Nie im Leben hätte ich gedacht, dass dieses Buch eines von der Sorte sein würde, die mich zu Tränen rühren. Ich meine, habt ihr euch den Klappentext durchgelesen? Deutet da irgendetwas auch nur ansatzweise darauf hin, dass dieses Buch zum Heulen verleiten könnte? Eben! Und doch habe ich beim Lesen so hemmungslos Tränen vergossen, dass ich das Buch zur Seite legen und eine Pause machen musste. Aber der Reihe nach!
Der Einstieg in das Buch hat mich leicht überfordert, denn der Leser wird in eine völlig fremde Welt irgendwann in der Zukunft geschmissen, in der es nur so wimmelt von lauter fantastischen und fremd klingenden Wörtern. Nicht alle werden erklärt, viele muss man sich zusammenreimen. Denn die männliche Hauptperson Darrow tritt als Ich-Erzähler auf und er macht sich einfach nicht die Mühe, seine Leser Schritt für Schritt in seine Welt einzuführen. Dafür hat er gar keine Zeit, denn er ist viel zu sehr damit beschäftigt, mit Flüchen und Kraftausdrücken um sich zu werfen. Denn darauf solltet ihr euch einstellen: Darrow nimmt kein Blatt vor den Mund. Und er ist ein Mann. Dementsprechend derb ist teilweise der Schreibstil, aber ich konnte darüber oft schmunzeln.
So nach und nach habe ich dann aber doch in Darrows Welt hineingefunden, denn sein Erzählstil bzw. der Schreibstil des Autors ist nicht nur derb, sondern dazu auch sehr bildreich und schließlich habe ich es geschafft, mir ein Bild von Darrows Leben zu verschaffen. Das hat sich noch verstärkt, als er auf seine Liebe zu seiner Frau zu sprechen kam. Und jetzt sind wir auch schon an dem Punkt angelangt, der mich so extrem zu Tränen gerührt hat. Denn so bildhaft und derb Darrows Ausdrucksweise ist, so gefühlvoll und voller Liebe ist sie, wenn er von seiner Frau spricht. Ich hätte niemals erwartet, dass es in diesem Buch so bewegende und gefühlvolle Worte zu lesen geben würde, die überhaupt nicht kitschig waren, sondern mich einfach nur mitten ins Herz getroffen und tief berührt haben. Ich war selbst überrascht von meiner intensiven Reaktion auf dieses Buch, aber ich glaube, diese Szenen haben sich tief in meine Seele gebrannt und ich werde sie immer mit dem Autor in Verbindung bringen. Ja, ich weiß, ich werde gerade sehr sentimental, aber das geht jetzt grad nicht anders. Lest das Buch selbst, vielleicht ergeht es euch dann so wie mir.
Die Handlung des Buches nimmt eine Wende, als Darrow erkennt, dass seine Arbeit auf dem Mars eigentlich völlig nutzlos ist und er nur ausgebeutet wird, damit sich die Goldenen, die der höchsten Gesellschaftsschicht entsprechen, ein angenehmes Leben machen können. Um sich gegen sie aufzulehnen, unterzieht er sich einem harten Training und einer krassen Veränderung, um selbst zum Goldenen zu werden und sich zur Elite ausbilden zu lassen, um irgendwann mal eine hohe Position innerhalb der Goldenen einzunehmen und sie dann von innen zu zerstören. Richtig krass fand ich, wie dieser Wandlungsprozess vollzogen wird, wie Darrow nicht nur äußerlich verändert wird, sondern auch innerlich, praktisch einer Gehirnwäsche unterzogen wird und sein komplettes Denken umstellt.
Eine weitere Wende nimmt die Handlung, als schließlich die Prüfungen beschrieben werden, denen sich Darrow unterziehen muss, um zur Goldenen Elite zu gehören. Dabei ist es vor allem die letzte, alles entscheidende Aufgabe, für die der Autor sich unglaublich viel Zeit nimmt und in der vor allem auf zwischenmenschlicher Ebene viel passiert. Leider hat in dieser Phase, die ungefähr die komplette zweite Hälfte des Buches umfasst, meine Begeisterung für das Buch doch etwas nachgelassen. Das Buch wird nun sehr brutal, sehr blutig, sehr grausam. Und es zieht sich zu sehr in die Länge. Es wird gekämpft, es werden Strategien und Taktiken besprochen, es gibt Hinterhälte, Angriffe, Rückzüge. Mir waren diese Szenen zu eintönig, zu langatmig.
Und dennoch freue ich mich schon sehr auf die Fortsetzung, die voraussichtlich im Juni 2016 unter dem Titel "Red Rising. Im Haus der Feinde" erscheinen wird, denn der Klappentext des zweiten Bandes verspricht eine spannende Handlung und ich muss trotz meiner Kritik einfach wissen, wie es weitergeht.
Denn "Red Rising" ist so ein unglaublich komplexes und tiefgründiges Werk, in dem auch auf zwischenmenschlicher Ebene total viel passiert. Es gibt so viele Ansätze, anhand derer sich die Figuren charakterisieren und interpretieren lassen. Ich glaube, dieses Buch ist einfach mit keinem anderen vergleichbar.