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Veröffentlicht am 15.09.2016

kühler Krimi

Ein letzter Job
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Eigentlich sollte es ein letzter Job werden. Obwohl eigentlich erst kanpp 40 ist er doch schon einer vom alten Eisen und mit diesem Job könnte er sich gesundstoßen und hätte fürs erste ausgesorgt. Eine ...

Eigentlich sollte es ein letzter Job werden. Obwohl eigentlich erst kanpp 40 ist er doch schon einer vom alten Eisen und mit diesem Job könnte er sich gesundstoßen und hätte fürs erste ausgesorgt. Eine halbe Million für den Auftrag, zwei kleine Kinder dem Vater zurückzubringen, der sie nicht in den Händen seiner drogensüchtigen Ex-Frau wissen möchte. Klingt relativ einfach und kann doch eigentlich nicht so schwierig sein. Aber schnell stellt er fest, dass die Flüchtige schlauer ist als gedacht. Und während er ihrer Spur folgt, trifft er irgendwann auf blutige Spuren eines weiteren Verfolgers, der mehr will, als nur die Kinder der Mutter wegnehmen. Kilian fängt an zu grübeln und nachzuforschen, um was es hier eigentlich wirklich geht. Und langsam und unmerklich wechselt Kilian die Fronten. Als er die Frau dann endlich persönlich findet, stellen beide schnell fest, dass der Ex-Mann wohl einen Killer zusätzlich zu Kilian engagiert hat. Aber warum?

McKinty hat einen knappen und schnörkellosen Schreibstil, der mit wenig Adjektiven und noch weniger Beschreibungen auskommt. Dennoch bringt er Tiefgang und Farbe in die Personen. Dies gelingt ihm vor allem durch die ausführlichen Dialoge, eine große Stärke dieses Romans. Sie geben der Handlung Dymamik, erklären Gedankengänge und Gefühle, schaffen Nähe, die sonst wohl fehlen würde. Und es gibt einige sehr gehaltvolle Szenen, die er mit knappen und kargen Worten besser beschreiben kann, als manch anderer mit seitenlangen Tiraden. Der Roman macht ein paar spannende Wendungen, erzählt nebenbei auch Interessantes wie z.B. über die Tinker, die Sinti des Anglikanischen Sprachraums. Auch das Ende hat mir sehr gut gefallen, da es nicht gefällig und einfach ist, sondern offen und zum Nachdenken anregend.

Ein durchaus lesenswerter Krimi, auf dessen Schreibstil sich man einlassen sollte um die Tiefen des Thrillers ausloten zu können und der Geschichte mit Interesse zu folgen. Werde mal nach weiteren Romanen dieses Autors Ausschau halten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

spannend

Das eiserne Haus
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Sicherlich ist dieser Thriller nicht jedermanns Geschmack. Dies liegt zum einen am Schreibstil des Autors, der relativ anspruchsvoll und teilweise ziemlich tiefschürfend ist. Manche Sätze und Weisheiten ...

Sicherlich ist dieser Thriller nicht jedermanns Geschmack. Dies liegt zum einen am Schreibstil des Autors, der relativ anspruchsvoll und teilweise ziemlich tiefschürfend ist. Manche Sätze und Weisheiten sind fast lyrisch zu nennen und manchmal sind sie auch etwas überzogen oder zumindest zu typisch amerikanisch-schwülstig. Dennoch durchaus ein Stil, der mir persönlich gefällt. Außerdem ist das Tempo in der Geschichte von Anfang an sehr hoch. Das heißt aber auch, dass es ziemlich viele Tote gibt und jede Menge seelische und körperliche Grausamkeiten. Die Menschen in diesem Buch gehen zum Großteil nicht nett miteinander um. Sie lügen und betrügen, quälen und verletzen einander teils schon seit Jahren oder Jahrzehnten. Liebe ist schwierige und zerbrechlich ebenso wie die menschliche Seele, die bei einigen ziemlich ins Taumeln gerät. Auch hier wieder, ist die Story manchmal etwas überzogen dramatisch, die Hauptdarsteller werden arg gebeutelt und müssen alle über sich hinauswachsen - was natürlich nicht jedem gelingt. Nicht jeder Protagonist ist ganz glaubwürdig. Einige Wendungen und Kniffe sind eingebaut, die die Spannung gleichbleibend hoch halten können und man fragt sich von Anfang an, kann das Alles wirklich gut enden?

Also ein guter Thriller jenseits der Massen, mit Niveau und einem ganz eigenen Stil des Erzählens. Er fesselt und lässt einem bis zum Ende miträtseln. Nicht mein erstes und sicher nicht mein letztes Buch dieses Autors - aber nicht sein Bestes, deshalb ein kleiner Stern Abzug, da er es meiner Meinung nach noch besser kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

poetisch

Raum
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Dieses Buch ist wirklich etwas ganz Ungewöhnliches. Einmal ist hier der Erzähler, der im Buch gerade fünf Jahre alt geworden ist und neben seinem kindlichen Tonfall auch noch das Handicup hat, dass er ...

Dieses Buch ist wirklich etwas ganz Ungewöhnliches. Einmal ist hier der Erzähler, der im Buch gerade fünf Jahre alt geworden ist und neben seinem kindlichen Tonfall auch noch das Handicup hat, dass er noch nie ausserhalb des Raums war und deshalb ein etwas verzerrtes Bild von der "echten" Welt hat. Und zu anderen ist es natürlich die Geschichte an sich, die von einer jungen Frau handelt, die mit Anfang 20 entführt und dann über Jahre in einem Schuppen festgehalten wird, wo sie jede Nacht ihrem Peiniger ausgeliefert ist und dort auch ein Kind zur Welt bringt, welches dann mit ihr fünf Jahre in dem einen Raum lebt.

Das Buch ist in 3 Phasen zerteilt. Zum einen die Zeit im Raum, in der der Leser erfährt, wie die Frau versucht ihrem Kind die Welt in diesem einen Raum zu erklären und durch Weglassen und Schönreden ein einigermaßen erträgliches Leben zu schaffen. Der auf das Minimum reduzierte Alltag - kein Spielzeug, schlechtes Essen, keine Bewegung, keine äußeren Reize - bestimmen das innige Zusammenleben von Mutter und Kind. Der Entführer wird nur schemenhaft und beklemmend geschildert, seine Auftritte machen Angst und schüren den Groll, den man auf ihn empfindet.

Teil 2 handelt von Planung und Durchführung eines Fluchtversuches. Eines Ausbruchs des Kindes, welcher auch der Mutter zur Flucht verhelfen soll. Ich will hier nicht zu viel verraten, aber die Spannung steigt hier ziemlich an und ich fand es fast schade, dass diese Phase viel zu schnell vorbei war.

Im dritten Teil wird erzählt, was nach der Durchführung der Flucht passiert. Hier kommt es dann wieder zu fast poetischen Erkenntnissen von der realen Welt "draußen", die durch die Augen eines Fünfjährigen dem Leser nahegebracht werden.

Mit viel Liebe zum Detail, mit einem wunderbar kindlichen Blick auf die Welt, wird hier von einem Trauma und dem Versuch seiner Bewältigung erzählt. Mir gingen ständig die Bilder der wirklichen Entführungsfälle durch den Kopf, der Frauen, die geretten wurden, und ich empfand das Buch als Homage an diese Opfer, denen man viele Jahre ihres Lebens geraubt hat und die dennoch meist zuversichtlich und stark in die Zukunft blicken.

Ein schönes Buch, das berührt und aufwühlt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Afrikanische Hölle

Staubige Hölle
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Da ich den Schauplatz Afrika in Thrillern sehr interessant finde, hat es mich sofort zu diesem Buch hingezogen. Außerdem bin ich hart im nehmen, was Gewalt in Büchern betrifft und dies konnte mich also ...

Da ich den Schauplatz Afrika in Thrillern sehr interessant finde, hat es mich sofort zu diesem Buch hingezogen. Außerdem bin ich hart im nehmen, was Gewalt in Büchern betrifft und dies konnte mich also auch nicht schrecken. Der Autor versteht es durch eine kraftvolle und doch kühle Sprache und kurze knappe Kapitel mit ständig wechselnden Perspektiven den Leser sofort an ein hohes Tempo zu gewöhnen und den Lesefluss zu steigern. Dazu kommt noch die Handlung, die stetig voranschreitet und trotz ihrer Verwicklungen nie unübersichtlich oder verwirrend ist. Die Brutalität ist wirklich hervorzuheben, da in jedem zweiten oder dritten Kapitel, also ungefähr alle 10 Seiten mindestens ein Mensch zu Tode kommt. Dies geschieht mit Härte und meist auf eine schnelle direkte Art, die überrascht und durch ihre Konsequenz schockiert. Dabei wird auch vor Babys und Kleinkindern nicht Halt gemacht, dieses Buch ist also tatsächlich nichts für zarte Gemüter. Frustrierend sind die politischen und sozialen Gegebenheiten und die Tatsäche, dass sich im Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß nichts gebessert hat und selbst die dunkelhäutigen Afrikaner sich untereinander bekriegen, verachten und massakrieren. Dazu kommt AIDS und abergläubische Riten, die beispielsweise durch den Verkehr mit einer Jungfrau von Heilung aller Krankheiten sprechen.

Als Deon-Meyer-Fan, bei dem Südafrika auf einem guten Weg zu Frieden und Einheit scheint, ist bei Smith davon nichts zu spüren. Hier wird dem europäischen Leser ein grausames und gewalttätiges Land vorgeführt, in dem Korruption und Unterdrückung sämtlicher Schwachen an der Tagesordnung sind. Dennoch schafft Smith es zu fesseln und nicht abzustoßen, spanennd zu erzählen und zum Nachdenken anzuregen. Er verpackt große Gefühle in kurze Sätze, schafft es mit nüchternen Beschreibungen eine unter die Haut gehende Atmosphäre zu zeichnen, die einen gefangen nimmt und ungeduldig durch das Buch hetzen lässt, um zu erfahren, wie es weiter geht.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, obwohl es wohl eher für Männer was ist und für Frauen die Bücher wie "Kein Land für alte Männer" lesen. Daran erinnert es tatsächlich ein wenig. Ich werde jetzt auf jeden Fall auch die ersten zwei dieses Autors ins Auge fassen. Danke für die Chance einen neuen Autor für mich zu finden

Veröffentlicht am 15.09.2016

mitreißend

Zeugin der Toten
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Der Schreibstil ist spannungsfördernd durch die knappen, lakonischen Sätze mit einem großen Maß an Sarkasmus und trotz der ernsten Agenten-Thriller-Thematik einer guten Portion Situationskomik. Damit treibt ...

Der Schreibstil ist spannungsfördernd durch die knappen, lakonischen Sätze mit einem großen Maß an Sarkasmus und trotz der ernsten Agenten-Thriller-Thematik einer guten Portion Situationskomik. Damit treibt die Autorin die Geschichte stetig voran. Die Kapitel sind kurz, die Szenenwechsel schnell und ineinanderfließend. Einige wenige Rückblicke beleuchten auch die Vergangenheit der Protagonisten und bringen Licht in manches Dunkel.
Die Character sind sehr ausgefeilt. Ziemlich schnell drängte sich bei mir der Vergleich mit den Stieg-Larsson-Büchern auf, da mich Judith und Quirin sehr stark an Lisbeth und Mikael erinnern. Auch ihr Verhältnis zueinander ist kompliziert und vielschichtig. Judith könnte die verschollene Zwillingsschwester von Lisbeth sein, mit einer unglücklichen Kindheit, die große Traumata zurückließ, dabei aber trotz aller Verschrobenheit mit einer großen Portion Intelligenz und Energie ausgerüstet, menschenscheu und misstrauisch und doch in den Augen vor allem der Männer auf ganz eigene Art anziehend und faszinierend. Und Quirin, der hartnäckig an seiner Story arbeitet und nur mit Lisbeths Hilfe zum Ziel kommt. Der Vergleich drängte sich auf - aber dennoch empfand ich sie nicht abgekupfert sondern eigenständig und einnehmend. Auch die große Vielzahl an Nebendarstellern hatten vielschichtige Charaktere und waren nie schwarz oder weiß.
Die Story erscheint gut recherchiert. Sie gab sehr viel für mich neue Informationen preis und schrumpfte trotz den Agenten, Doppelagenten, BND und CIA u. ä. nicht zur reinen Spionage-Geschichte, sondern zeigte im Gegenteil eine interessante Facette im Spiel der Mächte auf und die Menschen, die zwischen all diesen Agenten-Spielchen schnell mal unter die Räder kommen können. Und ein Stück Deutsche Vergangenheitsgeschichte war es natürlich auch.
Ein Lob für den Showdown inklusive Schluss - beides hat meinen Wunsch nach Spannung, logischen Erklärungen, teilweise auch menschlichen Wandlungen und einem runden Ende vollauf befriedigt.

5 Sterne also für einen Thriller, der mich sehr gut unterhalten hat, den ich gerne weiterempfehle und der meinen Eindruck bestätigt hat, dass Elisabeth Herrmann wirklich spannende, gut durchdachte und mitreißend erzählte Bücher schreibt.