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Veröffentlicht am 25.11.2020

Zerstörerisches Schweigen

All das Ungesagte zwischen uns
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„All das Ungesagte zwischen uns“ ist mein drittes Buch von Colleen Hoover und ich lerne sie auch in diesem Genre als Autorin immer weiter schätzen.

Inhalt:
Bei einem schweren Autounfall sterben der Vater ...

„All das Ungesagte zwischen uns“ ist mein drittes Buch von Colleen Hoover und ich lerne sie auch in diesem Genre als Autorin immer weiter schätzen.

Inhalt:
Bei einem schweren Autounfall sterben der Vater und Ehemann sowie die Tante und Schwester der sechzehnjährigen Clara und ihrer Mutter Morgan. Mit dem Tod der beiden kommt ein dunkles Geheimnis an’s Licht, das Morgan mit aller Macht vor ihrer Tochter verbergen will. Doch die Heimlichkeiten führen dazu, dass das sowieso schon angespannte Verhältnis zwischen Clara und ihrer Mutter immer mehr außer Kontrolle gerät. Außerdem verliebt Clara sich in einen Jungen, mit dem Morgan sie nicht sehen will und diese findet gleichzeitig Halt bei keinem Geringeren als dem Ehemann ihrer Schwester.

Meine Meinung:
Das Buch hat meine Lesergefühle auf eine Achterbahnfahrt geschickt. Es gab Strecken, die haben mich emotional sehr berührt und dann wieder welche, mit denen ich meine Schwierigkeiten hatte. Manche Handlungen der Protagonisten fand ich sehr verständlich dargestellt, andere konnte ich wieder gar nicht nachvollziehen.
Der große Aufhänger der Geschichte ist, dass Morgan unter allen Umständen die Wahrheit über die Verstorbenen vor ihrer Tochter verbergen will. Sie will das so sehr, dass sie es sogar in Kauf nimmt, von Clara selbst in einem schlechteren Licht gesehen zu werden. Das war mir ab einem gewissen Punkt unverständlich, zumal ich mich gefragt habe, ob im wahren Leben wirklich jemand so selbstlos sein könnte.

Der Schreibstil ist typisch Colleen Hoover. Sehr tiefgreifend und gleichzeitig auf das Innenleben der Charaktere bezogen. Umgebungen oder Orte werden kaum dargestellt, bzw. nur dann, wenn sie einen direkten Nutzen für die Geschichte haben. Das kommt mir im Vergleich zu anderen Autoren immer etwas befremdlich vor. Morgan und Clara erzählen die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive, sodass man ihre Sicht auf die Ereignisse direkt vergleichen kann.

Zu den Charakteren lässt sich sagen, dass Morgan wirklich eine tolle Entwicklung im Laufe der Geschichte durchmacht. Schon vor dem Tod von Mann und Schwester befindet sie sich in einer Art Dauerdepression. Man könnte fast behaupten dieser schwere Schicksalsschlag hat sie in gewisser Weise befreit. Ihre Darstellung war mir allerdings fast ein bisschen zu glatt. Sie hat zwar viele Probleme mit sich selbst und in ihrer Rolle als Mutter, allerdings ist sie in jeder Situation so aufopferungsvoll und stellt ihr eigenes Wohl hinter das von jedem anderen, dass es mir fast ein wenig zu viel war.
Claras Teil der Geschichte wird mit einer typischen Teenagerstimme erzählt. Vor allem zu Beginn und am Ende hat mir das super gut gefallen. Da hatte die Erzählung so einen bestimmten Flair, der mich an alte Highschool-Filme aus den USA erinnert hat. Im Mittelteil ist meine Begeisterung dafür aber ein bisschen abgeflacht. Das lag zum Einen daran wie die Beziehung zwischen Clara und ihrem Freund Miller dargestellt wurde und zum Anderen daran, dass die Geschichte einen starken Fokus darauf legt zu zeigen, wie unreif Clara und ihre Entscheidungen noch sind.

Die Männer in „All das Ungesagte zwischen uns“ sind nahezu perfekt. Auch das ist mir in Colleen Hoover Geschichten schon häufiger aufgefallen. Also, dass ihre männlichen Protagonisten entweder „die Falschen“ oder aber absolute Traummänner sind. Allerdings habe ich noch nicht genug von ihren Büchern gelesen, um sagen zu können, ob das wirklich eine Marotte ist.

Die Oberthemen und Botschaften der Geschichte haben mir sehr gut gefallen und mich teilweise wirklich emotional ergriffen. Es geht um Verlust, um Trauer, um Betrug und Verzeihen. Aber auch um die Liebe. Darum ob und wie sie für immer währen kann. Das Buch macht deutlich, dass es nie zu spät ist, dem Leben eine neue Richtung zu geben, dass man an seine Träume glauben und den Menschen, die man liebt, die Wahrheit sagen sollte, auch wenn sie noch so sehr weh tut.

Fazit:

„All das Ungesagte zwischen uns“ ist eine sehr emotionale Geschichte, die mir viel gegeben hat. Im Plot findet sich die ein oder andere Schwäche, auf die ich nicht näher eingehe, weil ich diese Rezension spoilerfrei halten möchte. Ich bin froh dieses Buch gelesen zu haben und würde es jedem empfehlen. Außerdem hat mich das Ende der Geschichte sehr ergriffen und ich bin den ganzen Abend lang mit einem wohligen Gefühl im Bauch herumgelaufen.


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Veröffentlicht am 09.11.2020

So Americana

Wenn aus Funken Flammen werden
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„Wenn aus Funken Flammen werden“ habe ich während und kurz nach den US-Wahlen gelesen. Das war eine gute, wenn auch unbewusste Entscheidung, denn dieses Buch transportiert ein typisch amerikanisches Lebensgefühl. ...

„Wenn aus Funken Flammen werden“ habe ich während und kurz nach den US-Wahlen gelesen. Das war eine gute, wenn auch unbewusste Entscheidung, denn dieses Buch transportiert ein typisch amerikanisches Lebensgefühl. Die Atmosphäre erinnert mich an Fernsehserien wie „Chicago Fire“ mit All-American-Heroes und vor allem ganz viel Drama. Aber auch mit einem sehr wichtigen Thema, das in der zeitgenössischen Frauenliteratur mehr Beachtung finden sollte.

Inhalt:
Nachdem Feuerwehrmann Josh sich von seiner Freundin getrennt hat, weil diese keine Familie gründen möchte, zieht er nach Kalifornien und nimmt einen Job auf der Wache seines besten Freunds Brandon an. Hier trifft er auch auf Kristen, die beste Freundin von Brandons Verlobter Sloan.
Kristen scheint ihr Leben im Griff zu haben. Sie führt einen erfolgreichen Online-Shop für Zwerghunde-Zubehör. Außerdem wartet sie darauf, dass ihr Freund von der Army nach Hause kommt, damit sie endlich in ein gemeinsames Leben starten können.
Trotzdem knistert es sofort heftig zwischen Josh und ihr.
Doch die alte Beziehung ist nicht einmal das größte Problem, das sich den beiden in den Weg stellt. Kristens leidet nämlich unter Uterusmyomen. Neben einem völlig gestörten Zyklus mit starken Blutungen und schrecklichen Schmerzen bedeutet das auch, dass sie als unfruchtbar gilt. Ihre gesundheitlichen Probleme sind so gravierend, dass der Termin für eine Gebärmutter-Entfernung bereits feststeht. Allerdings möchte Kristen auf keinen Fall, dass ein Mann seinen Wunsch nach Familie für sie aufgibt. Und Josh's Wunsch nach Familie ist groß.

Meine Meinung:
Von der Autorin hatte ich zuvor noch nie gehört. Für „Wenn aus Funken Flammen werden“ habe ich mich entschieden a) weil ich das so wichtige Thema Unfruchtbarkeit würdigen wollte und b) weil ich unter Anderem ein Cover-Käufer bin. Und in diesem Fall hat mich das Cover wirklich sehr angesprochen.
Ich war im Vorfeld nicht darauf gefasst, wie viel in diesem Buch eigentlich geschieht! Kristens Unfruchtbarkeit und die anstehende OPs sind nur ein Thema. Da ist auch noch die Beziehung, in der sie steckt, als sie Josh kennenlernt, das Verhältnis zu ihrer Mutter und natürlich der große und doch sehr überraschende Turning-Point, der das Buch nach etwa Zweidritteln noch einmal in eine völlig neue Richtung lenkt. Es ist so viel Drama, dass es mich zeitweise wirklich an diese typisch amerikanischen Serien erinnert hat, in denen man nie sicher sein kann, welches Hindernis die Drehbuchautoren den Protagonisten als nächstes in den Weg werfen. Aber das meine ich in diesem Fall durchaus positiv. „Wenn aus Funken Flammen werden“ wird wirklich nie langweilig!

Unsere männliche Hauptfigur Josh hätte perfekt in dieses Setting gepasst. Er ist ein starker Feuerwehrmann und Rettungssanitäter, geht gerne auf die Jagd und verweist in brenzligen Situationen auch mal darauf, dass er jetzt lieber seine Waffe dabei hätte. Gleichzeitig kuschelt er aber auch gerne oberkörperfrei mit Kristens Zwerg-Yorkie Stuntman Mike. An diesen Hund habe übrigens auch ich mein Herz verloren. Mit Hunden in Büchern kann man mich einfach immer wieder kriegen!
Kristen ist pragmatisch und sarkastisch. Zu Weilen auch etwas launisch, vor allem, wenn es ums Essen geht. Das hat mich persönlich zeitweise ein bisschen genervt. Genauso wie ihre Dickköpfigkeit. Sie hat sich über eine lange Strecke des Buchs hinweg wirklich keinen Millimeter bewegt. Obwohl ich ihre Einstellungen und Absichten immer sehr ehrenhaft und selbstlos fand. Grundsätzlich ist sie eine realistisch gezeichnete Protagonistin, mit einem starken moralischen Kompass.
Ganz besonders gefallen haben mir die wundervollen Freundschaften, die in diesem Buch gezeigt wurden. Solche Freunde kann man sich wirklich nur wünschen!
Über das Ende der Geschichte musste ich mir erst einmal Gedanken machen. Ich war hin und her gerissen, obwohl ich es rein subjektiv geliebt habe. Im Zusammenhang mit dem Nachwort der Autorin konnte ich jedoch verstehen, wieso sie es gewählt hat. Ob es am Ende jedoch dem Thema gerecht wird, weiß ich immer noch nicht.
Der Schreibstil von „Wenn aus Funken Flammen werden“ war durchweg angenehm zu lesen. Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass mir Kristens Aussagen - vor allem im ersten Teil des Buchs - manchmal ein bisschen zu derb waren. Aber ich glaube, das ist Geschmackssache.

Fazit:
„Wenn aus Funken Flammen werden“ ist ein rundum gelungenes Buch, das nie langweilig wird. Ich konnte es kaum aus der Hand legen und werde es bestimmt auch irgendwann noch einmal lesen. Außerdem steht der Folgeband schon fest auf meiner Wunschliste für 2021.
Der fehlende Funke für die fünf Sterne wollte allerdings nicht ganz überspringen.

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Bittersüß. Bildgewaltig. Brillant.

Daisy Jones and The Six
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Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, ...

Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, weil das hier so verdammt großartig ist.

Inhalt:
„Daisy Jones and the Six“ erzählt die Geschichte der Rockband „The Six“ und der Sängerin Daisy Jones, die es Ende der Siebzigerjahre mit ihrem Album „Aurora“ zu Weltruhm brachte. Jahrzehnte später macht es sich die Autorin zur Aufgabe durch Interviews mit den Bandmitgliedern und ihren Weggefährten herauszufinden, was damals geschehen ist. Wie es zu dem rasanten Aufstieg und dem mindestens so rasanten Ende der Band kam.
Es geht um die Beziehung der Bandmitglieder untereinander, um den Leadsänger Billy Dunne und seine Familie, um Billy und Daisy und ihre Zusammenarbeit, um Vaterfiguren, um Familie, um Liebe und Sucht und um Rockmusik. Es ist so, so, so gut.

Meine Meinung:
Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll.
Ich habe nie ein Buch wie dieses gelesen. Dr Erzählstil in Interviewform ist einzigartig. Vor dem Lesen, hatte ich noch Sorge, dass ich damit nicht zurechtkommen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Die Stimmen der Bandmitglieder in meinen Kopf haben die Geschichte so real gemacht. Wenn ich nicht schon vorher gewusst hätte, dass die Band fiktiv ist, wäre ich beim Lesen ins Zweifeln gekommen.
Die Sache ist aber vor allem die: Wenn man „Daisy Jones and the Six“ liest, wünscht man sich die Band wäre echt und man könnte irgendwie diese Songs hören.
Manchmal saß ich beim Lesen da und dachte nur: „Gebt mit diese Schallplatte!“
Am Ende des Buchs befinden sich nämlich die Liedtexte aller Tracks aus dem Album „Aurora“. Jedes Mal, wenn ein Titel genannt wurde, hatte ich das Bedürfnis den entsprechenden Text nachzuschlagen. Und durch das Lesen des Texts hat man noch einmal so viel erfahren, was die Charaktere im Buch nicht gesagt haben. Was zwischen den Zeilen lag. Es war, als hätte das Buch durch diese Songs noch einmal eine ganz neue Zwischenebene bekommen. Ich habe es so gefühlt und ich hätte es so gerne gehört. Selbst der Schmerz, den ich manchmal beim Lesen empfunden habe, war auf seine Weise schön.
Außerdem waren da diese Szenen, die so wundervolle Bilder in meinem Kopf ergeben haben. Das Fotoshooting in der Wüste, das LA der Siebzigerjahre, Daisy wie sie in einem wunderschönen Kleid mit blutenden Füßen zugedröhnt im Pool treibt.

Die Charaktere waren allesamt großartig. Sie waren so rund, so menschlich. Jeder von ihnen. Man musste sie allein schon für ihre Menschlichkeit und ihre Schwächen lieben.
„Daisy Jones und the Six“ ist ein Buch über’s Leben und was darin alles kaputt gehen kann. Und darüber, wie man trotz all der Kaputtheit trotzdem weitermacht. Es ist voller kluger Zitate, die ich mir unbedingt merken wollte. Ich bin gar nicht hinterher gekommen, sie alle zu markieren. Vor allem die starken Frauen habe ich geliebt. Daisy, Camila und Karen, die alle drei auf ihre Art und Weise in einer männerdominierten Welt für ihre Träume gekämpft haben.
Ich hätte nie gedacht, dass ein Buch, in dem es über so große Strecken um Drogenkonsum geht, mir so viel geben kann. An dieser Stelle darf auf eine kleine Warnung nicht fehlen: Wenn man absolut keine Bücher lesen will, in denen Drogenkonsum ein wesentliches Thema ist, dann sollte man von dieser Geschichte besser die Finger lassen. Ich möchte aber anmerken, dass man sich dann etwas ganz Wundervolles entgehen lässt!

Fazit:

Alle Sterne dieses Himmels für „Daisy Jones and The Six“. Es ist ab heute eines meiner Lieblingsbücher EVER. Im Internet bin ich darauf gestoßen, dass es bald eine Miniserie zum Buch geben soll. Der Cast ist bereits bekannt und ich finde ihn perfekt! Ich hoffe so sehr, die Show und vor allem die Musik sind es am Ende auch. Ein weiterer Grund, warum ich 2021 nicht erwarten kann!

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Veröffentlicht am 02.11.2020

Eine Reise nach Kanada

What if we Drown
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Ich bedanke mich, dass ich „What if we drown“ von Sarah Sprinz im Rahmen einer Leserunde der „Lesejury“ lesen durfte. Meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.

Inhalt:
Nach dem Tod ihres geliebten Bruders ...

Ich bedanke mich, dass ich „What if we drown“ von Sarah Sprinz im Rahmen einer Leserunde der „Lesejury“ lesen durfte. Meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.

Inhalt:
Nach dem Tod ihres geliebten Bruders Austin hält es Laurie in ihrer alten Heimat Toronto nicht mehr aus und zieht für das Medizinstudium einmal quer durch’s Land nach Vancouver. Obwohl Austin vor über drei Jahren gestorben ist, hat sie seinen Tod und dessen Umstände noch immer nicht verarbeitet.
In Vancouver angekommen, findet sie schnell Freunde und die beste WG, die man sich denken kann. Außerdem verliebt sie sich heftig. In Sam, einen älteren Medizinstudenten, der ihr Tutor an der Uni wird.
Alles könnte also perfekt sein, würde Laurie nicht schon bald herausfinden, dass Sams Geschichte auf schicksalhafte Weise mit Austins Tod verwoben zu sein scheint.

Meine Meinung:
Sarah Sprinz kann schreiben. Und wie sie das kann. Sie schreibt poetisch, atmosphärisch und tief. Für mich gibt es kaum etwas, das man am Schreibstil von „What if we drown“ kritisieren könnte. Ich bin ein großer Fan von ihrem Tonfall und ihrer Wortwahl. Manche Szenen aus diesem Buch werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Und ich habe schon VIELE Liebesromane gelesen.
Allein deswegen würde ich der Autorin immer eine Chance geben.
Auf „What if we drown“ habe ich mich schon seit Monaten gefreut, weil mich das Setting „Medizinstudium in Kanada“ so sehr angesprochen hat. Diesbezüglich bin ich auch nicht enttäuscht worden. Man merkt, dass Sarah Sprinz weiß, wovon sie schreibt, wenn sie von den Hürden eines Medizinstudenten im ersten Semester erzählt. Das ist alles sehr realitätsnah, sehr ehrlich und gefühlvoll beschrieben. Von der Darstellung der kanadischen Landschaften und der University of British Colombia will ich gar nicht erst anfangen. Ich habe es geliebt.
Was ich ein bisschen weniger geliebt habe, ist die Protagonistin.
Laurie hat mich vor einige Herausforderungen gestellt. Ihre Gefühle und das daraus resultierende Verhalten konnte ich vor allem im ersten Teil des Buches manchmal mehr, manchmal weniger nachvollziehen. Es war eine Berg- und Talfahrt mit uns beiden. Des Öfteren war ich wirklich wütend auf sie.
Vor allem zum Ende hin war da jedoch glücklicherweise viel mehr Berg als Tal und ich habe gemerkt, dass auch ich eine Entwicklung mit Laurie durchgemacht habe. Diese Entwicklung war nicht immer leicht, aber auf jeden Fall wertvoll zu lesen. Liebe und ob sie groß genug ist, um dem Anderen seine Fehler zu verzeihen, ist hier ein zentrales Thema, das in meinen Augen sehr schön umgesetzt wurde.
Irgendwie hat sich Lauries innerer Kampf also auch auf mich übertragen. Rückblickend betrachtet, bin ich dankbar für die echten Gefühle, welche die Geschichte in mir heraufbeschworen hat. Und diese Gefühle hätte ich vielleicht nicht gehabt, wenn die Hauptfigur nicht so herausfordernd unperfekt in ihrem Denken und Handeln gewesen wäre.
Zu Sam und den Nebencharakteren gibt es nicht viel zu sagen, außer, dass man sie einfach lieben muss. Ich kann es gar nicht erwarten, die Geschichten von Hope und Emmett im nächsten Jahr zu lesen.
Der Plot von „What if we drown“ ist voller emotionaler Momente und bildreicher Szenen. Manchmal ging die Geschichte ein bisschen rasant vorwärts. Aber darüber kann man hinwegsehen. Schließlich ist der Beginn des Studiums ja auch eine schnelllebige, hochemotionale Zeit. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich niemals mehr im Leben schneller auf Menschen einlässt.
Vielleicht hätte das Buch an der ein oder anderen Stelle auch noch ein paar Seiten mehr vertragen können. Manche Dinge wurden nämlich nur sehr kurz angerissen. Über Lauries Leben vor Austins Tod und ihre Motivation, um Medizin zu studieren, hätte ich z.B. gerne noch mehr erfahren. Geschweige denn, wie es in ihrem Leben weitergeht. Aber da setze ich meine Hoffnung in die Folgebände. Vielleicht erzählen Emmett und Hope uns ja bald noch ein wenig über Laurie und Sam.
Nicht unerwähnt lassen, möchte ich an dieser Stelle das Ende des Buchs. Es war so schön, so passend. Genau das, was diese Geschichte gebraucht hat. Ich habe wirklich die ein oder andere Träne geweint und Laurie fast alles verziehen, womit ich kurz zuvor noch gehadert habe.
Allein das Ende ist Rechtfertigung genug, um „What if we drown“ zu lesen.

Fazit:
Ich hatte riesige Erwartungen an dieses Buch und vielleicht habe ich auch deswegen das ein oder andere Mal mit der Geschichte gekämpft. Abschließend bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass die herausragend guten Seiten mit Abstand überwiegen. Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Reise nach Kanada. Und wie das mit Reisen so ist. Es gibt Etappen, die anstrengend sind und wehtun, aber am Ende zahlt es sich aus.



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Veröffentlicht am 01.11.2020

#betrunkenvorwonne

Aller guten Dinge sind zwei
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Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl ...

Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl die Protagonisten meist ein ganzes Stück älter sind als ich.
„Vielleicht mag ich dich morgen“ gehört zu meinen All-time-Highlights. Und auch ihr neuster Roman „Aller guten Dinge sind zwei“ hat mich nicht enttäuscht.

Inhalt:
Laurie, 36, Anwältin für Strafrecht in einer Großkanzlei, die eher einer Schlangengrube gleicht, wird nach 18 Jahren Beziehung von ihrem Freund Dan verlassen. Das Ende dieser Liebe wirft Laurie völlig aus der Bahn. Die Hypothek für das Haus, die zumeist giftigen Kollegen und ihre verkorkste Familiengeschichte - mit Allem muss sie sich plötzlich allein herumschlagen. Außerdem ist da auch noch die neue Frau in Dans Leben, die alles zu haben scheint, wovon Laurie immer geträumt hat.
Lauries Kollege Jamie Carter ist fünf Jahre jünger, sieht unverschämt gut aus und wird in der Kanzlei wie ein Aussätziger behandelt. Ein zweifelhafter Ruf als Aufreißer und Egomane eilt ihm voraus. Trotzdem ist es sein erklärtes Ziel zum Partner befördert zu werden.
Als Laurie und Jamie eines Abends gemeinsam im Aufzug stecken bleiben und daraufhin in einer benachbarten Bar landen, entsteht die Idee, eine Beziehung vorzutäuschen, um auf diese Weise ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Jamie will Chef werden und Laurie ihren Mann zurück.
Aber wie Lauries beste Freundin Emily warnt: „Es ist eine Lüge und Lügen gehen schief."

Meine Meinung:
Mhairi McFarlane ist ihrem altbekannten Stil treugeblieben. Trockener Humor und Zynismus. Außerdem hat sie einen schier unerschöpflichen Vorrat an Wortwitzen. Das typisch Britische kommt dabei so richtig gut rüber. Wie bereits erwähnt, lese ich ihre Bücher deswegen gerne auch auf Englisch. Leider trifft die deutsche Übersetzung in diesem Fall nicht immer ins Schwarze. Oft kann ich das verstehen. Noch öfter aber auch nicht. Manchmal frage ich mich auch, warum man gewisse Ausdrücke nicht einfach im Englischen belässt.
Ich meine "hashtag" trunkenvorwonne?
Wer sagt das? Wer schreibt das? Also ich nicht. Hätte man nicht wenigstens sowas wie "hashtag" besoffenvorglück daraus machen können? Das wäre wenigstens ein bisschen näher an der Realität gewesen.

Ich habe die Charaktere in „Aller guten Dinge sind zwei“ geliebt. Laurie ist eine echte Powerfrau, die sich in einer Männerdomäne durchkämpft. Gleichzeitig wurde ihr Leid und ihre Trauerarbeit nach dem plötzlichen Beziehungsaus so bildlich und vielschichtig dargestellt. Ich habe sie sehr gemocht. Sie war so herrlich unperfekt. Ihre Stärken und Schwächen wurden in ihren Facetten greifbar gemacht. Das lag auch daran, dass ihre Vergangenheit so gut beleuchtet. Das Selbstmitleid, das sie manchmal an den Tag legt, hat mich nicht gestört. Im Gegenteil. Ich fand, das sie dazu ja auch berechtigt war, nachdem 18 Jahre vor die Hunde gegangen sind.
Jamie ist ebenfalls grandios gewesen. (Auch wenn er mich irgendwie an JAMES aus „Vielleicht mag ich dich morgen“ erinnert hat. Dunkelhaariger, märchenhaft gutaussehender Mann mit Katze, das hatten wir doch schon?) Am Anfang wird man als Leser mit dem vorurteilsbehafteten Klischee konfrontiert, das ihm zugesprochen wird. Es ist wie eine Hülle, die man mit jeder neuen Seite weiter abstreift.
Und dann sind da ja auch noch die Nebencharaktere. Cheers to Bharat, Hattie und Di. Es war mir ein Fest. Ganz besonders hervorheben muss ich aber Emily. Die beste Freundin ist ja immer so eine Rolle in Liebesromanen, die schnell in die Bedeutungslosigkeit abdriftet. Das war hier gar nicht der Fall. Im Gegenteil. Emily hatte sogar ihre eigene kleine Geschichte.

Die Ereignisse im Laufe des Plots haben perfekt ineinander gegriffen. Ganz automatisch hat sich die Geschichte entfaltet und wirkte dabei überhaupt nicht konstruiert, obwohl das ganze Thema zugegeben ziemlich realitätsfern ist.

In Mhairi McFarlanes Büchern werden trotz all dem Humor und der Flapsigkeit zumeist tiefgreifende Themen angesprochen. Das gefällt mir besonders gut. In diesem Fall war es die Frage nach der Großen Liebe und die nach Familie und was das beides eigentlich ist.
Als Laurie realisiert hat, wer ihre wirklich Große Liebe ist, war das ein so herzerwärmend glorreicher Moment.
Natürlich bekommt man am Ende, das was auf der Verpackung steht. Einen Frauenroman zum Lachen und Mitfiebern. Keine große Literatur. Aber dafür genau die richtige Dosis an Ernsthaftigkeit.

Fazit:
Ich warte heute schon sehnsüchtig auf Mhairi McFarlanes nächstes Buch und bleibe ganz bestimmt eine treue Leserin. Wer eine gemütliche Buchreise nach England unternehmen will, ist hier genau richtig. Tausend Sterne für Mhairi, nicht ganz so viele für die deutsche Übersetzung.

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