr oder weniger darauf angewiesen ist.
Von der ersten Seite an vermag „Die Bestimmung“ zu fesseln, was zu einem Großteil der Erzählkunst der Autorin bzw. der Ich-Erzählerin geschuldet ist. Beatrice ist eine sehr sympathische Figur, die mit ihrer offenherzigen und leicht ironischen Art schnell das Herz des Lesers gewinnt. Sie ist ein aufgewecktes junges Mädchen, das im Verlauf des Buches eine enorme Entwicklung durchmacht. Sie hat viele Prüfungen zu bestehen und wächst mit ihren Aufgaben.
Aber auch die Handlung selbst nimmt schnell an Fahrt auf. Nach der Zeremonie der Bestimmung, in der Beatrice sich für die Fraktion der Ferox entscheidet, folgt ein Aufnahmetest, denn die Fraktion nimmt nicht alle neuen Mitglieder endgültig in ihre Gemeinschaft auf. Die „Neuen“ müssen sich verschiedenen Tests stellen, bei denen die Autorin einen enormen Ideenreichtum bewiesen hat und sich kreative Aufgaben ausgedacht hat. Die Tests sind sehr umfangreich und sehr unterschiedlich – oft aber vor allem sehr brutal. Es ist erschreckend zu sehen, wie Jugendliche sich verhalten, wenn es um Sieg oder Niederlage geht. In vielen Szenen fließt Blut und Gewalt bestimmt die Geschehnisse, wobei die Autorin nicht davor zurückschreckt, detaillierte Beschreibungen zu liefern. Der Leser muss sich auf einige grausame Ereignisse einstellen. Vor allem muss er damit rechnen, dass nicht jeder Charakter durchschaubar ist. Es gibt einige überraschende Wendungen in diesem Buch, die oft auf dem Verhalten der Figuren begründet sind.
Aber es gibt auch sehr schöne und berührende Szenen in diesem Buch. Die Handlung ist sehr abwechslungsreich und schafft es besonders dadurch, zu überzeugen. Das Buch erzählt von Vertrauen, von Freundschaft, von Liebe. So erschreckend manche Szenen sind, so herzerwärmend sind andere Szenen wiederum. Die Autorin beweist ein Feingefühl für die Bedürfnisse ihrer Leser und sorgt für eine Berg- und Talfahrt der Gefühle.
Der Autorin ist sehr gut gelungen, die Unterschiedlichkeiten der Fraktionen herauszuarbeiten und darzustellen, wie sich das Leben innerhalb der Fraktionen unterscheidet. Die Differenzen beginnen bei der Kleidung und setzen sich über die Ernährung bis hin zur Wahl eines Berufes fort.
Die Aufnahmeprüfungen nehmen rund zwei Drittel des Buches ein. Im letzten Drittel konzentriert sich die Handlung auf einen anderen Schwerpunkt, der nicht mehr hundertprozentig zu überzeugen vermochte. Auf den letzten 100 Seiten überschlagen sich die Ereignisse derart, dass die Autorin sich nur noch wenig Zeit für Beschreibungen nehmen kann. Während auf den ersten gut 350 Seiten die Lebendigkeit der Figuren und der Ideenreichtum bezüglich der Handlung überzeugt hat, kommen diese Punkte im letzten Drittel leider etwas zu kurz.
Das Buch endet relativ offen, aber nicht mit einem zu fiesen Cliffhanger. Die Fortsetzung darf natürlich trotzdem gespannt erwartet werden.
Mein Fazit:
Ein wahrer Pageturner, der durch seine abwechslungsreiche Handlung und den Ideenreichtum der Autorin überzeugt – bei dem sich die Ereignisse auf den letzten 100 Seiten aber zu sehr überschlagen, wodurch der Autorin die Gelegenheit genommen wird, sich Zeit für die Beschreibungen der Handlung und der Figuren zu nehmen.