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Veröffentlicht am 25.02.2021

Warm. Warm. Warm.

Hard Land
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Mir tut alles weh: Herzweh, Bauchweh, Kopfweh. Auch die Augen tun mir weh, weil ich Hard Land bis in die tiefe Nacht hinein ausgelesen habe. Das ist bei mir häufig so. Wenn mich ein Buch einfängt, dann ...

Mir tut alles weh: Herzweh, Bauchweh, Kopfweh. Auch die Augen tun mir weh, weil ich Hard Land bis in die tiefe Nacht hinein ausgelesen habe. Das ist bei mir häufig so. Wenn mich ein Buch einfängt, dann inhaliere ich die letzte Hälfte auf Ex. Genau das ist bei „Hard Land“ passiert.

Inhalt:
Missouri, 1985: Sam Turner lebt in der heruntergekommenen Kleinstadt Grady, in der alles kurz davor ist, zu Ende zu gehen. Er wird bald sechzehn und hat keine Freunde, seit sein ehemals bester Kumpel nach Kanada ausgewandert ist. Seine Mutter ist an einem Gehirntumor erkrankt und nun soll er die Sommerferien auch noch bei seinen Cousins verbringen, die ihn immer nur schikanieren. Um diesen miesen Aussichten zu entgehen, sucht Sam sich einen Job im örtlichen Kino. Dort lernt er Kirstie, die Tochter des Kinobesitzers, und ihre Freunde Cameron und Brandon (alias Hightower) kennen. Die drei sind zwei Jahre älter als er und anfangs eine verschworene Gemeinschaft, zu der er keinen Zugang findet. Doch sobald sich das ändert, steckt er mittendrin in einem Sommer voller Abenteuer und Möglichkeiten. Ein Sommer, nach dem nie mehr etwas so sein wird wie zuvor.

Meine Meinung:
Ich habe bereits vorausgeahnt, dass dieses Buch großartig sein würde, allerdings war mir nicht klar, dass es SO großartig sein würde.
Ich hoffe, dass sich niemand an dieser Stelle gespoilert fühlt.
Da man es allerdings bereits im ersten Satz erfährt, verrate ich hoffentlich nicht zu viel, wenn ich sage, dass Sams Mutter den Sommer nicht überlebt. Und genau an dieser Stelle schlägt die ganz große Stunde dieses Romans. Die Darstellung von Sams Trauer hat mich so sehr berührt. „Hard Land“ hat mir viele neue Gedanken zu Tod und Trauer vermittelt. Und genau aus diesem Grund lese ich Bücher: Ich will Facetten eines Themas begreifen, die ich mir selbst nie erdacht hätte. Das geht mit diesem Buch. Es ist aber keineswegs düster und bedrückend, es ist schön traurig und schmerzlich schön. Man kann weinen beim Lesen und es macht trotzdem glücklich. Außerdem steckt die Geschichte voller kluger, witziger und anrührender Szenen und Gedanken.
Benedict Wells erzählt die Ereignisse eines Sommers aus Sams Perspektive, mit einer Stimme, in der man die Jugend des Sprechers hört: Als würde Sam tatsächlich aus dem Off erzählen.
Ich mochte die zahlreichen Anspielungen auf Filme und Songs der Achtzigerjahre. Hard Land wird damit beworben, dass es eine Hommage an „Stand by me“ oder „The Breakfast Club“ sein soll. Und diesem Anspruch wird das Buch mehr als gerecht! Vor allem Dank seiner fabelhaften Charaktere. Sams grandiose Freunde, die in all ihren Schichten beleuchtet werden und das wunderbar geschilderte Konstrukt der Familie Turner, das so individuell, so schmerzlich und gleichzeitig so liebevoll ist.
Besonders gefallen hat mir außerdem, dass das Buch in 49 Kapitel gegliedert ist. Die Zahl 49 spielt nämlich eine große Rolle in der Geschichte. Bei Kapitel 40 habe ich richtig geweint. Das Gefühl, dass es bald so weit sein würde, hat sich allerdings schon länger aufgebaut.

Fazit:
Meine Lieblingsszene von „Hard Land“ ist die, in der Sams Freund Cameron sein Dreischichtenmodell erklärt. Seit ich das gelesen habe, denke ich jeden Tag mehrfach an diese Theorie und versuche sie selbst anzuwenden. Ich möchte an dieser Stelle nicht vorgreifen, was genau das Dreischichtenmodell ist. Das soll jeder selbst lesen.
Aber auch wenn sich das Dreischichtenmodell nicht auf Bücher bezieht, übertrage ich es an dieser Stelle einfach auf „Hard Land“. Ergebnis: Warm. Warm. Warm.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Viele Köche verderben den Brei

Die Bücherfrauen
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Ich liebe Bücher! Und ich bin eine Frau. Also bin ich wohl auch eine Bücherfrau. Der Titel des Romans hat mich sehr angesprochen, dementsprechend glücklich war ich darüber, „Die Bücherfrauen“ in einer ...

Ich liebe Bücher! Und ich bin eine Frau. Also bin ich wohl auch eine Bücherfrau. Der Titel des Romans hat mich sehr angesprochen, dementsprechend glücklich war ich darüber, „Die Bücherfrauen“ in einer Leserunde besprechen zu dürfen. Leider hat mich der Inhalt ratlos zurückgelassen.

Inhalt:
Kansas, 2008: Die Bibliothekswissenschaftlerin Angelina (39) kehrt in die Heimatstadt ihres Vaters zurück, um dort ihre Dissertation zu beenden. Sie forscht bereits seit zehn Jahren über die sog. Carnegie-Bibliotheken und erhofft sich das Tagebuch ihrer längst verstorbenen Großmutter zu finden, die einst am Bau einer solchen Bibliothek beteiligt war. Die Künstlerin Traci (26) verschlägt es ebenfalls nach New Hope. Sie soll Kunst am Kulturzentrum der Stadt unterrichten, das mittlerweile in den Räumlichkeiten der ehemaligen Bibliothek untergebracht ist. Ihre Referenzen hat Traci dafür gefälscht. Sie will verbergen, dass sie gar nicht wirklich studiert hat. Und dann ist da auch noch Gayle, eine Frau aus der Nachbarstadt Prairie Hill. Durch einen Tornado hat sie ihre ganze Existenz verloren

Meine Meinung:
Ich betone das Alter der Protagonistinnen so sehr, weil das mit meinem Hauptproblem in Verbindung steht. Die zeitlichen Zusammenhänge sind für mich rätselhaft geblieben.
Das Buch spielt im Jahr 2008 und bezieht sich auf die Jahre 1910 und 1911, in denen die Bibliothek gebaut wurde, Angelinas Großvater starb und ihr Vater geboren wurde. Angelinas Familiengeschichte wurde in diese große Zeitspanne hinein erzählt und das ging meines Erachtens nicht auf. Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf das Warum eingehen, weil ich diese Rezension spoilerfrei halten möchte. Nur so viel sei gesagt: Ein Vater, der in sehr hohem Alter noch Kinder zeugt, spielt dabei eine Rolle.
Überhaupt bleibt Angelina als Protagonistin eher blass und wenig greifbar. Ihre Vergangenheit ist für mich nach wie vor unklar. Sie arbeitet seit zehn Jahren an ihrer Dissertation, ihre Recherchen scheinen jedoch noch ganz am Anfang zu stehen. Man erfährt einzig und allein, dass sie finanziell abhängig von ihrer emotional toxischen Mutter gewesen ist. Genauer beleuchtet wird aber auch das nicht.
Die Geschichte wechselt in kurzen Kapitel zwischen den Sichtweisen von Angelina, Traci und Gayle.
Traci war meine Lieblingsprotagonistin. Sie wurde als Baby in einer Mülltonne gefunden und hat einen sehr geringen Selbstwert. Von ihr hatte ich das klarste Bild. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und einem einheimischen Künstler fand ich süß, wenn auch überstürzt. Gayle hingegen blieb vollkommen undurchsichtig. Ihre Kapitel sind kürzer als die der anderen und irgendwie farblos. Ihre Geschichte scheint losgelöst vom Hauptplot und ich habe vergeblich darauf gehofft, dass die Autorin sie irgendwann integriert.
An dieser Stelle kommen wir zu einem weiteren Problem des Buchs. Die Geschichte will zu viel auf einmal. Es gibt zahlreiche Probleme, die nur oberflächlich angerissen und dann zu schnell gelöst werden. Das Kulturzentrum, die Bibliotheken, die verfeindeten Städte, der Tornado, Angelinas Dissertation, Angelinas Vergangenheit, Tracis Vergangenheit, Tracis Lügen, ein schwerer Autounfall, Liebesgeschichten, emotional labile Teenager und und und.
„Die Bücherfrauen“ hat viele Zutaten, die eine tolle Geschichte braucht, aber am Ende schmeckt das Essen nicht richtig, weil der Fokus verloren gegangen ist.
Zusätzlich gestört hat mich, dass der Schreibstil der Autorin immer wieder zu einer unnötigen Dramatik neigt. Damit meine ich keine emotionalen Szenen, sondern dramatische Nebenschauplätze, auf die dann zu wenig eingegangen wird. Außerdem weint ständig jemand ohne nachvollziehbaren Grund.
Die Sprache ist ansonsten einfach, aber flüssig lesbar. Ab und zu gibt es ein paar holprige Formulierungen.
Abschließend möchte ich unbedingt noch deutlich machen, wie wunderschön ich die Aufmachung des Hardcovers finde. Es ist ein Schmuckstück in jedem Bücherregal. Ich liebe den texturierten Einband und das reduzierte Cover. Es ist ein Jammer, dass der Inhalt diesem tollen Äußeren nicht gerecht werden kann.

Fazit:
Ich habe gelesen, dass die Übersetzerin von „Die Bücherfrauen“ auch „City of Girls“ von Elisabeth Gilbert aus dem Fischer-Verlag übersetzt hat. Das habe ich letztes Jahr gelesen und abgöttisch geliebt. So ein wundervolles, atmosphärisches und kluges Buch über ein Frauenleben abseits der Konventionen seiner Zeit. Genau so etwas habe ich mir von „Die Bücherfrauen“ auch erhofft. Wenn ich Bücher lese, dann will ich sie immer, immer, immer mögen. Aber das gelingt mir hier einfach nicht recht.

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Veröffentlicht am 19.02.2021

Das Verschwinden eines Thrillers

Das Verschwinden der Erde
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Thriller lese ich eher selten und auch nur sehr ausgewählt. Dann, wenn sie sich in erster Linie an ein weibliches Publikum richten und die Aufmachung vermuten lässt, dass es sich mehr um ein „Wer ist der ...

Thriller lese ich eher selten und auch nur sehr ausgewählt. Dann, wenn sie sich in erster Linie an ein weibliches Publikum richten und die Aufmachung vermuten lässt, dass es sich mehr um ein „Wer ist der Mörder?“-Buch handelt und keines, in dem über viele Seiten hinweg die Verstümmlungen einer Leiche beschrieben werden. Das Cover von „Das Verschwinden der Erde“ und die Werbung des Verlags, in der dieses Buch als „Literarischer Thriller“ angekündigt wurde, hat mich sehr angesprochen. Mit solchen Genre-Cross-Overs kann man mich immer locken.
Der Inhalt des Buchs hat mich nicht enttäuscht, dafür aber sehr überrascht.

Inhalt:


Auf der russischen Halbinsel Kamtschatka verschwinden die beiden Schwestern Aljona und Sofija spurlos. Die ganze Bevölkerung hält den Atem an. Suchtrupps durchkämmen die Stadt und die ratlosen Ermittler verfolgen wüste Theorien. Die einzigen Zeugin behauptet die Mädchen in einem blank geputzten, schwarzen SUV gesehen zu haben. Ihr wird wenig Glauben geschenkt.
Das ist die Rahmenhandlung des Buchs In den darauffolgenden Kapiteln wird jeweils die Geschichte einer Frau erzählt, die oft nur sehr lose mit den verschwundenen Schwestern in Verbindung steht. Die Kapitel sind voneinander unabhängig. Sie klingen wie Kurzgeschichten mit eigenem Spannungsbogen und eigenem Konflikt. Politische Themen werden dabei angerissen. Aber auch Liebe, Trauer, Familienkonflikte. Übergeordnet ist meistens die Unterdrückung der Frau durch eine patriarchale Gesellschaft.

Meine Meinung:

„Das Verschwinden der Erde“ ist ein komisches Buch. Komisch, aber großartig! Ich habe einen solchen Roman noch nie gelesen. Er war zwar sehr spannend, aber einen Thriller würde ich ihn nicht nennen. Ich würde das Buch als ein Mosaik bezeichnen, das sich einen Kriminalfall zu Nutzen macht und dann in Splitterfragmenten die Gesellschaft beleuchtet, in der sich dieser zugetragen hat.
Der Schreibstil der Autorin hat mir außerordentlich gut gefallen. Sehr poetisch und atmosphärisch. Obwohl man die Figuren nur über kurze Zeitabschnitte begleitet, begreift man sie und kann mit ihnen mitfiebern. Julia Philipps baut ihre Kapitel so auf, dass die jeweilige Geschichte immer genau dann endet, wenn die Spannung auf ihrem Höhepunkt ankommt. Man bleibt jedes Mal mit einem Cliffhanger zurück. Wenn man Glück hat, erhält man in einem Nebensatz der folgenden Kapitel die Auflösung, die man sich im vorherigen so gewünscht hat. Die Kapitel sind, wie bereits erwähnt, spannend, aber auch schwermütig. Die Frauen in den Geschichten haben es nicht leicht.
Man merkt, dass die Autorin sich intensiv mit Russland und vor allem mit der Region Kamtschatka auseinandergesetzt hat. Da ich selbst absolut kein Vorwissen besitze, kann ich nicht einordnen, inwieweit ihre Darstellung authentisch ist. Als Amerikanerin geht Julia Philipps allerdings für mein Empfinden sehr hart mit den Russen ins Gericht.
Das Ende der Geschichte hat mir in seiner Vielschichtigkeit außerordentlich gut gefallen und mich auch ein bisschen sprachlos gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass die Geschichte auf diese Weise aufgelöst wird.
An dieser Stelle möchte ich aber auch eine Warnung aussprechen. „Das Verschwinden der Erde“ ist absolut lesenswert und mein erstes Lieblingsbuch 2021. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es Leser*innen geben wird, die enttäuscht sein könnten. Gerade solche, die regelmäßig und gerne herkömmliche Thriller lesen. Man bekommt hier nämlich etwas ganz, ganz anderes. Wenn man sich allerdings auf diese Art des Erzählens einlassen kann, dann eröffnet das „Verschwinden der Erde“ beim Lesen neue kulturelle und menschliche Perspektiven.

Fazit: 

Ein sprachlich schönes und inhaltlich außergewöhnliches Buch, das sich aus individuellen Geschichten zusammensetzt, die um einen Kriminalfall konvergieren. Eine große Leseempfehlung für all diejenigen, die sich gerne mit Kultur und Gesellschaft auseinandersetzen wollen.

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Veröffentlicht am 13.02.2021

Der Räuber und seine Muse

Inspired
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Ich lese aktuell wenig Fantasy. Die Idee hinter „Inspired“ hat mich dennoch angesprochen. Eine Entführung und eine ungewünschte magische Partnerschaft. Das schreit doch nach Enemies to lovers, dachte ich ...

Ich lese aktuell wenig Fantasy. Die Idee hinter „Inspired“ hat mich dennoch angesprochen. Eine Entführung und eine ungewünschte magische Partnerschaft. Das schreit doch nach Enemies to lovers, dachte ich mir. Und damit kann man mich immer abholen.

Inhalt:
In einer Welt voller unterschiedlicher Spezies von Menschen und magischen Wesen stehen die Musen am oberen Ende der Gesellschaft. In einem heiligen Bündnis mit einem Menschen, kann die Kraft einer Muse ihrem Partner zu außergewöhnlichen Fähigkeiten auf unterschiedlichen Gebieten der Kunst verhelfen.
Der junge Jay Fischer befindet sich in einer scheinbar ausweglosen Situation. Jay wird von einer mafiösen Organisation bedroht und braucht dringend Geld. Deswegen entführt er die Muse Niliana auf offener Straße und hofft durch ihre Magie und ihren sozialen Einfluss seine Probleme lösen zu können. Allerdings läut bei Jay wenig nach Plan und so aktivieren Niliana und er bei der Entführung kurzerhand das Musenbündnis. Danach müssen sie enger aneinander rücken als es ihnen beiden lieb ist.

Meine Meinung:
„Inspired“ ist ein Buch mit einem rasanten Plot. Ständig passiert etwas Neues und hinter jeder Ecke lauert ein weiterer Twist. Nicole Gozdek schreibt spannend und führt den Leser mehr als nur einmal an der Nase herum. Manchmal werden in Nebensätzen kleine Informationen eingestreut, die den Plot in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Dabei sind mir ihr Sätze phasenweise ein bisschen zu lang und schachtelig konstruiert. Gegen Ende des Buchs wird das allerdings besser.

Das schnelle Tempo ist definitiv der größte Pluspunkt von „Inspired“, bringt jedoch auch seine Nachteile mit sich.

Die Charakterentwicklung von Jay und Niliana bleibt hinter der Handlung leider etwas zurück. Um die beiden besser verstehen zu können, hätte man mehr über ihre inneren Konflikte erfahren müssen. So wirken die beiden in ihrem Handeln jünger und naiver, als sie es eigentlich sind. Gerade mit Jay hatte ich zu kämpfen. Er hat so viel Hintergrund und Vergangenheit. Das macht seinen Charakter wirklich interessant. Trotzdem wirkt er wie ein Jugendlicher und nicht wie der Mann von zweiundzwanzig Jahren, der er eigentlich ist. Niliana ist leichter zu mögen, aber in ihren Handlungen auch noch sehr kindlich.

Trotzdem steckt das Buch voller spannender und kreativer Ideen. Die Nebenfiguren sind fantasievoll und zum Liebhaben. Vor allem mit ihnen habe ich mitgefiebert. Die Welt, in der die Geschichte spielt ist sehr innovativ. Eine Art Urban Fantasy Paris mit unterschiedlichen Planeten. Auch hier hätte man noch ein paar mehr Details herausarbeiten können, damit die Leser das Setting und die Probleme der Gesellschaft besser vor Augen haben. Sehr viele Themen wurden angerissen: Das komplizierte Verhältnis zwischen Musen und ihren Bündnispartnern, die ihnen einen Teil ihrer Magie wegnehmen, die politischen Einschränkungen des Musenbündnisses, die Trennung der einzelnen Spezies innerhalb der Gesellschaft. Alles sehr interessant, aber über nichts davon wusste ich am Ende genug, um damit zufrieden zu sein.

Andererseits spricht das natürlich auch für die Geschichte. Man will mehr. Man hat das Gefühl, dass man nur einen Ausschnitt gesehen hat.

Fazit:
„Inspired - Magie der Muse“ ist ein tolles, kurzweiliges Fantasyabenteuer, mit kleinen Schwächen in den Details. Vor allem jugendlichen Lesern, die actionreiche Lovestories mögen, würde ich es unbedingt ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Wie im Märchen

Between Your Words
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Liebesromane, die kranke oder gehandicapte Menschen in ihren Fokus stellen, lese ich immer gerne, weil ich es zum einen für wichtig halte, dass solchen Geschichten eine Plattform gegeben wird und zum anderen ...

Liebesromane, die kranke oder gehandicapte Menschen in ihren Fokus stellen, lese ich immer gerne, weil ich es zum einen für wichtig halte, dass solchen Geschichten eine Plattform gegeben wird und zum anderen natürlich auch, weil ich mich für Dramatik und große Gefühle begeistern kann. Emma Scotts neuestes Buch enthält von all dem eine Überdosis.

Inhalt:
Bei einem schweren Autounfall wurde der Teil des Gehirns von Kunststudentin Thea zerstört, der für die Übersetzung von Informationen in Gedächtnisinhalte zuständig ist. Seit sie im Krankenhaus wieder aufgewacht ist, steht ihr nur noch ein Zeitfenster von fünf Minuten zur Verfügung. Danach kommt es in ihrem Kopf zu einer Art Neustart. Sie leidet also an einer Amnesie und kann seit dem Unfall keine neuen Erinnerungen mehr speichern. Deswegen lebt sie in einem Pflegeheim für Menschen mit schweren neurologischen Defiziten. Ihre ältere Schwester Delia fungiert als Theas rechtliche Betreuerin und wacht über Theas Behandlung.
Jim Wheelan tritt eine neue Stelle als Hilfspfleger in Theas Einrichtung an. Nach einer unglücklichen Kindheit im Pflegesystem hat er nicht mehr viele Ansprüche an sich und das Leben.
Als er auf Thea trifft, fühlt er sich sofort zu ihr hingezogen. Trotz ihrer Behinderung spürt Jim das freigeistige und lebenshungrige Wesen, das Thea früher besessen hat. Er will bei ihr sein und sie beschützen. Außerdem glaubt er in Theas Verhalten etwas zu erkennen, das die Ärzte nicht sehen. Doch diese immer intensiver werdende Beziehung zwischen einem Angestellten und einer Patientin wird von allen Außenstehenden kritisch gesehen und Jims Einwände nimmt niemand ernst.

Meine Meinung:
Es ist gar nicht so leicht eine Inhaltszusammenfassung für dieses Buch zu formulieren, ohne den Fortgang vorwegzunehmen. So viel verrate ich aber: Der Leser begleitet Jim und Thea in „Between your words“ in mehreren unterschiedlichen Phasen.
Jede für sich ist herzzerreißend, intensiv und schicksalhaft.
Emma Scott erzählt die Geschichte von zwei außergewöhnlichen und authentisch dargestellten Figuren, die in einer hoffnungslosen Situation aufeinandertreffen. Besonders gefallen hat mir, dass Thea zu jeder Zeit sie selbst bleibt. Auch im Vergessen ist immer noch die übermütige Frau erkennbar, die sie früher einmal gewesen ist. Ich kann verstehen, wenn es Leser gibt, die sie nicht in allen Punkten sympathisch finden. Manche Entscheidungen, die Thea im Buch trifft, sind zweifelhaft. Für mein persönliches Empfinden war ihre Sturheit und ihr Wille zu leben genau das, was dieses Buch gebraucht hat. Jim trägt die Geschichte maßgeblich. Ich würde sagen, er hat großen Anteil daran, dass „Between your words“ so gut ist. Er ist so herrlich unsicher und selbstlos und dabei so unbewusst lässig. Man möchte ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass er so viel mehr verdient hat, als er glaubt.
Der Plot ist außergewöhnlich, wenig vorhersehbar und märchenhaft romantisch. Die Betonung liegt auf „märchenhaft“. Denn das muss man ganz klar sagen: „Between your words“ ist ein Märchen! Wer ein Buch lesen möchte, in dem medizinische Sachverhalte realitätsnah dargestellt werden, der ist hier ganz falsch. Wie Emma Scott in einem Nachwort erklärt, ist lediglich die Darstellung von Theas Amnesie an den wahren Fall eines Mannes angelehnt. Ich gehe davon aus, dass sie den Fall des Musikers „Clive Wearing“ meint. Alle anderen Aspekte der Geschichte - die Bilder, die Thea malt, Behandlungsoptionen, Medikamente, Verhalten von Ärzten und Pflegepersonal, Abläufe in der medizinischen Einrichtung - haben wenig bis nichts mit der Realität zu tun.
Mich persönlich stört das überhaupt nicht. Ich lese, um zu träumen und der Realität zu entfliehen. Das Bestechende an Büchern und Fiktion war für mich schon immer, dass alles kann und nichts muss. Wenn eine Geschichte gut geschrieben ist, von tiefgehend ausgearbeiteten Figuren erzählt und die Handlung nicht konstruiert wirkt, bin ich dabei. Genau so eine Geschichte ist „Between your words“ und ich möchte sie auf keinen Fall verpasst haben.
Emma Scotts Schreibstil ist wie immer makellos und enthält genau die richtige Dosis an Poesie, um nicht zu gewollt zu sein. Das Buch enthält viele emotionale Höhepunkte und hat mir die ein oder andere Träne ins Auge getrieben haben.

Fazit:

„Between your words“ ist New Adult vom allerfeinsten. Relevant, dramatisch, romantisch. Ich war nicht mit allen Lösungen, die das Buch angeboten hat, hundert Prozent zufrieden. Das Ende kommt sehr schnell, aber alles davor habe ich so gerne gelesen, dass ich mich frage, ob nicht jedes Ende zu früh gewesen wäre. Ich vergebe volle fünf Sterne.

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