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Veröffentlicht am 11.09.2022

Rache serviert man am besten eiskalt

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Drei Frauen um die 50 lernen sich zufällig kennen und werden beste Freundinnen. Sie haben verschiedene Probleme – und ein gemeinsames, wie sie bald herausfinden. Es gibt einen Mann, der ihre Leben auf ...

Drei Frauen um die 50 lernen sich zufällig kennen und werden beste Freundinnen. Sie haben verschiedene Probleme – und ein gemeinsames, wie sie bald herausfinden. Es gibt einen Mann, der ihre Leben auf die eine oder andere Art vergiftet. Aber sie schwören Rache und servieren sie ihm eiskalt …

„Am liebsten sitzen alle in der Küche“ ist eine sehr unterhaltsame Komödie über drei Frauen in den besten Jahren. Almut wurde nach 25 Jahren und 4 Kindern von ihrem Mann für eine andere abserviert. Sie zieht in eine kleine Wohnung und weiß nichts so richtig mit sich anzufangen. Ihr Leben hat sich bisher nur um Mann, Haushalt und Kinder gedreht und bis auf ihre Jüngste sind die längst aus dem Haus. „25 Jahre war ich für ihn sein Kindermädchen, seine Köchin, seine Privat Sekretärin, sein Reisebüro und seine Gesellschaftsdame …“ (S. 272) Sie freundet sich mit ihrer Nachbarin Tille an, einer alleinerziehenden, ständig überarbeiteten Urologin mit einem 14jährigen Sohn („Alleinverdienend, alleineinkaufend, alleineinkäufetragend, alleinkochend, alleinaufräumend, alleinschlafend, alleinaufstehend, alleinerziehend …“ (S. 422)), und kochte jeden Donnerstagabend für sie. Bei einem Salsa-Kurs lernen sie Yeliz kennen, eine erfolgreiche Werbefachfrau mit türkischen Eltern und einem dänischen Freund, deren größte Probleme ihre Kinderlosigkeit und männliche Kunden sind, die Frauen weder als Geschäftspartner noch als Zielgruppe ernst nehmen: „Mit der Wahrheit können wir auf keinen Fall werben.“ (S. 24)

Schon bald ist Almuts Küche für sie „Ein magischer Ort, an dem niemand sie finden und mit nervigen Pflichten und Erwartungen belästigen konnte.“ (S. 127) und in der sie wirklich alles besprechen, Pläne schmieden und sich auch mal zoffen können, wenn sie das Lebenskonstrukt oder die Intentionen der anderen nicht verstehen.

Almut, Tille und Yeliz sind Frauen, in denen man sich wiedererkennen kann, mit Problemen, die mitten aus dem Leben gegriffen sind. Da ist die frisch Verlassenen, stets Hilfsbereite die einen neuen Sinn und neue Freunde finden muss und sich zu leicht ausnutzen lässt; die Alleinerziehende, die gar keinen Mann in ihrem Leben braucht („Liebe schien etwas zu sein, das sie theoretisch besser beherrscht als praktisch.“) aber voller Selbstzweifel und Sorgen ist, ob sie bei ihrem Kind alles richtig macht, und die Powerfrau, deren Leben perfekt sein könnte, wenn sie nur ein Kind hätte.

Ich fand die Erlebnisse und Küchengespräche der Freundinnen sehr amüsant, vor allem Tilles Job bietet viel „Kicherpotential“. Allerdings hatte ich ausgehend vom Klappentext weniger Alltag der Freundinnen und dafür deutlich mehr Rache(-Pläne) an ihrem gemeinsamen Feind erwartet.

Ich habe das Buch übrigens abwechselnd gelesen und gehört und Sprecherin Ilka Teichmüller hat die verschiedenen Charaktere mit ihrer Stimme sehr gut pointiert.

Mein Fazit: Julia Karnick zeigt, wie wichtig Freundschaften sind, dass man Frauen und ihre Netzwerke nie unterschätzen sollte und es für die Liebe nie zu spät ist.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Die Geschichte einer großartigen Freundschaft

Ulla und die Wege der Liebe
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„Zu heiraten heißt, sich zu verpflichten. Ein Leben lang. Und ein Leben kann sehr lang sein. Unseren Müttern ist es nicht geglückt, dieses Versprechen zu erfüllen.“ (S. 99)
1919 ist der Krieg endlich vorbei ...

„Zu heiraten heißt, sich zu verpflichten. Ein Leben lang. Und ein Leben kann sehr lang sein. Unseren Müttern ist es nicht geglückt, dieses Versprechen zu erfüllen.“ (S. 99)
1919 ist der Krieg endlich vorbei und Veras Mann Tetjus und Ullas große Liebe Heinrich sind zwar lebend, aber nicht unverletzt an Seele und Körper zurückgekehrt. Sie werden von Albträumen und Aussetzern geplagt, Heinrich hat eine nicht heilende Verletzung im Knie davongetragen. Während sich Tetjus ins pralle Leben und eine künstlerische Idee nach den anderen stürzt, um sich von seinen Problemen abzulenken, überrascht Heinrich alle mit seinem Entschluss, nach dem bereits abgeschlossenen Medizinstudium noch Psychologie studieren zu wollen – die Erlebnisse im Krieg und die Nichtbehandlung der geschädigten Soldaten haben in dazu inspiriert. Allerdings könnte er dann die Familie, die er mit Ulla gründen will, nicht ernähren. Und Ulla ist sich zwar sicher, dass sie ihn liebt, hat aber Angst, in einer Ehe ihre Eigenständigkeit und ihren Freiraum als Künstlerin zu verlieren. „Ich möchte mein Leben lang gestalten. Ich möchte immer künstlerisch tätig sein. … Was, wenn das nicht funktioniert – verheiratet zu sein und dennoch ein eigenes Leben zu führen? “ (S. 100)

„Ulla und die Wege der Liebe“ ist der dritte Band von Ulrike Renks „Eine Familie in Berlin“ und nicht nur die Fortsetzung von Ullas Geschichte, sondern auch die ihrer großartigen Freundschaft mit Vera. Beide werden früher als erwartet Mütter und ihre Ehen verlaufen anders als erhofft. Tetjus sieht sich in erster (und leider auch einziger) Linie als Künstler, lebt sein Leben, als wäre er immer noch Single, und nimmt keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Vera und ihrem Kind. Heinrich hatte Ulla versprochen, dass eine Heirat nichts zwischen ihnen ändern würde, trifft dann aber wichtige Entscheidungen über ihren Kopf hinweg und erwartet, dass sie diese widerspruchslos akzeptiert und aus ihr eine perfekte Hausfrau wird – mit ihrer künstlerischen Arbeit kann sie zu dieser Zeit eh kein Geld verdienen.
Außerdem haben die Dehmels mit Paulas Tod zu kämpfen, deren Erbe geregelt werden muss. Weil Richards zweite Frau Ida versucht, sich in die Entscheidungen einzumischen, tritt Ulla als Vermittlerin auf. Sie kennt alle Beteiligten gut und hat von außen einen anderen Blickwinkel auf die Situation.

Die damalige Zeit ist von der (Hyper-)Inflation und Unsicherheit nach dem Krieg geprägt, den verschiedenen Meinungen zu den Reparationszahlungen, den politischen Strömungen und dem erstarkenden Nationalsozialismus. Das hat Ulrike Renk wunderbar mit der Geschichte der Dehmels verbunden. Denn auch innerhalb der Familie gibt es deswegen Probleme. Vor allem Ullas Schwester Hilde leidet unter der Radikalisierung und den sich ändernden Ansichten ihres Mannes.

Ulrike Renk zeichnet ein sehr lebendiges Bild dieser unruhigen Zeit und der verschiedenen Charaktere der Dehmels. Ich habe mit Ulla und Vera mitgefiebert und gelitten (und hätte mir ihre Männer gern mal vorgenommen). Sie sind starke Frauen, die sich in ihre neuen Rollen als Mütter erst einfinden müssen, es aber schaffen, sich dabei nicht selbst zu verlieren sondern sich treu zu bleiben. Ich habe sie um ihre bedingungslose Freundschaft beneidet und dafür bewundert, wie realistisch sie ihre Situation einschätzen. Vera klammert sich nicht an Tetjus, sondern lässt ihm seine Freiheiten in der Hoffnung, ihn dadurch zu halten. Und Ulla arrangiert sich indem sie Kleider näht, statt zu malen, und wie im Krieg Obst und Gemüse anbaut, um ihre Familie zu ernähren.

Jetzt bin ich sehr gespannt auf den nächsten Band, in dem es um Ullas älteste Tochter Fine gehen wird ...

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Veröffentlicht am 07.09.2022

Die Suchende

Die Frau des Blauen Reiter
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„Deine Bilder sehen doch schon sehr ordentlich aus.“ (S. 7) ist wohl der letzte Satz, den man als angehende Malerin aus dem Mund seiner Eltern hören will. Maria Franck ist da schon 26 und studiert seit ...

„Deine Bilder sehen doch schon sehr ordentlich aus.“ (S. 7) ist wohl der letzte Satz, den man als angehende Malerin aus dem Mund seiner Eltern hören will. Maria Franck ist da schon 26 und studiert seit Jahren an verschiedenen Kunstschulen, in Ateliers, bei privaten Lehrern und in Sommerkursen, aber sie ist nie mit ihrer Arbeit zufrieden. Sie hofft, dass sie auf der Münchner Damenakademie endlich den letzten Schliff bekommt, schließlich ist das Anfang des 20. Jahrhunderts DIE Adresse für angehende Künstlerinnen. Dass sie auch das freie und selbstbestimmte Leben weit weg vom Berliner Bankdirektoren-Haushalt ihrer Eltern sucht, sagt sie denen lieber nicht.

In München kann Maria endlich so leben (und lieben), wie sie es sich erhofft hat und wie es ihre Eltern entsetzen würde, wenn sie es wüssten. Bei einem Fest lernt sie den noch unbekannten Maler Franz Marc kennen, ist begeistert, dass er sie als Künstlerin ernst nimmt und fängt eine flüchtige Affäre mit ihm an, denn sein Ruf eilt ihm voraus. „Niemals wird er sie Annette Simon deinetwegen verlassen. Niemals wird er dir allein gehören.“ (S. 82) Sie verbringen viel Zeit miteinander, bestärken sich gegenseitig bei ihren Arbeiten, helfen sich weiter und lernen voneinander. „Sie achteten einander als Kollegen und genossen es, sich miteinander zu vergnügen. Ohne zu viel vom anderen zu erwarten. Ohne ihn zu arg zu bedrängen. Sie waren gute Kameraden.“ (S. 72) Und dann passiert es eben doch, sie verlieben sich ineinander.

Heidi Rehn erzählt hier, etwas abweichend von den anderen Büchern dieser Reihe, nicht nur Marias Geschichte, sondern auch die von Franz Marc. Er nimmt genauso viel Raum ein wie sie, denn sie haben eine sehr symbiotische Beziehung geführt. Und wie Maria es wohl auch selbst immer betont hat, hat sie zwar „nur“ elf Jahre mit ihm verbracht, aber das waren die wichtigsten und prägendsten ihres Lebens.
Dabei ist das Zusammenleben und -arbeiten nicht einfach. Sie verdienen kaum eigenes Geld, sind auf die Unterstützung ihrer Eltern oder Gönner angewiesen.
Franz hat eine große (verheiratete) Liebe und wendet sich auch Marias Lehrerin und Freundin „Schnürlein“ zu, geht sogar eine Scheinehe mit ihr ein, wegen der Maria und er auch Jahre nach seiner Scheidung nicht heiraten dürfen. Aber sie kann nicht von ihm lassen, und er versichert ihr seine Liebe ja auch immer wieder. „Ich liebe dich. Weil ich mich jederzeit auf dich verlassen kann.“ (S. 136) Diese wechselvolle und emotionale Beziehung wird sehr detailreich und umfassend erzählt.

Maria scheint eine sehr unsichere, aber auch leidenschaftliche und leidensfähige Frau gewesen zu sein. Sie ist mit ihrem Aussehen und ihrer Kunst nie zufrieden und hält seine Eskapaden aus, auch wenn die sie körperlich krank machen. Sie nimmt sich, typisch Frau, häufig hinter ihm zurück, lebt nur für ihn und seine Bedürfnisse. Ich hatte das Gefühl, dass sie gleichberechtigt sein wollte, aber seine Kunst, seinen Fortschritt (bewusst oder unbewusst) immer über ihre eigene gestellt hat. Oft musst er sie daran erinnern, dass auch sie etwas kann und wert ist: „Du musst von dir und deiner Malerei überzeigt sein, niemand anderer sonst. Du bist für dich das alleinige Maß deiner Kunst. ... Das bist du dir schuldig.“ (S. 57)

Ihrer beider Entwicklung hin zum Abstrakten wird wunderbar plastisch dargestellt, ebenso ihre verschiedenen Ansätze und Motive, seien es Marias Kinderbilder und Stillleben oder seine Tierstudien, ebenso die verschiedenen verwendeten Materialien und Stile, das immer wieder Probieren und Verwerfen, das sich Aneinanderreiben und daran wachsen.

„Die Frau des Blauen Reiter“ erzählt von einer von Kunst, Liebe und Leidenschaft geprägte Beziehung und hat mir das Paar Maria und Franz Marc nähergebracht.

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Veröffentlicht am 05.09.2022

Zauberhafte Weihnachtsgeschichte mit leckeren Rezepten

Die magische Weihnachtsbäckerei
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„Keine Kekse, keine Weihnachten.“ (S. 67) könnte auch der Leitspruch unserer Familie sein (Ich fange oft schon Mitte November mit dem Backen sämtlicher Lieblingssorten an.), aber für die Helfer des Weihnachtsmanns ...

„Keine Kekse, keine Weihnachten.“ (S. 67) könnte auch der Leitspruch unserer Familie sein (Ich fange oft schon Mitte November mit dem Backen sämtlicher Lieblingssorten an.), aber für die Helfer des Weihnachtsmanns ist das bitterer Ernst. Denn „Ohne die Flug-Cookies können die Rentiere nicht fliegen. Ohne die Schornsteinkipferl kommt der Weihnachtsmann nicht durch den Kamin. Ohne die Energiekugeln schafft er die anstrengende Arbeit nicht, und ohne Mutstangen bekommen die Rentiere Angst, wenn sie durch Gewitter fliegen müssen.“ (S. 67). Doch der magische Ofen der Weihnachtsbäckerei ist ausgegangen und um ihn wieder anzuzünden, braucht man ein sich liebendes Geschwisterpaar. Die Wahl von Fiora, der Oberelfe und Assistentin des Weihnachtsmanns, ist auf Paul und seine große Schwester Lena gefallen, die sich gerade streiten, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Paul glaubt noch fest an ihn, während Lena längst entdeckt hat, wo die Eltern die Geschenke verstecken. Aber als Fiora mit dem märchenhaften Schlitten des Weihnachtsmanns vor ihrem Haus landet und sie um Hilfe bittet, ist der Streit sofort vergessen. Ein aufregendes und sehr ereignisreiches Abenteuer beginnt …

„Die magische Weihnachtsbäckerei“ aus der Feder des Mutter-Tochter-Duos Anne Barns und Christin-Marie Below ist eine zauberhafte Weihnachtsgeschichte für alle kleinen und großen Kinder, zum Vor- oder Selberlesen und Bestaunen der traumhaften Illustrationen von Florentine Prechtel. Durch die 21 kurzen Kapitel ist es fast ein literarischer Adventskalender, denn die fehlenden 3 Tage braucht man mindestens, um alle 24 Rezepte nachzubacken, die am Ende des Buches stehen.

Die beiden Autorinnen haben eine Welt zum Staunen, Träumen und Naschen geschaffen, in der Zuckerstangen zwischen Bäumen wachsen, die Straßenlampen aus Pfefferminzbonbons, die Pilze aus Lebkuchen und die Wolken aus Zuckerwatte sind und die Zeit eine andere Dimension hat.

Paul und Lena lernen dort nicht nur Elfen, Gnome, Kobolde, Feen und Wichtel kennen, die den Weihnachtsmann bei seiner Arbeit unterstützen, sie erfahren auch von den Sorgen und Problemen, die diese Geschöpfe haben. Auch Wichtel und Elfen können in Vorweihnachtstress geraten und mal was verschusseln und selbst der Weihnachtsmann bracht ab und an Zeit für sich. Die Geschwister erkennen, wie wichtig Zusammenhalt ist und dürfen sogar beim Backen der magischen Gebäckstücke helfen.

Mein Fazit: Das perfekte Geschenk für Kinder, Eltern und Großeltern, die zusammen nicht nur eine zauberhafte Geschichte lesen, sondern auch leckere Plätzchen etc. backen wollen.

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Veröffentlicht am 03.09.2022

Kaffee und Frauengold

Töchter der Speicherstadt – Das Versprechen von Glück
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Hamburg 1956: Auf einem Ball lernt Anna den neuen Prokuristen der Firma ihrer Eltern „Behmer und Söhne“ kennen. Joost van der Vehlen stammt aus einer Bremer Kaufmannsfamilie, ist ehrgeizig, gutaussehend ...

Hamburg 1956: Auf einem Ball lernt Anna den neuen Prokuristen der Firma ihrer Eltern „Behmer und Söhne“ kennen. Joost van der Vehlen stammt aus einer Bremer Kaufmannsfamilie, ist ehrgeizig, gutaussehend und charismatisch. Anna fühlt sich von seiner Werbung geschmeichelt, aber sie verliebt sich in einen Anderen. Trotzdem gibt sie Joosts Werben auf Drängen ihrer Mutter nach. Eine Traumhochzeit wird gefeiert, der leider kein Traumleben folgt. Joost zeigt schnell sein wahres Gesicht – ihm ging es nur um die Firma.

Der dritte Band der Kaffee-Saga spielt in den Jahren 1956 bis 1989. Ich war sofort wieder im Kosmos Behmer & Ehmke angekommen, auch wenn inzwischen 11 Jahre vergangen sind. Die Bestatzungszeit ist vorbei und der Kaffeehandel normalisiert sich, Annas Eltern scheinen nur für das Kontor zu leben: „… immer war der Kaffee wichtiger als alles andere.“ (S. 99), welches Cläre vehement gegen Joosts Machenschaften verteidigen muss.

Annas wird in ihrer Ehe schnell unglücklich und immer unsicherer. Joost geht fremd, ihre Ideen und Vorschläge für die Firma negiert er. Also bleibt ihr nur das Dasein als Hausfrau und Mutter. Ich fand es schrecklich, dass sie wegen ihrer Tochter und des Skandals, den eine Scheidung ausgelöst hätte, bei Joost bleibt, die Fassade ihrer „glücklichen“ Ehe aufrechterhält und sich mit „Frauengold“ betäubt.

Ich habe mich über das Wiederlesen mit alten Bekannten wie Fritz, der wieder in Cläres (und Annas) Leben auftaucht, gefreut. Erna, die gute Seele des Hauses, ist verliebt, und auch Rolf Stammler tritt erneut in Cläres Leben. Ich fand es übrigens toll, dass es mal wieder Protagonisten gibt, die man aus vollster Seele hassen kann.

Den Strang um Irma, die nach dem Krieg im „Osten“ gelandet ist, fand ich besonders spannend. Die arbeitet bei der Magdeburger Kaffeerösterei Röstfein, wird wegen ihrer Westverwandtschaft, zu der sie keinen Kontakt hat und auch nicht will, aber von der Stasi schikaniert.
Als Kind der DDR kenne ich die Kaffeesorten und Gegebenheiten noch aus eigener Erfahrung und kann mich auch noch gut an die Delikat-Läden und die „geflügelte Jahresendzeitfigur“ erinnern.

Ein besonderes Highlight ist Ernas Freund Icke, ein Berliner Binnenschiffer, den man einfach mögen muss, auch wenn er immer wieder Mist baut.

Mir gefällt, wie harmonisch und trotzdem spannend und dramatisch Anja Marschall die große Flut 1962, politischen Ränkespiele zwischen der DDR und BRD und aktuelle Mode und Musik in die Handlung einfließen und damit das Wirtschaftswunder der goldenen 50er, die Swinging Sixties und die politisch unruhigen 80er Jahre wieder auferstehen den lässt.

„Das Versprechen von Glück“ ist ein wirklich toller Abschluss, der die Saga um Familie Behmer wunderbar rund macht. Und obwohl ich eigentlich keine Happy Ends brauche, habe ich mich über die hier, die ich natürlich nicht verrate, sehr gefreut.

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