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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2021

unterhaltsam

State of Terror
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"State of Terror" ist ein Politthriller der amerikanischen Sorte. Wenn man sich darüber klar ist, dann kann man mit diesem Buch wirklich nichts falsch machen. Die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller ...

"State of Terror" ist ein Politthriller der amerikanischen Sorte. Wenn man sich darüber klar ist, dann kann man mit diesem Buch wirklich nichts falsch machen. Die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller kommen zum Großteil aus der politischen Führungsriege der USA. Fast unwillkürlich vergleich man die erfundenen Darsteller mit realen Persönlichkeiten und realen Geschehnissen aus der weltpolitischen Vergangenheit. Das passt relativ oft, vielleicht, weil Hillary Clinton mit an diesem Buch geschrieben hat. Die Bedrohung ist eine weltweite und es gibt eine Menge ungeklärter Anschläge und die Angst vor weiteren Toten auch in den USA.

Gefallen hat mir das hohe Tempo und der Blick hinter den politischen Vorhang. Gestört hat mich ein wenig, dass es so ein typisch amerikanisch-heroischer Grundton war, der in diesem Thriller mitschwang. Andererseits habe ich ja oft mit großem Vergnügen Kino-Blockbuster gesehen, in denen genau diese Art von Heldentum und amerikanischem Patriotismus hochgehalten wurden. Also sei's drum. Es liest sich gut und schnell. Keine große Literatur aber unterhaltsam allemal.

Veröffentlicht am 29.11.2021

intensiv und sehr spannend

Ein neuer Horizont
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​Die Zwillingsmädchen Nellie und Laura verbringen viele Jahre ihrer Kindheit und Jugend mit den Eltern auf einem Boot und reisen um die Welt. Diese ungewöhnliche Art zu leben schweißt die Schwestern besonders ...

​Die Zwillingsmädchen Nellie und Laura verbringen viele Jahre ihrer Kindheit und Jugend mit den Eltern auf einem Boot und reisen um die Welt. Diese ungewöhnliche Art zu leben schweißt die Schwestern besonders eng zusammen und macht es ihnen aber auch schwerer, mit anderen Menschen eine Beziehung einzugehen, die an diese Intensität herankäme. Eines nachts verschwindet Laura auf dem Meer und ihr Leichnam wird nie gefunden. So hängt über der Familie die ungeklärte Frage, was in jener Nacht wirklich passiert ist und auch wenn der Verstand weiß, dass die Schwester tot sein muss, kann Nellies Herz das nicht akzeptieren. Sie wird Kriegsreporterin und schleppt die alte Reiseschreibmaschine von Laura bis ins ferne Korea, um auf dieser ihre Reportagen zu schreiben.


Man fragt sich als Leser bald, warum Nellie sich den Gefahren dieses Berufes aussetzt. Unzählige Male entgeht sie nur knapp Verletzung und Tod, sieht hunderte von Soldaten sterben, verliert Kollegen und muss sich selbst die Frage stellen, ob ihre Berichterstattung überhaupt einen Sinn ergibt in einer Welt, die aus den Fugen geraten scheint. Einige der männlichen Kollegen behandeln sie mit Überheblichkeit, die Ablehnung hoher Offiziere gegen Frauen als Kriegsreporter erschwert ihr die Arbeit. Der einzige Anker in all diesem Chaos wird der Kriegsfotograf Jake, den sie aus Friedenszeiten kennt und mit dem sie bald eine große tiefe Liebe verbindet.


Aber auch Jake trägt ein Trauma mit sich herum und er verlässt Nellie um nach Deutschland zu reisen und den Menschen zur Rechenschaft zu ziehen, der im Krieg den Tod seiner gesamten Familie mit verschuldet hat. Dabei trifft er auch Nellies Mutter, die sich nach dem Verschwinden von Laura vom Vater getrennt hat und in ihre Heimatstadt Berlin zurückgekehrt ist.


Dieses Buch habe ich aus zwei Gründen gelesen. Zum einen, weil ich ein Fan der Autorin Maiken Nielsen bin. Zum anderen, weil ich immer wieder auf der Suche nach spannenden ungewöhnlichen Themen bin und mir dadurch Neues und Ungekanntes eröffnen möchte. Und "Ein neuer Horizont" hat all meine Erwartungen erfüllt. Man erfährt viel über das Handwerk der Kriegsreporterin, einiges über den Koreakrieg aber auch über den Versuch von Menschen, über Verluste und Traumata hinweg zu kommen. Die Autorin hat ein großes Gespür für eine eindringliche Sprache, die frei von Kitsch dennoch nicht vor großen Gefühlen zurückschreckt. Es fällt nicht schwer, den Darstellern ganz nahe zu kommen und ihre Schicksale mitzuerleben.


Ein wundervoll intensives Leseerlebnis mit einem unerwarteten und sehr passenden Ende.

Veröffentlicht am 29.11.2021

Ein Wohlfühlbuch

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
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Rosalie Gräfenberg ist eine unabhängige Journalistin Anfang Dreißig, als sie den Verlagschef Franz Ullstein kennen lernt. Der ist seit kurzem Witwer und obwohl er doppelt so alt ist, verliebt er sich sofort ...

Rosalie Gräfenberg ist eine unabhängige Journalistin Anfang Dreißig, als sie den Verlagschef Franz Ullstein kennen lernt. Der ist seit kurzem Witwer und obwohl er doppelt so alt ist, verliebt er sich sofort in Rosalie und macht ihr schon nach kurzer Zeit einen Heiratsantrag. Auch wenn es nicht die tiefe überbordende Leidenschaft ist, die die junge Frau zu dem älteren Mann zieht, so empfindet sie doch eine große Nähe und Zuneigung zu ihm und willigt also in die Hochzeit ein. Beide haben aber nicht damit gerechnet, dass sie damit auf erbitterten Widerstand im Hause Ullstein treffen. Sowohl die zahlreichen Geschwister von Franz also auch seine erwachsenen Kinder sind gegen diese Verbindung und intrigieren offen oder versteckt gegen das Paar.

Beate Rygiert erzählt im Buch "Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher" von Geschehnissen, die in weiten Teilen auch so passiert sind. Dieser reale Hintergrund gibt dem Ganzen eine zusätzliche Würze. Man erfährt so einiges über den Verlag und die Familie Ullstein in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg. Um den Roman komplexer erzählen zu können, gibt es auch einige fiktive Personen, die in verschiedenen Positionen für das Verlagshaus arbeiten. Diese erfundenen Schicksale fügen sich wunderbar harmonisch in die Geschichte ein und sowohl das prominente Paar als auch alle anderen Darsteller wachsen einem schnell ans Herz und man fiebert mit ihnen mit.

Mir hat der warmherzige und kluge Erzählstil ebenso gefallen, wie der Blick hinter die Kulissen des Bücherhauses. Das Zeitkolorit wird hervorragen getroffen und in einem erhellenden Nachwort werden Einzelheiten erklärt und man erfährt, wie der Lebensweg von Rosalie und Franz weiterging.

Wieder mal ein Wohlfühlbuch von Beate Rygiert.

Veröffentlicht am 15.11.2021

Hungerwinter

Der schwarze Winter
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ie jungen Schwestern Silke und Rosemarie hat der Krieg aus ihrer Heimat vertrieben. Sie landen in Norddeutschland und versuchen im Hungerwinter der Jahre 1946/47 mit allen nur erdenklichen Mitteln über ...

ie jungen Schwestern Silke und Rosemarie hat der Krieg aus ihrer Heimat vertrieben. Sie landen in Norddeutschland und versuchen im Hungerwinter der Jahre 1946/47 mit allen nur erdenklichen Mitteln über die Runden zu kommen. Schwarzhandel ebenso wie das Betreiben einer Bar für britische Soldaten.

Wer, wie ich, viele Romane liest, die in dieser Zeit spielen, der weiß natürlich, was einen erwartet. Der Kampf der Menschen ums Überleben, die erlittenen Gräuel des Krieges und die Kriegstraumata, die bewundernswerten Kräfte, die in den Frauen freigesetzt werden und dazu der Hunger, die Kälte, die Armut.

Keine heitere Kost möchte man meinen. Aber erfreulicherweise gibt es im Laufe der Geschichte immer mehr Lichtblicke. Die Frauen finden Hilfe und Freunde und das Leben wird besser. Langsam und schwer erkämpft aber ja, es wird besser. Und mit ihr wächst auch beim Leser die Zuversicht.

Veröffentlicht am 15.11.2021

guter erster Band

Der Traumpalast
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Wir befinden uns im Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Rahel, Tochter eines jüdischen Schneider-Ehepaares, möchte aus ihrer behüteten engen Welt ausbrechen. Sie will ihr Leben selbst bestimmen. ...

Wir befinden uns im Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Rahel, Tochter eines jüdischen Schneider-Ehepaares, möchte aus ihrer behüteten engen Welt ausbrechen. Sie will ihr Leben selbst bestimmen. Will Autorin werden. Will nicht heiraten, sondern frei und ungebunden sein. Aber erst mal läuft alles anders. Sie muss als Krankenschwester arbeiten und lernt auch noch den aufstrebenden Bankierssohn Tino kennen und lieben. Es wird schwierig, ihre eigentlichen Zukunftspläne so umzusetzen, wie sie es geplant hat.

Tino indessen hat das Kino-Virus gepackt. Er setzt sich dafür ein, dass die UFA zur größten Cinegraphie-Gesellschaft Deutschlands wird. Dabei muss er sich gegen seine Eltern durchsetzen, die vor allem eine andere Frau an seiner Seite wünschen als die jüdische Rahel, gegen andere Filmgesellschaften, die ebenfalls auf den Markt drängen, gegen den Kunstgeschmack der Kinogänger, schwierige Regisseure und natürlich auch die Inflation, die Deutschland immer tiefer in den braunen Nazisumpf zieht.

Prange legt ein hohes Tempo vor. Das inszeniert er vor allem dadurch, dass ständig der Blickwinkel gewechselt wird. Die Szenen sind meistens nicht länger als 2 oder 3 Seiten. Das verleitet zu ungeduldigem Lesen und ist leicht konsumierbar.

Ein wenig störte es mich aber irgendwann auch, dass der Erzählstil so unruhig hin- und herflippt und Zeitsprünge von Tagen, Wochen, ja gar Monaten ganz normal sind. Höhepunkt reiht sich an Höhepunkt, Gespräch an Gespräch. Das ist interessant, spannend aber auch etwas ermüdend manchmal. Den Akteuren und dem Leser wird wenig Ruhe gegönnt.

Hervorragend finde ich die Recherche des Autors. Wie hier sowohl der Werdegang des deutschen und internationalen Kinos als auch die politische Entwicklung geschildert wird, ist intensiv und informativ.

Für mich ein erster Band, der noch etwas Luft nach oben hat aber definitiv Lust auf die Fortsetzung macht. Und schon lange habe ich kein so dickes Buch mehr in dieser Geschwindigkeit durchgelesen.