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Veröffentlicht am 03.11.2022

Dramatisch und berührend

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Kurz vor Weihnachten hat Cara Russo in einem Cafe eine seltsame Bekanntschaft. Eine Frau kommt wie zufällig an ihren Tisch und spricht sie auf eine gewisse Adele Kuhn an. Sie verläßt anschließend den Tisch ...

Kurz vor Weihnachten hat Cara Russo in einem Cafe eine seltsame Bekanntschaft. Eine Frau kommt wie zufällig an ihren Tisch und spricht sie auf eine gewisse Adele Kuhn an. Sie verläßt anschließend den Tisch und eine Tasche mit 50 Jahre alten Briefen und Dokumenten bleibt zurück. Über die Feiertage widmet sich Cara den herrenlosen Unterlagen und recherchiert. Dabei findet sie den Absender der Briefe und nun beginnt die Sache immer interessanter zu werden.

Die Autorin schildert die Vorgänge angefangen in Kassel 1935 als Gerhard Kuhn offen die Politik kritisiert und deshalb in Haft kommt. Aber nach der Entlassung kann er es nicht lassen und gerät durch seine Äußerungen erneut in den Fokus der Behörden. Er wird dadurch gezwungen, mit seiner Frau das Land zu verlassen und flieht nach Frankreich und Portugal. Seinem Freund Hermann Martens verkauft er sein Haus samt Mobiliar zu einem symbolischen Preis mit dem Versprechen, daß er es nach seiner Rückkehr zu diesem Preis zurück erhält. Die Kinder Adele und Albert bleiben in Kassel, sie sind mit den Kindern der Martens - Dietlind und Richard - eng befreundet.

Das ist die Ausgangsposition. Die Erzählperspektiven wechseln ständig zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart mit den Nachforschungen von Cara. Sie stößt dabei auf unglaubliche Vorgänge während dieser Kriegszeit und es endet sehr bewegend.


Mechtild Borrmann gehört zu meinen Lieblingsautorinnen und ich habe fast alle ihre Bücher gelesen. Ihr Schreibstil ist immer flüssig, fesselnd und spannend zu lesen. Die vorliegende Geschichte ist berührend, dramatisch und nach der letzten Seite bleiben die Gedanken noch lange daran hängen.

Die einzelnen Figuren beschreibt sie sehr detailliert, man kann sich als Leser alles klar vorstellen und nachfühlen bzw. mitfühlen. Sie erzählt von Freundschaft, einer absoluten Liebe, Homosexualität, einer nicht erwiderten Liebe, aber auch von Verrat und Schuld. Dies alles vor dem Hintergrund der damaligen politischen Lage.

Ein Buch, das von mir eine absolute Leseempfehlung bekommt!

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Wenn der Nebel schweigt, dann naht ein Unglück

Wenn der Nebel schweigt
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Jana erhält einen Anruf ihres Onkels, daß es sehr schlecht um ihren Vater steht und sie heimkommen soll. Nach dem Tod der Mutter hatte sie an ihrem 18. Geburtstag ihr Elternhaus verlassen und jeglichen ...

Jana erhält einen Anruf ihres Onkels, daß es sehr schlecht um ihren Vater steht und sie heimkommen soll. Nach dem Tod der Mutter hatte sie an ihrem 18. Geburtstag ihr Elternhaus verlassen und jeglichen Kontakt abgebrochen. Ungern macht sie sich auf die Reise zurück in das neblige Tal. Dort angekommen ist sie entsetzt über den Zustand ihres Elternhauses, denn ihr Vater hat sich zu einem Messie entwickelt. Beim Aufräumen findet sie Liebesbriefe ihrer Mutter und plötzlich kommt die Vergangenheit mit vielen Fragen zurück. Ihre Mutter war vor 13 Jahren ermordet worden und der Vater wurde als Mörder beschuldigt. Aber war er tatsächlich der Täter? Aktuell gibt es wieder einen Vermißte, einen Todesfall und einen Ex-Freund von Jana, der in prekären Momenten immer hilfreich schnellstens zur Stelle ist. Mehr verrate ich nicht.

In einem zweiten Strang erzählt die Mutter die Geschichte aus ihrer Sicht und diese ist perfekt verbunden mit der Gegenwart.

Ich habe bereits einen Thriller des Autors mit großer Begeisterung gelesen. Er schreibt spannend, temporeich und man ahnt das nahende Unheil förmlich. Die überschaubare Familie wurde sehr detailliert präsentiert. Für mich gab es nur eine sympathische Figur in dieser Konstellation – den Großvater. Alle anderen waren mir suspekt und unsympathisch. Der Autor versteht es geschickt, die Zweifel an jedem einzelnen wachsen zu lassen und die Frage, inwieweit derjenige an der Tat beteiligt war. Die Frage wem sie trauen kann und wem nicht, der muß sich Jana ebenfalls ständig stellen. Und am Ende gibt es einen gelungener Twist in eine völlig andere Richtung und die Puzzleteile werden neu geordnet. Sehr gut gefallen hat mir auch die bildhafte Beschreibung dieses gruseligen, düsteren Ortes, der aufs Gemüt drückt, und der Aussage – Wenn der Nebel schweigt, dann naht ein Unglück. Als Leser sah man dieses quasi auf einen zukommen!

Von mir erhält dieser Pageturner auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.09.2022

Was geschah in der Sturmnacht?

Der Sturm
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Schauplatz Tasmanien
Kiernan ist mit Mia und der gemeinsamen Tochter Audrey zurückgekommen, um der Mutter beim Umzug behilflich zu sein. Der Vater Brian ist dement, muß ständig betreut werden und deshalb ...

Schauplatz Tasmanien
Kiernan ist mit Mia und der gemeinsamen Tochter Audrey zurückgekommen, um der Mutter beim Umzug behilflich zu sein. Der Vater Brian ist dement, muß ständig betreut werden und deshalb haben sie sich zu einer Veränderung der Wohnsituation entschlossen.

Kieran hat den Ort verlassen, weil er Schuldgefühle hat, für den Tod seines Bruders Finn und dessen Freund Toby verantwortlich zu sein. Kiernan war mit einer Freundin in einer Höhle in Not geraten und Finn und Toby wollten mit ihrem Boot zu Hilfe kommen. Leider kamen sie dabei ums Leben. Dies geschah vor 12 Jahren. Und jetzt wird am Strand an genau der gleichen Stelle Bronte tot aufgefunden und alle Erinnerungen und Traumata kommen knallhart zurück. Aber nicht nur bei Kieran, sondern bei allen Bewohnern. Jeder erinnert sich ganz persönlich daran, was damals geschah und auch daran, wie der Ort durch den Sturm verwüstet wurde. Sergeant Chris Renn, der damals schon ermittelt hat, übernimmt auch jetzt die Nachforschungen zusammen mit Detective Inspector Sue Pendlebury aus Hobart.

Bronte hat zusammen mit Olivia in einem Cottage gewohnt und hat im Lokal Turf & Surf gearbeitet. Olivias Schwester Gabby war damals bei großen Sturm verschwunden, lediglich ihr Rucksack ist nach einigen Tagen aufgetaucht.

Bei den Ermittlungen um den Tod von Bronte werden immer wieder Vergleiche angestellt, was damals geschah und plötzlich kommen Unstimmigkeiten zu Tage, von denen vorher noch nie die Rede war.


Es ist mein erstes Buch der Autorin und mich hat es begeistert. Sie schreibt flüssig und packend, schildert die Örtlichkeiten, die Atmosphäre und vor allem das Sturmgeschehen sehr bildhaft, so daß man als Leser auch vom gesunkenen Wrack und dem Denkmal der „Überlebenden“ eine klare Vorstellung hat. Die Figuren dieser Dorfgemeinschaft - und hier vor allem auch das Trauma und die Bewältigung - werden lebendig beschrieben, ich fühlte mich als Leserin mitgenommen. Die Auflösung fand ich durchaus realistisch und nachvollziehbar.

Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung und ich werde mich nach weiteren Büchern der Autorin umsehen!

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Veröffentlicht am 08.09.2022

Ein spannendes Verwirrspiel

Was ich euch verschweige
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DCI Jonah Sheens ist gerade mit seiner kleinen Tochter unterwegs als er in einem Pub von der blutüberströmten Jugendlichen Keeley darum gebeten wird, ihre Schwester Nina zu suchen, die Hilft braucht. Allerdings ...

DCI Jonah Sheens ist gerade mit seiner kleinen Tochter unterwegs als er in einem Pub von der blutüberströmten Jugendlichen Keeley darum gebeten wird, ihre Schwester Nina zu suchen, die Hilft braucht. Allerdings verschweigt Keeley wo sich Nina aufhält. Dies gerät in der folgenden Story zum großen Geheimnis. Keeley betreibt mit Jonah und seinen Kollegen ein echtes Katz-und-Maus-Spiel um den Aufenthaltsort ihrer Schwester. Häppchenweise füttert sie die Ermittler mit Informationen, die nehmen die Spur auf und müssen immer wieder entdecken, daß Keeley ihnen einen Schritt voraus ist und sie mit ihnen „spielt“. So erfahren sie von Keeley u.a., daß die beiden Schwestern in Pflegefamilien aufwuchsen und es dort kein einfaches Leben für sie war, ebenso problematisch war der Umgang mit Sozialarbeitern.


Es war nicht mein erstes Buch der Autorin, deshalb war mir klar, daß sie spannend schreiben kann und nicht mit Überraschungen spart. So war dies auch im vorliegenden Fall. Ein rasantes Tempo wird vorgelegt, da bei der Suche nach Nina die Zeit drängt, man weiß nicht, welche Verletzungen sie haben könnte. Als Keeley die Beamten immer wieder mit neuen Details ihrer Geschichte lockt, kann man nicht mehr aufhören mitzufiebern und zu rätseln. Der Perspektivwechsel zwischen Keeley und Jonah sorgt dafür, daß man als Leser nicht mehr aufhören will zu lesen, bevor der Fall restlos geklärt ist. Die Schwestern sind intelligent, wobei Keeley höchst manipulativ scheint, denn Nina macht alles was Keeley ihr vorsagt. Man weiß auch nie, ob und wann man Keeley Glauben schenken darf, das machte für mich diesen fesselnden Psycho-Thriller aus. Und Nina umgibt quasi ein Heiligenschein – brav und beliebt. Aber war sie das tatsächlich? Es bleibt also die Frage, ob und wie weit die Eifersucht von Keeley gehen mag, agiert sie womöglich aus Rache? Und überhaupt wer ist Täter und wer ist Opfer? Das Privatleben der Ermittler ist immer wieder wohl dosiert eingestreut, was ich sehr positiv finde. Hier bin ich gespannt, wie die Autorin die Figuren weiter entwickelt. Die Polizeiarbeit wurde m. E. gut und realistisch beschrieben.

Dieser Band beinhaltet eine packende, wenn auch erschütternde und traurige Geschichte mit etlichen überraschenden Wendungen. Ich empfehle diesen Psychothriller auf jeden Fall weiter!

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Veröffentlicht am 17.08.2022

Vier Hansen-Frauen aus drei Generationen

Die Rückkehr der Kraniche
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Im Mittelpunkt steht Grete. Sie steht kurz vor ihrem 50. Geburtstag und große Entscheidungen bezüglich ihrer Zukunft stehen bevor. Sie lebt mit ihrer Mutter nach wie vor im Elternhaus. Als diese unglücklich ...

Im Mittelpunkt steht Grete. Sie steht kurz vor ihrem 50. Geburtstag und große Entscheidungen bezüglich ihrer Zukunft stehen bevor. Sie lebt mit ihrer Mutter nach wie vor im Elternhaus. Als diese unglücklich stürzt und damit Gretes Pläne erst mal über den Haufen geworfen werden, reisen ihre jüngere Schwester Freya sowie Gretes uneheliche Tochter Anne an.

Die Mutter will nicht hilfsbedürftig sein und entläßt sich daher selbst aus dem Krankenhaus. Freya mit ihren 46 Jahren ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau in Berlin, allerdings in ihrem Privatleben hat sie gerade eine Trennung von ihrem Freund zu verarbeiten. Deshalb kommt die Reise in die Elbmarsch gerade zum richtigen Zeitpunkt. Die Studentin Anne hat sich offiziell noch nicht geoutet und hofft, daß ihre Liebe zu einer neuen Freundin erwidert wird.

Eines vereint diese Familie – das Fehlen von Lachen, Glück und empathisches Verhalten. Mutter Wilhelmine war sehr früh Witwe geworden und mußte die Töchter alleine groß ziehen, deshalb stand für sie an erster Stelle die Arbeit, die Pflicht und ein sparsames Leben. Die Mädchen wurden in der Schule gemobbt und Lumpenmädchen genannt. Diese ganze Vergangenheit hängt allen Beteiligten noch immer nach. Aber jetzt müssen Entscheidungen getroffen, Geheimnisse gelüftet und das (Ver-)Schweigen beendet werden. Und es stellt sich die Frage: Was wäre gewesen, wenn …..?


Von Romy Fölck habe ich mit Begeisterung alle Krimis verschlungen. Und ich muß sagen, auch in diesem neuen Genre steht sie in nichts nach. Sie kann schreiben und ihre Leser mitreißen. In diesem Fall hat sie die Balance zwischen dem Familiendrama und der friedlichen Natur hervorragend getroffen. Entweder ist Ornithologie ein Hobby von ihr oder sie hat ausgesprochen intensiv recherchiert, so wie dieses Thema ins Buch eingeflossen ist. Auch die Charakterisierung der Familie fand ich hervorragend, realistisch und regt zum Nachdenken an. Das Cover finde ich auch ausgesprochen passend.

Zu diesem Buch kann ich nur sagen Chapeau! Ich werde es auf jeden Fall gerne weiter empfehlen.

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