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Veröffentlicht am 08.08.2022

Zeitreise durch Italien

An den Ufern von Stellata
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Inhalt:
Giacomo Casadio, der erste in einer langen Reihe von Träumern, verliebt sich in Viollca, eine geheimnisvolle Frau aus dem fahrenden Volk, die ihre Familie verlässt, um den sonderbaren Italiener ...

Inhalt:
Giacomo Casadio, der erste in einer langen Reihe von Träumern, verliebt sich in Viollca, eine geheimnisvolle Frau aus dem fahrenden Volk, die ihre Familie verlässt, um den sonderbaren Italiener zu heiraten. Doch die Ehe steht unter keinem guten Stern, und Viollca, welche die Zukunft aus Karten lesen kann, sieht voraus, dass auch kommende Generationen von Casadios trotz ihrer besonderen Begabungen und ihrer großen Träume von Unglücken heimgesucht werden sollen
Als Leser begleitet man die Nachfahren von Giacomo und Viollca durch mehr als ein Jahrhundert italienischer Geschichte, von Stellata, einem kleinen Dorf in der Po-Ebene, durch’s ganze Land und hinaus in die Welt.

Meine Meinung:
Ich liebe Familiengeschichten, schon allein die Tatsache, dass ein Stammbaum auf der letzten Seite eines Buchs abgedruckt ist (hier der Fall!), kann mich zum Lesen überzeugen.
„An den Ufern von Stellata“ hat mich nicht enttäuscht. Die Cassidios sind eine ganz außergewöhnliche Familie. Das liegt nicht nur an Viollcas Weissagung, welche die verschiedenen Mitglieder viele Jahre lang verfolgt, sondern auch an den besonderen, sogar übernatürlichen Fähigkeiten, mit denen einige ihrer Abkömmlinge ausgestattet sind. Sie können Gedanken lesen oder mit den Toten sprechen, an ihnen werden Wunder verwirkt oder sie verwirken sie selbst.
Die Autorin schafft es diese Besonderheiten so in ihre Geschichte einzuflechten, dass es nicht aufgesetzt oder unnatürlich wirkt. Mir hat der leicht mystische Twist in der Erzählung sehr gut gefallen! Ansonsten bleibt die Handlung weniger mystisch, sondern berichtet sehr umfangreich von den Eckpunkten in der italienischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Da immer wieder neue Casadios geboren werden und alte sterben, wirken diese Berichte wie kürzere eigenständige Abschnitte innerhalb einer großen Rahmenhandlung. Das hilft darüber hinweg, dass das Buch sehr dick ist. Erst im letzten Drittel wird die Geschichte allmählich ein bisschen langatmig.
„An den Ufern von Stellata“ ist ein sehr informatives Buch. Ich habe viel über Italien gelernt und ich bin den Casadios gerne gefolgt. Die Autorin zeichnet ihre Charaktere mehrdimensional und individuell. Besonders gut hat es mir gefallen, dass immer wieder Passagen in italienischer Originalsprache innerhalb der deutschen Übersetzung erhalten worden sind. Das hat dem Text zusätzlich Flair gegeben und ist dem sehr landesbezogenen Inhalt gut gerecht geworden.

Fazit:
„An den Ufern von Stellata“ ist eine spannende, gut zu lesende und informative Reise durch die Geschichte eines Landes und einer Familie. Das Buch ist generell eher leise und erzählend, das heißt, wer große Spannung und Dramatik erwartet, wird hier maximal in Ansätzen bedient. Dennoch kann ich es wärmstens empfehlen, wenn man Italien literarisch und historisch näher kennenlernen möchte.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

(Er)leuchtend

Matrix
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Nie hätte ich gedacht, dass ein Roman über Nonnen im 12. Jahrhundert einmal so begeistern könnte.

Inhalt:

Die siebzehnjährige Marie, uneheliche Tochter eines Monarchen, durch eine Vergewaltigung gezeugt, ...

Nie hätte ich gedacht, dass ein Roman über Nonnen im 12. Jahrhundert einmal so begeistern könnte.

Inhalt:

Die siebzehnjährige Marie, uneheliche Tochter eines Monarchen, durch eine Vergewaltigung gezeugt, wird von Eleonore von Aquitanien, ihrer geliebten Königin, verstoßen und in ein verarmtes Nonnenkloster verbannt. Für Marie erscheint dieses Schicksal zunächst unerträglich. Doch schon bald erkennt sie, dass die einzige Möglichkeit ihrem Elend zu entrinnen, ist, sich eben diesem zu fügen, und das Bestmögliche aus ihrer ausweglosen Situation zu machen. Zorn und Verzweiflung beflügeln sie, in den folgenden Jahren auf den Grundfesten des tristen Klosters einen Ort des Reichtums und der Göttlichkeit zu erbauen. In einer düsteren Zeit, in der Frauen ohne den Schutz eines Mannes hilflos und verwundbar sind, schafft sie eine Gemeinschaft aus Schwestern, die sich gegenseitig Halt und Sicherheit bieten - und gemeinsam selbst den größten Widrigkeiten trotzen. Aber nicht nur das. Marie bringt mit dem Kloster vor allem zu einem - nämlich zu Macht. Einer berauschenden und ebenso gefährlichen Waffe.

Meine Meinung:

Ich finde dieses Buch sehr ungewöhnlich und ganz ausgezeichnet. Eigentlich bin ich niemand der mit der Kirche oder kirchlicher Symbolik besonders viel anfangen kann. Auf „Matrix“ bin ich durch die schöne Covergestaltung aufmerksam geworden und schließlich hat mich die Leseprobe überzeugt, welche sehr aussagekräftig für die weitere Qualität dieser berauschenden Geschichte ist.

Marie ist eine großartige Protagonistin: Unerschrocken, gewaltig und modern.

Ich mag es, dass „Matrix“ ein Buch über Gemeinschaft und Familie ist. Ich mag den Zusammenhalt zwischen den Nonnen und habe ebenso gern über die Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen ihnen gelesen. Ihre wundersamen Charaktere und wozu sie im Stande sind, das hat einfach Spaß gemacht.

Der Schreibstil der Autorin ist bildlich und mitreißend. Die Übersetzung liest sich auf den Punkt. Das muss an dieser Stelle gesondert hervorgehoben werden. Spätestens seit Sally Rooney sind wir es ja gewohnt, dass junge Autorinnen aus dem angloamerikanischen Sprachraum auf Redezeichen verzichten. Auch Lauren Groff macht das und es stört mich nicht.

„Matrix“ ist eigentlich ein moderner, feministischer, sogar queerer Roman, sehr 2022, in ein historisches Gewand gesteckt. Männer spielen nur am äußersten Rand eine Rolle. Keiner von ihnen wird auch nur mit einem Namen bedacht. Hier geht es ganz allein, um die Leistung der Frauen bzw. der Nonnen, einer Gruppe, die man auf den ersten Blick für schwach hält und die aus eben dieser Schwäche Macht schöpft.

Auch auf philosophischer Ebene hat mir das Buch etwas gegeben. Es hat beispielsweise Begriffe wie Heiligkeit sehr intelligent diskutiert.

Fazit:

„Matrix“ von Lauren Groff ist ein Buch das auf sprachlicher wie inhaltlicher Ebene leuchtet und aus der Masse der Neuerscheinungen hervorsticht. Eine Lektüre, die sich lohnt, und die ich jederzeit weiterempfehlen würde.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

C'est la vie

Das Glück auf der letzten Seite
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Inhalt:
Anne-Lise findet in einem kleinen Hotel an der bretonischen Küste das unveröffentlichte Manuskript eines Romans. Die Geschichte berührt sie und weil eine Notiz mit der Adresse des Autors angefügt ...

Inhalt:
Anne-Lise findet in einem kleinen Hotel an der bretonischen Küste das unveröffentlichte Manuskript eines Romans. Die Geschichte berührt sie und weil eine Notiz mit der Adresse des Autors angefügt ist, kontaktiert sie diesen per Brief. Es stellt sich heraus, dass Sylvestre sein Buch vor vielen Jahren verloren hat und es selbst nie beendet hat. Eine unbekannte Person muss ihn zwischenzeitlich entdeckt und selbstständig das Ende der Geschichte ergänzt haben. Anne-Lise ist nun neugierig geworden und begibt sich auf Spurensuche. Sie will die Reise des geheimnisvollen Manuskripts nachvollziehen und stößt bei ihrer Suche auf viele Menschen, deren Leben durch die Zeilen nachhaltig verändert worden sind.

Meine Meinung:
Es hätte doch so schön sein können. Selbst jetzt, während ich meine eigene Inhaltszusammenfassung der Geschichte schreibe, denke ich noch, dass sich „Das Glück auf der letzten Seite" doch wirklich großartig anhört. Aber irgendwie hat das Buch meine Erwartungen dennoch nicht erfüllt.
Es handelt sich um einen Briefroman. Allein über diese Tatsache habe ich mich anfangs sehr gefreut, denn ich finde Briefeschreiben sehr romantisch und glaube, dass man in Briefen wunderbare Geschichten erzählen kann.
Bei „Das Glück auf der letzten Seite“ funktioniert diese Textform nur leider nicht wirklich. Die Briefe, die hier ausgetauscht werden, sind sehr kurz und Anne-Lise kommuniziert mit vielen unterschiedlichen Protagonisten.
Einerseits führt das dazu, dass die Figuren nicht wirklich gut ausgearbeitet sind und ihre Persönlichkeiten eher stereotyp wirken. Da ist die quirlige beste Freundin, der charmante Engländer, die junge Frau aus schlechten Verhältnissen, die ein schlimmes Schicksal erleidet, etc. Ich habe ja prinzipiell nichts gegen die Verarbeitung von gewissen Klischees, aber die Autorin hat hier meines Erachtens zu wenig aus den klassischen Schablonen herausgeholt.
Andererseits habe ich manchmal aufgrund der Zeitsprünge und der unterschiedlichen Briefwechsel etwas den Überblick verloren und war mir oft nicht sicher, an welchem Punkt der Reise wir uns gerade eigentlich befinden. Da wird dann beispielsweise auf ein Ereignis Bezug genommen, das ich vorher kaum registriert habe, weil es innerhalb eines Briefs nur so kurz angerissen wird.
Positiv hervorheben möchte ich den Frankreichflair, den ich in Geschichten immer wieder liebe und auch in dieser wirklich bezaubernd finde. Auch diese Atmosphärik ist ja ein Klischee, aber eines das ich mir gezielt in Romanen aussuche. Außerdem ist das Cover wirklich wunder- wunderschön. Eine Augenweide für jedes Bücherregal.

Fazit:
Zusammenfassend kann man sagen: Das Buch ist mir zu flach und gleichzeitig zu kompliziert. Das hört sich in dieser Kombination merkwürdig an, ich weiß. Aber ich glaube, an der ein oder anderen Stelle mehr Tiefe hätte für mehr Verständnis sorgen können.
Es tut mir wirklich leid. Ich wollte „Das Glück auf der letzten Seite“ so gerne mögen, aber die Geschichte konnte mich letztlich nicht erreichen. Manchmal ist es im (Lese)leben einfach so, dass man sich in einen Text nicht einfindet.

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Veröffentlicht am 12.07.2022

Ein Frauenleben

Violeta
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Inhalt:
Das hundertjährige Leben von Violeta del Valle beginnt und endet mit einer Pandemie. Es umfasst Phasen des Wohlstands und Zeiten der Not, geschichtliche wie private Umbrüche, aufregende, stürmische ...

Inhalt:
Das hundertjährige Leben von Violeta del Valle beginnt und endet mit einer Pandemie. Es umfasst Phasen des Wohlstands und Zeiten der Not, geschichtliche wie private Umbrüche, aufregende, stürmische Zeiten. Isabel Allende portraitiert eine Frau, die hingefallen ist und immer wieder weitergemacht hat.

Meine Meinung:

Zu meiner Schande ist dieser der erste Roman der Autorin, den ich bislang gelesen habe. Es wird aber definitiv nicht der letzte gewesen sein. Feinsinnig und kurzweilig portraitiert Allende über so viele Seiten und Jahre hinweg ihre Protagonistin! Dicke Bücher zu schreiben und ausschweifende Geschichten, die den Spannungsbogen halten können, ist eine Kunst für sich. Ich finde, dicke Bücher, die das schaffen, sind die besten Bücher, weil sie Geschichten und Schicksale mit einer besonderen Art der Tiefe erzählen, von Familienbanden und komplizierten, Vielschichten Beziehungen berichten. Auch im Falle von „Violeta“ hätte man sicher an der ein oder anderen Stelle kürzen können, alles in allem bin ich jedoch der Meinung, dass die Geschichte in einem sehr passenden Tempo, nicht zu schnell und nicht zu langsam, aufgespannt wird.
Der Rahmen von Violetas Leben ist in diesem Fall ein Brief. Die Protagonistin schreibt für ihren Enkel die Geschichte ihres Lebens auf. Lange habe ich das nicht mehr gelesen, in der letzten Zeit verfestigt sich jedoch der Eindruck bei mir, dass diese Form des Romans wieder im Kommen ist.
Auf diese Weise schafft es die Autorin der Handlung eine Art Endgültigkeit zu verleihen. Violeta blickt auf ihr Leben zurück. Der Text ist eine Art Abgesang. eine letzte Würdigung, ein Fazit, Nostalgie und auch Wehmut. Liebevoll und voller Ehrlichkeit wird über Liebe, Leidenschaft, Mutterschaft, Trauer, Verrat, kurz gesagt die Höhen und Tiefen eines Frauenlebens gesprochen.
Ich mochte den Tonfall, in dem das geschieht und Violetas Stimme klang beim Lesen beinahe in meinen Augen. Ich habe das Buch unglaublich gerne und mit Genuss gelesen.

Fazit:

„Violeta“ ist ein überaus gelungener, faszinierender Roman einer großen Geschichtenerzählerin. Eines dieser großartigen, dicken Bücher, die sich rückblickend nur halb so lang anfühlen. Eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 02.07.2022

Die Rettung einer anderen Welt

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Inhalt:
Thomas Newton revolutioniert das moderne Amerika mit seinen Ideen. Doch er ist kein außergewöhnlich intelligenter Mensch, sondern ein menschlich fühlender und denkender Außerirdischer. Seine Mission ...

Inhalt:
Thomas Newton revolutioniert das moderne Amerika mit seinen Ideen. Doch er ist kein außergewöhnlich intelligenter Mensch, sondern ein menschlich fühlender und denkender Außerirdischer. Seine Mission ist es die Welt zu retten. Und zwar nicht unsere, sondern seine. Ein hochentwickelter Planet, dessen Bevölkerung der Menschheit weit voraus ist und es trotz ihrer Intelligenz geschafft hat ihren Lebensraum beinahe zugrunde zu richten. Newton glaubt nun durch wirtschaftlichen Erfolg als Geschäftsmann auf der Erde, seine Spezies retten zu können.

Meine Meinung:
Ich habe „Das Damengambit“ von Walter Tevis geliebt und war dementsprechend sehr neugierig auf dieses Buch. Leider konnte der Autor mich mit der Geschichte um Thomas Newton dieses Mal nicht mehr überzeugen. Walter Tevis’ Ideen sind auch dieses Mal außergewöhnlich und das Potenzial für einen großartigen Roman ist definitiv da. Die Umsetzung gefällt mir jedoch in einigen Aspekten nicht. Die außerirdische Welt, aus der Newton kommt, wird mir zu wenig erklärt. Dadurch ergeben sich für mich Fragen und Logikprobleme. Außerdem habe ich Schwierigkeiten mit dem Blickwinkel, aus dem einige Figuren gezeichnet werden. Der ist mir zu eindimensional. Die Feinheiten in den Charakterbeschreibungen, wie sie bei „Das Damengambit“ vorhanden sind, fehlen mir hier ganz eindeutig. Ich hätte mir an dieser Stelle mehr Komplexität erhofft, vor allem auch auf der Metaebene. Spannend ist es immer dann geworden, wenn der Text davon erzählt, wie Newton als Außerirdischer die Menschen sieht. Aber das steht gar nicht so sehr im Mittelpunkt der Geschichte. Wird es Newton gelingen seine Heimat zu retten? Das ist die zentrale und sicherlich sehr spannende Frage dieses Romans. Aber die Art und Weise, wie sie geklärt wird, finde ich nicht so spannend erzählt, wie ich es mir erhofft habe. Tatsächlich musste ich mich ab einem gewissen Punkt nicht zwingen, aber doch schon überreden weiterzulesen. Der berühmte Lesesog war nicht da. Nichtsdestotrotz ist „Der Mann, der vom Himmel fiel“ kein schlechtes Buch gewesen, es ist in der Gänze nur unter meinen Hoffnungen und Erwartungen zurückgeblieben. Ich gebe zu, dass diese auch sehr hoch gesteckt waren. Aber Thomas Newton als Protagonist ist einfach keine Beth, die mich so mitgerissen und in all ihren Facetten überzeugt hat. Da war kein Funke, der auf mich überspringen konnte.

Fazit:
Ach, ich hätte mir so gewünscht, dass ich es mögen würde, nachdem mir „Das Damengambit“ so gut gefallen hat. Man merkt trotz allem auch „Der Mann, der vom Himmel fiel“ an, dass Tevis ein großartiger Schriftsteller ist. Der Text wird flüssig und bildhaft erzählt, aber es fehlt inhaltlich einfach an Substanz und Emotion, um mich wirklich mitreißen zu können.

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