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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2021

Das Leben davor und das Leben danach

So wie du mich kennst
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Ich kann dieses Buch nicht angemessen rezensieren, ohne Inhalt vorwegzunehmen. Deswegen spreche ich an dieser Stelle eine dicke Spoilerwarnung aus. Wer völlig unvoreingenommen in „So wie du mich kennst“ ...

Ich kann dieses Buch nicht angemessen rezensieren, ohne Inhalt vorwegzunehmen. Deswegen spreche ich an dieser Stelle eine dicke Spoilerwarnung aus. Wer völlig unvoreingenommen in „So wie du mich kennst“ gehen möchte, sollte hier nicht mehr weiterlesen.

Inhalt:

Marie ist tot.
Karlas geliebte Schwester Marie wurde an einer Straßenkreuzung mitten in New York überfahren. Nicht mehr Marie, sondern nur noch ihre Asche kehrt aus der amerikanischen Großstadt auf’s unterfränkische Land zurück. Für Karla und die mittlerweile betagten Eltern bricht eine Welt zusammen. Die Trauer über den Verlust ihrer geliebten Schwester, ihrer engsten Vertrauten und besten Freundin ist unermesslich. Deswegen geht Karla selbst noch einmal nach New York. Um Maries letzte Angelegenheiten zu regeln und sich vom fernen Leben ihrer Schwester zu verabschieden. Sie stößt auf einen Laptop und findet darin einen Ordner mit Fotoaufnahmen, für die sie keine Erklärung hat. Kannte Karla Marie etwa doch nicht so gut wie gedacht?

Meine Meinung:
Ich kenne Anika Landsteiner als Bloggerin oder Podcasterin nicht. Zum Lesen bewogen, hat mich die Thematisierung der unterfränkischen Heimat der Protagonistinnen. Ich teile diese Heimat nämlich mit ihnen. Es ist die Welt meiner Kindheit, deswegen hat mich die Umsetzung sehr interessiert. Und hier liegt in meinen Augen auch ganz klar die Stärke der Geschichte. Die Szenen aus der Gegenwart und die Erinnerungen an die Vergangenheit. Karlas und Maries Dorfkindheit wurde wirklich eindrücklich erzählt.
Im krassen Gegensatz dazu steht New York. Beim Lesen fühlt es sich an, als würde man zwei Kleidungsstücke miteinander kombinieren, die überhaupt nicht zusammenpassen, so heftig ist der Unterschied zwischen diesen beiden Schauplätzen. Ich habe viele Bücher gelesen, die in New York spielen, und selten ist diese Stadt in einem Buch so blass und farblos geblieben. Sie wirkt seltsam entrückt. Vielleicht weil Karla das auch ist? Trotzdem merkt man, dass die Autorin die Stadt kennt und sich intensiv mit ihr auseinandergesetzt hat.
Die Geschichte wird abwechselnd aus Maries Perspektive vor ihrem Tod und Karlas Perspektive nach ihrem Tod erzählt. Sprachlich hat mir der Text sehr gefallen, man stolpert immer wieder über kluge Formulierungen und Gedanken.
Das Grundthema des Buchs ist häusliche Gewalt. Marie ist selbst Opfer von häuslicher Gewalt durch ihren Ex-Ehemann geworden und in New York schießt sie durch’s Fenster heimlich Fotos von ihrer Nachbarin, die regelmäßig von ihrem Partner verprügelt wird. Karla und die Eltern wissen davon nichts.
Prinzipiell ist das Thema natürlich unglaublich relevant und ich finde es toll, dass das Buch davon erzählt. Nur tut es mir das nicht konsequent genug. Da sind so viele Handlungsstränge und Geschichten, die angerissen, aber nicht auserzählt werden. Auf der einen Seite ist da Karla, die sowieso schon labil ist, sich nach siebzehn gemeinsamen Jahren von ihrem Langzeitfreund Max trennt und ihr ganzes Leben, ihre Gegenwart, ihre Zukunftspläne in Frage stellt. In diesem Zustand reißt sie die Trauer um ihre geliebte Schwester völlig zu Boden. Sie treibt haltlos durch New York und findet die Fotos von Maries Nachbarin. Gleichzeitig erzählt Marie in ihren Kapiteln von der Zeit vor ihrem Tod. Der Leser erfährt vieles über die toxische Ehe, die sie kaputtgemacht hat, aber Karla erfährt es nie. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass irgendetwas davon in die Gegenwart dringt. Stattdessen verläuft der zentrale Handlungsstrang über die Nachbarin dahingehend, dass ich ihn nicht mehr verstehen konnte.
ACHTUNG HIER NOCH EINMAL SPOILERWARNUNG!
Am Ende ist der missbrauchende Ehemann tot und Karla verdächtigt die Frau, ihn umgebracht zu haben. Zwischen Maries Schicksal, dem Schicksal der Nachbarin, Karlas Trauer und Karlas persönlicher Sinnkrise, steckt dann auch noch die ganz schlimme Lebenskatastrophe der Mutter, die erst ganz am Ende thematisiert wird, und mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Nicht unerwähnt lassen, obwohl es von untergeordneter Relevanz ist, möchte ich Karlas Gespräch mit dem Unfallfahrer. Das ist nämlich einer von mehreren Punkten gewesen, die mich so perplex gemacht haben. Was sollte das?
Ich habe nicht verstanden, wieso überhaupt thematisiert wurde, wer dieser Mensch ist und warum dann ausgerechnet solch ein Mensch gewählt wurde.
Obwohl das Buch so voller Themen steckt, kam mir die erste Hälfte sehr zäh vor. Es hätte so viel Substanz gegeben, von der ich gerne gelesen hätte, aber irgendwie ist der Text immer nur um alles herumgeschlichen.
Das Ende hat mir dennoch sehr gut gefallen. Ich fand den Schlussgedanken wirklich wundervoll und in Büchern selten zu finden. Manchmal liegt das Glück nicht in der lauten Ferne, sondern in der stillen Nähe.

Fazit:
„So wie du mich kennst“ hat mich stellenweise sehr berührt und stellenweise sehr schockiert. Ich glaube, beides sollte das Buch beim Leser auslösen und insofern erfüllt es seinen Anspruch. Dennoch hat es mich auf mehreren Ebenen absolut irritiert.
Es ist in jedem Fall eine Geschichte, über die man äußerst gut diskutieren kann, und ich freue mich darauf, viele weitere Meinungen darüber zu lesen.

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Veröffentlicht am 23.04.2021

Drei Sommer in gewaltigen Farben

Drei Sommer
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Inhalt:

Drei Schwestern, drei Geschichten. Vereint im Roman „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki. Diese Geschichte ist ein griechischer Klassiker, erstmals erschienen im Jahr 1945. Die besagten drei Sommer ...

Inhalt:

Drei Schwestern, drei Geschichten. Vereint im Roman „Drei Sommer“ von Margarita Liberaki. Diese Geschichte ist ein griechischer Klassiker, erstmals erschienen im Jahr 1945. Die besagten drei Sommer ereignen sich in den 1930er Jahren. Maria, Infanta und Katerina leben auf einem kleinen Landgut gemeinsam mit ihrer geschiedenen Mutter, der ledigen Tante und dem Großvater, dessen Frau vor Jahren davongelaufen ist. Alle drei Schwestern werden im Laufe dieser drei Sommer erwachsen. Sie erleben ähnliche Dinge und schlagen unterschiedliche Wege ein. Es geht um Familie, um Liebe, um Entscheidungen und die Zukunft. „Drei Sommer“ ist ein Coming-Off-Age-Roman aus einer längst vergangenen Zeit, der von Dingen erzählt, die zu jeder Zeit im Leben von Frauen eine Rolle gespielt haben.

Meine Meinung:

„Drei Sommer“ ist ein gegensätzliches Buch. Die Handlung ist sehr leise, fließt einfach so vor sich hin. Aber die Sprache ist so so so laut. Ich bin verliebt in diese Sprache. Phasenweise war mir beim Lesen völlig egal, was passiert, weil die Sprache der Autorin so schön ist, sie so farbenfrohe und üppige Bilder vom griechischen Sommer zeichnet. Das ist genau das, was man in Zeiten von Covid als Buchliebhaber braucht! Ich konnte diese Sommer wirklich mit allen Sinnen spüren! Der Text hat mich an Pinterest-Pinnwände erinnert mit lichtdurchfluteten Naturaufnahmen von Mädchen in wallenden Kleidern.

Die Geschichte wird größtenteils aus der Sicht von Katerina, der jüngsten und wildesten Schwester, erzählt. Allerdings verschwimmt die Erzählperspektive zwischenzeitlich immer wieder und Katerinas Sicht wird von einem allwissenden Erzähler abgelöst. Daran musste ich mich anfangs gewöhnen, aber später fand ich es sehr spannend und speziell.

Im Vorfeld dachte ich, jeder Sommer wäre einer anderen Schwester gewidmet. Das ist aber nicht so. Katerina bleibt die ganze Zeit über Hauptfigur, dicht gefolgt von Maria. Von der mittleren Schwester Infanta, erfährt man leider nicht so viel, obwohl sie eine sehr spannende Figur ist. Alle drei Schwestern sind individuell und gut ausgearbeitet. Ihre Schicksale haben mich berührt. Es fällt mir schwer an dieser Stelle auf die Handlung einzugehen, ohne zu viel vorweg zu nehmen. Aber die Schicksale der drei habe ich wiedererkannt. Heute sind die Dinge natürlich anders, aber eben auch überraschend ähnlich. Überhaupt ist es interessant, wie viele moderne Motive in dieser Geschichte eine Rolle spielen. Patch-Work-Familien, (sexuelle) Selbstbestimmung, erste Liebe, das Ringen mit dem Rollenverständnis der Frau.

Fazit:

„Drei Sommer“ ist ein zeitloser, hinreißend schön geschriebener, poetischer Roman über’s Erwachsenwerden und Frausein. Ich bin so froh darüber, dieses Buch gelesen zu haben. Die wundervollen Bilder, die beim Lesen in meinem Kopf entstanden sind, waren wirklich eine Bereicherung.

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Veröffentlicht am 22.04.2021

Ohne dich, ja ohne dich

With(out) You
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Inhalt:

Luna kehrt nach Hamburg zurück, um dort ihr Literatur-Studium zu beginnen. Vor einem Jahr hat sie ihre Heimatstadt Hals über Kopf verlassen. Sie hat sich von niemandem verabschiedet. Auch nicht ...

Inhalt:

Luna kehrt nach Hamburg zurück, um dort ihr Literatur-Studium zu beginnen. Vor einem Jahr hat sie ihre Heimatstadt Hals über Kopf verlassen. Sie hat sich von niemandem verabschiedet. Auch nicht von Eli, ihrem Freund, der nach einem schweren Unfall auf der Intensivstation um sein Leben kämpfte. Zu groß war Lunas Angst, zu groß der Schreck über das Geschehene. Doch nun, so glaubt sie, kann alles gut werden. Sie sehnt sich nach Zuhause, nach ihren Freunden und vor allem nach Eli. Schnell stellt sich allerdings heraus, dass das nicht so einfach ist. Luna hat mit ihrem plötzlichen Verschwinden viele Menschen verletzt. Vor allem Eli, der nun mit ihrer alten Schulfreundin Jess zusammen ist, und nichts mehr von ihr wissen will. Luna versucht verzweifelt, die Lügen, die er nun über sie glaubt, aufzuklären. Und gleichzeitig ist da immer noch der dunkle Schatten der Vergangenheit, der droht, sie wieder einzuholen.

Meine Meinung:

Dieses Mal ist es mir sehr schwer gefallen, den Inhalt treffend wiederzugeben. Ich wollte bewusst nicht zu viel erzählen, da ich der Auffassung bin, dass man dieser Geschichte sehr unvoreingenommen begegnen sollte.

Wichtig ist es mir zu sagen, dass dieses Buch sehr ernste Thematiken behandelt, die in Rückblenden sowohl intensiv als auch bildlich erzählt werden. Allerdings tut Maike Voß das in einem sehr liebevollen und behutsamen Tonfall. Überhaupt hat mir der Schreibstil sehr gut gefallen. Er ist sehr ruhig und klar, ein bisschen wie Wasser, und es werden immer wieder sehr schöne Bilder gezeichnet, die Lunas Gefühle gut greifbar machen. Außerdem gibt es am Ende der Geschichte ein Verzeichnis mit Anlaufstellen für Hilfesuchende. Ein großes Lob an alle Verantwortlichen an dieser Stelle!

„With(out) you“ spielt in Hamburg, einer meiner liebsten Städte in Deutschland. Ich finde, die Autorin hat das typische Flair des Nordens und auch die Atmosphäre eines deutschen Studentenlebens sehr gut getroffen. (Auch wenn man bedenken muss, dass Lunas Leben - ihrer Vergangenheit geschuldet - noch ein bisschen eingeschränkt ist.) Jedenfalls hat die Geschichte mich wehmütig gemacht. Ich würde gerne einmal wieder nach Hamburg reisen und ich vermisse auch den Unialltag, so wie es ihn vor Corona gegeben hat.

In der Geschichte wird durchgängig aus Lunas Sicht erzählt und ist voll von freundlichen und vielfältigen Charakteren. Allerdings gibt es auch die ein oder andere Figur, die weniger freundlich ist. Hattet ihr schon einmal Herzklopfen vor Wut? Beim Lesen von „With(out) you“ ist mir das mehrmals passiert. Mit Eli habe ich manchmal ein wenig gekämpft. Vielleicht weil mir Luna durch ihre Perspektive etwas zu nah war.

Die Auflösung der Geschichte hat mir äußerst gut gefallen. Vieles hat sich ineinander gefügt. Es war hoffnungsvoll, wie ein kleiner Sonnenstrahl, überhaupt sind immer wieder Sonnenstrahlen durch den Text gebrochen, obwohl es sich natürlich grundsätzlich um eine Geschichte handelt, auf der eine gewisse Melancholie liegt.

Fazit:

„With(out) you“ ist ein ungewöhnliches und ausgesprochen relevantes Buch, das eine neue Perspektive auf „New Adult“ in und aus Deutschland eröffnet. Ich mochte viele seiner Facetten sehr sehr gerne und halte es für absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Düstere Verwicklungen

Sommernacht
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Ich lese sehr selten Thriller und dann nur ganz ausgewählte Bücher. „Sommernacht“ von Lucy Foley hat mich brennend interessiert, weil hier die Geschichte eines Mordfalls aus der Sichtweise vieler unterschiedlicher ...

Ich lese sehr selten Thriller und dann nur ganz ausgewählte Bücher. „Sommernacht“ von Lucy Foley hat mich brennend interessiert, weil hier die Geschichte eines Mordfalls aus der Sichtweise vieler unterschiedlicher Protagonisten zusammengesetzt wird. Ich habe mir fein ausgeklügelte zwischenmenschliche Beziehungen erhofft und wurde keines Falls enttäuscht.

Inhalt:
In einem neu renovierten Herrenhaus auf einer abgelegenen irischen Insel wird zum ersten Mal eine Hochzeit abgehalten. Das glückliche Paar sind Jules, die Gründerin eines angesagten Online-Lifestyle-Magazins, und Will, der gefeierte Star einer Fernseh-Show. Ein rauschendes Fest ist geplant und zahlreiche Gäste von Rang und Namen strömen auf die Insel. Alles soll perfekt laufen, damit auch in Zukunft zahlreiche weitere Paare auf die Insel kommen, um dort den schönsten Tag ihres Lebens zu feiern und Geld in die Kassen von Hochzeitsplanerin Aoife zu spülen. Doch als es Nacht wird, zieht ein tosender Sturm auf, die Insel, das Moor und das Meer zeigen sich von ihrer hässlichen Seite. Und dann behauptet auf einmal eine Kellnerin, sie habe eine Leiche gesehen. Panik macht sich breit. Während ein Suchtrupp sich auf den Weg macht, wird in Rückblenden aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was sich in den Tagen davor zugetragen hat…

Meine Meinung:
Was für eine spannende, unvorhersehbare und klug konstruierte Geschichte! Es fällt mir jedes Mal schwer, einen Thriller zu bewerten, da ich hier einfach nicht so viele Vergleiche ziehen kann. Meine Leseerfahrungen konzentrieren sich eher auf andere Genres. Allerdings hat „Sommernacht“ mich wirklich außerordentlich gut unterhalten. Ich konnte das Buch in der letzten Hälfte kaum noch aus der Hand legen. Es gab so viele offene Fragen und Rätsel, die man im Blick behalten musste. Ich wollte konstant wissen, wie es weitergeht und obwohl ich zahlreiche Theorien entwickelte, blieben diese meistens dünn und stellten sich am Ende alle als mehr oder weniger falsch heraus.
Die Autorin schafft es ein durchgängig düsteres Setting zur zeichnen, und das obwohl es sich um eine Hochzeitskulisse handelt. Sie nutzt dafür gezielt gespenstische Worte und Umschreibungen. Die Sprache hat mir wirklich sehr gut gefallen. Es liegt eine beklemmende Anspannung in der Luft, die sich in der zweiten Hälfte immer weiter steigert und sich dann an einem ganz bestimmten Punkt entlädt. Überhaupt ist die Geschichte unfassbar clever konstruiert und durchdacht. Die einzelnen Perspektiven der Protagonisten greifen mühelos ineinander und zum Schluss fügen sich all die losen Enden mit nahtlos zusammen. Vor allem das Ende hat mir extrem gut gefallen und mein Leseherz komplett befriedigt. (Also so sehr befriedigt, wie man nach einer Mordgeschichte eben sein kann…)
Nur ganz am Anfang gab es eine kleine Durststrecke im Bezug auf die Spannung.
Die Protagonisten in „Sommernacht“ sind sehr ambivalent. Die meisten mochte ich nur halb oder gleich gar nicht. Nichtsdestotrotz wird jede Perspektive nachvollziehbar dargestellt. Kaum einer wird ganz schwarz oder ganz weißt gemalt, sie sind alle unterschiedlich grau. Das hat mich allerdings wenig gestört. Dieses Zweifeln an dem Charakter der Protagonisten macht auch einen Teil des Reizes für mich aus.

Fazit:

„Sommernacht“ von Lucy Foley ist ein spannender, kurzweiliger Thriller zum Rätseln und Ermitteln. Wer beim Lesen gerne Theorien aufstellt, ab und zu in die Abgründe zwischenmenschlicher Beziehungen hinabsteigen mag und sich nicht an vielen mitmischenden Charakteren stört, der wird mit diesem Buch viel Spaß haben.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Herzergreifend

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
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Das Cover von „Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz“ könnte treffender nicht sein. Denn für dieses Buch schlägt mein Herz! Es ist eines von den Büchern, wie man sie nur ganz selten findet. Bitte schenkt ...

Das Cover von „Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz“ könnte treffender nicht sein. Denn für dieses Buch schlägt mein Herz! Es ist eines von den Büchern, wie man sie nur ganz selten findet. Bitte schenkt der Geschichte einen kleinen Moment eurer Aufmerksamkeit. Sie ist so wunderbar warmherzig, einzigartig und ergreifend. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass viele Menschen dieses Buch lesen und in Zeldas Sippe eintreten werden. Man kann sie nur gernhaben!

Inhalt:
Zelda beschäftigt sich am liebsten mit den Legenden und Sagen der Wikinger. Sie weiß beinahe alles über Wikinger. Sogar ihre Sprache lernt sie. Am liebsten wäre Zelda selbst eine starke Wikingerin mit ihrer ganz eigenen Legenden. Doch Zelda hat das Fetale Alkoholsyndrom (FAS), weil ihre Mutter während der Schwangerschaft getrunken hat. Deswegen halten viele Menschen sie nicht für legendär, sondern für behindert. Dabei ist Zelda vor allem eines: Etwas ganz Besonderes! Am liebsten trifft sie sich mit ihren Freunden im „Stadtteilzentrum“; einer Einrichtung, in der man sich um junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen kümmert. Ansonsten lebt Zelda mit ihrem älteren Bruder Gert in einer kleinen, schäbigen Wohnung. Gert ist ein Typ, dem man nicht allein im Dunkeln begegnen möchte. Obwohl er ein Stipendium für das örtliche College erhalten hat, ist er ein Schläger und in zwielichtige Geschichte mit noch viel zwielichtigeren Männern verwickelt. Aber Gert liebt Zelda und Zelda liebt Gert, dessen Ex-Freundin Annie, die von Zelda auch AK47 genannt wird, und ihren Freund Marxy, mit dem sie schon ein Jahr zusammen ist. Die drei sind Zeldas „Sippe“, wie man bei den Wikingern sagt. Als die zwielichtigen Männer Zeldas Sippe plötzlich Schwierigkeiten machen, wird ihr klar, dass es nun an der Zeit ist, eine echte Kriegerin zu sein und ihre eigene Legende zu schreiben. Also nimmt Zelda all ihren Mut zusammen und zieht in die Schlacht…

Meine Meinung:
„Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz“ wird aus Zeldas Perspektive erzählt. Wir sind mittendrin in ihren wundervollen, bunten Gedanken. Weil Zelda besonders denkt und auch besonders redet, ist die Sprache der Geschichte sehr anders, als man das von Literatur gewohnt ist. Man passt sich allerdings schnell an den Tonfall des Buchs an und danach ist es einfach nur noch schön.
Der Autor schafft es Zelda so greifbar und so lebensecht klingen zu lassen. Es fühlt sich, als würde man sie kennen, als würde sie tatsächlich sprechen und ihre Legende nacherzählen. Als wäre sie wirklich da. Man leidet mit ihr und freut sich mit ihr. Diese Protagonistin ist hinreißend und liebenswert und ihre Sicht auf die Welt hat mich bewegt. Das Buch ist genau an den richtigen Stellen komisch und dann auch wieder tragisch. Es ist bittersüß und tut manchmal richtig weh.
Zeldas Legende steckt voller außergewöhnlicher und vielschichtiger Figuren. Keiner von ihnen entspricht einem Stereotyp. Sie sind alle für sich nicht so, wie man sie erwarten würde. Es findet keine Schwarz-Weiß-Malerei statt. Niemand ist komplett gut oder komplett böse. Manche sind nur sehr viel grauer als andere.
In „Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz“ wird nicht nur eine Geschichte über Zelda, Gert und die bösen Männer erzählt, es werden auch viele relevante Themen angesprochen, die in der Literatur und in der Öffentlichkeit wenig Aufmerksamkeit finden oder sogar tabuisiert werden. So ist Zeldas Selbstständigkeit, aber vor allem auch ihre Sexualität, ein wesentlicher Teil der Geschichte. Zelda ist verliebt und will Sex haben. Aber darf sie das? Darf sie allein leben und ein Konto eröffnen? Darf sie dann vielleicht auch Kinder bekommen?
Fragen über Fragen, auf die Zelda in ihrer ganz eigenen charmanten Art und Weise Antworten sucht.
Außerdem hat mir sehr gut gefallen, wie das Buch das Konstrukt „Familie“ angeht. Zeldas Familie ist klein und dysfunktional. Aber es ist eine Familie und Zelda kämpft für jeden, der dazugehört. Ich wäre gerne Teil von ihrer Sippe.
Der Plot ist zu jeder Zeit spannend. Ich wollte immer wissen, was bei Zelda los ist und war traurig, sie zwischen den Buchdeckeln zurücklassen zu müssen. Das Ende hat mich überrascht, erschreckt, tief ergriffen, beinahe zum Weinen gebracht, erleichtert und auch irgendwie unbefriedigt zurückgelassen, weil ich mehr wissen wollte. Kurz gesagt: Es war genau richtig. Alles an diesem Buch, war genau richtig!

Fazit:
Nur Liebe, Liebe, Liebe für Zelda, ihre Legende, ihre Sippe und diese Geschichte! Und viel Applaus an den Verlag für das wunderschöne Cover, die grandiose Übersetzung und den einzigartigen Titel, der wirklich wie die Faust auf’s Auge passt. Frei nach Zelda: Dieses Buch ist monumental!

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