Ein Leben im Schatten
Die Frau am Fenster - Ein Leben an der Seite von Caspar David FriedrichCaroline ist 23, als sie den 20 Jahre älteren Caspar David Friedrich wiedertrifft und 24, als sie heiraten. Es scheint auf beiden Seiten Liebe zu sein, denn er nimmt sie ohne Mitgift und sie ihn trotz ...
Caroline ist 23, als sie den 20 Jahre älteren Caspar David Friedrich wiedertrifft und 24, als sie heiraten. Es scheint auf beiden Seiten Liebe zu sein, denn er nimmt sie ohne Mitgift und sie ihn trotz des Altersunterschiedes und der Warnung ihrer Mutter, dass er zu Melancholie neige. Seiner romantischen Werbung und der ersten glücklichen Zeit folgt bald Ernüchterung. Caspar lebt nur für seine Arbeit, der sich alles unterzuordnen hat: „Er erwartete, dass sie ihm ohne Murren folgte – das Los, aller verheirateten Frauen, sich stillschweigend den Wünschen ihrer Männer zu fügen.“ (S. 11)
„Die Frau am Fenster“ ist der Name eines Bildes, auf dem er seine junge Frau in Rückenansicht verewigt hat, und gleichzeitig der Titel der Romanbiographie von Birgit Poppe, die Carolines Zusammenleben mit Caspar beleuchtet. Dabei verwebt sie viele biographische und historische Fakten und Hintergründe mit dem fiktiven Familienleben, von dem man nur aus Briefen weiß.
Die Beiden trennen nicht nur 20 Jahre, sondern auch verschiedene Vorstellungen von ihrem (Zusammen-)Leben. Caspar war lange Junggeselle, ist anspruchslos und sparsam. Line muss sich jede Veränderung und Anschaffung erkämpfen. Sie hofft auf das schillernde Leben an der Seite eines Künstlers, aber er geht kaum aus und empfängt nur selten Gäste, braucht zum Arbeiten unbedingte Ruhe. Trotzdem hält sie zu auch in seinen dunklen Stunden zu ihm, wenn er sich verkriecht, launisch, jähzornig und eifersüchtig wird und sich mit seinem Freund Carl Gustav Carus überwirft, der ihm dringend zu einer Behandlung der Schwermut rät.
Es war kein leichtes Leben an seiner Seite, das wird beim Lesen schnell klar. Sein Wort war Gesetz. Sie hat sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern. Dass auch sie an seiner Melancholie verzweifelt und ihm helfen will, tut er wütend ab. Dazu kommt, dass seine Bilder immer düsterer werden und er keine Käufer mehr findet. Zudem bleibt ihm die versprochene Ernennung zum Professor der Dresdner Akademie verwehrt, das Geld ist ewig knapp.
Birgit Poppe beschreibt das Leben des Paares, die Bilder und die Orte, die sie während ihrer Hochzeitsreise besuchen, sehr anschaulich. Als Dresdnerin mit Affinität zur Ostseeküste war ich da auch schon überall und habe es in ihren Schilderungen wiedererkannt. Es ist ein sehr interessanter biographischer Roman, auch wenn ich beim Lesen manchmal das das Gefühl hatte, dass mehr von ihm bzw. ihrem Leben an seiner Seite, als wirklich über sie erfährt.