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Veröffentlicht am 10.03.2021

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Mordsand
3

„Mordsand“ ist der vierte Band der Reihe rund um das Ermittlerduo Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Auf einer Elbinsel wird eine Leiche gefunden. Das am Strand aufgetauchte dreißig Jahre alte Skelett ...

„Mordsand“ ist der vierte Band der Reihe rund um das Ermittlerduo Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn. Auf einer Elbinsel wird eine Leiche gefunden. Das am Strand aufgetauchte dreißig Jahre alte Skelett stellt Frida und Bjarne vor ein Rätsel. Wer war dieser Mann, der vor langer Zeit mit gefesselten Händen dort im Schlick vergraben wurde? Doch damit nicht genug, denn kurz darauf wird eine zweite Leiche gefunden, die jedoch aus neuerer Zeit stammt. Es ist Jochen Kirsten, ein Hamburger Baulöwe. Wie das erste Opfer war er bis zum Rumpf in den Sand eingegraben und genauso gefesselt. Die Ermittlungen beginnen und sie werden Bjarne und Frida weit zurück in die Vergangenheit führen.
Ein großer Teil der Geschichte befasst sich mit einem dunklen Kapitel der ehemaligen DDR. Die unmenschlichen Zustände in den Heimen und Jugendwerkhöfen wurden von der Autorin gründlich recherchiert. Die beschriebene brutale Realität der begangenen Grausamkeiten im Namen der „Umerziehung“ war oft nur schwer zu ertragen. Diese Rückblicke in die Vergangenheit waren sehr gut in den Plot der Kriminalhandlung eingebettet.
Das Buch ist sehr gut zu lesen und ich war gleich wieder in der Elbmarsch angekommen. Das Privatleben von Bjarne und Frida wird interessant weitererzählt. Hat man schon mit den beiden zu tun gehabt, weiß man, dass die beiden nun schon seit längerem ein gut eingespieltes Team sind, das sich super ergänzt. Bjarne bringt in die Ermittlungen seine langjährige Erfahrung ein, Frida die ungestüme Art und Leidenschaft der Jugend. Mir gefällt die Ausgewogenheit zwischen Kriminalfall und Privatleben.
Ich empfehle nicht nur diesen Band, sondern auch die Vorgängerbände (Mordsand ist natürlich auch ohne Kenntnis der Vorgänger zu lesen) und freue mich schon auf den nächsten Fall mit Bjarne und Frida.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Spannung
  • Cover
Veröffentlicht am 29.01.2021

Party bei der Queen

Das Windsor-Komplott
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Im Frühjahr 2016 verbringt die Queen wie jedes Jahr einen Monat zum „Easter Court“ in Windsor Castle. Hier können Einladungen ohne übertriebene Förmlichkeit ausgesprochen werden. Prinz Charles hat diese ...

Im Frühjahr 2016 verbringt die Queen wie jedes Jahr einen Monat zum „Easter Court“ in Windsor Castle. Hier können Einladungen ohne übertriebene Förmlichkeit ausgesprochen werden. Prinz Charles hat diese entspannte Situation genutzt und zur Unterstützung eines seiner Projekte reiche Russen und auf russische Märkte spezialisierte Analysten eingeladen. Die Queen ist eine perfekte Gastgeberin und versorgt ihre Gäste gerne mit etwas Unterhaltung. Und so kommt Maksim Brodsky ins Schloss, ein begnadeter Pianist – charmant und eine Augenweide. Mit untadeligen Manieren bittet er auch die Queen um einen Tanz, der ihm gewährt wird. Am Morgen wird der galante Maksim tot in seinem Zimmer gefunden, den Gürtel des purpurroten Morgenmantels um den Hals. War es Selbstmord oder lief ein Sexspiel aus dem Ruder? Das MI5 und die London Metropolitan Police glauben, dass der junge russische Dissident im Auftrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin ermordet wurde. Die Queen denkt jedoch nicht, dass die Russen für den Tod von Maksim Brodsky verantwortlich sind. Sie hat ein untrügliches Gespür für solche Situationen. Schon als junges Mädchen hat sie im Verborgenen Kriminalfälle gelöst. Mit Hilfe ihrer neuen Privatsekretärin, Rozie, beginnt sie ihre eigenen privaten Ermittlungen.
"Das Windsor Komplott" ist ein herrliches Buch. Von der ersten bis zur letzten Seite wurde ich gut unterhalten. Die Idee, dass Königin Elizabeth II. eine heimliche Passion pflegt, nämlich die Lösung von Kriminalfällen, ist zwar sehr fraglich, funktioniert aber dennoch perfekt. Die Geschichte ist voller Rätsel, die darauf warten, gelöst zu werden. Die gut beschriebenen Charaktere, darunter Mitglieder des Königshauses, Mitarbeiter der Königin, ihre Haustiere und sogar politische Persönlichkeiten wie Obama, tauchen auf und tragen zur Glaubhaftigkeit des Geschehens bei. Für die Metropolitan Police und den MI5 ist die Königin eine ältere Dame, die nicht viel von der modernen Welt weiß und die es zu schützen gilt. Aber sie irren sich. Sehr sogar. Das Buch ist voller Humor und hat mich immer wieder zum lachen gebracht, wozu Prinz Philip mit seinen Scherzen einiges dazu beigetragen hat. Es war für mich als Leserin interessant, am königlichen Leben teilzunehmen. Ich stelle mir gerne vor, dass es tatsächlich so (oder so ähnlich) ist. Ich freue mich jetzt auf die anderen Bücher in der Reihe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.01.2021

Lebensreise eines schmalen Mannes in einem Jackett mit gepolsterten Schultern

Vati
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Monika Helfer schildert das Leben ihres Vaters und ihre eigene Kindheit und Jugend. Sie erzählt von dem, was sie weiß, und was sie weiß, ist mehr wahr als erfunden. Ihr Vati, unterschenkelamputiert, hat ...

Monika Helfer schildert das Leben ihres Vaters und ihre eigene Kindheit und Jugend. Sie erzählt von dem, was sie weiß, und was sie weiß, ist mehr wahr als erfunden. Ihr Vati, unterschenkelamputiert, hat ihre Mutter im Lazarett kennengelernt. Sie liebten sich, ihre Beziehung war sehr intensiv, die Kinder blieben mehr außen vor. Er hatte eine weitere große Leidenschaft: Bücher. Er versank in ihnen, kaufte sie, schaffte sie beiseite, rettete sie, hortete sie und versteckte sie. In dem Kriegsopfererholungsheim auf der Tschengla, dessen Verwalter er war, stand ihm sogar eine ganze Bibliothek zur Verfügung. Eine feine Bibliothek, „denn nicht jeder Dreck, den man lesen kann, ist hintereinander gereiht schon eine Bibliothek“. Für die Kinder war das Kriegsopfererholungsheim in den Bergen ein Paradies mit viel Platz mitten in der Natur.
Mit dem Tod der Mutter ändert sich das Leben der ganzen Familie und es war aus mit dem Paradies. Als sie starb, war Josef, der Vati, völlig verloren. Er war ohne Halt und nicht mehr fähig, sein Leben zu meistern. Auch seine Kinder waren ihm nicht wichtig. Er will nichts mehr vom Leben außer essen, schlafen und – natürlich lesen. Die Bagage lässt die ihren nicht im Stich, hält zusammen und sorgt für die Kinder. Auch für Josef wird eine Lösung gefunden. Für mich fast nicht vorstellbar, und doch ist es so gewesen.
Monika Helfer hat mich in ihr Familienleben hineingezogen und ich bin den Personen sehr nahe gekommen. Diese Familiengeschichte hat mich im emotionalen Sinn sehr gefesselt. In unserer Familie gab es auch den "Vati". Beinprothese, Beamter, Pensionär. Ein Buch, das mich noch eine Weile beschäftigen wird.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Beängstigend

Der Mädchenwald
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Der Mädchenwald hat mit seinem atemberaubendem Cover und seinem faszinierenden Klappentext sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Ich hatte sofort das Gefühl, dass Der Mädchenwald etwas Besonderes sein wird. ...

Der Mädchenwald hat mit seinem atemberaubendem Cover und seinem faszinierenden Klappentext sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Ich hatte sofort das Gefühl, dass Der Mädchenwald etwas Besonderes sein wird. Meine Erwartungen waren hoch und ich wurde nicht enttäuscht.
Elijah lebt mit seiner Familie im Game Keeper's Cottage auf dem Gelände der Rufus Hall in der Nähe des Mädchenwaldes. Elijahs Leben ist ruhig. Er geht nicht zur Schule, aber er liebt Worte und denkt gerne, dass er klüger ist als der durchschnittliche 12-Jährige. Eines Tages entdeckt Elijah in einem zerfallenden Häuschen im Wald die dreizehnjährige Elissa. Elissa ist an den Boden gekettet und will unbedingt fliehen. Sie bittet Elijah, ihr zu helfen. Aber Elijah weiß, dass er nicht helfen kann. Er kann nicht wirklich verstehen, warum sie so verzweifelt versucht wegzulaufen. Immerhin haben sie sich gerade erst kennengelernt. Er sieht in Elissa eine Freundin, eine Vertraute und jemand, mit dem er seine Zeit verbringen kann. Er ist verzaubert von ihr. Aber Elissa ist nicht das erste Mädchen, das Elijah unter der Hütte angekettet entdeckt hat. Und Elijah weiß, was mit den anderen Kindern passiert ist, als sie sich geweigert haben, nach den Regeln ihres Entführers zu spielen.
Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt; Elijah, Elissa und die Ermittlerin, die für die Suche nach Elissa verantwortlich ist, Detektive Superintendent Mairead MacCullagh. Elissa, die auf dem Weg zu einem Schachtturnier entführte 13-jährige, ist eine unglaubliche Figur. Über ihre Jahre hinaus weise mit einer passenden klugen Intelligenz. Ich fand es toll, wie emotional stark sie angesichts von Widrigkeiten war. Wie jedes Ereignis im Detail von ihr betrachtet wurde und wie entschlossen sie war, den Fängen ihres Entführers zu entkommen. Elissa weiß, dass sie Elijah nicht vertrauen kann. Sie erkennt jedoch, dass sie ruhig bleiben muss, um alle Informationen zu erhalten, die sie zum Überleben braucht. Sobald andere anfangen, sich irrational zu verhalten, muss sie blitzschnell reagieren können. Bei Elijah war ich mir nicht immer sicher, auf welcher Seite er steht. Er blieb undurchschaubar, einmal so voller Jugend und Unschuld und dann wieder mit einer weitaus dunkleren Seele. Die Handlung schreitet stetig voran und ich war gespannt, wie die Geschichte von Elijah und Elissa enden würde. Es ist wie bei einem Katz- und Mausspiel und doch ist es viel detaillierter und komplizierter. Eben wie bei einem Schachspiel.
Der Mädchenwald von Sam Lloyd ist nicht eine der üblichen Entführungsgeschichten. Die Charaktere sind beängstigend. Sehr beängstigend. Böswillig und beängstigend. Geistig instabil und beängstigend. Sie werden ihre Spuren hinterlassen, sei es auf eine gute oder nicht so gute Weise. Sogar die Umgebung ist beängstigend. Ein Wald, in dem die Bäume zur Erinnerung an Menschen geschmückt sind und für die niemals Gräber gefunden werden. Ein See mit dem makabren Namen Knöchelchensee. Diese Geschichte wird schwer zu vergessen sein. Genau wie die drei Worte „hast du verstanden?“. Bei diesen drei Worten werde ich für immer eine Gänsehaut bekommen. Sam Lloyd hat wundervolle Arbeit geleistet und mich zu diesen seltsamen Menschen, die im Wald leben, mitgenommen.
Das Hörbuch wird von drei Sprechern gesprochen. Dadurch werden die Personen klar definiert und der jeweilige Part wirkt sehr authentisch, was mir sehr gut gefallen hat.
Ich habe den Mädchenwald sehr genossen. Es war alles, was ich mir erhofft hatte und vielleicht sogar ein bisschen mehr! Würde ich dieses Buch empfehlen? Ja, ich würde.

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Veröffentlicht am 09.08.2020

Auf gegnerischen Seiten

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Es ist Sommer 1870. Der junge deutsche Arzt Paul von Gerlau und die Französin Madeleine Tellier wollen ihre Verlobung feiern. Aber das Schicksal hat andere Pläne. Zwischen Preußen und dem Französischen ...

Es ist Sommer 1870. Der junge deutsche Arzt Paul von Gerlau und die Französin Madeleine Tellier wollen ihre Verlobung feiern. Aber das Schicksal hat andere Pläne. Zwischen Preußen und dem Französischen Kaiserreich bricht der Krieg aus. Mit der Einberufung von Paul tut sich ein Graben auf, der auch eine Kluft zwischen Paul und Madeleine reißt. Paul muss als Stabsarzt zu seinem Regiment nach Coblenz und Madeleine reist mit ihrem Vater zurück in ihre Heimatstadt Metz. Auch Madeleines Bruder Clément kommt in sein Elternhaus nach Metz zurück. Dort trifft er die stille und sanftmütige Djamila, eines der Dienstmädchen der Familie Tellier. Sie stammt aus dem von den Franzosen besetzten Algerien. Sie hat durch die Besatzungsmacht bereits ihre Eltern verloren und sehnt sich wie ihr Bruder Karim nach ihrer Heimat.
Als Leser begleitet man diese Menschen hautnah und erhält tiefe Einblicke in ihre Gefühle und ihre Gedankenwelt. Paul kommt in Situationen, die sein Leben bedrohen und Madeleine pflegt ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Verwundete und Kranke. Paul und Madeleine kämpfen nur um eines, um ihre Liebe.
Auch Karim kann dem Krieg nichts abgewinnen und muss gegen seinen Willen für die Franzosen in die Schlacht ziehen. Der Beistand seiner Schwester Djamila und ein Liebesbrief aus der Heimat gibt ihm die Kraft, die er dringend braucht, um zu überleben.
Ein Krieg bringt Tod, Schmerz und Verlust. Und doch sind nicht alle dagegen, in den Kampf zu ziehen. Metz wird von den Deutschen eingeschlossen, die Schlacht bei Sedan ist verloren und Napoleon wird gefangen genommen. Clément ist voller Hass, auf die Preußen, auf die unterlegene französische Armee, auf den französischen Geldadel und auf die Kirche. Er schließt sich den Revolutionären an. Zur Durchsetzung ihrer Ziele schrecken die Kommunarden auch nicht vor Waffengewalt zurück. Unter dem Einfluss seiner Geliebten Margot wird er immer mehr zum Fanatiker.
"Eine Liebe zwischen den Fronten" hat mich auf eine Zeitreise zu den vielen Schauplätzen des Deutsch-Französischen Krieges mitgenommen. Schon nach wenigen Zeilen habe ich Sympathien und Antipathien für die verschiedenen Charaktere empfunden. Ich habe diese Menschen begleitet und tiefe Einblicke in ihre Gefühle und Gedankenwelt erhalten. Ich konnte mich durch die Lektüre des Romans weiterbilden und einiges über den Deutsch-Französischen Krieg lernen. Und das ganz ohne Mühe, sondern mit viel Faszination und Begeisterung. Die Erläuterungen zu den einzelnen Armeen, die speziellen Begriffe und Titel sind gut erklärt. Das Personenverzeichnis ist eine sehr gute Hilfe und die Liste der Historischen Persönlichkeiten hat mich den ein oder anderen googeln lassen. Doch damit nicht genug. Die Reise- und Stöbertipps runden die Lektüre einfach perfekt ab. Maria W. Peter hat einen fesselnden Schreibstil, recherchiert akribisch und weiß, worüber sie schreibt. Ich habe „Eine Liebe zwischen den Fronten“ gerne gelesen und empfehle den Roman ebenso gerne weiter.

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