Leichen pflastern ihren Weg
Es gibt ein Sterben nach dem Tod„So hatte sie sich den Tod nicht vorgestellt. Wen man tot war, hörte doch alles auf. Auch das Denken.“ (S. 16) Eigentlich hatte sich Marketingexpertin Börnie (Bernhardine) das Erwachen nach ihrer Abschiedsfeier ...
„So hatte sie sich den Tod nicht vorgestellt. Wen man tot war, hörte doch alles auf. Auch das Denken.“ (S. 16) Eigentlich hatte sich Marketingexpertin Börnie (Bernhardine) das Erwachen nach ihrer Abschiedsfeier bei Schön Cosmetics anders vorgestellt – z.B. mit einem schnuckeligen Lieferjungen in einem Hotelbett, aber doch nicht auf dem Fußboden ihres Büros! Tot! Vergiftet! Wer hat denn nach ihrem Weggang noch was davon? Ihr Verlobter und dessen Geliebte, die in der gleichen Firma arbeiten? Oder die zickige Chefsekretärin? Der hat Börnie ja noch nie über den Weg getraut! Trotzdem bleibt die Frage nach dem Warum. Und als sich dann der Tunnel mit dem weißen Licht öffnet, dreht sie sich einfach um – sie ist noch nicht bereit zu gehen, erst muss sie ihren Mord aufklären! Dem damit betrauten Hauptkommissar traut sie das nämlich nicht zu. Doch noch hängt sie in ihrem Büro fest und weiß nicht weiter. Bis nach einigen Tagen Putzkraft Jenny dort auftaucht „… bestimmt einen Meter neunzig, stämmig, kantig. Und schwarz.“ (S. 36) und mit ihr spricht. Jenny kann sie sehen und hören! Börnie ist begeistert und will sie für die Mörderjagd anheuern, doch stattdessen zeigt ihr Jenny, wie sie sich an andere Orte bewegen kann „Totsein ist eben ein Lernprozess.“ (S. 47) und bringt sie zu Madama Arkana, der „Dolmetscherin der Toten“ – die in Wirklichkeit ein schmächtiger, ängstlicher Jüngling mit fusseligem Kinnbart namens Kai-Uwe ist, der den Job von seiner Tante geerbt hat. Aber wenigstens kann er Börnie ebenfalls sehen und hören. Mit viel Geld bringt sie ihn dazu, Nachforschungen anzustellen, denn „Zudem fürchtete Börnie, dass es mehr von ihrer Art geben könnte, und sie würde sich ihnen nicht ohne Putzfrau und Medium stellen.“ (S. 133)
Bei ihrer Mörderjagd erleben Börnie, Jenny und Kai-Uwe einige Überraschungen. Sie arbeiten sich von einem Verdächtigen zum nächsten vor, doch leider sterben auch die bald weg wie die Fliegen. Will etwa jemand die gesamte Firma Schön Cosmetics auslöschen? Die Polizei tappt lange im Dunklen, entdeckt die anderen Leichen nicht oder bringt sie erst viel zu spät miteinander in Verbindung. Börnie und ihrem „Team“ bleibt also gar nichts anderes übrig, als selber weiterzumachen.
Nur leider ist Kai-Uwe nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte und hat das Talent, sich entweder selbst zu verletzen oder von ihrem Gegenüber niedergestreckt zu werden. Außerdem hat er ein (zu) weiches Herz und kann kein Blut sehen – er kippt regelmäßig um. Auch bei den Befragungen stellt er sich – nett formuliert – etwas ungeschickt an.
Jenny scheint sich die Hände nicht (mehr) schmutzig machen zu wollen und steht zwar mit Rat und Tat zur Seite, greift allerdings selber kaum ein. Nicht mal Börnies Geld kann sie locken.
Börnie war eine typische eiskalte Karrierefrau und hat andere immer auf Distanz gehalten. Dass sie Jenny und Kai-Uwe jetzt so nah an sich heranlässt, hätte sie sich nie träumen lassen. Außerdem wird ihr bewusst, dass sie zu Lebzeiten wirklich nicht besonders nett war und sie muss sich der Frage stellen, ob am Ende der Himmel oder die Hölle auf sie warten und wie sie ihr Karma noch verbessern kann …
Wer die Bücher von Tatjana Kruse kennt, weiß, dass bei ihr oft nichts so ist wie es im ersten Augenblick scheint. Ihre extrem skurrilen Protagonisten überraschen in vielerlei Hinsicht und die rasante Handlung nimmt mehrmals unerwartete Wendungen. Auch „Es gibt ein Sterben nach dem Tod“ ist wieder total abgedreht, sehr unterhaltsam, kurzweilig und echt lustig.