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Veröffentlicht am 14.03.2018

toller erster Teil

Totenweg
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„Totenweg“ von Romy Fölck ist der Start einer neuen Krimireihe die im Lübbeverlag hochwertig als Hardcover verlegt wurde. Ein guter Zeitpunkt für mich, diese Autorin zu entdecken. Die Gegend dort oben ...

„Totenweg“ von Romy Fölck ist der Start einer neuen Krimireihe die im Lübbeverlag hochwertig als Hardcover verlegt wurde. Ein guter Zeitpunkt für mich, diese Autorin zu entdecken. Die Gegend dort oben im Norden ist mir aus einigen Urlauben bekannt und für mich als Süddeutsche angenehm exotisch. Deshalb war es mir wichtig, dass das Setting auch im Roman rüberkommt. Das hat Romy Fölck sehr gut geschafft. Zwischen Apfelhainen auf einem heruntergewirtschafteten Bauernhof und Dünen am Meer spielt diese Geschichte auf zwei Zeitebenen. Hierbei hat mir sehr gut gefallen, dass die Rückblicke in die Vergangenheit immer unvermittelt und als kurze Happen kommen, wie Erinnerungen der Protagonisten. Diese Art des Erzählstils ist mir bereits in einem anderem Roman (The Dry) wohltuend aufgefallen, da dadurch das Tempo hoch bleibt und man als Leser immer mitten im Geschehen bleibt und nicht wirklich zwischen zwei Geschichten hin und her switchen muss.

Bjarne Haverkorn war nur ein einziges Mal Leiter einer Mordkommission. Er konnte den Mordfall an der minderjährigen Marit vor 18 Jahren nicht aufklären, hadert seitdem mit sich und ist sehr schnell bereit, wieder in die Ermittlungen einzusteigen, als der alte Paulsen niedergeschlagen im Straßengraben gefunden wird.

Frida Paulsen hat den Mord an ihrer Freundin ebenfalls nie verwunden. Sie hatte damals die Tote gefunden und sie hatte auch einen Verdächtigen, den sie der Polizei aber nicht genannt hat, da er sie damals unter Druck setzte. Als sie auf den Hof ihrer Eltern zurückkehrt kommen all die alten Emotionen hoch. Alte Freundschaften und alte Feindschaften aber auch neue Probleme wühlen sie auf und lassen sie ihr Leben neu überdenken. Sie hat es nie geschafft, eine funktionierende Beziehung einzugehen, hängt in allem gerne in der Schwebe. Nur der Beruf ist ihr wichtig. Ihre Ausbildung zur Kommissarin muss aber erst mal ruhen, denn wenn sie ihrer Mutter nicht bei der anstehenden Apfelernte zur Hand geht, wird der Hof ihrer Eltern in den Bankrott gehen.

Obwohl der Roman sich sehr viel auch mit dem Privatleben und den Befindlichkeiten der beiden Ermittler beschäftigt, wurde es mir nie langweilig, denn beide sind mir auf ihre Art sehr sympathisch. Sowohl Bjarne als auch Frida sind nicht glücklich in ihren Leben und der ungeklärte Mordfall spielt dabei eine große Rolle. Toll fand ich auch, wie sich die Beziehung der beiden zueinander aber auch zu den Menschen in ihrem Umfeld im Laufe des Buches wandelt. Hier sehe ich auch für nachfolgende Bücher ein großes Unterhaltungspotential.

Romy Fölck schaffte es, mich mit ihrem sehr eingängigen Schreibstil und der Einführung zweier interessanter Hauptfiguren zu überzeugen. Der Plot ist spannend und wird zielstrebig zu einem logischen Finale gebracht. Für mich eine absolute Neuentdeckung und ich freue mich, dass es schon in diesem Jahr weitergehen soll.

Veröffentlicht am 13.03.2018

bitte mehr davon

Der Mann, der nicht mitspielt
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Hardy Engel, ein deutscher Einwanderer, versucht in den goldenen Zwanzigern des letzten Jahrhunderts sein Glück als Schauspieler in Hollywood. Da aber der Erfolg auf sich warten lässt, beginnt er als Detektiv ...

Hardy Engel, ein deutscher Einwanderer, versucht in den goldenen Zwanzigern des letzten Jahrhunderts sein Glück als Schauspieler in Hollywood. Da aber der Erfolg auf sich warten lässt, beginnt er als Detektiv zu arbeiten. Gleich seine ersten beiden Fälle sind kompliziert und kollidieren alsbald miteinander. Der bekannte Darsteller Fatty Arbuckle wird verdächtigt, am Tod des kleinen Starletts, Virgina, Schuld zu sein. Durch seine hartnäckigen Nachforschungen entlarvt Hardy nach und nach die Traumfabrik als korrupten, von Drogen, Sex und Erpressung beherrschten Sumpf, in dem die mächtigen Studiobosse fast alles tun, um ihre Schauspieler zu schützen und ihren guten Ruf so lange wie möglich zu erhalten.

In Zeiten von MeeTo und Harvey Weinstein ist dem Autor, Chrisof Weigold, ein historischer Krimi geglückt, der überraschend aktuell und realistisch rüberkommt. Dabei schreibt er in bester Crime-noir-Manier und man hat Hardy als einen Detektiv vor Augen, der, ähnlich den Helden von Raymond Chandler, wie Humphrey Bogart in einer düsteren schwarz-weißen Welt agiert. Seine Sekretärin Pepper ist charismatisch, jung, wunderschön und schwer durchschaubar. Seine Auftraggeber geraten bald ebenfalls unter den Verdacht in die Geschichte verwickelt zu sein. Korrupte Polizisten versuchen Hardy aus dem Verkehr zu ziehen. Einen weiteren Mord an einem mutmaßlichen Zeugen kann Hardy nicht verhindern. Er wird angegriffen, unter Druck gesetzt, verfolgt und auf falsche Fährten gelockt.

Mir hat die Geschichte gut gefallen. Der Erzählstil passt hervorragend zu Ort, Zeit und Handlung. Hardy ist ein starker Charakter. Hollywood und seine Abgründe werden durch viele reale Persönlichkeiten untermauert. Da fährt schon mal ein Buster Keaton im Auto vorbei oder ein Charlie Chaplin ist auf der Suche nach einer neuen minderjährigen Ehefrau. In der Mitte hatte das Buch die ein oder andere kleine Länge aber am Ende macht das das Finale wieder wett.

Mein Fazit: Ein guter Serienauftakt. Ich hoffe, dass Hardy tatsächlich bald wieder ermittelt und ich könnte mir tatsächlich auch eine Verfilmung sehr gut vorstellen.

Veröffentlicht am 07.03.2018

staubtrocken erzählt

Die Rache der Polly McClusky
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„Die Rache der Polly McClusky“ von Jordan Harper ist ein typischer hardboiled Krimi. Der Ganove Nate und seine Tochter sind auf der Flucht vor anderen Ganstern, die sie kalt machen wollen. Aber die beiden ...

„Die Rache der Polly McClusky“ von Jordan Harper ist ein typischer hardboiled Krimi. Der Ganove Nate und seine Tochter sind auf der Flucht vor anderen Ganstern, die sie kalt machen wollen. Aber die beiden wissen sich zu wehren. Dabei wird aus der Elfjährigen innerhalb kürzester Zeit eine vollwertige Unterstützung des Vaters im Kampf gegen die Überzahl der hartgesottenen Gegner. Die Kleine schreckt zur Selbsterhaltung bald auch vor Mord nicht mehr zurück. Das alles wird auf überspitzt-brutale und kühle Weise erzählt.

Wenn man an der Geschichte Spaß haben möchte, muss man den Verstand ein bisserl in die Ecke schieben und darf sich nicht daran stören, dass Polly sich nicht kindgerecht verhält und die beiden mehr als einmal unverschämtes Glück haben. Der Erzählstil ist staubtrocken und unterkühlt. Ich mag so etwas sehr gerne.

Es ist ein Roadmovie mit hohem Tempo. Kompromisslos agieren Nate und seine Tochter, wobei sie tatsächlich noch Zeit finden eine enge Vater-Kind-Beziehung aufzubauen. Unterhaltsam und spannend.

Veröffentlicht am 06.03.2018

einfühlsam und unterhaltsam

Die andere Schwester
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„Die andere Schwester“ von Kristin Hannah ist eine Neuauflage des 2006 bereits erschienen Romans „Wer die Liebe wagt“. Das war für mich kein Problem, denn dieses Buch kannte ich noch nicht. Warum man allerdings ...

„Die andere Schwester“ von Kristin Hannah ist eine Neuauflage des 2006 bereits erschienen Romans „Wer die Liebe wagt“. Das war für mich kein Problem, denn dieses Buch kannte ich noch nicht. Warum man allerdings den Titel ändern musste und so einige Käufer verärgert hat, kann ich nicht nachvollziehen. Außerdem versucht der Verlag an den großen Erfolg „Die Nachtigall“ anzuschließen, in dem er die Cover-Gestaltung darauf abgestimmt hat. Rein inhaltlich hat diese Geschichte aber absolut gar nichts mit dem großen Erfolgsroman zu tun. Mir war das alles vorher bewusst, so dass ich hier keine große Enttäuschung erleben musste. Es handelt sich hier um einen Gegenwartsroman ohne historische Bezugspunkte. Genauer gesagt um eine Familien- und Liebesgeschichte.

Was mir gefallen hat, war zum einen der wohlvertraute Erzählstil der Autorin. Sie lässt sich Zeit für ihr Charaktere, versucht die Familienkonstellationen genau zu beschreiben und enthüllt erst nach und nach die Verletzungen und Verhärtungen, die die Seelen der Darsteller erlitten haben. Dramatisch und traurig fand ich hier, dass vor allem die Mutter der beiden erwachsenen Schwestern ein so egozentrischer und emphatieloser Mensch ist. Auf die daraus resultierende Kindheit und Jugend reagieren die beiden Schwestern Claire und Meghan sehr unterschiedlich. Während die eine ein besonders liebevoller und familienbezogener Mensch wird, ist die andere zu einer Karrierefrau herangewachsen, die ihre Verletzlichkeit hinter einer rauen Oberfläche verbirgt und unfähig scheint, längere Liebesbeziehungen einzugehen oder auch nur ein normales Familienleben zu pflegen.

Zum anderen lässt Kristin Hannah die beiden Schwestern erst mal gründlich miteinander und umeinander ringen, bevor die verhärteten Fronten langsam aufbrechen. Das ist sicherlich nicht neu aber wird unterhaltsam und einfühlsam erzählt. Wie auch in der „Nachtigall“ findet sie teilweise sehr berührende Worte für die Sprachlosigkeit aber auch für die ersehnte Nähe der Darsteller mit- und zueinander. Es handelt sich also auf jeden Fall um ein Frauenbuch, denke ich. Der Handlungsbogen ist relativ vorhersehbar. Lediglich einer der männlichen Nebendarsteller bietet Potential für Überraschungen und auch ein paar Tränen sind da miteinzuplanen. Sicherlich nicht ihr bestes Buch, aber ich habe es gerne gelesen.

Veröffentlicht am 01.03.2018

magisch und märchenhaft

In Kalabrien
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Das neue Buch „in Kalabrien“ von Peter S. Beagle hat mich zu einer kleinen aber feinen nächtlichen Lesesession veranlasst. Wenn man erst mal begonnen hat mit dieser Geschichte, kann man das kleine Büchlein ...

Das neue Buch „in Kalabrien“ von Peter S. Beagle hat mich zu einer kleinen aber feinen nächtlichen Lesesession veranlasst. Wenn man erst mal begonnen hat mit dieser Geschichte, kann man das kleine Büchlein nur schwer wieder aus der Hand legen. Das märchenhafte Cover gibt bereits einen kleinen Ausblick auf den Inhalt; ein Einhorn spielt nämlich eine zentrale Rolle.

Claudio Bianchi ist ein alleinstehender Bauer, der in den Bergen Kalabriens lebt und am liebsten seine Ruhe und Einsamkeit genießt. Gestört wird diese nur durch den Postboten, der zweimal die Woche bis hinauf zu seinem abgelegenen Hof kommt und so den einzigen regelmäßigen Kontakt zur Außenwelt darstellt. Claudio ist sich selbst genug. Er arbeitet tagsüber auf seinen Feldern, schreibt manchmal kleine Gedichte, die er dann seinen Kühen, seinem alten Fast-Wachhund oder der dreibeinigen Katze vorliest. In dieses Idyll tritt eines Tages völlig überraschend und still und leise ein weißes Einhorn. Aufgewühlt und sprachlos wirft es ihn aus seinem gewohnten Alltag. Das märchenhafte Tier besucht ihn von da an oft, wandert über seine Felder, steht auf einer Wiese. Es dauert eine Weile, bis er begreift, was das Fabelwesen bei ihm will. Aber was er sofort weiß ist, dass er es geheim halten muss. Leider funktioniert das nicht lange und er muss sich bald der Frage stellen, was er tun will, wenn Menschen kommen, um das Einhorn zu sehen, zu fangen oder gar Schlimmeres mit ihm vorhaben.

Claudio ist ein schrulliger Mitvierziger. Ein ungewöhnlicher Held in einer stillen und elegisch angehauchten Geschichte. Das Einhorn rüttelt ihn aus seiner etwas lethargischen Lebensphilosophie und bringt frischen Wind und neue Menschen in sein Universum. Überrascht hat mich nicht nur, in welcher Gestalt die Liebe bei Claudio Einzug hält, sondern auch, dass eine sehr bedrohliche und reale Gefahr sich in die Handlung schleicht, die tatsächlich in einer Art Showdown mündet.
Beagle versteht es zu erzählen. Vor allem die unterhaltsamen und lebensklugen Dialoge bringen das Tempo, wohingegen die Beschreibungen wie ein ruhiger beschaulicher Fluss daherkommen. Das magische Wesen bewegt sich dabei sehr unaufgeregt und natürlich durch die Geschichte. Ich musste immer wieder an Bilder aus dem Film „Legende“ denken. So ähnlich habe ich mir auch Beagles magische-schönes Einhorn vorgestellt.

Ein kleines feines Büchlein, welches den Leser mit einem guten Gefühl zurücklässt. Ein bisschen wie ein Märchen mit einem Schuss realem Leben.