Kontrastreiche Frauenleben
Die Halbwertszeit von Glück„Die Halbwertszeit von Glück“ von Louise Pelt besticht zunächst durch ein wirklich wunderschönes Cover und einen haptisch besonders schönen Schutzumschlag, so dass man dieses Buch gar nicht mehr aus der ...
„Die Halbwertszeit von Glück“ von Louise Pelt besticht zunächst durch ein wirklich wunderschönes Cover und einen haptisch besonders schönen Schutzumschlag, so dass man dieses Buch gar nicht mehr aus der Hand geben möchte. Das trifft tatsächlich auch auf das Leseerlebnis zu, den Pelt verschachtelt wirklich geschickt die Lebensgeschichten von drei sehr unterschiedlichen Frauen und lässt die Leser:innen lange rätseln, wie genau die Verbindung der Frauen ist. Johanna lebt 1987 in der DDR, Mylène 2019 in Paris und Holly 2003 in Los Angeles: Alle drei Frauen sind dabei, jede auf ganz verschiedene Art, auch mit dem Thema Glück verbunden, was sich im Verlauf des Romans immer weiter aufschlüsselt. Dieser nimmt seinen Ausgang in einer Vorgeschichte im dritten Reich, die sehr berührend ist und in die Geschichten der drei Frauen hinein strahlt.
Im Roman lernen wir also drei, laut Klappentext starke, Frauen kennen, Johanna, Mylène und Holly – und da kommen wir auch schon zum Problem des Buches: Johannas Geschichte ist unglaublich stark erzählt, sie zieht einen total in den Bann, ist emotional stark und in sich schlüssig und zeichnet einen vielschichtigen, starken Charakter. Lebendige Sprachbilder, tiefgründige Sätze, hochgradig spannende Situationen und viel Historie der ehemaligen DDR – hier hat das Buch alles, was es für fünf Sterne braucht. Die anderen beiden Frauen dagegen sind leider sehr klischeehaft und überdramatisch gezeichnet, es gibt eine Menge Unwahrscheinlichkeiten und unlogische Handlungen, so dass ich hier zunehmend die Lust verloren habe, diesen Menschen weiter zu folgen. Dieser starke Kontrast macht es nahezu unmöglich, das Buch einzuordnen. Für die Johanna-Geschichte gibt es eine unbedingte Leseempfehlung, packend, berührend, herausfordernd, wirklich toll! Aber die anderen beiden Frauen und ihre Geschichten sind Louise Pelt leider nicht geglückt. Am Ende immerhin schafft sie es, mit dem Ausgang der zusammengeführten Geschichten, mit einer wirklich genialen Einbindung des Buchtitels und der Verbindung zwischen den Frauen noch einmal wirklich zu überraschen. Und vor allem der Schreibstil hat mich doch immer wieder sehr mit dem Roman versöhnt, denn dieser ist wirklich herausragend, die kurzen Kapitel machen das Lesen auch sehr leicht und binden einen an das Buch. Nicht zuletzt auch stark das Fazit über das Glück, mit dem ich viel anfangen kann: „Das Glück mag vergehen, es lässt sich nicht festhalten, aber es ist kein Einzelgänger. Wenn ein Glück geht, kommt ein neues – nicht sofort vielleicht, aber irgendwann.“ Ich hoffe, Pelt traut sich im nächsten Buch mehr an Charaktere wie Johanna heran – dann werde ich ein Fan. So reicht es leider im Mix nur für 3 oder 3,5 Sterne. Danke für das wirklich wunderschöne Rezensionsexemplar.