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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.07.2018

hervorragender Erstling

Der Kreidemann
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Ich bin beileibe kein Fan davon, direkte Vergleiche zwischen Büchern von Bestsellerautoren und Erstlingswerken neuer Autoren zu ziehen. Ganz im Gegenteil verunsichern mich solche Vergleiche meist, wenn ...

Ich bin beileibe kein Fan davon, direkte Vergleiche zwischen Büchern von Bestsellerautoren und Erstlingswerken neuer Autoren zu ziehen. Ganz im Gegenteil verunsichern mich solche Vergleiche meist, wenn ich sie auf den Klappentexten finde. Es ist ja inflationär Mode geworden, jeden zweiten Fantasyroman mit HdR oder GoT zu vergleichen. Und nordische Krimiautoren müssen Mankell oder Nesbo und Adler-Olsen als Messlatte nehmen. Aber bei dem Erstling von C.T. Tuodr „Der Kreidemann“ drängten sich mir tatsächlich einige Ähnlichkeiten zu anderen Geschichten aus meiner ganz persönlichen Leseerfahrung auf und für mich erklärt das auch, warum mir dieser Roman so ausnehmend gut gefallen hat.

Zum einen erinnerte mich von Anfang an so einiges an den Film „Stand by me“. Hauptdarsteller sind hier wie da eine Gruppe von Teenagern, die in einer Kleinstadt leben auf dem Sprung zum Erwachsenwerden sind und unerwartet und leise schleichend einer Art Bedrohung begegnen. Die Gruppendynamik, ihre kleinen Kämpfe und Kabbeleien, das einzige Mädchen in einer Jungengruppe und noch vieles mehr sind aber auch in Stephen Kings „Es“ zu finden. Sowohl King aus auch der Horrormeister sind All-Favorits und so hatte der Kreidemann mich ziemlich schnell am Haken. Man erfährt, wie Eddie und seine Freunde quasi in einen Mord verwickelt werden und ähnlich wie bei King gibt es eine zweite Zeitebene, die dreißig Jahre später versucht, die Geschehnisse in der Vergangenheit aufzuarbeiten und endgültig zu klären.

Das Buch als Thriller oder Krimi einzuordnen, fällt mir etwas schwer, denn natürlich sterben Menschen, geschehen Morde und es entsteht ein unheimlicher Suspense der in einem Finale endet, welcher in seiner Dramatik und seinem Crescendo überrascht. Dennoch war es für mich eher ein atypischer Thriller, der sich Zeit nimmt für die jugendlichen Helden, für ihr Leben in der Kleinstadt, für die ersten Erfahrungen mit dem Leben als Erwachsener. Die Autorin trifft vor allem in der Vergangenheit genau den richtigen Erzählstil, der zu Eddie als Teenager passt. Aber auch der erwachsene Eddie überzeugt als ein Mensch, der nie den festen Boden unter den Füßen zurückgefunden hat, der sich schwer tut mit Beziehungen und Nähe und der an seinem inneren Ungleichgewicht leidet.

Die Thrillerelemente geben der Geschichte die nötige Spannung aber die Würze entsteht ganz leise durch die vielen kleinen und großen Erlebnisse, die die Autorin über Eddie und seine Freunde zu erzählen weiß, und die wie Puzzlestücke ein großes Ganzes ergeben. Und auch die Auflösung kommt auf kluge und überraschende Weise daher.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Dicke Leseempfehlung

Die Schlingen der Schuld
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Broome, eine Stadt die für uns Deutsche am anderen Ende der Welt liegt – im Westen Australiens. Für mich also das perfekte Krimiland, denn dieser Schauplatz verspricht neben der normalen Crime-Handlung ...

Broome, eine Stadt die für uns Deutsche am anderen Ende der Welt liegt – im Westen Australiens. Für mich also das perfekte Krimiland, denn dieser Schauplatz verspricht neben der normalen Crime-Handlung noch ein fremdes exotisches Setting. Ich war gespannt auf den ersten auf Deutsch erschienen Roman von Dave Warner, der in seinem Heimatland kein Unbekannter ist.

„Die Schlingen der Schuld“ sind es, die Detektive Daniel Clement entwirren muss, wenn er den Mord an Dieter Schäfer klären will, einem Deutschen, der vor Jahren nach Australien eingewandert ist und hier zurückgezogen von seiner Rente als ehemaliger Kriminalbeamter gelebt hat. Ist das Mordmotiv tatsächlich im fernen Europa und in der Vergangenheit zu suchen? Oder hat ein Einheimischer ihn getötet?
Der Kriminalroman beginnt gemächlich, lässt dem Leser Zeit in Australien und bei Clement anzukommen. Man lernt Land und Leute und das Privatleben des Ermittlers kennen. Aber auch die Vergangenheit des Mordopfers kommt nicht zu kurz und Stück für Stück wird aufgeblättert und ermittelt.

Manch einer wird sich sicher mehr Dynamik und Spannung wünschen. Die kommt erst in der zweiten Hälfte des Buches auf. Mir hat aber der Erzählstil ausgesprochen gut gefallen. Ich mochte es, dass die Krokodile durchs Outback schwammen und die kaputte Ehe des Detektive immer wieder in seine Arbeit reinpfuscht.

Von mir eine Leseempfehlung und die Hoffnung, dass noch weitere Bücher dieses Autors bald übersetzt werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 23.05.2018

Die große Liebe

Alles Begehren
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Kate und Callum, ein Liebespaar, welches sich kennenlernt, als Callum gerade zum dritten Mal Vater wird und somit für eine neue Beziehung überhaupt nicht zu haben ist. Dennoch lässt er sich auf ein kurzes ...

Kate und Callum, ein Liebespaar, welches sich kennenlernt, als Callum gerade zum dritten Mal Vater wird und somit für eine neue Beziehung überhaupt nicht zu haben ist. Dennoch lässt er sich auf ein kurzes aber heftiges Abenteuer mit der viel jüngeren Kate ein. Er fühlt sich wie magisch zu ihr hingezogen und obwohl er es bei einem Seitensprung belässt, kann er sie nie vergessen. 17 Jahre später treffen die beiden sich wieder.

Auch Kate ist inzwischen in einem eigenen scheinbar glücklichen Leben angekommen. Und auch sie wird erneut aus der Bahn geworfen, als sie Callum wiedersieht. Die alten verdrängten Gefühle brechen wieder auf und beide müssen ihr Leben überdenken und sich klar werden, was diese intensive Zuneigung wirklich bedeutet und ob man sie vielleicht jetzt leben sollte oder ob es eine Liebe gibt, die man nie leben wird.

Das Buch war für mich ein Rundum-wohlfühl-Buch. Angefangen bei dem sehr schlichten aber schönen Cover über den bildhaften, emotionalen Schreibstil bis hin zu den Charakteren, die auf vielfältige und glaubhafte Weise geschildert werden. Man spürt sowohl die starken Gefühle als auch die innere Zerissenheit in ihnen. Wie Kate und Callum um eine Entscheidung ringen ist intensiv zu lesen und obwohl ja nicht wirklich viel passiert, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen, weil ich wissen wollte, was in der Vergangenheit geschehen ist und wie sie sich für die Zukunft entscheiden werden.

Das Ende will ich nicht verraten aber mir hat die Geschichte ausnehmend gut gefallen. Ich kann das Buch nur empfehlen. Die Autorin werde ich mir merken.

Veröffentlicht am 14.03.2018

toller erster Teil

Totenweg
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„Totenweg“ von Romy Fölck ist der Start einer neuen Krimireihe die im Lübbeverlag hochwertig als Hardcover verlegt wurde. Ein guter Zeitpunkt für mich, diese Autorin zu entdecken. Die Gegend dort oben ...

„Totenweg“ von Romy Fölck ist der Start einer neuen Krimireihe die im Lübbeverlag hochwertig als Hardcover verlegt wurde. Ein guter Zeitpunkt für mich, diese Autorin zu entdecken. Die Gegend dort oben im Norden ist mir aus einigen Urlauben bekannt und für mich als Süddeutsche angenehm exotisch. Deshalb war es mir wichtig, dass das Setting auch im Roman rüberkommt. Das hat Romy Fölck sehr gut geschafft. Zwischen Apfelhainen auf einem heruntergewirtschafteten Bauernhof und Dünen am Meer spielt diese Geschichte auf zwei Zeitebenen. Hierbei hat mir sehr gut gefallen, dass die Rückblicke in die Vergangenheit immer unvermittelt und als kurze Happen kommen, wie Erinnerungen der Protagonisten. Diese Art des Erzählstils ist mir bereits in einem anderem Roman (The Dry) wohltuend aufgefallen, da dadurch das Tempo hoch bleibt und man als Leser immer mitten im Geschehen bleibt und nicht wirklich zwischen zwei Geschichten hin und her switchen muss.

Bjarne Haverkorn war nur ein einziges Mal Leiter einer Mordkommission. Er konnte den Mordfall an der minderjährigen Marit vor 18 Jahren nicht aufklären, hadert seitdem mit sich und ist sehr schnell bereit, wieder in die Ermittlungen einzusteigen, als der alte Paulsen niedergeschlagen im Straßengraben gefunden wird.

Frida Paulsen hat den Mord an ihrer Freundin ebenfalls nie verwunden. Sie hatte damals die Tote gefunden und sie hatte auch einen Verdächtigen, den sie der Polizei aber nicht genannt hat, da er sie damals unter Druck setzte. Als sie auf den Hof ihrer Eltern zurückkehrt kommen all die alten Emotionen hoch. Alte Freundschaften und alte Feindschaften aber auch neue Probleme wühlen sie auf und lassen sie ihr Leben neu überdenken. Sie hat es nie geschafft, eine funktionierende Beziehung einzugehen, hängt in allem gerne in der Schwebe. Nur der Beruf ist ihr wichtig. Ihre Ausbildung zur Kommissarin muss aber erst mal ruhen, denn wenn sie ihrer Mutter nicht bei der anstehenden Apfelernte zur Hand geht, wird der Hof ihrer Eltern in den Bankrott gehen.

Obwohl der Roman sich sehr viel auch mit dem Privatleben und den Befindlichkeiten der beiden Ermittler beschäftigt, wurde es mir nie langweilig, denn beide sind mir auf ihre Art sehr sympathisch. Sowohl Bjarne als auch Frida sind nicht glücklich in ihren Leben und der ungeklärte Mordfall spielt dabei eine große Rolle. Toll fand ich auch, wie sich die Beziehung der beiden zueinander aber auch zu den Menschen in ihrem Umfeld im Laufe des Buches wandelt. Hier sehe ich auch für nachfolgende Bücher ein großes Unterhaltungspotential.

Romy Fölck schaffte es, mich mit ihrem sehr eingängigen Schreibstil und der Einführung zweier interessanter Hauptfiguren zu überzeugen. Der Plot ist spannend und wird zielstrebig zu einem logischen Finale gebracht. Für mich eine absolute Neuentdeckung und ich freue mich, dass es schon in diesem Jahr weitergehen soll.

Veröffentlicht am 03.02.2018

4,5 Sterne für Alif

Alif der Unsichtbare
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„Alif der Unsichtbare“ hatte so einiges, dass mich auf das Buch aufmerksam machte. Neben dem tollen Cover und dem Klappentext, der einen ungewöhnlichen Genrecocktail verspricht, war es natürlich auch die ...

„Alif der Unsichtbare“ hatte so einiges, dass mich auf das Buch aufmerksam machte. Neben dem tollen Cover und dem Klappentext, der einen ungewöhnlichen Genrecocktail verspricht, war es natürlich auch die Tatsache, dass der Roman mit dem World Fantasy Award als »Bester Roman des Jahres« ausgezeichnet wurde. Das muss zwar nicht zwangsläufig ein rundherum gelungenes Buch bedeuten aber es verspricht zumindest ein gewisses Maß an Anspruch und Einzigartigkeit.
Alif ist ein Hacker. Er lebt in einer modernen arabischen Großstadt, hat arabisch-indische Eltern und ist in eine junge Frau verliebt, die als Tochter eines altmodischen Moslems schließlich mit einem Mann verheiratet werden soll, obwohl sie eigentlich in Alif verliebt ist. Dessen Welt gerät dadurch ziemlich aus dem Ruder. Alsbald wird er von Unbekannten gehackt, verfolgt und bedroht. Die Rettung kommt schließlich in Form einiger ziemlich märchenhaft-phantastischer Wesen zu denen vor allem die Dschinn gehören.
Nach einem etwas holprigen Einstieg zieht die Spannung bald merklich an und der Autor, G. Willow Wilson, jongliert gekonnt mit diversen Genres. Stark sind dabei die Einflüsse von Märchen ala Tausend und eine Nacht zu spüren. Dass dabei die moderne Computertechnik eine wichtige Rolle spielt und Alif’s Flucht an einen Thriller erinnert, machte mir ungeheuren Spaß. An ein paar Stellen gibt es dramaturgische Durchhänger, die aber vor allem den Dialogen der Darsteller geschuldet sind, die gerne über das Leben und das Wesen der großen Weltreligionen philosophieren. Das gibt der Geschichte einen eigenen Ton.
Am Ende hat „Alif der Unsichtbare“ meine durchaus Erwartungen erfüllt. Wohltuend ist auch, dass das Buch in sich abgeschlossen ist. Ich würde 4,5 Sterne vergeben.