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Veröffentlicht am 06.12.2023

Ein Meisterwerk in den Wirren der Zeit

Die Erfindung des Lächelns
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"Die Erfindung des Lächelns" verschafft dem Leser Einblick in eine sehr turbulente Zeit im Paris des frühen 20. Jahrhunderts. Paris, die Stadt der Liebe, ist auch Schmelztiegel unterschiedlichster Schichten ...

"Die Erfindung des Lächelns" verschafft dem Leser Einblick in eine sehr turbulente Zeit im Paris des frühen 20. Jahrhunderts. Paris, die Stadt der Liebe, ist auch Schmelztiegel unterschiedlichster Schichten der Gesellschaft, von Vergangenem und Moderne, von Arm und Reich, wo bieder und bodenständig Tür an Tür neben extrovertiert und künstlerisch lebt.

In dieses Setting eingebettet ist das wohl bekannteste Bild der Welt, zur Schau gestellt im damals größten Museum der Welt, inmitten von Unmengen von Kunst und Kultur der Jahrhunderte. Dasjenige, was teils den Kulturen entrissen, geraubt und enteignet wurde, steht neben den größten künstlerischen Werken der Menschheit. Diesem Hort von menschlicher Genialität wird nun dieses Gemälde entrissen und es begibt sich auf eine unfreiwillige Reise durch Paris, erkannt und unerkannt. Das Bild einer lächelnden Frau wird beschützt, propagandistisch verwertet, verkauft, versteckt, bewundert und gehasst, von aller Welt in aller Welt gesucht und hat doch nie Paris verlassen.

Die Protagonisten sind in diesem Roman über ein Gemälde miteinander verbunden, obwohl sie selbst miteinander nichts zu tun haben. Sie kennen sich nicht einmal und teilen doch das Schicksal des Gemäldes. Es scheint fast, als ob die junge lächelnde Frau auf dem Gemälde die Hauptfiguren in ihren Bann zieht: die Polizei, die Verbrecher, die Künstler, die Arbeiter. Alle sind auf Gedeih und Verderb mit dem Bild verbunden.

Dabei erzählt die Geschichte schonungslos von einer Zeit, die auf Messers Schneide zwischen Vergangenheit und Moderne, Klassengesellschaft und unendlich scheinendem Reichtum, zwischen Aufbruch und Rückschritt balanciert. Dem Autor gelingt es meisterhaft, dieses Zeitgefühl einzufangen. Jeder, der bereits in Paris war, kann dies direkt nachfühlen und schlendert gemeinsam mit den Figuren über die Boulevards und Avenues, jeder, der noch nicht dort gewesen ist, hat unweigerlich ein Bild im Kopf. Die Atmosphäre der Erzählung ist so dicht und vielschichtig wie das Bild, das das Zentrum der Geschichte bildet.

"Die Erfindung des Lächelns" ist gesellschaftliche Zeitkritik, Parisführer, romantische Darstellung einer Stadt, durchwirkt mit Kunst und Kultur, dem Gefühl, welches Paris unweigerlich vermittelt.

Alles in allem überzeugt der Roman in allen Belangen. Spannend und abwechslungsreich daherkommend, mit einer historischen Genauigkeit und einer Bildhaftigkeit, die den Leser in seinen Bann zieht.

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Veröffentlicht am 01.12.2023

Persönlichkeitsentwicklung im Schnelldurchlauf

Das Mosaik meines Lebens
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In diesem Buch steckt richtig viel drin. Vor allem steckt es voller inspirierender, ermutigender, mitfühlender und verständnisvoller Weisheiten. So wird den Lesenden ermöglicht, einen neuen, nachsichtigen ...

In diesem Buch steckt richtig viel drin. Vor allem steckt es voller inspirierender, ermutigender, mitfühlender und verständnisvoller Weisheiten. So wird den Lesenden ermöglicht, einen neuen, nachsichtigen und akzeptierenden Blick auf sich selbst zu bekommen, aber auch auf ihre Mitmenschen. Das Buch ermöglicht, zu verstehen, was hinter so manchen unserer Marotten, Angewohnheiten und Eigenheiten stecken könnte. Nämlich genau das, was auch in uns steckt: das, woran wir glauben, und das, wovon wir überzeugt sind. Die Geschichte in diesem kleinen Buch ermöglicht einen Perspektivwechsel, und somit ermöglicht sie ein Stück weit Heilung. Für die Lesenden, und auch für die ganze Welt. Denn wenn wir unsere eigene kleine Welt verändern, verändern wir auch die große weite Welt, die uns umgibt. Hinzu kommen wundervolle und berührende Illustrationen, die den Text wunderbar bebildern und den Worten Farben und Formen verleihen. Ein schönes Büchlein!

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Veröffentlicht am 09.11.2023

Ein Kennenlernen

Simone
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Es ist fast so, als würde man sie kennenlernen: Simone, die beste Freundin von Anja. Simone, die Anja in ihrer Jugend in Ost-Berlin kennengelernt hat. Simone, die schließlich Berlin verlassen und die Welt ...

Es ist fast so, als würde man sie kennenlernen: Simone, die beste Freundin von Anja. Simone, die Anja in ihrer Jugend in Ost-Berlin kennengelernt hat. Simone, die schließlich Berlin verlassen und die Welt bereist hat. Simone, die ihrem Leben selbst ein Ende bereitet hat.

Zurück bleibt Anja. Mit Fragen. Mit Selbstvorwürfen. Mit Leere. Mit ihrer Suche. Und auf diese Suche nimmt sie ihre Leser mit. Und auf diese Art und Weise lernen wir Simone kennen. So, wie Anja sie gesehen hat. Betrachtet mit den Augen einer Freundin, die zugleich Journalistin ist. Und so hat auch das Buch fast etwas von einer Reportage. Es liest sich weniger wie ein Roman, mehr wie eine Biografie, eine Personenvorstellung. Ein Stil, der mich nicht ganz so berühren konnte, wie ich es mir erhofft hätte. Doch was bleibt, ist das Gefühl, Simone fast selbst ein wenig gekannt zu haben. Und das empfinde ich als sehr besonders, einmalig und würdevoll.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Ingenium - Es werde!

Ingenium
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Dieses Buch hat mich fasziniert. Es ist irgendwie genial.

Die Hauptfigur, ein Highschool-Football-Quarterback, der durch einen tragischen Unfall erst alles verlor und dann Unglaubliches gewann, muss seine ...

Dieses Buch hat mich fasziniert. Es ist irgendwie genial.

Die Hauptfigur, ein Highschool-Football-Quarterback, der durch einen tragischen Unfall erst alles verlor und dann Unglaubliches gewann, muss seine Gabe für Rätsel und Geheimnisse in Mustern nun dafür nutzen, eine Unschuldige zu retten, und dabei ein jahrtausendealtes Geheimnis aufklären, das außer Kontrolle zu geraten und alles in ein nie da gewesenes Chaos zu stürzen droht.

Die Magie aus Zahlen und Mustern, die die heutige Welt maßgeblich in Computern, Algorithmen und Künstlicher Intelligenz bis in das kleinste Detail bestimmt und beherrscht, ist keine neue Entwicklung oder Erfindung des 21. Jahrhunderts, sondern ist schon da gewesen, als die Menschheit noch in der Wiege lag. Von jeher versucht der Mensch, Leben zu erschaffen. Leben abseits der Fortpflanzung, Leben, das der absoluten Kontrolle des Schöpfers untersteht und von diesem gelenkt und geleitet wird, zum Guten oder zum Bösen. Aber auch Wege zu erschaffen, sich selbst zu überdauern, unsterblich zu werden.

Diese Macht in den falschen Händen kann die Welt ins Verderben stürzen. Der Protagonist muss sein „Ingenium“, seine Gabe, nutzen, dafür zu sorgen, dass dies gerade nicht geschieht.

Die Geschichte nimmt den Leser mit, fesselt ihn an mythische und mythologische Geschichten, die tief in unserer Welt verankert und verborgen sind. Sie zeigt, dass sich Geschichte zyklisch wiederholt, dass lang Vergessenes höchst aktuell werden kann. Dass Wissen und Glaube Jahrtausende überdauert und dann zutage tritt, wenn man am wenigsten damit rechnet. Dass der uralte Wunsch des Menschen, über sich hinauszuwachsen und seine Essenz überdauern zu lassen, in eine höhere Daseinsebene aufzusteigen, nicht unbedingt einer ultramodernen Technik, Chips und Rechenleistung bedarf, sondern dass ein einfaches Wort, so geheim es auch sein mag, das gleiche Ziel erreicht.

„Ingenium“ lehrt, dass die Beweggründe eines Menschen für seine Entscheidungen gepaart mit seiner Erfahrung und seiner Zielstrebigkeit erreichen können, was unmöglich erscheint: Ordnung im Chaos zu schaffen und wahrhaft Großes zu erreichen.

Beim Lesen des Buches fühlte ich mich unwillkürlich an Dan Brown erinnert. Die Anleihen sind klar erkennbar und doch hat das Buch seinen ganz eigenen Reiz. Es wäre ungerecht, dieses Buch als „Post-Dan Brown“-Buch zu beschreiben, denn „Ingenium“ verarbeitet noch mehr, es verbindet Welten. Und das ist wichtiger denn je.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Leben und leben lassen

Cleopatra und Frankenstein
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In einer Silvesternacht lernen sie sich in dem Aufzug eines New Yorker Apartmentgebäudes kennen. Sie beschließen, nicht nur die Nacht, sondern auch ihr Leben miteinander zu verbringen. Sie ist viel zu ...

In einer Silvesternacht lernen sie sich in dem Aufzug eines New Yorker Apartmentgebäudes kennen. Sie beschließen, nicht nur die Nacht, sondern auch ihr Leben miteinander zu verbringen. Sie ist viel zu jung für ihn, er ist viel zu alt für sie. Und doch finden sie Gründe, um beieinanderzubleiben. Bis das Leben dazwischenkommt, sich zwischen sie drängt, sie und ihre Liebe auf die Probe stellt. Was folgt, ist ein Kampf. Um ihre eigenen Identitäten, um ihre Plätze in ihrer Beziehung und in der Welt, die so viel von ihnen einfordert, und um die Rollen, die sie spielen wollen und zu spielen haben.

"Cleopatra und Frankenstein" erzählt von zwei Menschen in New York, die ihre eigenen Geschichten schreiben, während sie versuchen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und in die Zukunft zu schauen. Es erzählt von Freundschaften, von Liebschaften, von Schicksalen und von Familie. Eineinhalb Jahre lang dürfen wir die beiden Protagonisten und ihre Mitmenschen bei ihren Versuchen, mit der Unerbittlichkeit des Lebens klarzukommen, beobachten. Im Vordergrund stehen die zwischenmenschlichen Beziehungen, die wir in so vielfältiger Weise eingehen. Genauso wie all die menschlichen Gefühle, die damit einhergehen. Fast schon episodenhaft lässt die Autorin uns an den Leben ihrer Figuren teilhaben. Ich war von der ersten Seite an gefesselt und die Faszination hat bis zur letzten Seite nicht nachgelassen. Nicht einmal, dass viel zu viel getrunken und viel zu viel gekokst wird, kann ich kritisieren.

Cleo und Frank haben Geschichte geschrieben, wie ich sie noch von keiner anderen Autorin, keinem anderen Autor gelesen habe. Und so ist es vor allem eine große Faszination für die Art und Weise, wie Coco Mellors diese Geschichte erzählt hat, die bleibt. Zusammen mit der Liebe, die sie während des Schreibens für all ihre Figuren entwickelt haben muss.

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