Die Rolle ihres Lebens
Die einzige Frau im RaumHedy Kiesler ist 18 und steht als Sisi auf der Bühne, als sie vom Waffenfabrikanten Friedrich Mandl, dem „Kaufmann des Todes“, entdeckt wird. Dem eilt sein Ruf als Schürzenjäger voraus, doch mit Hedy scheint ...
Hedy Kiesler ist 18 und steht als Sisi auf der Bühne, als sie vom Waffenfabrikanten Friedrich Mandl, dem „Kaufmann des Todes“, entdeckt wird. Dem eilt sein Ruf als Schürzenjäger voraus, doch mit Hedy scheint er es ernst zu meinen und ihre Eltern trauen sich wegen seiner einflussreichen Stellung nicht, sein Werben abzulehnen. „Herr Mandl ist der Mann hinter Kanzler Dollfuß´ Thron. Aber er könnte auch der Mann sein, der Österreich weiter die Unabhängigkeit sichert.“ (S. 31)
Hedy ist von Fritz‘ weltmännischem Auftreten und seinem Reichtum beeindruckt, darum sagt sie auch ja, als er ihr die Rolle ihres Lebens als seine Ehefrau anbietet. Dafür verzichtet sie auf ihre Karriere beim Film und Theater und konvertiert zum Christentum. Aber schon nach der Verlobung zeigt Fritz sein wahres Gesicht. Ab sofort entscheidet er alles. Sie hat nur noch nett auszusehen und die perfekte Gastgeberin bei seinen unzähligen Geschäftsessen zu sein, eine eigene Meinung oder gar eigene Interessen sind unerwünscht. „Ich war wie ein exotischer Vogel, der nur für seine Auftritte herausdurfte aus dem goldenen Käfig und der anschließend wieder darin eingesperrt wurde.“ (S. 92) Als er dann auch noch gewalttätig wird, flieht sie nach Hollywood und wird als Hedy Lamarr berühmt. Nebenbei engagiert sie sich im Kampf gegen den zweiten Weltkrieg und erfindet zusammen mit dem Komponisten Georg Antheil eine treff- und störungssichere Funkfrequenzsteuerung für Torpedos …
Ich hatte schon im Podcast „Frauenleben“ von Hedy Lamarr gehört und letztes Jahr hat sich Charlotte Leonard in „Die Verwegene“ überwiegend ihrer Filmkariere in LA und ihren Erfindungen gewidmet.
Marie Benedict legt ihr Augenmerk in „Die einzige Frau im Raum“ vor allem auf die Zeit von Hedys Ehe mit Fritz Mandel, die leider nicht besonders glücklich war. Hedy begriff sie erst nach der Hochzeit, in welchen Kreisen ihr Mann verkehrte und mit wem er Geschäfte machte – u.a. mit Hitler und Benito Mussolini. „Ich hatte Papa stets für einen erfolgreichen Mann gehalten, … aber erst jetzt begriff ich, was Macht war.“ (S. 37) Aber sie war klug, merkte sich bei den Gesprächen wichtige Details zu den Waffen und las sich das dafür nötige Hintergrundwissen in seiner Bibliothek an.
Später verstand sie, dass schon zu dieser Zeit der Grundstein für den 2. WK und die Vernichtung ihrer Glaubensgenossen gelegt wurde und machte sich Vorwürfe, dass sie das nicht verhindern konnte.
Während mir der erste Teil des Buches, in dem es um Hedys Ehe und die politischen Entwicklungen in Österreich und der Welt ging, noch relativ gut gefallen hat (auch wenn mir einige politischen Winkelzüge zu detailliert beschrieben wurden), konnte mich der zweite Teil mit ihrem Leben in Hollywood leider nicht begeistern. Marie Benedict erzählt Hedys Karriere, Ehen und Affären nur in Stichpunkten, reiht Fakten einfach aneinander und die Erfindungen passieren in Nebensätzen. Mir fehlten Spannung oder interessante Details, die Handlung wirkte leider nicht sehr lebendig. Ich hatte mir neue, interessante Einblicke in Hedys Leben erhofft und wurde leider etwas enttäuscht.