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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2022

Emotional und dramatisch - für mich nur ein klein wenig drüber

The Girl in the Love Song
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Äußerlich betrachtet scheint das Leben der dreizehnjährigen Violet perfekt zu sein, mit ihren Eltern lebt sie in einer großen Villa und kennt keine finanziellen Sorgen. Der gleichaltrige Miller hingegen ...

Äußerlich betrachtet scheint das Leben der dreizehnjährigen Violet perfekt zu sein, mit ihren Eltern lebt sie in einer großen Villa und kennt keine finanziellen Sorgen. Der gleichaltrige Miller hingegen ist obdachlos, er wohnt mit seiner Mutter zusammen in einem Auto. Als die beiden Teenager sich begegnen, dauert es nicht lange, bis sich zwischen ihnen eine intensive Freundschaft entwickelt, nur heimlich gesteht sich jeder von ihnen ein, dass es sich bereits um Liebe handelt. Jahre später drückt Miller seine Emotionen hauptsächlich durch gefühlvoll vorgetragene Lieder aus, doch Violet, deren Leben von Streit und Hass zwischen ihren Eltern geprägt ist, wehrt sich gegen ihre Gefühle, um Millers Freundschaft nicht zu verlieren.

"The Girl in the Love Song" von Emma Scott ist wieder einmal eine Geschichte, deren wundervolle Protagonisten mir beinahe sofort ans Herz gewachsen sind. Wie ich es von der Autorin kenne (und liebe) hatten Violet und Miller bereits in jungen Jahren schwere Zeiten erlebt und ich war während des Lesens emotional tief in ihrer Geschichte versunken. Sowohl die Hauptdarsteller als auch die anderen Figuren in ihrem Umfeld fand ich authentisch und lebensecht beschrieben, ich habe sie alle als reale Persönlichkeiten erleben können. Der Schreibstil war ebenfalls auf gewohnte Weise fesselnd, so dass ich schnell und leicht durch die Seiten geglitten bin.

Was mich ein wenig irritiert hat war die Tatsache, dass die anhand des Klappentextes zu erwartende Handlung in meinen Augen bereits in der Mitte des Buches einen für mich zufrieden stellenden Abschluss gefunden hat. Wenn der Roman hier geendet hätte, wäre mir das wahrscheinlich recht kurz vorgekommen, hätte aber inhaltlich für eine Fünf-Sterne-Bewertung genügt. Was danach kam, war Dramatik - mir ist natürlich klar, dass bisher jedes Buch, das ich von Emma Scott gelesen habe von dramatischen und dadurch besonders emotionalen Wendungen geprägt ist, für meinen Geschmack war es dieses Mal allerdings etwas zu viel des Guten, die Lektüre fühlte sich dadurch leicht in die Länge gezogen. Nichtsdestotrotz habe ich mich insgesamt recht gut unterhalten gefühlt und werde mit Sicherheit auch die Folgebände der Lost Boys Trilogie lesen.

Fazit: Für meinen Geschmack kam die Dramatik ein wenig zu gewollt daher, dennoch hatte ich ein unterhaltsames Leseerlebnis, das ich gern weiter empfehle.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Schöne Geschichte über Freundschaft und Zusammenhalt

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Drei Freuen um die Fünfzig, die unterschiedlicher nicht sein könnten, freunden sich an. Da ist zunächst Almut, die ihr Leben bisher damit zugebracht hat, ein gemütliches Zuhause für ihren Mann und die ...

Drei Freuen um die Fünfzig, die unterschiedlicher nicht sein könnten, freunden sich an. Da ist zunächst Almut, die ihr Leben bisher damit zugebracht hat, ein gemütliches Zuhause für ihren Mann und die vier Kinder zu pflegen. Nun sind fast alle Kinder aus dem Haus und der Ehemann hat eine Andere, so richtet sich Almut in der einst als Geldanlage gekauften Wohnung neu ein. Ihre Nachbarin, die allein erziehende Ärztin Tille, die mir ihrem pubertierenden Sohn oft überfordert ist, genießt Almuts Gastfreundschaft ebenso, wie die vielbeschäftigte Werberin Yeliz. Schnell werden die gemeinsamen Donnerstagabende für alle drei Freundinnen zum Mittelpunkt der Woche, doch im Lauf der Zeit wird ihre Freundschaft auch heftig auf die Probe gestellt.

"Am liebsten sitzen alle in der Küche" von Julia Karnick ist eine durchaus unterhaltsame Geschichte, ich mochte den E-Reader zwischendurch kaum aus der Hand legen. Alle drei Protagonistinnen sind mir schnell ans Herz gewachsen und es hat mir Freude gemacht, sie auf einem Stück ihres Weges zu begleiten. Sie sind sehr verschieden und haben bereits einige Höhen und Tiefen des Lebens hinter sich, umso schöner fand ich die intensive Freundschaft, die sich zwischen ihnen entwickelt hat, die letztendlich auch zur persönlichen Weiterentwicklung der Frauen beitragen konnte.

Der locker-leichte Schreibstil hat mich schnell durch die Seiten gleiten lassen, lediglich den Klappentext fand ich ein wenig irritierend - meiner Meinung nach spielt die angekündigte Rachegeschichte eine bedeutend kleinere Rolle in der Handlung, als die Inhaltsübersicht andeutet. So habe ich während des Lesens recht lange darauf gewartet, was sich denn in dieser Hinsicht tun wird und als es dann schlussendlich so weit war, schien mir das Geschehen recht unspektakulär aufgelöst zu sein. Ohne die von der Zusammenfassung geweckten Erwartungen hätte ich das Buch deutlich entspannter genießen können. Nichtsdestotrotz habe ich mich insgesamt gut unterhalten gefühlt und spreche für die angenehme Lektüre gern eine Leseempfehlung aus.

Fazit: Obwohl ein im Klappentext recht in den Mittelpunkt gestellter Handlungsstrang in meinen Augen eher unspektakulär abgehandelt wurde, bietet der Roman eine angenehm zu lesende Geschichte über eine Frauenfreundschaft, die ich gern weiter empfehle.

Veröffentlicht am 26.09.2022

Die feine Ironie wird durch den sperrigen Schreibstil übertönt

Sisi
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Kaiserin Elisabeth von Österreich ist vom steifen Wiener Hofzeremoniell gelangweilt und vertreibt sich die Zeit lieber mit ausgiebigen Reisen. Besonders in England gefällt es ihr gut, die risikoreichen ...

Kaiserin Elisabeth von Österreich ist vom steifen Wiener Hofzeremoniell gelangweilt und vertreibt sich die Zeit lieber mit ausgiebigen Reisen. Besonders in England gefällt es ihr gut, die risikoreichen Jagdgesellschaften lassen das Herz der passionierten Reiterin höher schlagen. Für ihre Reitkünste wird Sisi ebenso sehr bewundert, wie für ihre Schönheit, auch der legendäre Reiter Bay Middleton wurde nach anfänglicher Skepsis in ihren Bann gezogen. Als Sisi ihr Nichte Marie Wallersee, die aus einer nicht standesgemäßen Ehe ihres Bruders mit einer Schauspielerin entstammt, nach Schloss Gödöllö einlädt, steht diese zunächst im Schatten ihrer kaiserlichen Tante. Marie zeigt sich im Sattel genau so tollkühn wie Sisi und wird deren dauerhafte Begleiterin - so dauert es nicht lange, bis die adlige Gesellschaft der jungen Frau eben so viel Aufmerksamkeit entgegen bringt und damit Sisis Unmut erregt.

"Sisi" von Karen Duve ist ein Roman, der sich eng an realen Überlieferungen über die Kaiserin Elisabeth orientiert, allerdings beschränkt sich die Handlung auf einen relativ kurzen Zeitraum ihres Lebens. Zu Beginn der Geschichte ist Sisi bereits 38 Jahre alt und damit weit entfernt von dem kitschigen Backfisch, den uns die berühmte Filmreihe seinerzeit vorgeführt hat, die Autorin zeichnet ein weit weniger illusorisches Bild der schillernden geschichtlichen Figur. Dabei bedient sie sich einer Sprache, die für einen höfischen Chronisten jener Zeit angemessen gewesen wäre, selbstverständlich ist die Kaiserin wunderschön, unendlich liebenswürdig und nahezu unfehlbar, jede ihrer Handlungen wird aus dem Blickwinkel einer Person in Sisis Umfeld gezeigt. Nur mit kleinen, dezenten Sätzen am Ende des entsprechenden Abschnitts, wird der schöne Schein in Frage gestellt. (z.B. nach einer Jagd des Kaisers, als die getöteten Gämsen in einer Linie aufgereiht werden: "Achtunddreißig tote Tiere sind es diesmal. Das ist ein schöner Ausdruck repräsentativer Lebenslust,..")

Mit dieser feinen Ironie hat die Autorin die Schattenseiten des kaiserlichen Glanzes dargestellt, ohne die Kritik in direkte Worte zu fassen, den Schreibstil habe ich recht passend zur höfischen Etikette empfunden. Allerdings ist es mir durch die gestelzte Ausdrucksweise schwer gefallen, tiefer in die Geschichte einzutauchen, oder den Figuren gar emotional näher zu kommen. Wenn ich bedenke, dass es sich nicht um ein geschichtliches Sachbuch, sondern um einen Roman handelt, fehlte mir nicht nur bei der Protagonistin, sondern auch ihrem Umfeld die Lebendigkeit. Da die Kaiserin beinahe ausschließlich durch die Augen dritter betrachtet wurde, wirkte das Buch auf mich eher wie eine etwas ausführlichere Zusammenstellung historischer Fakten. Für eingefleischte Sisi-Fans zeigt Karen Duve sicherlich einen interessanten Ausschnitt aus ihrem bewegten Leben, für mich hatte das Buch leider kaum einen Unterhaltungswert.

Im Prinzip fasst der Klappentext bereits den kompletten Handlungsverlauf zusammen und für meinen Geschmack war der Rest umständliche Umschreibung. Besonders der Anfang hat sich meiner Meinung nach zähe in die Länge gezogen, bei aller Begeisterung, die Sisi selbst für die wilden Jagdritte empfunden haben mag, fand ich es kaum spannend, die ausführlichen Schilderungen der sich beinahe täglich wiederholenden Jagden zu lesen. Als Marie Wallersee in Erscheinung trat, kam mir das Handlungstempo schon angenehmer vor, nichtsdestotrotz kann ich dieses Buch nur begeisterten Anhängern der Kaiserin Elisabeth empfehlen, für alle Anderen ist es eine recht langwierige Lektüre.

Fazit: Der gestelzte Schreibstil hat für mich den Unterhaltungswert des Romans deutlich geschmälert, auch die feine Ironie, mit der die Autorin ihre Abschnitte enden lässt, konnten das Leseerlebnis in meinen Augen nicht retten. Für eingefleischte Sisi-Fans mag dieser Ausschnitt aus ihrem Leben eine durchaus lesenswerte Lektüre darstellen, meine Begeisterung hielt sich leider in Grenzen.

Veröffentlicht am 19.09.2022

Grandioses Finale der fantastischen Buchreihe

Midnight Chronicles - Nachtschwur
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Am Tag des Blutbades hatte Jules, der von einem Grim-Hunter zum Vampir umgewandelt wurde, Holden Iwanow so schwer verletzt, dass dieser für immer im Rollstuhl sitzt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, ...

Am Tag des Blutbades hatte Jules, der von einem Grim-Hunter zum Vampir umgewandelt wurde, Holden Iwanow so schwer verletzt, dass dieser für immer im Rollstuhl sitzt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass seine früheren Gefährten ihm nun mit Misstrauen begegnen - allen voran Holdens Zwillingsschwester Harper, in die Jules seit Jahren hoffnungslos verliebt ist. Harper hat sich geschworen, die Verletzung ihres Bruders zu rächen, warum fühlt sie sich ausgerechnet jetzt stärker zu Jules hin gezogen, als jemals zuvor?

"Midnight Chronicles - Nachtschwur" von Bianca Iosivoni ist der finale sechste Band einer wunderbaren Fantasy-Reihe, der mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und begeistert hat. Zum Verständnis sehe ich es als unabdingbar an, zunächst die voran gegangenen Bände gelesen zu haben, da die Hintergrundgeschichte um den Kampf der Hunter gegen diverse übernatürliche Wesen fortlaufend erzählt wird. Für mich fühlte sich das Eintauchen in diesen Roman ein wenig wie ein Treffen mit lieb gewonnenen Freunden an, die Protagonisten Harper und Jules kannte ich bereits als Nebenfiguren aus den vorigen Büchern.

Wobei ich von Harper bisher nur die recht abweisende Fassade gesehen hatte, Jules hingegen, der Cains Cousin ist, war mir bereits seit dem zweiten Teil der Midnight Chronicles ans Herz gewachsen. Obwohl er nach seiner Umwandlung zunächst den Befehlen des Vampirkönigs folgen musste, hat er inzwischen zu seiner wahren Persönlichkeit zurück gefunden und ist in meinen Augen noch genau so liebenswert, wie er einst in seiner menschlichen Existenz gewesen ist. Mein Bild von Harper, die ich früher als sehr arrogant empfunden habe, hat sich dagegen gewandelt, in dieser Geschichte zeigt sich der verletzliche Mensch hinter der rauen äußeren Schale.

Den eingängigen Schreibstil der Autorinnen mag ich immer noch sehr, ich bin nur so durch die Seiten geflogen und war gefühlt viel zu schnell am Ende angelangt. Besonders gefallen hat mir, dass alle Protagonisten der Reihe noch einmal in den Vordergrund gerückt sind, in diesem grandiosen Finale gab es zum Ende hin Abschnitte aus den Blickwinkeln aller acht Hauptfiguren. Deshalb habe ich nach Beendigung der Lektüre den E-Reader mit einem lachenden und einem weinenden Auge beiseite gelegt, es war wunderbar, sie alle vereint zu erleben, doch nun ist die Buchserie, die ich über zwei Jahre hinweg fasziniert verfolgt habe, beendet und ich musste mich von den lieb gewonnenen Huntern verabschieden. Insgesamt hat mich dieses Buch - wie seine Vorgänger - prächtig unterhalten, so dass ich dafür gern eine Leseempfehlung ausspreche.

Fazit: Für mich stellt dieser Abschlussband das großartige Finale einer wunderbaren Reihe dar, zum Abschluss hatten alle lieb gewonnenen Figuren noch einmal ihren Auftritt, so dass ich den Roman rundum zufrieden beendet habe.

Veröffentlicht am 15.09.2022

Traumatische Geschichte, die in recht sperrigem Schreibstil wiedergegeben wird

Corregidora
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Corregidora hieß der portugiesische Sklavenhalter, der bereits Ursas Urgroßmutter zur Prostitution zwang. Er zeugte sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter, nach Abschaffung der Sklaverei werden Unterlagen ...

Corregidora hieß der portugiesische Sklavenhalter, der bereits Ursas Urgroßmutter zur Prostitution zwang. Er zeugte sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter, nach Abschaffung der Sklaverei werden Unterlagen vernichtet, um die brutalen Methoden zu vertuschen, doch die traumatische Vergangenheit wird innerhalb der Familie weiter vererbt, Ursa soll "Generationen machen", damit die Geschichte nicht in Vergessenheit gerät - doch sie kann keine Kinder bekommen und äußert ihre Emotionen in dem Blues, den sie jeden Abend im Happy´s Café singt.

"Corregidora" von Gayl Jones ist ein Buch, mit dem ich trotz des wichtigen Themas ziemlich zu kämpfen hatte, der sperrige Schreibstil und die Sprünge zwischen den Szenen haben es mir nicht leicht gemacht, einen emotionalen Zugang zu Ursa und ihrer Geschichte zu finden. Es sind recht kleine Abschnitte, die die Verletzungen der einst versklavten Frauen durch Corregidora zum Ausdruck bringen, doch zwischen aktuellen Passagen aus Ursas Leben, wiederholen sich ständig die Erinnerungen an den verhassten Sklavenhalter, dessen Namen Ursa weiterhin trägt, auch als sie heiratet behält sie den portugiesischen Familiennamen bei.

Zwischenzeitlich verschwimmen die Grenzen zwischen den vier Generationen der Frauen, es scheint, als ob Corregidoras Opfer eine Art kollektives Gedächtnis entwickeln, um für seine Taten Zeugnis abzulegen.

Zweifelsohne hat die Autorin ein wichtiges Zeitdokument geschaffen, das in teilweise brutaler Ausdrucksweise eine Vergangenheit ans Licht zerrt, die das Trauma ganzer Generationen ehemaliger Sklaven widerspiegelt. Wer den Blues im Blut hat, mag dieses Buch intuitiv verstehen und entsprechend wertschätzen, mir hat sich die eigenwillige Erzählweise, die von Wiederholungen und zeitlichen Sprüngen geprägt war, während des Lesens nicht wirklich erschlossen. Erst das Nachwort des Übersetzers, der den Schreibstil mit der musikalischen Darstellung des Blues vergleicht, konnte mein Verständnis für die zäh empfundene Lektüre etwas verbessern.

Fazit: Der sperrige und sprunghafte Schreibstil hat es für mich schwierig gestaltet, emotional in die Geschichte einzutauchen, dennoch betrachte ich dieses Buch als wichtiges Zeugnis einer Vergangenheit, die Generationen ehemalige Sklaven traumatisiert hat.